Arbeitsrecht

Feststellung eines Arbeitsverhältnisses und eines Anwartschaftsverhältnisses auf Leistungen

Aktenzeichen  11 Sa 106/20

Datum:
29.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 57540
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 631, § 645, § 611a, § 242
AÜG Art. 1 § 10 Abs. 1, § 9 Nr. 1

 

Leitsatz

Wegen bestehender Weisungsrechte und Eingliederung lag bei der Beschäftigung der Klägerin kein Werksvertrag, sondern Arbeitnehmerüberlassung vor, die mangels Erlaubnis des Verleihers zum Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher führte. (Rn. 88)

Verfahrensgang

8 Ca 830/17 2018-06-12 Endurteil ARBGAUGSBURG ArbG Augsburg

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg – Kammer Neu-Ulm – vom 12.06.2018 (Az. 8 Ca 830/17) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Es wird festgestellt, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten seit dem 15.04.1985 ein Arbeitsverhältnis besteht.
2. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit dem 15.04.1985 ein Anwartschaftsverhältnis auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe der Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der Z. in der Fassung vom 09.02.1989 besteht.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 14/100, die Beklagte 86/100.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die statthafte Berufung der Klägerin ist begründet, soweit sie die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses und eines Anwartschaftsverhältnisses betreffend die betriebliche Altersversorgung betrifft, im Übrigen wegen Verjährung unbegründet.
A.
Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 66 Abs. 1, 11 Abs. 4, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO).
Die Änderung des Klageantrags in Ziffer 4. der Klage auf Feststellung, dass die Klägerin berechtigt ist, sich auf Kosten der Beklagten eine Uhr im Wert von € 400,00 bei einem Juwelier ihrer Wahl auszusuchen und ihr bei Überschreiten dieses Betrages € 400,00 von der Beklagten zu erstatten sind, war sachdienlich (§ 533 ZPO). Der Feststellungsantrag kann auch auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrunde zu legen hat (§ 529 ZPO).
B.
Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Zwischen den Parteien besteht seit 15.04.1985 kraft gesetzlicher Fiktion ein Arbeitsverhältnis. Damit besteht seit diesem Zeitpunkt auch ein Anwartschaftsverhältnis auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Im Einzelnen:
I. Der Feststellungsantrag in Ziffer 1. der Klage ist zulässig und begründet.
1. Der Feststellungsantrag ist zulässig.
a. Das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) liegt vor. Ein Arbeit nehmer kann das Bestehen und den Beginn eines Arbeitsverhältnisses zu einem Entleiher auf der Grundlage der Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes mit der allgemeinen Feststellungsklage verfolgen (st. Rspr., vgl. BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 3 AZR 160/02, juris, Rn. 33; BAG, Urteil vom 24.05.2006 – 7 AZR 365/05, juris, Rn. 25; BAG, Urteil vom 12.07.2016 – 9 AZR 352/15, juris, Rn. 9; BAG, Urteil vom 20.09.2016 – 9 AZR 735/15, juris, Rn. 22).
b. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Geltendmachung einer derartigen Feststellung gegenüber der Beklagten – wie die Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat – rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) sein könnte.
aa. Dies könnte nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts etwa dann der Fall sein, wenn sich die Klägerin in Widerspruch zu ihrem früheren Verhalten gesetzt hätte, weil sie z.B. während der Dauer ihres Einsatzes bei der Beklagten eine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis abgelehnt hat (vgl. BAG, Urteil vom 24.05.2006 – 7 AZR 365/05, juris, Rn. 26 bis 28).
bb. Entsprechendes wurde weder von der Beklagten vorgetragen, noch ist dies ersichtlich. Vielmehr wurde von der Beklagten weder erst- noch zweitinstanzlich Näheres hinsichtlich einer etwaigen Rechtsmissbräuchlichkeit ausgeführt.
2. Der Feststellungsantrag ist begründet. Seit dem 15.04.1985 besteht zwischen der Klägerin und der Beklagten kraft gesetzlicher Fiktion ein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin war im Rahmen ihrer Beschäftigung über die Firma Y. an die Beklagte i.S.d. Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AÜG a.F. zur Arbeitsleistung überlassen. Dies führt für die Zeit ab dem 15.04.1985 zu einem Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten.
a. Die Rechtswirksamkeit des Zustandekommens eines Vertrages richtet sich nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Rechtsvorschriften (vgl. BAG, Urteil vom 15.01.2003 – 7 AZR 535/02, juris, Rn. 10). Es ist daher für die Frage, ob zwischen den Parteien im April 1985 ein gesetzlich fingiertes Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist auf die ab April 1985 geltenden Vorschriften zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz abzustellen.
b. Zwischen der Beklagten und der Klägerin ist damit entweder aufgrund Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG a.F. oder aufgrund Art. 1 § 13 i.V.m. § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG a.F. bereits während der Zeit ihrer Beschäftigung über die Firma Y. ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten kraft gesetzlicher Fiktion entstanden.
aa. Das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses der Klägerin mit der Beklagten folgt zum einen aus dem Umstand, dass die Firma Y. unstreitig über keine erforderliche Verleiherlaubnis gem. Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG a.F. i.V.m. Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG a.F. verfügte.
bb. Das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses ergibt sich zum anderen aus einer unerlaubten Arbeitsvermittlung i.S.d. Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG a.F., da die nach Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG a.F. zulässige Überlassungsdauer von zunächst drei Monaten (Fassung bis 30.04.1985) bzw. sechs Monaten (Fassung ab 01.05.1985 bis 31.12.1993) überschritten wurde.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts war Art. 1 § 13 AÜG a.F. eine Art. 1 § 10 Abs. 1 AÜG a.F. ergänzende Regelung, durch die bei einer als unerlaubte Arbeitsvermittlung anzusehenden Überlassung nach Art. 1 § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG a.F. kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis mit dem Beschäftigungsunternehmen begründet wurde (vgl. BAG, Urteil vom 15.04.1999 – 7 AZR 437/97, juris, Rn. 18).
Die Vorschrift des Art. 1 § 13 AÜG wurde erst durch Art. 63 Nr. 9 des Arbeitsförderungsreformgesetzes – AFRG – vom 24.03.1997 (BGBl. I S. 594) mit Wirkung vom 01.04.1997 ersatzlos aufgehoben.
Ein zwischen den Parteien entstandenes Arbeitsverhältnis konnte nicht durch das Außerkrafttreten von Art. 1 § 13 AÜG a.F. am 31.03.1997 beendet werden. Da der Gesetzgeber des Arbeitsförderungsreformgesetzes, durch das die genannte gesetzliche Regelung ersatzlos gestrichen wurde, keine Regelungen für bereits nach Art. 1 § 1 Abs. 2, § 13 AÜG a.F. entstandene Arbeitsverhältnisse zum Entleiher getroffen hat, gelten für den Fortbestand und die Beendigung dieser Arbeitsverhältnisse die allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Nach Art. 1 § 1 Abs. 3, § 13 AÜG a.F. entstandene Arbeitsverhältnisse bestehen daher so lange fort, bis sie nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Regeln beendet werden (BAG, Urteil vom 19.03.2003 – 7 AZR 267/02, juris, Rn. 39).
c. Die Klägerin war ab dem 15.04.1985 im Rahmen ihrer Beschäftigung über die Firma Y. gem. Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AÜG a.F. zur Arbeitsleistung an die Beklagte überlassen.
aa. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt eine Überlassung zur Arbeitsleistung vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Diese ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2003 – 7 AZR 267/02, juris, Rn. 44).
Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen (BAG, Urteil vom 03.12.1997 – 7 AZR 764/96, juris, Rn. 13). Der Entleiher setzt sie nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer ein. Die Arbeitskräfte sind voll in den Betrieb des Entleihers eingegliedert und führen ihre Arbeiten allein nach dessen Weisungen aus. Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt hat (BAG, Urteil vom 22.06.1994 – 7 AZR 286/93, juris, Rn. 26).
Von der Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der in dem Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werkes erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht erfasst (st. Rspr., vgl. BAG Urteil vom 15.04.2014 – 3 AZR 395/11; Urteil vom 13.08.2008 – 7 AZR 269/07, juris, Rn. 14; BAG, Urteil vom 10.10.2007 – 7 AZR 487/06, juris, Rn. 34 m.w.N.). Die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis (personenbezogen, ablaufund verfahrensorientiert) ist von der projektbezogenen werkvertraglichen Anweisung iSd. § 645 Abs. 1 S.1 BGB, die sachbezogen und ergebnisorientiert ist, zu unterscheiden (vgl. BAG Urteil vom 27.06.2017 – 9 AZR 133/16).
Über die rechtliche Einordnung des Vertrags zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem tatsächlichen Geschäftsinhalt nicht entspricht. Die Vertragsschließenden können das Eingreifen zwingender Schutzvorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht dadurch vermeiden, dass sie einen vom Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wählen. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrags ergeben. Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgebend, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben. Der so ermittelte wirkliche Wille der Vertragsparteien bestimmt den Geschäftsinhalt und damit den Vertragstyp (BAG, Urteil vom 13.08.2008 – 7 AZR 269/07, juris, Rn. 15; BAG, Urteil vom 10.10.2007 – 7 AZR 487/06, juris, Rn. 35 m.w.N.).
Dies gilt allerdings nur dann, wenn die tatsächliche Durchführung von dem Willen der am Abschluss der vertraglichen Vereinbarung beteiligten Arbeitgeber umfasst war. Es kann daher auf die Kenntnis und zumindest die Billigung der auf beiden Seiten zum Vertragsabschluss berechtigten Personen hinsichtlich einer vom schriftlichen Inhalt der Verträge abweichenden Vertragspraxis nicht verzichtet werden. Die Berücksichtigung der praktischen Vertragsdurchführung dient der Ermittlung des wirklichen Geschäftsinhalts, also dessen, was die Vertragsparteien wirklich gewollt haben. Die Vertragspraxis lässt aber nur dann Rückschlüsse auf den wirklichen Geschäftswillen der Vertragspartner zu, wenn die zum Vertragsabschluss berechtigten Personen die vom Vertragswortlaut abweichende Vertragspraxis kennen und sie zumindest billigen (BAG, Urteil vom 13.08.2008 – 7 AZR 269/07, juris, Rn. 23; BAG).
Ein Arbeitnehmer, der die vertraglichen Vereinbarungen zwischen seinem Vertragsarbeitgeber und dem Dritten nicht kennt, muss Tatsachen vortragen, die eine Würdigung rechtfertigen, wonach der Arbeitnehmer einem Entleiher zur Arbeitsleistung überlassen ist. Es ist dann Aufgabe des Entleihers, die Tatsachen darzulegen, die gegen das Vorliegen des Tatbestands aus Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG a.F. sprechen. Er genügt seiner Darlegungslast, wenn er die eine werkvertragliche Vereinbarung begründenden Tatsachen vorträgt. In diesem Fall ist es nunmehr Sache des Arbeitnehmers, die Kenntnis der auf Seiten der beteiligten Arbeitgeber handelnden und zum Vertragsabschluss berechtigten Personen von der tatsächlichen Vertragsdurchführung vorzutragen (BAG, Urteil vom 13.08.2008 – 7 AZR 269/07, juris, Rn. 24).
bb. Die Anwendung der dargestellten Grundsätze ergibt, dass der drittbezogene Personaleinsatz der Klägerin bei der Beklagten während der Zeit ihrer Beschäftigung über die Firma Y. im Wege der Arbeitnehmerüberlassung erfolgt ist. Die dem Fremdpersonaleinsatz zu Grunde liegenden vertraglichen Vereinbarungen sind tatsächlich nicht so durchgeführt worden, so dass bei einer wertenden Gesamtbetrachtung von einem Scheinwerkvertrag auszugehen ist.
(1) Die Beklagte hat zwar Dokumente vorgelegt, die nach ihrer schriftlichen Niederlegung auf einen Werkvertrag zwischen der Beklagten und der Firma Y. schließen lassen.
Die Beklagte hat hierzu eine Beauftragung der Firma Y. vom 26.04.1985 (Anlage BE 1, Bl. 432 ff. d.A.) vorgelegt, wonach diese u.a. beginnend ab 15.04.1985 mit der Mikroverfilmung von Elektroplänen, der Beschriftung von Lochkarten, dem Erstellen und Verteilen von Papierpausen sowie dem Einräumen der Originale beauftragt wurde. Diesen Auftrag hat die Firma Y. mit Schreiben vom 08.05.1985 (Bl. 436 d.A.) angenommen.
Nach den von der Beklagten vorgelegten Dokumenten war die Firma Y. daher mit der Herstellung eines Werks in Form der im Einzelnen in der Beauftragung genannten Werkleistungen von der Beklagten beauftragt.
Jedoch erfolgte die Beauftragung erst wirksam durch Annahme des Vertragsangebotes unter dem 08.05.1985. Die Klägerin war aber bereits unstreitig seit dem 15.04.1985 tätig. Nach eigenen Darlegungen der Beklagten war Herr W. nicht zum Abschluss von Verträgen befugt. Insoweit lag ein dieser frühenTätigkeit zugrundeliegendes Werkvertragsverhältnis nicht vor. Allenfalls wurde nachträglich rückwirkend diese Tätigkeit einem später geschlossenen Werkvertrag zugeordnet. Jedoch war schon zu diesem Zeitpunkt, aufgrund der Tätigkeit der Klägerin, der gerade zu Beginn der Tätigkeit der Klägerin nötigen Weisungen und Eingliederung eine Arbeitnehmerüberlassung praktiziert worden und damit ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher, der Beklagten, kraft Gesetzes (s.o.) entstanden.
Die Beklagte hat zwar bestritten, dass die Klägerin durch Mitarbeiter der Beklagten eingearbeitet wurde, dies hat aber der Zeuge G. bestätigt, Hierzu hat der Zeuge G. zwar ausgesagt, dass er die Klägerin nicht in die Mikroverfilmung eingewiesen und dass es sich bei der Mikroverfilmung um eine einfache Tätigkeit gehandelt habe. Allerdings hat er weiter ausgeführt, dass es sein könne, dass der Gruppenleiter R. der Klägerin gezeigt habe, wie verfilmt werden müsse. Im weiteren Verlauf seiner Aussage hat der Zeuge G. weiter ausgeführt, dass Herr R. die neuen Mitarbeiter in die Mikroverfilmung eingewiesen habe. Es ist daher davon auszugehen, dass auch die Klägerin entsprechend eingearbeitet wurde. Alles andere wäre lebensfremd. Immerhin handelte sich um großformatige Pläne, die zu verfilmen waren. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass es sich bei der Mikroverfilmung – auch nach der Aussage des Zeugen G. – um keine schwierige Tätigkeit gehandelt haben dürfte. Allerdings ist die Klägerin gelernte Rechtsanwalt- und Notargehilfin. Die Tätigkeit der Mikroverfilmung von großformatigen Plänen war sicherlich – auch zur damaligen Zeit – keine typische Tätigkeit des genannten Berufsbildes.
Zudem hat die Beklagte schon nicht vorgetragen, wer von der Fa.Y., die zudem damals noch gar keinen Vertrag mit der Beklagten abgeschlossen hatte, denn die Einweisung und Einarbeitung der Klägerin durchgeführt hat. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Fa.Y. um ein Gebäudereinigungsunternehmen handelte, wäre dies aber speziell nötig gewesen, um ein substantiiertes Bestreiten zu bewirken. Jedenfalls ist zur Überzeugung des Gerichtes erwiesen, dass die Klägerin durch Mitarbeiter der Beklagten eingewiesen wurde. Dabei handelt es sich auch nicht nur um projektbezogene ergebnisorientierte Weisungen, sondern gerade darum, wie man zum jeweiligen Ergebnis kommt, also wie der Arbeitsvorgang abläuft, und damit um verfahrensorientierte Weisungen. Dies spricht gegen eine werkvertragliche Basis und für Arbeitnehmerüberlassung. Bei einer Einweisung in die Mikroverfilmung, sprich wie diese überhaupt funktioniert, handelt es sich nicht mehr um eine werkbezogene – sachbezogene und ergebnisorientierte – Weisung (§ 645 Abs. 1 Satz 1 BGB). Vielmehr wird damit der vermeintliche Erfüllungsgehilfe des Werkunternehmers überhaupt erst in die Lage versetzt, die Tätigkeiten auszuüben.
Inwieweit hier Weisungen der Fa. Y. erfolgt sind, ist in keiner Weise von der Beklagten substantiiert vorgetragen. Soweit Herr X. zuletzt hierfür benannt wurde ist auch dieser Vortrag völlig allgemein und ohne jegliche Substanz dazu, wann und welche Weisungen überhaupt erteilt wurden. Zurecht ist insoweit auch von der Klägerin darauf hingewiesen worden, dass nach der Aussage von Herrn W. Herr X. insoweit nur im Zusammenhang mit der Reinigungstätigkeit erinnerlich war.
Gleichermaßen erfolgte die Eingliederung in den Betrieb der Beklagten, weil die Klägerin in den Arbeitsvorgang integriert wurde, wie andere Mitarbeiter auch, die für die Beklagte mit der Aufgabe der Mikroverfilmung neben der Klägerin beauftragt waren. Denn letztlich hat ebenfalls der Zeuge G. hier bestätigt, dass jeder, der Mikroverfilmungen gemacht hat, sich die Unterlagen einfach genommen hat, wenn er Zeit hatte und Mikroverfilmungen vorgenommen hat. Kontrollen, Abnahmen und Dokumentationen fanden nicht statt. Ein abgrenzbares Werk neben den Arbeitsergebnissen der anderen Mitarbeiter der Beklagten lag nicht vor. Die Klägerin hat vielmehr Dienstleistungen erbracht. Somit lag schon insoweit Arbeitnehmerüberlassung vor. Dass zu diesem Zeitpunkt auch die Klägerin gearbeitet hat und auch kein Werkvertrag vorgelegen hat, muss auch der Beklagten (Einkaufsabteilung) bekannt gewesen sein. Denn allein schon die Tatsache des sicherheitsrelevanten Bereiches und der Zutrittsbeschränkungen ergibt, dass die Tätigkeit nicht verborgen geblieben sein kann.
(2) Darüber hinaus ergibt sich aber auch aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme sowie aufgrund des unbestrittenen bzw. nicht hinreichend durch die Beklagte bestrittenen Vortrags der Klägerin die Überzeugung der Kammer, dass die vorgelegte schriftliche Vereinbarung tatsächlich nicht so durchgeführt wurde. Vielmehr war die Klägerin in ihrer Zeit der Beschäftigung über die Firma Y. nicht nur vorübergehend in die betriebliche Organisation bei der Beklagten eingegliedert und unterlag deren Weisungen. Dies folgt aus den nachfolgenden Erwägungen:
(a) Für die Eingliederung der Klägerin spricht unter anderem, dass sie ihren Urlaub in der genannten Zeit mit Mitarbeitern der Beklagten abstimmen, wenn nicht sogar von diesen genehmigen lassen musste.
(aa) Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass sie ihren Urlaub während der Zeit ihrer Tätigkeit in der Mikroverfilmung – nach dem Vortrag der Klägerin also vom 15.04.1985 bis Ende 1986 – beim Gruppenleiter R. habe einreichen müssen, der für die Genehmigung des Urlaubs in Abstimmung mit dem Zeugen W. zuständig gewesen sei. Sie hat weiter vorgetragen, dass der Zeuge I. als Gruppenleiter für ihre Urlaubsgenehmigung in Abstimmung mit dem Zeugen W.. während der Zeit ihrer Tätigkeit im zentralen Änderungsdienst in der Arbeitsgruppe TT2 (Elektrotechnik) – nach dem Vortrag der Klägerin ab Ende 1986 – zuständig gewesen sei.
(bb) Den ersten Teil des von der Beklagten bestrittenen Vortrags der Klägerin hinsichtlich der Handhabung ihres Urlaubs während ihrer Beschäftigungszeit in der Mikroverfilmung hat der Zeuge G. bestätigt.
Der Zeuge G. hat ausgesagt, dass er zwar nicht unmittelbar mitbekommen habe, dass der Gruppenleiter, Herr R., der Klägerin Urlaub genehmigt habe und er keine schriftliche Genehmigung eines Urlaubs der Klägerin gesehen habe. Er hat aber bestätigt, dass die Klägerin mitgeteilt habe, dass sie Urlaub bekommen habe und dass dieser von Herrn R. genehmigt worden sei. Der Zeuge hat des Weiteren mitgeteilt, dass es hinsichtlich der Klägerin nicht nur eine Absprache hinsichtlich ihres Urlaubs mit dem Gruppenleiter R. gegeben habe. Vielmehr hat er bestätigt, dass ohne eine Genehmigung in der Gruppe niemand in den Urlaub gegangen sei, dies auch für das Fremdpersonal gegolten habe und dies über sog. Abwesenheitsmeldungen sowohl hinsichtlich des Eigen- als auch des Fremdpersonals abgewickelt worden sei.
Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Zeugen G., hat die Beklagte nicht vorgebracht. sie hat sich sogar auf seine Aussage selbst berufen.
Der Zeuge W. konnte sich hingegen nicht mehr daran erinnern, dass die Klägerin überhaupt in der Mikroverfilmung und über die Firma Y. bei der Beklagten eingesetzt war. Hinsichtlich der Frage der Handhabung der Urlaubsgewährung bei der Klägerin hat der Zeuge W. auf Herrn J. verwiesen. Dieser war allerdings unstreitig Fremdfirmenkoordinator bei der Firma U., so dass der Verweis des Zeugen W. auf diesen für die Zeit der Beschäftigung der Klägerin bei der Firma Y. nicht von Relevanz sein konnte.
Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 10.04.2018 ein gerichtliches Geständnis abgegeben, dass sie bei ihrem Vertragsarbeitgeber schriftliche Urlaubsanträge eingereicht habe, verfängt in diesem Zusammenhang nicht. Insoweit handelt es sich schon gar nicht um ein gerichtliches Geständnis i.S.d. § 288 ZPO. Nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 ZPO sind Geständnisse in das Protokoll aufzunehmen, sie bedürfen für ihre Wirksamkeit der Genehmigung durch diejenige Partei, die das Geständnis abgegeben hat, § 162 ZPO (GMP/Germelmann/Künzl, 9. Aufl. 2017, ArbGG § 54 Rn. 43). Dies ist vorliegend nicht geschehen. Im Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 10.04.2018 (Bl. 134 ff. d.A.) findet sich hierzu nichts.
Lediglich in den Entscheidungsgründen des Endurteils des Arbeitsgerichts Augsburg – Kammer Neu-Ulm – vom 12.06.2018 findet sich auf Seite 12 der Hinweis, die Klägerin habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 10.04.2018 eingeräumt, dass sie schriftliche Urlaubsanträge bei ihrem Vertragsarbeitgeber eingereicht habe und diese genehmigt worden seien. Es stellt sich damit schon die Frage, welcher Vertragsarbeitgeber damit gemeint sein soll. Die Klägerin hatte mehrere. Vor dem Hintergrund, dass sich das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg – Kammer Neu-Ulm -, soweit erkennbar, nicht mit der Zeit der Beschäftigung der Klägerin bei der Firma Y. befasst, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die vom Arbeitsgericht zitierte Aussage der Klägerin hierauf überhaupt bezieht.
Letztendlich hat die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 12.04.2019 klargestellt, dass sich ihre diesbezügliche Aussage auf die Zeit bei der Firma U. bezogen habe.
(cc) Den zweiten Teil des von der Beklagten bestrittenen Vortrags der Klägerin hinsichtlich der Handhabung ihres Urlaubs in ihrer Beschäftigungszeit im zentralen Änderungsdienst in der Arbeitsgruppe TT2 (Elektrotechnik) – nach Vortrag der Klägerin ab Ende 1986 – haben die Zeugen H. und I. nur teilweise und der Zeuge W. im Wesentlichen bestätigt.
Der Zeuge H. hat ausgesagt, man habe nur wissen müssen, wann die Klägerin in den Urlaub gehe, weil man die Kennblatterstellung nicht habe einstellen können und diese habe weitergehen müssen. Er hat außerdem mitgeteilt, dass es keine Urlaubspläne gegeben habe und über die Fremdfirmenbeauftragten rückgemeldet worden sei, wann die Klägerin Urlaub gehabt habe. Er habe allerdings die Gruppenleitung erst 2007 übernommen. Es sei vorher aber auch nicht anders gewesen, da er auch zu Zeiten des Zeugen I. als Gruppenleiter Einblick gehabt habe.
Der Zeuge I. hat ausgesagt, dass ihm die Klägerin mitgeteilt habe, wann sie Urlaub habe und dass man das auch habe wissen müssen. Er hat weiter ausgesagt, dass er sich nicht erinnern könne, ob auch die Klägerin die sog. „roten Zettel“ ausgefüllt habe. Es könne sein, aber er könne sich nicht mehr daran erinnern. Müssen habe sie es bestimmt nicht. Aber es könne sein, dass sie ihm solche Zettel gegeben habe.
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es sich insoweit um eine erhebliche Zeitspanne handelt. Der Zeuge I. war bis 2007 Gruppenleiter, dann war der bis dahin als stellvertretender Gruppenleiter fungierende Zeuge H. Gruppenleiter. Der Zeuge H. ist im Januar 2012 ausgeschieden. Auch die Klägerin hat eingeräumt, dass es über die Jahre Veränderungen in der Handhabung ihres Urlaubs gab und sie im Laufe der Zeit ihrer Beschäftigung über die Firma U. schriftliche Urlaubsanträge bei dieser eingereicht hat.
Wie bereits oben dargestellt, konnte der Zeuge W. den Vortrag der Klägerin zur Handhabung des Urlaubs während ihrer Zeit in der Mikroverfilmung nicht bestätigen. Er konnte sich überhaupt nicht mehr daran erinnern, dass die Klägerin dort eingesetzt und dass sie zunächst über die Firma Y. beschäftigt war. Anlässlich seiner Einvernahme zu dieser Zeit hat der Zeuge W. allerdings ausgesagt, dass auch noch zu Zeiten der Beschäftigung der Klägerin über die Firma U. – und damit ab 01.04.1987 – das Fremdpersonal, insbesondere auch die Klägerin, über sog. „rote Zettel“ ihm den Urlaub mitgeteilt habe. Des Weiteren hat der Zeuge W. bestätigt, dass der Urlaub des Fremdpersonals auch noch in dieser Zeit in einem Urlaubsplan geführt worden sei. Dort seien die Urlaubszeiten und auch die Zeiten, in denen Personen krank gewesen seien, erfasst worden. Man habe auch zu Herrn J., dem Fremdfirmenkoordinator der Firma U., gehen können, man habe aber praktischer Weise den direkten Weg gewählt. Schließlich hat der Zeuge W. ausgesagt, dass er, wenn Urlaub über die sog. „roten Zettel“ von der Klägerin mitgeteilt worden sei, dies mit dem Zeugen I. als Gruppenleiter der Klägerin abgesprochen habe, ob die Klägerin in den Urlaub gehen könne oder nicht.
Angesichts der langen Zeitspanne, um die es geht, mag es sein, dass sich die Zeugen H. und I. jedenfalls an diese vom Zeugen W. bestätigte – gegebenenfalls nur anfängliche – Handhabung nicht mehr erinnern können. Gleichwohl geht die Kammer von der Richtigkeit der Aussage des Zeugen W. aus. Der Zeuge W. hat detailliert geschildert, wie der Urlaub des Fremdpersonals und damit auch der der Klägerin zu U.-Zeiten – jedenfalls anfänglich – gehandhabt wurde.
Die Aussage des Zeugen W. steht auch nicht in Widerspruch zu seiner Aussage vor dem Arbeitsgericht. Auch dort hat der Zeuge ausgesagt, dass der Urlaub der Klägerin mit dem Zeugen I. habe abgestimmt werden müssen und die Urlaubsplanung immer abgesprochen worden sei.
Damit hat der Zeuge W. im Wesentlichen auch den weiteren – von der Beklagten bestrittenen – Vortrag der Klägerin zur Urlaubsgewährung in der (Anfangs-) Zeit ihrer Tätigkeit im zentralen Änderungsdienst in der Arbeitsgruppe TT2 (Elektrotechnik) bestätigt. Ob es sich insoweit noch um eine Urlaubsgenehmigung gehandelt hat, wie die Klägerin vorgetragen hat, kann insoweit offenbleiben. Alleine der Umstand, dass sich der angebliche Besteller ein Mitspracherecht bei der Erteilung von Urlaub an die angeblichen Erfüllungsgehilfen sichert, spricht für Arbeitnehmerüberlassung (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.03.2016 – 3 Sa 476/15, juris, Rn. 66).Und selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, haben die Zeugen G. und W. jedenfalls klar die Abstimmung des Urlaubs bestätigt. Auch dies wäre für ein Werksvertragsverhältnis nicht üblich, für eine Arbeitnehmerüberlassung hingegen durchaus. Deshalb kann es auch dahinstehen, ob die Urlaubsbeantragung undgenehmigung tatsächlich bei der Beklagten oder der Fa.Y. erfolgt ist. Auch bei Arbeitnehmerüberlassung findet die Urlaubsgewährung durch den Vertragsarbeitgeber statt (vgl. ErfKomm Einl. AÜG Rnr.28). Die Eingliederung zeigt sich schon in der Abstimmung.
(dd) Letztlich kommt es auf die vorstehenden Erwägungen hinsichtlich der Urlaubsgewährung der Klägerin in ihrer Zeit in der Arbeitsgruppe TT2 (Elektrotechnik) nicht entscheidend an. Bereits der Umstand, dass der Klägerin in der Zeit ihrer Beschäftigung in der Mikroverfilmung, die nach der Darlegung der Klägerin von 15.04.1985 bis Ende 1986 und nach der Darlegung der Beklagten sogar bis 31.03.1987 gedauert hat, Urlaub mit Herrn R. und dem Zeugen W. abgestimmt wurde, genügt für die Annahme einer entsprechenden Eingliederung der Klägerin bei der Beklagten.
(ee) Damit kommt es auch nicht entscheidend darauf an, dass der Zeuge H. den Vortrag der Klägerin, es habe mit diesem eine gegenseitige Urlaubsvertretung gegeben, nicht bestätigen konnte.
(ff) Schließlich hat die Klägerin vorgetragen, dass es in ihrer Zeit der Beschäftigung über die Firma Y. keinen Ansprechpartner für sie bei dieser gegeben habe, der für die Genehmigung ihres Urlaubs zuständig gewesen sei und sich der Kontakt zur Firma Y. vielmehr darauf beschränkt habe, dass sie die monatlichen Lohnabrechnungen nebst Gehaltsscheck erhalten habe.
Diesem Vortrag der Klägerin ist die Beklagte im Rahmen der abgestuften Darlegungslast (§ 138 Abs. 2 ZPO) nicht hinreichend entgegengetreten.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass aufgrund der nunmehr vorgelegten Vertragsdokumente klar sei, bei welchem Mitarbeiter der Firma Y. die Klägerin ihre Urlaubsanträge eingereicht habe. Nämlich bei dem auf der Auftragsannahme vom 08.05.1985 (Bl. 436 d.A.) genannten Herrn X..
Der auf der Auftragsannahme vom 08.05.1985 (Bl. 436 d.A.) genannte Herr X. war dort lediglich als „Bearbeiter“ genannt. Was hieraus genau folgen sollte, ist nicht ersichtlich. Dass die Klägerin deshalb zwangsläufig bei diesem ihre Urlaubsanträge eingereicht haben könnte, ergibt sich hieraus jedenfalls nicht.
In diesem Zusammenhang bleibt darauf hinzuweisen, dass auch der Zeuge W. im Rahmen seiner Einvernahme mitgeteilt hat, dass er zwar einen Herrn X. kenne. Aber auch er konnte Herrn X. erkennbar nicht mit der Klägerin in Verbindung bringen. Nach Aussage des Zeugen W. hatte die Klägerin ja nichts mit der Fensterputzer-Kolonne, die Herr X. bei der Beklagten geführt habe, zu tun.
Die Beklagte hat hierzu des Weiteren schriftsätzlich ausgeführt, dass Herr X. doch Vorarbeiter der Firma Y. gewesen sei, und insoweit diese „Struktur“ die Führung, die Betreuung und Überwachung des Personals ermöglicht habe. Dass aber Herr X. tatsächlich diese Funktionen ausgeübt hat, ergibt sich hieraus nicht.
Ungeachtet dessen genügt die Beklagte den vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätzen zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht alleine durch die Vorlage eines schriftlichen Werkvertrages. Dies folgt auch nicht aus dem von der Beklagten – in ihrem Schriftsatz vom 28.02.2019 (Bl. 511 ff. d.A.) – zitierten Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15.04.2014 – 3 AZR 395/11. In diesem wird lediglich auf die bereits zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.08.2008 – 7 AZR 269/07 – Bezug genommen. In beiden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts lauten die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts: „Er (Entleiher) genügt seiner Darlegungslast, wenn er die eine werkvertragliche Vereinbarung begründenden Tatsachen vorträgt.“. Es heißt dort nicht: „… wenn er die schriftlichen Werkverträge vorlegt.“.
Letztlich kommt es hierauf nicht entscheidend an, da der Vortrag der Klägerin jedenfalls zur Urlaubsabstimmung durch die jeweiligen Gruppenleiter bzw. den Abteilungsleiter bei der Beklagten nach den vorstehenden Ausführungen unter B. I. 2. c. bb. (2) (a) (bb) und (cc) zur Überzeugung der Kammer feststeht und dies für die Annahme einer entsprechenden Eingliederung der Klägerin bei der Beklagten hinsichtlich des Urlaubs genügt.
(b) Für eine Eingliederung der Klägerin spricht wie oben bereits ausgeführt auch, dass die Klägerin in der Zeit, in der sie Mikroverfilmungen vorgenommen hat, Tätigkeiten ausgeübt hat, die auch das bei der Beklagten unmittelbar angestellte Personal ausgeführt hat. Nicht nur die Klägerin war für die Mikroverfilmung zuständig, sondern beispielsweise auch der Zeuge G..
Die Zusammenarbeit mit Arbeitnehmern des Dritten spricht ebenfalls für eine Eingliederung in den Beschäftigungsbetrieb (Röller in Küttner Personalhandbuch 2018, 25. Aufl., „Werkvertrag“, Rn. 6 m.w.N.).
(c) Des Weiteren ist – wie die Klägerin zutreffend vorgetragen hat – nicht ersichtlich, von wem die Klägerin seitens der Firma Y. Weisungen erhalten haben könnte. Auch dies spricht für eine Eingliederung der Klägerin bei der Beklagten.
Die Firma Y. wäre gem. Ziffer 3. der Beauftragung vom 26.04.1985 (Anlage BE 1, Bl. 432 ff. d.A.) verpflichtet gewesen wäre, einen Weisungsberechtigten zu benennen. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass ihr ein solcher schlicht nicht bekannt gewesen sei. Wer dieser Weisungsberechtigte gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang in ihrem Schriftsatz vom 11.03.2019 auf Seite 5 (Bl. 422 d. A.) lediglich darauf verwiesen, dass als „Überarbeiter“ ein Herr X. auf der Auftragsannahme vom 08.05.1985 (Bl. 436 d.A.) genannt sei. Auf dem vorgelegten Schriftstück ist ein Herr X. als „Bearbeiter“ genannt. Nicht mehr und nicht weniger. Dass dieser die weisungsberechtigte Person gewesen sein soll, wird hieraus nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte zuletzt vorgetragen hat, dass Herr X. der Klägerin tatsächlich Weisungen erteilt hat, blieb dies wie bereits ausgeführt gerade völlig unsubstantiiert.. Die Beklagte hat sich damit nicht hinreichend i.S.d. § 138 Abs. 2 ZPO auf den Vortrag der Klägerin, es habe keine weisungsberechtigte Person für sie bei der Firma Y. gegeben, eingelassen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten musste die Klägerin auch nicht darlegen, welche einzelnen Weisungen sie wann in Bezug auf welche Arbeiten von welcher Person bei der Beklagten erhalten hat. Vielmehr genügte der Vortrag der Klägerin hinsichtlich der Weisungserteilung durch die jeweiligen (stellvertretenden) Gruppenleiter bzw. den Abteilungsleiter der technischen Zentralregistratur bei der Beklagten. Eine weitere Konkretisierung erübrigt sich dann, wenn grundsätzlich alle arbeitsrechtlichen Weisungen in dieser Form erfolgt sind (LAG Düsseldorf, Urteil vom 16.09.2004 – 8 Sa 391/04, Seite 10; nicht veröffentlich und vorgelegt als Anlage B 5 = Bl. 332 ff. d.A.).
(f) Außerdem spricht auch für Arbeitnehmerüberlassung, wie die Klägerin zutreffend vorgetragen hat, dass nicht ersichtlich ist, dass die Firma Y. nach ihrem Geschäftszweck (vgl. Handelsregisterauszug, Anlage BE 6, Bl. 457 d.A.) der Reinigung, Bewachung, Gebäudereinigung und des Schildervertriebs überhaupt über die betrieblichen und personellen Voraussetzungen verfügte, die Tätigkeiten der von ihr zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten im Betrieb der Beklagten eingesetzten Arbeitnehmer gemäß der Beauftragung vom 26.04.1985 (Anlage BE 1, Bl. 432 ff. d.A.) vor Ort zu organisieren und ihnen Weisungen zu erteilen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss das Unternehmen eine Struktur aufweisen, die ihm eine Tätigkeit ermöglicht, die über die bloße Zurverfügungstellung von Arbeitnehmern hinausgeht und die ihn in die Lage versetzt, die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen zu treffen (BAG, Urteil vom 09.11.1994 – 7 AZR 217/94, juris, Rn. 32). Fehlt es daran und ist zudem der vertraglich festgelegte Leistungsgegenstand derart unbestimmt, dass er erst durch Weisung des Auftraggebers konkretisiert wird, liegt Arbeitnehmerüberlassung vor (vgl. auch BAG, Urteil vom 27.06.2017 – 9 AZR 133/16, juris, Rn. 45).
Eine derartige Struktur der Firma Y. ist nicht ersichtlich. Auf die vorstehenden Ausführungen unter B. I. 2. c. bb. (2) (d) hinsichtlich des in der Auftragsannahme vom 08.05.1985 (Anlage BE 1, Bl. 432 d. A.) genannten Herrn X. wird Bezug genommen.
Auch war die Firma Y. nach der Darstellung des Zeugen W. im Wesentlichen im Bereich der Gebäudereinigung – insbesondere mit einer Fensterputzer-Kolonne – für die Beklagte tätig.
Darüber hinaus war der vertraglich festgelegte Leistungsgegenstand „Mikroverfilmung von 20.000 Elektroplänen“ unbestimmt. Es war ja nicht so, dass die genannte Anzahl an Plänen auf einmal vorlag und die Klägerin diese dann abarbeiten musste. Wie der Zeuge G. bestätigt hat, ist immer wieder ein „Schwung an Plänen“ eingetroffen und jeder, der Zeit hatte, hat sich etwas genommen und die Pläne dann verfilmt.
(g) Des Weiteren ist auch – wie die Klägerin zutreffend vorgetragen hat – nicht ersichtlich, dass zu irgendeinem Zeitpunkt Kontrollen oder Abnahmen (§ 640 BGB) seitens der Firma Y. stattgefunden haben. Dies spricht für Arbeitnehmerüberlassung und nicht für eine werkvertragliche Gestaltung.
Die Beklagte hat hierzu lediglich vorgetragen, dass auch der Geschäftsführer der Firma Y. sicherlich in der Lage gewesen sein dürfte, die Mikroverfilmung zu überprüfen, da man einfach den Mikrofilm gegen das Licht halten müsse. Wie die Klägerin zutreffend vorträgt, hat die Beklagte damit nicht einmal behauptet, dass solche Überprüfungen tatsächlich stattgefunden haben. Denn alleine die Möglichkeit hierzu bedeutet nicht, dass solche erfolgt sind.
Auf den Einwand der Klägerin, dass es gar keinen Geschäftsführer bei der Beklagten als Einzelfirma gegeben habe, hat die Beklagte sodann vorgetragen, dass sie mit Nichtwissen bestreite, dass es bei der Firma Y. niemanden gegeben habe, der die Korrektheit der Arbeitsausführungen der Klägerin habe kontrollieren können. Mit diesem Bestreiten mit Nichtwissen genügt die Beklagte nicht ihrer bestehenden Darlegungslast (§ 138 Abs. 2 ZPO).
Des Weiteren hat die Klägerin vorgetragen, dass niemand von der Firma Y. die Korrektheit der Arbeitsausführung der Klägerin habe kontrollieren können, weil niemand dort die Richtigkeit der Einhaltung der Reihenfolgen der Verfilmungen habe überprüfen können. Hierzu hat sich die Beklagte nicht näher eingelassen. Soweit nunmehr eine Zuständigkeit von Herrn X. für Abnahmen behauptet wurde, ist jedenfalls nicht vorgetragen, dass er diese jemals durchgeführt hat.
Darüber hinaus hat der Zeuge G. – wie bereits ausgeführt – ausgesagt, wenn ein „Schwung an Unterlagen, Schriftstücken oder Plänen“ eingetroffen sei, habe sich jeder in der Gruppe, der Zeit gehabt habe, etwas genommen und diese verfilmt. Dies habe auch für ihn gegolten. Hieraus ergibt sich, dass eine eigenverantwortliche Erstellung des Werkes „Mikroverfilmung von 20.000 Elektroplänen“ faktisch ausgeschlossen war (Röller in Küttner Personalhandbuch 2018, 25. Aufl., „Werkvertrag“, Rn. 7 m.w.N.).
(h) Schließlich hat eine Dokumentation durch Klägerin hinsichtlich der von ihr erbrachten Leistungen – nach ihrem unbestritten gebliebenen Vortrag – nicht stattgefunden. Auch dies spricht für Arbeitnehmerüberlassung und gegen eine werkvertragliche Vereinbarung.
(3) Aus der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung ergibt sich, dass vorliegend in der Beschäftigungszeit der Klägerin über die Firma Y. von einer Arbeitnehmerüberlassung auszugehen war.
(a) Dass die Klägerin auch die Einrichtungen bzw. Arbeitsmaterialien – wie das Verfilmungs- und Lesegerät – der Beklagten genutzt hat, ist, entgegen der Auffassung der Klägerin, unschädlich (BAG, Urteil vom 27.06.2017 – 9 AZR 133/16, juris, Rn. 50; BAG, Urteil vom 18.01.2012 – 7 AZR 723/10, Rn. 35).
Auch der Umstand, dass die Klägerin an den Halbjahresbesprechungen teilgenommen hat, ergibt vorliegend keinen Umstand, der für Arbeitnehmerüberlassung sprechen könnte. Die Klägerin hat insoweit schon nicht vorgetragen, was Inhalt dieser Besprechungen war. Entsprechendes gilt hinsichtlich des von der Beklagten bestrittenen Vortrags der Klägerin bezüglich der Teilnahme der Klägerin an Betriebsversammlungen. Es ist insoweit von der Klägerin schon nicht vorgetragen, dass eine Einladung auf Betreiben der Beklagten hierzu erfolgte. Auch dass die Klägerin am Kantinenessen zu gleichen Konditionen wie die unmittelbar bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter teilnehmen konnte, kommt keine entscheidende Bedeutung zu.
Des Weiteren spricht als positives Indiz für einen Werkvertrag, dass in der Beauftragung vom 26.04.1985 auch eine Regelung zur Gewährleistung und Haftung enthalten war (BAG, Urteil vom 18.01.2012 – 7 AZR 723/10, juris, Rn. 37). Die Beklagte hat diesbezüglich eine Mängelrüge vom 20.08.1986 (Bl. 438 d. A.) basierend auf einer Mitteilung des Zeugen F. vom 18.08.1986 (Bl. 437 d. A.) u.a. hinsichtlich der Mikroverfilmung von 530 Elektroplänen vorgelegt. Weitere Mängelrügen wurden nicht vorgelegt. Hinsichtlich der Mikroverfilmung wurde eine Kürzung in Höhe von DM 1.223,07 vorgenommen. Angesichts der in der Beauftragung vom 26.04.1985 (Anlage BE 1, Bl. 432 ff. d. A.) angegebenen ca. 20.000 Mikroverfilmungen handelt es sich jedoch insoweit um keinen relevanten Umfang.
(b) Entscheidend für das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung während der Zeit der Beschäftigung der Klägerin über die Firma Y. ist – wie bereits ausgeführt – der Umstand, dass der Klägerin während ihrer Tätigkeitszeit in der Mikroverfilmung ihr Urlaub nur nach Abstimmung mit Mitarbeitern der Beklagten genehmigt wurde. Diese Abstimmung von Urlaub des vermeintlichen Erfüllungsgehilfen eines Werkunternehmers durch den Besteller führt zu einer Eingliederung desselben in die betrieblichen Abläufe des Bestellers. Des Weiteren spricht auch der Umstand, dass für die Klägerin kein Ansprechpartner seitens der Firma Y. benannt war, der ihr hätte Weisungen erteilen können und faktisch auch nicht erteilt hat, für Arbeitnehmerüberlassung.
Auch die weiteren bereits genannten Erwägungen (Einarbeitung, fehlende betriebliche und personelle Voraussetzungen bei der Firma Y. hinsichtlich der Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten in Bezug auf die Beklagte, Zusammenarbeit mit Mitarbeitern der Beklagten ohne erkennbare Möglichkeit zur Abgrenzung, keine Kontrollen, Abnahmen und Dokumentationen) sprechen für eine Eingliederung der Klägerin. Schließlich kommt der Umstand, dass die Klägerin bis April 2017 in den Abwesenheitsplänen der Beklagten geführt wurde und sie selbst laut Arbeitsvertrag mit der Firma Y. nur als Hilfskraft für Mikroverfilmung beschäftigt wurde, als weitere Indizien hinzu.
(4) Die Beklagte konnte sich auch nicht darauf berufen, dass die in der Zeit der Beschäftigung der Klägerin bei der Beklagten über die Firma Y. zuständige Einkaufsabteilung über die tatsächlichen Umstände des Arbeitseinsatzes der Klägerin nicht informiert gewesen sei.
Die Beklagte hat die Beauftragung der Firma Y. vom 26.04.1985 (Anlage BE 1, Bl. 432 ff. d. A.) vorgelegt. In Ziffer 3. der Beauftragung ist geregelt, dass die Firma Y. einen Weisungsberechtigten benennt, der die Zuteilung und Beaufsichtigung der vorgenannten Tätigkeiten verantwortlich durchführt und dass lediglich bei außerordentlichen Vorfällen Anordnungen ausnahmsweise auch von der zuständigen Fachabteilung getroffen werden können. Dass die Firma Y. einen solchen Weisungsberechtigten – gegenüber der Einkaufsabteilung – benannt hat, ist, wie bereits ausgeführt, weder vorgetragen noch ersichtlich. Ein Herr X. der Firma Y. wurde lediglich als Bearbeiter des Auftrags auf der Auftragsannahme der Firma Y. vom 08.05.1985 (Anlage BE 2, Bl. 436 d.A.) genannt.
(5) Ungeachtet dessen ist es ausgeschlossen, dass eine derart umfassende Eingliederung der Klägerin in der Zeit ihrer Beschäftigung über die Firma Y., wie sie vorstehend ausgeführt wurde, von den verantwortlichen Stellen bei der Beklagten nicht bemerkt und gebilligt wurde. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es zum damaligen Zeitpunkt insbesondere auch keinen Fremdfirmenkoordinator – zumindest hinsichtlich der über die Firma Y. beschäftigen Arbeitnehmer – gab. Dies konnte auch der Einkaufsabteilung nicht verborgen geblieben sein. Schließlich weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass Herr W. den Inhalt des Vertrages nach dem Inhalt des Auftrags vereinbart habe. Damit war er Bestandteil des für den Vertragsschluss zuständigen Bereichs der Beklagten. Insoweit war die abweichende Vertragsdurchführung auch bekannt. Dem Beweisangebot der Beklagten, wonach dies nicht bekannt war, wofür der Zeuge K. angeboten wurde, war nicht nachzugehen, da nach Darlegung auch der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 22.04.2020 dieser Zeuge zum damaligen Zeitpunkt nicht Leiter der Einkaufsabteilung war, und daher über diese Vorgänge von 1985/86 keine Aussage treffen kann. Ein Arbeitsverhältnis ist daher in der genannten Zeit nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 1. V.m. § 9 Nr. 1 AÜG (fehlende Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis) entstanden. Das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit i.S.d. Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG a.F. kann dabei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei einer über mehrere Jahre dauernden Überlassung unterstellt werden (BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 3 AZR 160/02, juris, Rn. 50). Eine solche mehrjährige Überlassung liegt vor. So betrug die Überlassung der Klägerin über die Firma Y. knapp zwei Jahre.
Darüber hinaus ist auch nach Art. 1 § 13 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 AÜG (Überschreiten der Überlassungshöchstdauer) ein Arbeitsverhältnis entstanden.
(6) Damit konnte es dahinstehen, ob die Klägerin auch während der Zeit ihrer Beschäftigung über die Firma U. im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt war. Die dargestellte gesetzliche Fiktion war damit bereits eingetreten.
Gleichwohl spricht vieles dafür, dass die Klägerin zumindest in der Anfangszeit ihrer Beschäftigung über die U. weiter in den Betrieb der Beklagten weisungsabhängig eingliedert war. Zwar wurde der Urlaub der Klägerin nach den vorstehenden Ausführungen unter B. I. 2. c. bb. (2) (a) (bb) nicht mehr vom neuen Gruppenleiter, dem Zeugen I., genehmigt, aber jedenfalls noch abgestimmt. Darüber hinaus erfolgte die Einarbeitung der Klägerin im zentralen Änderungsdienst durch den Zeugen H.. Er hat in seiner Einvernahme vor dem Landesarbeitsgericht München am 12.04.2019 angegeben, dass die Einarbeitung der Klägerin im zentralen Änderungsdienst ca. vier oder fünf Wochen gedauert hat. Auf den Hinweis, dass der Zeuge in seiner Einvernahme vor dem Arbeitsgericht am 10.04.2018 noch von einer Einarbeitungszeit der Klägerin von einem Vierteljahr gesprochen hat, hat der Zeuge erklärt, dass auch dies sein könne. Auch der Zeuge I. hat ausgesagt, dass die Klägerin vom Zeugen H. und von ihm eingearbeitet worden sei. Der Zeuge H. hat weiter ausgesagt, dass die Klägerin auch hinsichtlich immer wieder stattfindender Programmänderungen von ihm oder vom Zeugen I. eingewiesen worden sei. Auch dies zeigt, dass die Klägerin nach wie vor bei der Beklagten eingegliedert war. Erst durch diese Einweisungen wurde die Klägerin – als gelernte Rechtsanwalt- und Notargehilfin – erst in die Lage versetzt, die ihr übertragenen Aufgaben auszuführen. Es handelte sich damit – entgegen des Vortrags der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2019 – nicht um werkbezogene Weisungen.
Des Weiteren hat der Zeuge I. auf die Frage, ob der Fremdfirmenkoordinator der Firma U. – Herr J. – der Klägerin Weisungen hinsichtlich Arbeitsplanung und Abwicklung erteilt habe, erklärt, dass dieser dies gar nicht habe machen können. Schließlich spricht auch für einen weiteren Einsatz der Klägerin im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung, dass die Arbeiten der Klägerin im zentralen Änderungsdienst – jedenfalls in dringenden Fällen – nach Aussage der Zeugen H. und I. durch diese miterledigt wurden.
Letztlich kann die Frage, ob die Klägerin auch noch zu der U.-Zeit im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei der Beklagten beschäftigt war, aus den bereits oben dargestellten Gründen dahinstehen.
d. Die Klägerin hat ihr Recht, sich auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu berufen, nicht verwirkt (§ 242 BGB).
aa. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Es ist nicht Zweck der Verwirkung, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen. Es müssen vielmehr zu dem Zeitmoment besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen (vgl. u.a. BAG, Urteil vom 19.03.2003 – 7 AZR 267/02, juris, Rn. 41; BAG, Urteil vom 24.05.2006 – 7 AZR 365/05, juris, Rn. 31).
bb. Unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze hat die Klägerin ihr Recht, sich auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu berufen, nicht verwirkt.
Solange die Klägerin im Betrieb der Beklagten tätig ist, kann ihr Recht, sich auf die Entstehung eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten nach den Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zu berufen, nicht durch Zeitablauf verwirken (vgl. BAG, Urteil vom 24.05.2006 – 7 AZR 365/05, juris, Rn. 36).
Letztlich kann vorliegend aber auch dahinstehen, ob im vorliegenden Fall das Zeitmoment erfüllt ist. Denn es fehlt (auch) an dem für die Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment. Die Klägerin ist seit dem 15.04.1985 bei der Beklagten eingesetzt. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, weshalb es der Beklagten unzumutbar sein soll, die Kläger auch weiterhin in ihrem Betrieb zu beschäftigen. Insbesondere hat die Beklagte nicht vorgetragen, im Vertrauen darauf, von der Klägerin nicht als Arbeitgeber in Anspruch genommen zu werden, Dispositionen getroffen zu haben, aufgrund derer für sie eine Weiterbeschäftigung der Klägerin unzumutbar geworden wäre, z.B. wegen einer möglicherweise erfolgten Beauftragung eines anderen Unternehmens oder der Einstellung eigener Arbeitnehmer für die von der Klägerin verrichteten Arbeiten. Im Übrigen musste die Beklagte aufgrund des Umstands, dass die Klägerin bis zur Klageerhebung im vorliegenden Rechtsstreit und bis heute in ihrem Betrieb beschäftigt ist, damit rechnen, wegen dieses Sachverhalts in Anspruch genommen zu werden.
II. Der Feststellungsantrag in Ziffer 2. der Klage ist zulässig und begründet.
1. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Die Klägerin hat ein rechtlich geschütztes Inte resse auch hinsichtlich der Feststellung, dass die von ihr geltend gemachte Dauer des Bestandes eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten für ihre künftigen betrieblichen Versorgungsansprüche nach der im Antrag näher bezeichneten Versorgungsrichtlinie maßgeblich ist.
a. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbe stehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken – sog. Elementenfeststellungsklage (st. Rspr., vgl. BAG, Urteil vom 24.08.2011 – 4 AZR 566/09, juris, Rn. 33).
b. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann (st. Rspr., etwa BAG, Urteil vom 14.12.2005 – 4 AZR 522/04, juris, Rn. 12; BAG, Urteil vom 29.11.2001 – 4 AZR 757/00, juris, Rn. 55).
c. Die genannten Voraussetzungen liegen vor. Bei der Frage des Versorgungsrechts handelt es sich um eine bestimmte Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis und die Rechtskraft der Entscheidung verhindert weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über das Versorgungsrecht der Klägerin.
2. Der Feststellungsantrag in Ziffer 2. der Klage ist begründet. Die Beklagte hat den Vortrag der Klägerin zum einschlägigen Versorgungswerk nicht bestritten.
III. Der Zahlungsantrag in Ziffer 3. der Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat zwar aufgrund ihres 25-jährigen Dienstjubiläums gem. § 12 MTV RWE Anspruch auf Zahlung eines Jubiläumsgeldes i.H.v. € 8.198,00 brutto.
1. Dabei ist jedoch zum einen der Vortrag der Klägerin, ihr stünden über den genannten Betrag weitere € 1.300,00 brutto als Ausgleich für Aktien zu, unschlüssig geblieben. Woraus sich dieser Anspruch der Klägerin ergeben soll, hat sie nicht dargelegt.
2. Zudem hat die Beklagte zuletzt die Einrede der Verjährung (§ 195 BGB) erhoben. Der Anspruch unterliegt der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Die Klägerin hat die 25 Jahre Beschäftigungszeit im Jahr 2010 erfüllt. Zu diesem Zeitpunkt ist der Anspruch daher entstanden. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB begann damit die Verjährung mit Ende 2010 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2013. Maßgeblich ist auch nicht, dass etwa erst mit Rechtskraft einer entsprechenden Entscheidung feststeht, dass ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten bestand. vielmehr kommt es auf die Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen an. Die Tatsachen, aus denen sich ein Arbeitsverhältnis ergibt, waren der Klägerin aber längst bekannt. Auf eine Kenntnis von der zutreffenden rechtlichen Einordnung kommt es nicht an. Entscheidend ist, ob aufgrund der bekannten Umstände gegen eine bestimmte Person Klage erhoben werden kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussichten hat, dass sie dem Gläubiger zumutbar ist (vgl. BAG Urt. v. 17.12.2014 – 5 AZR 8/13). Dies war aber schon 2011 der Fall. An den Umständen hatte sich nicht geändert.
Die Berufung war daher insoweit zurückzuweisen.
IV. Der Feststellungsantrag in Ziffer 4. der Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Antrag ist zulässig. Auch insoweit handelt es sich um eine sog. Elementenfeststellungsklage. Es besteht darüber hinaus das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO). Insbesondere besteht vorliegend keine Subsidiarität zur Leistungsklage. Nachdem die Beklagte auf dem Standpunkt steht, dass kein Arbeitsverhältnis mit ihr begründet wurde, kann die Klägerin nicht auf die Leistungsklage verwiesen werden. Dies würde bedeuten, dass sie sich die Uhr zunächst beschaffen und sodann den durch die Betriebsvereinbarung zugesagten Betrag gegebenenfalls einklagen müsste.
2. Der Antrag ist aber unbegründet. Auch insoweit hat die Beklagte zuletzt die Einrede der Verjährung (§ 195 BGB) erhoben. Insoweit kann auf das zu Ziff.III.2. ausgeführte verwiesen werden.
C.
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.
2. Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe für ihre Zulassung i.S.d. § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen. Insbesondere beruht die Entscheidung weder auf einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG noch auf einer Divergenz i.S.d. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG. Die Entscheidung fußt auf Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, so dass es an der Klärungsbedürftigkeit von Rechtsfragen ebenso fehlt wie an einer Abweichung.


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