Arbeitsrecht

Kein Anspruch auf Bewilligung von Altersteilzeit im Blockmodell

Aktenzeichen  B 5 K 17.177

Datum:
23.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 13484
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG Art. 64 Nr. 1, Art. 91 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2
VwGO § 113 Abs. 5
BayPVG Art. 75 Abs. 2 Nr. 12, Art. 70

 

Leitsatz

1 Für die Prüfung der Frage, ob der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von Altersteilzeit zusteht, ist auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, die zum Zeitpunkt des Beginns der begehrten Altersteilzeit besteht. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ob dringende dienstliche Belange der Gewährung von Altersteilzeit entgegenstehen, entscheidet der Dienstherr ohne Beurteilungsspielraum. Seine Entscheidung ist vom Gericht in vollem Umfang nachzuprüfen. Allerdings hat es dabei zu respektieren, dass dienstliche Belange vom Dienstherrn in Ausübung des ihm zustehenden Organisationsrechts maßgebend geprägt werden durch verwaltungspolitische Entscheidungen, die nur beschränkter gerichtlicher Überprüfung unterliegen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3 Dringende dienstliche Belange stehen der Bewilligung von Altersteilzeit entgegen, wenn schwerwiegende Nachteile für die Verwaltung drohen. Dies kann der Fall sein, wenn es darum geht, die Funktionsfähigkeit des betroffenen Verwaltungsbereichs aufrechtzuerhalten, weil durch die Gewährung von Altersteilzeit Arbeitskapazitäten verloren gingen, die weder personell noch organisatorisch anderweitig eher abgedeckt werden können. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid der … vom 1. Juni 2016 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren subjektiven Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Gewährung von Altersteilzeit noch auf erneute Entscheidung der Beklagten über ihren Antrag auf Bewilligung von Altersteilzeit zu.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Altersteilzeit ist Art. 91 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBG. Für die Prüfung der Frage, ob der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf dieser Grundlage zusteht, ist auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, die zum Zeitpunkt des Beginns der begehrten Altersteilzeit besteht (BVerwG, B.v. 19.3.2013 – 2 B 130/11 – juris Rn. 6).
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 2016 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19. Januar 2017 begegnet keinen formellen Bedenken. Insbesondere erfolgte die Beteiligung der Personalvertretung gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 12, Art. 70 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (BayPVG) in ordnungsgemäßer Form (Bl. 53, 56 d. Beiakte).
Der Bescheid erweist sich auch als materiell rechtmäßig. Altersteilzeit kann Beamten, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, bis zum Eintritt in den Ruhestand auf Antrag gemäß Art. 91 Abs. 1 Satz 1 BayBG bewilligt werden, wenn dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Die Altersteilzeit muss sich nach Art. 91 Abs. 1 Satz 1 BayBG bis zum Beginn des Ruhestands erstrecken. Entsprechend den dienstlichen Erfordernissen kann gemäß Art. 91 Abs. 2 Satz 1 BayBG die während der Gesamtdauer der Altersteilzeit zu leistende Arbeit so eingebracht werden, dass sie während des gesamten Bewilligungszeitraums durchgehend im nach Absatz 1 Satz 1 festgesetzten Umfang geleistet wird (Teilzeitmodell), Nr. 1, oder zunächst im Umfang der in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Altersteilzeit durchschnittlich festgesetzten Arbeitszeit oder im Umfang der vor Beginn der Altersteilzeit zuletzt festgesetzten Arbeitszeit geleistet wird und der Beamte oder die Beamtin anschließend vollständig vom Dienst freigestellt wird (Blockmodell), Nr. 2. Endtermin der Blockaltersteilzeit können der gesetzliche Ruhestandseintritt oder durch die am 1. August 2015 in Kraft getretene Neuregelung des Art. 91 BayBG die Ruhestandsversetzung auf Antrag sein, mit der eine Kombination von Altersteilzeit im Blockmodell und Antragsruhestand möglich ist. Eine Bewilligung kann gemäß Art. 91 Abs. 1 Satz 1 BayBG auf Antrag erfolgen, wenn dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen.
Nach diesen rechtlichen Vorgaben besteht für bayerische Beamte grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf Altersteilzeit. Art. 91 Abs. 1 Satz 1 BayBG überlässt die Entscheidung vielmehr dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, wobei die Ermessensebene erst erreicht wird, wenn der Antrag des Beamten nicht an entgegenstehenden dringenden dienstlichen Belangen scheitert.
Der Begriff des dienstlichen Belangs umschreibt damit eine Tatbestandsvoraussetzung für die Ermessensentscheidung. Ob dringende dienstliche Belange der Gewährung von Altersteilzeit entgegenstehen, entscheidet der Dienstherr ohne Beurteilungsspielraum. Seine Entscheidung ist vom Gericht in vollem Umfang nachzuprüfen. Allerdings hat es dabei zu respektieren, dass dienstliche Belange vom Dienstherrn in Ausübung des ihm zustehenden Organisationsrechts maßgebend geprägt werden durch verwaltungspolitische Entscheidungen, die nur beschränkter gerichtlicher Überprüfung unterliegen. Es ist in erster Linie Sache des Dienstherrn (vorliegend der …), zur Umsetzung gesetzlicher und politischer Ziele die Aufgaben der Verwaltung festzulegen, ihre Priorität zu bestimmen und ihre Erfüllung durch Bereitstellung personeller und sachlicher Mittel zu sichern (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 2 C 21/0 – BVerwGE 120, 382/384; BayVGH, B.v. 4.8.2008 – 3 B 06.1441 – juris Rn. 27).
Unter „dienstlichen Belangen“ ist das engere öffentliche, d.h. dienstliche Interesse an sachgemäßer und reibungsloser Aufgabenerfüllung der Verwaltung zu verstehen. Als „dringende dienstliche Belange“ sind solche aus dem Dienstbetrieb resultierenden Bedürfnisse anzusehen, die mit erhöhter Prioritätsstufe ein bestimmtes Handeln oder Unterlassen erfordern, um einen effektiven dienstlichen Betrieb zu gewährleisten (BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 2 C 21/0 – BVerwGE 120, 382/384). Dringende dienstliche Belange stehen der Bewilligung von Altersteilzeit demnach entgegen, wenn schwerwiegende Nachteile für die Verwaltung drohen. Dies kann der Fall sein, wenn es darum geht, die Funktionsfähigkeit des betroffenen Verwaltungsbereichs aufrechtzuerhalten, weil durch die Gewährung von Altersteilzeit Arbeitskapazitäten verloren gingen, die weder personell noch organisatorisch anderweitig eher abgedeckt werden können (LT-Drs. 14/880, 15; Baßlsperger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand Februar 2017, Art. 91 BayBG, Rn. 43).
Mit dem Erfordernis, dass dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen dürfen, trägt Art. 91 Abs. 1 BayBG einerseits dem Bedürfnis des Dienstherrn Rechnung, im Bedarfsfall auf die volle Arbeitsleistung des Beamten zurückzugreifen. Andererseits berücksichtigt der Umstand, dass nicht jeder dienstliche Belang, sondern nur dringende dienstliche Belange der Gewährung der Altersteilzeit entgegenstehen, das berechtigte Interesse des Beamten, die Endphase seiner dienstlichen Laufbahn mit einer gewissen Verlässlichkeit zu planen (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 2 C 21/0 – BVerwGE 120, 382/384 zur vergleichbaren Regelung des § 88a Abs. 3 des Schleswig-Holsteinischen Landesbeamtengesetzes).
Keine dringenden dienstlichen Belange sind solche Auswirkungen der Maßnahme, die regelmäßig und generell mit ihr verbunden sind, etwa weil der ausscheidende Beamte nicht mehr (in vollem Umfang) zur Verfügung steht, gegebenenfalls eine Ersatzkraft eingestellt werden muss, eine Umorganisation notwendig wird oder damit die Beihilfe-, Besoldungs- und Pensionslasten des Dienstherrn einzelfallbezogen ansteigen (BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 2 C 21/0 – BVerwGE 120, 382/384). Die Verwaltung ist daher gehalten, durch entsprechende personelle und organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass auch bei Bewilligung der Altersteilzeit ihre Funktionsfähigkeit aufrechterhalten bleibt. Nur wenn diese Funktionsfähigkeit im Einzelfall ohne den Beamten, der einen Antrag auf Altersteilzeit gestellt hat und die sonstigen Voraussetzungen erfüllt, nicht gewährleistet ist, kann dessen Antrag abgelehnt werden.
Gemessen an diesen Grundsätzen stehen der Bewilligung der beantragten Altersteilzeit zur Überzeugungsgewissheit des Gerichts dringende dienstliche Belange entgegen, womit der Beklagten kein Ermessensspielraum für eine Genehmigung nach Art. 91 Abs. 1 BayBG eröffnet ist und der Klägerin auch kein Rechtsanspruch auf eine erneute Entscheidung über ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zustehen kann.
Das Vorliegen entgegenstehender dringender dienstlicher Belange zum Zeitpunkt des Beginns der begehrten Altersteilzeit hat die Beklagte durch Vorlage des Stellenplans für die …, Standort …, und die Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung zum Ablauf und Inhalt ihrer Personalplanung plausibel und nachvollziehbar begründet.
Ausweislich des vorgelegten Stellenplans (Stand 1. Juni 2017; Bl. 48 d. Gerichtsakte) besteht in der gehobenen Funktionsebene, d.h. der dritten Qualifikationsebene, eine Unterbesetzung im Jahr 2018 von 15,55 Personen sowie 2019 von 18,62 Personen, so dass zum 1. Januar 2019, dem geplanten Beginn der Freistellungsphase der Klägerin, von einem Personalminus zwischen 15,55 und 18,62 Personen auszugehen ist. Dies ist trotz Prognose des Personalminus für 2018 von lediglich 4,83 und eines Personalplus von 5,17 Stellen für das Jahr 2019 zum Planungszeitpunkt mit Stand 1. November 2015 (Bl. 28 d. Beiakte) entgegen den klägerischen Ausführungen nachvollziehbar. Diese Differenz in der Prognose der Personalentwicklung vermochte die Beklagte durch Erläuterung des Ablaufs ihrer Personalplanung und der Personalentwicklung plausibel zu erklären. Nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Einschätzung der Beklagten, die eine prognostische Einschätzung des Personalbedarfs über einen Zeitraum von fünf Jahren vornimmt, ergibt sich die Differenz zwischen der Personalbedarfsberechnung zum 1. November 2015 und der zum 1. Juni 2017 zum einen dadurch, dass im Jahr 2015 eine außergewöhnliche, nicht vorhersehbare Personalfluktuation stattgefunden hat. So wurden aufgrund des großen räumlichen Zuständigkeitsbereichs immer wieder Wünsche auf eine heimatsnahe Verwendung, zum Beispiel in Richtung Thüringen, bekannt. Darüber hinaus hat sich im Vergleich zu der Personalbedarfsberechnung zum 1. November 2015, bei der in der Spalte für das Jahr 2019 sechs Zugänge aus der sogenannten Sozifa-Fortbildung aufgeführt waren, eine zeitliche Verschiebung auf das Jahr 2020 ergeben. Diese Fortbildung wird nicht allein von der … gesteuert, sondern von drei bayerischen … koordiniert. Auch aus personeller Hinsicht besteht dabei für solche internen Ausbildungsmaßnahmen eine Kapazitätsgrenze. Bezieht man das Auswahlverfahren mit ein, so muss für Anwärter der dritten Qualifikationsebene bis zu ihrem endgültigen Einsatz eine Vorlaufzeit von rund vier Jahren veranschlagt werden. Hinzu kam eine Personalbedarfsmehrung für das Jahr 2017 von 0,5 (Personalbedarfsberechnung vom 1. November 2015; Bl. 28 d. Beiakte) auf 21 (Personalbedarfsberechnung vom 1. Juni 2017; Bl. 48 d. Gerichtsakte), die nach Angaben der Beklagten plausibel auf Aufgabenmehrungen und Gesetzesänderungen zurückzuführen ist.
Auf den sich abzeichnenden erhöhten Personalbedarf hat die Beklagte durch eine Erhöhung der Zahl der einzustellenden Anwärter reagiert. Da die Beklagte im Frühjahr eines jeden Jahres über die Zahl der einzustellenden Nachwuchskräfte entscheidet, konnte auf den sich im Jahr 2015 abzeichnenden erhöhten Personalbedarf erst durch eine Erhöhung der Zahl der einzustellenden Anwärter zum Jahr 2016 reagiert werden. So wurden zum Jahr 2016 (Prüfungsjahr 2019) 16 Anwärter eingestellt und im Jahr 2017 (Prüfungsjahr 2020) 18. Im Jahr 2018 (Prüfungsjahr 2021) werden 20 Anwärter eingestellt werden. Gleichzeitig sind in der erwähnten Sozifa-Fortbildung (Abschluss 2020) nicht nur die ursprünglich geplanten sechs Mitarbeiter vorgesehen, sondern nunmehr zehn. Diese Steigerung bei der Ausbildung unterliegt jedoch den internen und externen Kapazitätsgrenzen.
Zudem spricht die Beklagte für Anwärter ausdrücklich keine Übernahmegarantie aus. Vielmehr gibt es Übernahmekriterien, bei denen das Prüfungsergebnis wie die praktische Bewährung eine Rolle spielen.
Hinzu kommt, dass aufgrund der bei der Beklagten bestehenden fachspezifischen Anforderungen Einstellungen vom „freien Arbeitsmarkt“ nur schwer möglich sind und so eine etwaige Kompensation der Ausfälle durch externe Einstellungen durch die rentenrechtspezifischen Anforderungen nicht erfolgversprechend ist. Dem stehen auch nicht die in der Statistik zum 1. Juni 2017 aufgeführten fünf sonstigen Personalzugänge für das Jahr 2017 entgegen. Denn neben einem Personalwechsel von der Dienststelle der Beklagten in … nach …, handelte es sich dabei um Einstellungen für einen Arbeitsbereich bei der Beklagten, der sich nicht mit rentenspezifischen Fragen befasst.
Nach den Erläuterungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte die ihr möglichen und zumutbaren personellen sowie organisatorischen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung ihrer Funktionsfähigkeit getroffen hat, jedoch die personelle Ausstattung der Beklagten dennoch so knapp ist, dass die Aufgaben nur unter großen Schwierigkeiten wahrgenommen werden können und nicht genügend Personal akquiriert werden kann, so dass ein dringendes dienstliches Interesse an der vollen Ausschöpfung der Arbeitskraft der vorhandenen Beamten und damit ein dringender dienstlicher Belang besteht. Dabei bewegt sich die Art der Personalbedarfsberechnung und –fortschreibung im Rahmen des der Beklagten zustehenden Organisationsrechts.
Seitens der Beklagten wird jedes Jahr eine Personalplanung erstellt. Dabei handelt es sich um eine Art Schätzung, die in einem systematischen Verfahren erfolgt. Auf der Basis von Vorjahreszahlen findet sowohl eine Fortschreibung als auch eine prognostische Betrachtung der künftigen Entwicklung statt. Die Fortschreibung erfolgt zum Ende eines Geschäftsjahres durch Anfrage der voraussichtlichen Personalbedarfsentwicklung bei den Organisationseinheiten. Die von den Organisationseinheiten, d.h. den Fachabteilungen, erfolgten Rückmeldungen werden im Organisationsbereich hinterfragt. Dabei wird festgestellt, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang voraussichtlich Aufgabenmehrungen bzw. -verschiebungen erfolgen werden. Dieses konsolidierte Ergebnis stellt die Personalprognose für das laufende Geschäftsjahr dar. Das heißt, dass für jedes Jahr jeweils zum 1. Januar das sogenannte Personal-Soll festgelegt wird. Danach unterliegen diese festgestellten Zahlen einer laufenden Kontrolle. Die Prognose kann sich beispielsweise dadurch ändern, dass es durch krankheits- oder versetzungsbedingte Weggänge zu einer Personalminderung kommt oder dass Auszubildende der Beklagten die Prüfung nicht bestehen und deshalb für einen Einsatz bei der Beklagten nicht zur Verfügung stehen. Daher enthält die Personalbedarfsplanung die Rubriken „absehbare Zugänge“ und „absehbare Abgänge“. Darüber hinaus wird der Personalbedarf durch den Organisationsbereich nicht fortlaufend, jedoch in gewissen zeitlichen Abständen in einem Verfahren, welches beispielsweise auch auf Selbstaufschreibung basiert, ermittelt und jeweils fortgeschrieben.
Bei der Personalbedarfsberechnung der Beklagten handelt es sich um eine mittelfristige Bedarfsberechnung bezogen auf einen Fünfjahreszeitraum. Bei diesen Berechnungen sind Änderungen beim Personalbedarf zu berücksichtigen, wie sie sich zum Beispiel durch das sogenannte Flexi-Rentengesetz ergaben. Die im Verfahren angesprochenen Berechnungen zum Stichtag 1. November 2015 (Bl. 28 d. Beiakte) und 1. Juni 2017 (Bl. 48 d. Gerichtsakte) sind Fortschreibungen der jeweils zum 1. Januar 2015 bzw. 1. Januar 2017 turnusgemäß erstellten Personalbedarfsberechnung. Die Berechnung vom 1. November 2015 erfolgte vor dem Hintergrund, eine Grundlage für Entscheidungen über Anträge auf Gewährung von Altersteilzeit zu schaffen.
Auf Grundlage dieser Personalplanung traf die Beklagte im Dezember 2015 eine Grundsatzentscheidung, nach der eine Bewilligung der Altersteilzeit aufgrund der kurz- und mittelfristig gegebenen Arbeits- und Personalsituation grundsätzlich nur im Rahmen des Teilzeitmodells möglich war. Lediglich in begründeten Sonderfällen bestand die Möglichkeit, Altersteilzeit im Blockmodell zu gewähren, sofern kein Personalersatzbedarf besteht bzw. seitens der jeweiligen Abteilung/des jeweiligen Referates bis zum originär geplanten Ausscheiden des Antragstellers (Zeitpunkt der frühestmöglichen abschlagsfreien Ruhestandsversetzung) kein Personalersatz geltend gemacht wird.
In der eingeholten Stellungnahme der … zum Antrag der Klägerin auf Altersteilzeit erklärte diese, dass sie für ausscheidende Mitarbeiter in der Rentensachbearbeitung Personalersatz geltend machen wird, da aufgrund der Arbeitsmengenentwicklung und der bestehenden Aufgabenverteilung für den Bereich Versicherung und Rente bis zum Jahr 2020 insgesamt ein Personalmehrbedarf für die gehobenen Funktionsebene prognostiziert wird und noch keine spürbare Reduzierung des Personalbedarfs in der Sachbearbeitung durch die stufenweise Einführung des erweiterten Dokumentenworkflows bis zum Jahr 2020 erfolgen wird. Im Dezember 2016 ergänzte die …, dass gesetzliche Veränderungen zu einer Aufgabenmehrung bei den Rentenversicherungsträgern und damit auch zu einem Personalmehrbedarf in der Rentensachbearbeitung führen, dem gleichzeitige keine Aufgabenverringerung in entsprechendem Umfang gegenübersteht. Dabei ist die Personalsituation in der … in den Qualifikationsebenen zwei und drei bereits jetzt sehr gespannt. Durch steigende Antragsmengen im Bereich Versicherung und Rente in den nächsten Jahren verstärkt sich die personelle Unterdeckung.
Im Rahmen der mittel- und langfristigen Personalplanung für die gehobene Funktion war damit absehbar, dass die Personalsituation trotz oben genannter Bemühungen der Beklagten zur Erreichung einer ausgeglichenen Personal-Soll/Ist Struktur durch Erhöhung der Ausbildungszahlen auch zukünftig angespannt bleibt. Bereits bei der Grundsatzentscheidung vom 22. Dezember 2015 lag kurz- bzw. mittelfristig bei der prognostischen Personalbedarfsplanung eine rechnerische Unterdeckung vor. Zu diesem Zeitpunkt konnte jedoch noch davon ausgegangen werden, dass im Rahmen der Ermessensentscheidung des Art. 91 BayBG deswegen angesichts des Umfangs des Personalkörpers der … keine schwerwiegenden Nachteile zu erwarten sind und damit keine „dringenden dienstlichen Gründe“ als Begründung für die generelle Nichtbewilligung von Altersteilzeit vorgebracht werden können, weshalb grundsätzlich einzelfallbezogen geprüft werden muss. Bereits bis zur Planung 2017 erhöhte sich auf der einen Seite der Personalbedarf durch Aufgabenmehrung und Gesetzesänderungen, während auf der anderen Seite die die Zugänge aus der Sozifa-Fortbildung erst später wirksam wurden.
Etwaige Einsparpotenziale hinsichtlich der Digitalisierung der Arbeitsprozesse können nach Auskunft der betroffenen Fachabteilungen der Beklagten zum gegenwärtigen Zeitpunkt sowohl qualitativ als auch quantitativ nicht belastbar beziffert werden. Eine Bewilligung von Altersteilzeit ist daher unter Beachtung der dienstlichen Gründe aufgrund mittel- und langfristig gegebenen Arbeits- und Personalsituation nur eingeschränkt möglich. Aufgrund der dargelegten Personalsituation zum Zeitpunkt des geplanten Beginns der Freistellungsphase der Klägerin und der Verstärkung der angespannten Personalsituation in der … der Klägerin liegen dringende dienstliche Belange vor, die der Bewilligung von Altersteilzeit entgegenstehen.
Dem steht entgegen der klägerischen Sicht auch nicht die Gewährung von Altersteilzeit im Blockmodell einer teilzeitbeschäftigten Beraterin in der Auskunfts- und Beratungsstelle … entgegen, da sich die Personalsituation der Beklagten zum Zeitpunkt deren Beginns der Freistellungsphase entschärft. Hintergrund der Gewährung von Altersteilzeit in diesem Fall war zudem die Bereitschaft der betroffenen Beamtin, den Eintritt der Freistellungsphase um ein Jahr auf Juli 2021 zu verschieben, wobei deren Weggang durch Zugang der Nachwuchskräfte im August 2021 kompensiert werden kann. Die prognostizierte Personalsituation 2021 stellt sich zudem entspannter als zum Januar 2019, dem klägerseits begehrten Eintritt in die Freistellungsphase dar.
Dem steht auch der Einwand der Klägerin nicht entgegen, dass die … ihrer bestehenden Verpflichtung zur personalplanerischen Vorsorge erst mit dem absehbaren Inkrafttreten der neuen ATZ-Regelung nachkommen konnte (1. August 2015), da durch § 1 Ziffer 4 des Gesetzes zur weiteren Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im öffentlichen Dienst in Bayern lediglich innerhalb des Art. 91 BayBG der bisherige Absatz 1 Satz 3 (Beschränkung der Altersteilzeit im Blockmodell auf die gesetzliche Altersgrenze) aufgehoben wurde; die Altersteilzeit in Bayern jedoch bereits zum 1. August 1999 möglich wurde und daher bereits zu diesem Zeitpunkt eine Verpflichtung zur personalplanerischen Vorsorge bestand. Die Kombinationsmöglichkeit von Altersteilzeit im Blockmodell und Antragsruhestand, so dass ein Eintritt in die Freistellungsphase bereits mit 62 Jahren und 5 Monaten erfolgen kann, besteht erst seit der zum 1. August 2015 geschaffenen Neuregelung des Art. 91 BayBG. Aufgrund der Altersstruktur der … – die Beklagte ermittelte 44 Beamte und Beamtinnen der dritten Qualifikationsebene in …, denen grundsätzlich die Kombinationsmöglichkeit von Altersteilzeit und Ruhestandsversetzung auf Antrag offen stand (Bl. 35 d. Beiakte) – konnte die Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt mit der Vorverlagerung um eineinhalb Jahre der bislang für die Jahre 2018 – 2022 eingeplanten Personalabgänge rechnen. Diese sich daraufhin abzeichnende vorgezogene Personalfluktuation konnte bis dahin (noch) nicht in der mittel- und langfristigen Personalbedarfsplanung berücksichtigt werden**Aufgrund der bereits im Frühjahr eines jeden Jahres zu treffenden Entscheidung über die Zahl der einzustellenden Nachwuchskräfte, konnte aufgrund des absehbaren Inkrafttretens im August 2015 erst mit der Planung zur Einstellung von Nachwuchskräften ab dem Jahr 2016 (Zugang 2019) auf diese Änderung reagiert werden, wobei aufgrund der rund vierjährigen Vorlaufzeit bis zum Einsatz der Nachwuchskräfte keine kurzfristige Reaktion auf den entstehenden Personalbedarf möglich ist.
Nach den von der Beklagten vorgelegten Stellenplänen bezogen auf die voraussichtliche Personalentwicklung bis 2022, und den Erläuterungen der Beklagten hierzu muss davon ausgegangen werden, dass trotz personellen sowie organisatorischen Maßnahmen der Beklagten z.B. durch Erhöhung der Ausbildungszahlen zur Erreichung einer ausgeglichenen Personal-Soll/Ist-Struktur kurz- und mittelfristig weiterhin Dienstposten in der gehobenen Funktionsebene unbesetzt bleiben werden. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Beklagten ist im Bereich der Rentensachbearbeitung aufgrund gesetzlicher Änderungen und zunehmender Antragsmengen eine Aufgabenmehrung zu erwarten. Aufgrund der fachspezifischen Ausbildung in dem sozialversicherungsrechtlichen Bereich ist ein fachübergreifender Einsatz und ein Ersatz fehlender Mitarbeiter nicht ohne weiteres möglich. Durch diese Maßnahmen, mit denen sich die Beklagte im Rahmen des ihr zustehenden Organisationsrechts bewegt, hat die Beklagte die ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen. Damit ist auch im Hinblick auf den konkreten Einsatz der Klägerin nachvollziehbar dargelegt, dass nicht nur durch eine bloße Umorganisation innerhalb der Behörde deren bisheriger Arbeitsbereich nicht abgedeckt werden kann, sondern vielmehr durch die Gewährung der Altersteilzeit Arbeitskapazitäten verloren gehen, die weder personell noch organisatorisch anderweitig abgedeckt werden können, so dass schwerwiegende Nachteile für die Verwaltung durch mangelnde Funktionsfähigkeit drohen.
Weil damit wegen entgegenstehender dringender dienstlicher Belange die Voraussetzungen für die Gewährung von Altersteilzeit nach Art. 91 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBG nicht vorliegen, hat die Beklagte den Antrag der Klägerin zurecht abgelehnt.
2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 709 ff. ZPO.


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