Arbeitsrecht

Kein Anspruch eines der Bahn-BKK zugewiesenen Beamten des Bundeseisenbahnvermögens auf eine tarifvertragliche Prämie

Aktenzeichen  M 21 K 17.387

Datum:
8.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 13901
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 82
GG Art. 33 Abs. 5
BBesG § 2 Abs. 1, Abs. 2 S. 1
BLBV § 4
BBG § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3
DBGrG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 3, § 12 Abs. 2 S. 1
ETV-BAHN-BKK 2002 § 5

 

Leitsatz

1. Ein unbezifferter Klageantrag ist ausnahmsweise zulässig, wenn die Schwierigkeit, den Klageantrag hinreichend genau zu bestimmen, durch außerhalb der Klägersphäre liegende Umstände verursacht wird. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) ist es grundsätzlich ausgeschlossen, einem Beamten Besoldungsleistungen zuzusprechen, die gesetzlich nicht vorgesehen sind. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine analoge Anwendung des ETV-BAHN-BKK auf Beamte des Beklagten scheidet aber angesichts § 1 ETV-BAHN-BKK, der keine planwidrige Regelungslücke für Beamte erkennen lässt, von vornherein aus. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Nach entsprechendem Hinweis in der mündlichen Verhandlung (§ 86 Abs. 3 VwGO) ist seitens des Klägerbevollmächtigten durch den nahe liegenden Verzicht auf die in seinem Schriftsatz vom 3. Januar 2017 enthaltenen Klageanträge zu I. und II. unproblematisch nur berichtigend klargestellt worden (vgl. hierzu allgemein Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 91 Rn. 11 m.w.N.), dass die Klage als allgemeine, unbezifferte Leistungsklage nur auf die Prämienzahlung für das Jahr 2014 abzielt.
Diese Klage kann keinen Erfolg haben, weil sie zwar zulässig, aber unbegründet ist.
Die Klage ist trotz des unbezifferten Klageantrags zulässig.
Das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags ist in § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO als bloße Sollvorschrift ausgestaltet. Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen materiellen Rechts und von den Umständen des Einzelfalles ab. Wird im Verwaltungsprozess unmittelbar auf Leistung eines Geldbetrages geklagt, ist die Forderung grundsätzlich der Höhe nach im Klageantrag zu beziffern. Ein unbezifferter Klageantrag ist insoweit aber ausnahmsweise zulässig, wenn die Schwierigkeit, den Klageantrag hinreichend genau zu bestimmen, durch außerhalb der Klägersphäre liegende Umstände verursacht wird (vgl. zu all dem nur BVerwG, U.v. 26.2.2015 – 5 C 5/14 D – juris Rn. 15 m.w.N.), die zugunsten des Klägers anzunehmen ist.
Selbst wenn man das Schreiben des Beklagten vom 9. Dezember 2016 nicht als Widerspruchsbescheid wertete, wäre die Klage als Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) zulässig.
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Zahlung der Erfolgsprämie für das Jahr 2014.
Die Besoldung der Beamten, Richter und Soldaten wird nach § 2 Abs. 1 BBesG durch Gesetz geregelt. Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche, die dem Beamten, Richter oder Soldaten eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Besoldung verschaffen sollen, sind unwirksam (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BBesG). Nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) ist es grundsätzlich ausgeschlossen, einem Beamten Besoldungsleistungen zuzusprechen, die gesetzlich nicht vorgesehen sind (vgl. Plog/Wiedow, BBesG, Stand Oktober 2008, § 2 Rn. 28 m.w.N.).
An der somit erforderlichen besoldungsrechtlichen Grundlage für die vom Kläger verlangte Erfolgsprämie fehlt es für den streitgegenständlichen Zeitraum.
Die LPZV, die das Schreiben des Beklagten vom 14. Januar 2002 erwähnt, ist am 30. Juni 2009 außer Kraft getreten und zudem ersichtlich nicht Grundlage der vom Kläger begehrten Prämienzahlung gewesen. Eine Basis für diese Prämienzahlung bietet etwa auch nicht die Bundesleistungsbesoldungsverordnung (BLBV), nach der es etwa eine Leistungsprämie gibt (§ 4 BLBV), die der Anerkennung einer herausragenden besonderen Leistung dient, wobei die Verordnung selbst nicht die Höhe einer solchen Leistungsprämie regelt (§ 4 Abs. 2 Satz 2 BLBV) und einen Ausschlusstatbestand insbesondere für Leistungsprämien in Bereichen enthält, in denen Zulagen der Deutsche Bahn AG oder der ausgegliederten Gesellschaften nach § 2 Abs. 1 oder § 3 Abs. 3 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes (DBGrG) als Leistungselemente gewährt werden.
Ob eine über die allgemein festgelegte Besoldung hinausgehende, ohne gesetzliche Grundlage an Beamte, welche die amtsgemäß geschuldete Dienstleistung bei einer öffentlichen Einrichtung ohne Dienstherrnfähigkeit erbringen, gezahlte Vergütung durch § 2 Abs. 1 BBesG ausgeschlossen wird, braucht nicht vertieft zu werden (vgl. BVerwG, U.v. 27.2.2003 – 2 C 3/02 – juris Rn. 14).
Der geltend gemachte Anspruch auf die Erfolgsprämie ergibt sich nämlich auch insbesondere nicht aus dem für den streitgegenständlichen Zeitraum geltenden ETV-BAHN-BKK, weil der Kläger nicht „Arbeitnehmer“ ist.
Insbesondere dieser Tarifvertrag gilt nach seinem eindeutigen Wortlaut ausschließlich für Arbeitnehmer der BAHN-BKK, die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der BAHN-BKK (MTV-BAHN-BKK) fallen (§ 1 ETV-BAHN-BKK).
Tarifverträge sind zwar grundsätzlich analogiefähig (vgl. nur BAG, U.v. 29.6.2017 – 6 AZR 364/16 – juris Rn. 18 m.w.N.). Eine analoge Anwendung des ETV-BAHN-BKK auf Beamte des Beklagten scheidet aber angesichts § 1 ETV-BAHN-BKK, der keine planwidrige Regelungslücke für Beamte erkennen lässt, von vornherein aus.
Ansprüche auf sonstiger zivil- bzw. arbeitsrechtlicher Grundlage bestehen nicht. Mit der Zuweisung an die BAHN-BKK hat der Kläger seinen Status als Beamter nicht verloren. Nach § 1 der Satzung der BAHN-BKK handelt es sich bei ihr um eine Betriebskrankenkasse, die eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Dieser war der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum im Sinne der § 12 Abs. 2 Satz 1 DBGrG, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG zugewiesen. Von einer Zuweisung bleibt die Rechtsstellung des Beamten unberührt (§ 29 Abs. 3 BBG, vgl. auch BVerwG, U.v. 27.2.2003 – 2 C 3/02 – juris Rn. 16 m.w.N.).
Anlässlich der Zuweisung ist auch kein zusätzliches Arbeitsverhältnis begründet worden. Der Kläger hat unstreitig keinen Arbeitsvertrag mit der BAHN-BKK geschlossen.
Zudem hatte die Zuweisung des Klägers zur Bahn-BKK am 1. August des Auszahlungsjahres 2015 nicht mehr bestanden, so dass eine Prämienzahlung für das Jahr 2014 an ihn nach der vom Kläger nicht (erfolgreich) in Abrede gestellten Auszahlungspraxis des Beklagten nicht in Betracht gekommen ist.
Die Zahlung kann auch nicht als Ersatz für die entgangene Möglichkeit, die Erfolgsprämie zu erhalten, verlangt werden. Ein Anspruch auf Schadensersatz als Surrogat eines Erfüllungsanspruchs scheidet schon deshalb aus, weil die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht gegeben sind (vgl. auch BVerwG, U.v. 27.2.2003 – 2 C 3/02 – juris Rn. 20).
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.


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