Arbeitsrecht

Kein Unfallversicherungsschutz für die Teilnahme an einem Fußballturnier in Zusammenhang mit einem fachärztlichen Kongress

Aktenzeichen  L 2 U 148/17

Datum:
6.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 8050
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 1
SGB VII § 8

 

Leitsatz

Für die Teilnahme an einem Fußballturnier in Zusammenhang mit einem fachärztlichen Kongress besteht grundsätzlich kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.

Verfahrensgang

S 23 U 668/15 2017-04-04 Urt SGMUENCHEN SG München

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 04.04.2017 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Berufung bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.
Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide auf Feststellung eines Arbeitsunfalls gerichtete Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das Ereignis vom 07.02.2015 stellt keinen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung dar, so dass ein entsprechender Anspruch auf Feststellung nicht besteht.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Die Teilnahme an dem von der D. am 07.02.2015 organisierten Fußballturnier, infolge derer der Unfall eingetreten ist, stellte für den Kläger keine versicherte Tätigkeit in diesem Sinne dar. Im vorliegenden Fall kommt als Versicherungstatbestand lediglich die Versicherung kraft Gesetzes für Beschäftigte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in Betracht, da die Teilnahme an dem Fußballturnier nur dadurch versichert sein könnte, dass sie der versicherten Beschäftigung des Klägers als Assistenzarzt in der Herzchirurgie des Herzzentrums L-Stadt zuzurechnen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Für die Beurteilung, ob die Verrichtung der versicherten Person im Zeitpunkt des Unfallereignisses dem versicherten Tätigkeitsbereich zuzurechnen ist, gibt es im Wesentlichen zwei Kriterien (Keller, in: Hauck/Noftz, SGB, 06/18, § 8 SGB VII, Rdnr. 17):
1. den objektiven Rechts- und Pflichtenkreis der versicherten Person,
2. die Handlungstendenz des Versicherten.
Die Handlungstendenz (dazu Köhler, WzS 2011, S. 203 ff.; Jung, WzS 2011, S. 227 ff.; Krasney, NZS 2013, S. 681 ff.; Krasney, NZS 2014, S. 607 ff., 607 f.; zur Rechtsentwicklung vgl. Krasney in Schulin, HS-UV, § 8 Rdnrn. 34 ff.) ist der Zweck des Handelns des Versicherten. Eine auf die grundsätzlich versicherte Tätigkeit bezogene Handlungstendenz liegt vor, wenn der Versicherte mit der Verrichtung bezweckt, diesem Tätigkeitsbereich zu dienen. Diese Handlungstendenz ist rechtlich nur relevant, wenn sie durch die objektiven Umstände bestätigt wird („objektivierte Handlungstendenz“; st. Rspr., z. B. BSG, Urteil vom 27.03.2012, Az. B 2 U 7/11 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 19 Rdnr. 18; BSG, Urteil vom 05.07.2016, Az. B 2 U 5/15 R, BSGE 122, 1, Rdnr. 15). Maßgebend sind nur das Handeln bzw. die Handlungstendenz der versicherten Person.
Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt vor, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl. § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (st. Rspr., zusammengefasst bei BSG, Urteil vom 05.07.2016 Az. B 2 U 5/15 R, BSGE 122, 1, Rdnr. 17).
Eine Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis hat der Kläger mit der Teilnahme an dem Fußballturnier nicht erfüllt. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass der Kläger aufgrund seines Arbeitsvertrags als Assistenzarzt an der Herzchirurgie zur Teilnahme an Fußballturnieren verpflichtet gewesen wäre, selbst dann nicht, wenn diese Spiele anlässlich fachärztlicher Kongresse stattgefunden hätten. Es sind auch vom Kläger keine Umstände aufgezeigt worden oder sonst ersichtlich geworden, die nach Ansicht des Senats dazu geeignet wären, eine Weisung seitens des Arbeitgebers im Rahmen seines Direktionsrechts zur Teilnahme an dem Fußballturnier anzunehmen, die der Kläger in vertretbarer Weise als für ihn verbindlich betrachten durfte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30.03.2017 Az. B 2 U 15/15 R, Rdnr. 18). So ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass der Kläger von seinen Vorgesetzten aufgefordert worden wäre, an dem Fußballturnier teilzunehmen. Allein aus der Genehmigung des Dienstreiseantrags kann eine solche betriebliche Anordnung nicht abgeleitet werden, zumal die Genehmigung nur mit der Maßgabe erfolgt war, dass die Dienstreise unter Einbringung von Freizeit am Samstag und Sonntag zu erfolgen habe. Daraus ist zu schließen, dass der Arbeitgeber die Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung nicht verpflichtend angeordnet hatte, sondern nur eine aus eigenem Entschluss des Klägers dulden bzw. mit der Dienstreisegenehmigung fördern wollte. Im Übrigen hat der Kläger auf seinem Dienstreiseantrag, der Gegenstand der Genehmigung durch den Arbeitgeber war, mit keinem Wort auf das Fußballturnier hingewiesen. Als Zweck der Reise wurde ausschließlich „Jahrestagung D.“ und als Begründung „Außendarstellung der Klinik Herzzentrum L-Stadt“ angegeben. Damit lag aus Sicht der die Dienstreise genehmigenden Personalabteilung, die den Arbeitgeber repräsentierte, die Teilnahme an einem Kongress und nicht an einem Fußballturnier vor. Aufgrund dieser unzureichenden Angaben des Klägers im Dienstreiseantrag kann auch dahinstehen, ob die weitere Angabe im Dienstreiseantrag, der Kläger wolle „im Auftrag von GF/CA/PDL“ nicht „auf eigenen Wunsch“ an der Dienstreise teilnehmen, zutraf, zumal der Kläger im Verlauf des Verfahrens eine angebliche Beauftragung durch Vorgesetzte nicht weiter substantiiert hat.
Ein dem Urteil des BSG vom 20.10.1983 (Az. 2 RU 77/82) vergleichbarer Sachverhalt liegt nicht vor. In der zitierten Entscheidung hatte das BSG einen ausländischen Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber die Weisung erhalten hatte, sich um die Verlängerung seiner Arbeitserlaubnis zu bemühen und während der Arbeitszeit das Arbeitsamt zur Abgabe eines Antrags aufzusuchen, auf diesem Weg zum Arbeitsamt allein wegen der Weisung für versichert gehalten. In diesem Fall war dem Beschäftigten eine betriebliche Anordnung erteilt worden, die er befolgt hat. Der Nachweis einer solchen Weisung fehlt im vorliegenden Fall.
Ebenso wenig lässt sich ein Versicherungsschutz im vorliegenden Fall mit Hilfe der Ausweitungen des Versicherungsschutzes Beschäftigter begründen, die die Rechtsprechung zu den Fallgruppen des Betriebssports, der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen sowie der Gefahrerhöhungen am Ort einer Dienstreise entwickelt hat:
– Zur Abgrenzung des unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehenden Betriebssports von anderen sportlichen Aktivitäten hat das BSG folgende Kriterien aufgestellt (ständige Rspr., zusammengefasst in BSG, Urteil vom 13.12.2005, Az. B 2 U 29/04 R, Rdnr. 12): Der Sport muss Ausgleichs- und nicht Wettkampfcharakter haben; er muss regelmäßig stattfinden; der Teilnehmerkreis muss im Wesentlichen auf Angehörige des Unternehmens bzw. der Unternehmen, die sich zu einer Betriebssportgemeinschaft zusammengeschlossen haben, beschränkt sein; Übungszeit und Übungsdauer müssen in einem dem Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen; die Übungen müssen im Rahmen einer unternehmensbezogenen Organisation stattfinden. Diese Voraussetzungen mögen für das wöchentliche Fußballtraining vorliegen, an dem der Kläger behauptet teilzunehmen, jedoch nicht für das jährlich einmalig stattfindende Fußballturnier, bei dem Mannschaften verschiedener Kliniken gegeneinander antreten, so dass dafür sowohl die Regelmäßigkeit als auch der auf Betriebsangehörige beschränkte Personenkreis und der Ausgleichszweck des Sports sowie seine Einbindung in die Unternehmensorganisation fehlen. Der Kläger kann sich auch nicht auf das von ihm zitierte Urteil des BSG vom 26.10.2004 (Az. B 2 U 38/03 R) berufen, wonach bei Turnieren zwischen Betriebssportgruppen Versicherungsschutz besteht, wenn solche Spiele nur gelegentlich ausgetragen werden und der Wettkampfcharakter nicht im Vordergrund steht, etwa weil die Sportausübung der Teilnahme am allgemeinen Wettkampfverkehr oder der Erzielung von Spitzenleistungen dient. Denn diese Rechtsprechung hat das BSG mit seinem Urteil vom 13.12.2005 (Az. B 2 U 29/04 R, Leitsatz und Rdnr. 15) ausdrücklich aufgegeben. Danach liegt unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehender Betriebssport nur vor, wenn der Sport Ausgleichs- und nicht Wettkampfcharakter hat, regelmäßig stattfindet, der Teilnehmerkreis im Wesentlichen auf Unternehmensangehörige beschränkt ist, Übungszeit und Übungsdauer im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen und der Sport unternehmensbezogen organisiert ist. Wettkämpfe mit anderen Betriebssportgemeinschaften außerhalb der regelmäßigen Übungsstunden oder eine mehrtägige Skiausfahrt sind nach der neueren Rechtsprechung ausdrücklich nicht mehr versichert. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass hier auch nicht die Betriebssportgruppe des Herzzentrums L-Stadt als Mannschaft teilnahm, sondern nur einige wenige Ärzte des Herzzentrums, die mit anderen Ärzten eine Mannschaft bildeten. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass irgendwelche nicht-ärztlichen Betriebssportteilnehmer (z.B. Pfleger, Schwestern, Verwaltungsangestellte etc.) des Herzzentrums L-Stadt teilgenommen hätten. Schon deswegen erschließt sich nicht, wie die Teilnahme an diesem Wettkampf die Freude der Mitglieder der Betriebssportgemeinschaft am Betriebssport erhöhen und damit dem Betriebssport dienlich sein sollte.
– Eine versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung stellte das von der D. veranstaltete Fußballturnier unter keinem Gesichtspunkt dar. Das BSG verlangt in ständiger Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 05.07.2016 Az. B 2 U 19/14 R = BSGE 121, 297; BSG, Urteil vom 15.11.2016 Az. B 2 U 12/15 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 37, Rdnr. 20), dass der Arbeitgeber die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung durchführt oder durchführen lässt. Es ist erforderlich, dass er zu ihr alle Betriebsangehörigen oder bei Gemeinschaftsveranstaltungen für organisatorisch abgegrenzte Abteilungen des Betriebs alle Angehörigen dieser Abteilung eingeladen oder einladen lassen hat. Bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen in einzelnen organisatorischen Einheiten des Unternehmens, insbesondere wenn das Unternehmen über mehrere Betriebsstätten oder Dienststellen verfügt, genügt es, dass die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit als Veranstalter auftritt. Mit der Einladung muss der Wunsch des Arbeitgebers deutlich werden, dass möglichst alle Beschäftigten sich freiwillig zu einer Teilnahme entschließen. Die Teilnahme muss daher vorab erkennbar grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens oder der betroffenen Abteilung offenstehen und objektiv möglich sein. Es reicht nicht aus, dass nur den Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme angeboten wird oder zugänglich ist. Nur in Ausnahmefällen, in denen Beschäftigte von vornherein nicht teilnehmen können, weil etwa aus Gründen der Daseinsvorsorge der Betrieb aufrechterhalten werden muss oder wegen der Größe der Belegschaft aus organisatorisch-technischen Gründen eine gemeinsame Betriebsveranstaltung ausscheidet, muss die umfassende Teilnahmemöglichkeit nicht für alle Mitarbeiter bestehen. An dem zunächst geforderten weiteren Kriterium der Teilnahme der Unternehmensleitung selbst an der Veranstaltung hat der Senat nicht mehr festgehalten (vgl. das eben zitierte Urteil des BSG vom 05.07.2016 Az. B 2 U 19/14 R, Rdnrn. 16 f.). Allerdings müssen betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen nach wie vor im Interesse des Arbeitgebers liegen und einen betrieblichen Zweck verfolgen. Die von der Unternehmensleitung getragene, im Einvernehmen mit ihr durchgeführte Veranstaltung muss darauf abzielen, die Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander zu fördern. An diesem betrieblichen Zusammenhang fehlt es, wenn stattdessen Freizeit, Unterhaltung, Erholung oder die Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen im Vordergrund stehen. Für die Beurteilung, ob eine Veranstaltung die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist eine Gesamtbetrachtung aller tatsächlichen Umstände erforderlich. Nach Maßgabe dieser Grundsätze handelte es sich bei dem Fußballturnier nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Zum einen lag keine Veranstaltung des Arbeitgebers vor, weil nicht die Herzzentrum L-Stadt GmbH, sondern die Deutsche Gesellschaft für T. (D.) die Veranstaltung organisierte und zu ihr einlud. Es mag sein, dass – wie der Kläger behauptet – theoretisch jeder Beschäftigte des Herzzentrums L-Stadt GmbH an dem Fußballturnier hätte teilnehmen können, jedoch war die Veranstaltung nur auf die Teilnahme weniger Mitspieler ausgerichtet. Die Veranstaltung am Fußballtag stand objektiv nur den wenigen als Fußballspieler teilnehmenden Personen offen, während für die nicht am Fußballturnier teilnehmenden Personen keine weiteren Programmpunkte außerhalb des Fußballturniers zur Verfügung standen. Es fehlte deshalb an dem erforderlichen Zweck und der Eignung der Veranstaltung, den Gemeinschaftsgedanken im Unternehmen zu fördern. Speziell zu einem Fußballturnier hat das BSG entschieden, dass es nur dann als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung unter Versicherungsschutz steht, wenn es im Rahmen einer Veranstaltung stattfindet, die alle Betriebsangehörigen, auch die nicht sportinteressierten, einbezieht (BSG, Urteil vom 15.11.2016 Az. B 2 U 12/15 R, Rdnr. 22).
Auch nach dem Einladungsschreiben handelte es sich bei dem Fußballturnier um keine Veranstaltung zur Förderung der Gemeinschaft am Herzzentrum L-Stadt, sondern um eine Veranstaltung zur Stärkung der „thorax-, herz- und gefäßchirurgischen Gemeinschaft“, die sich auf völlig verschiedene Arbeitgeber und Kliniken verteilt.
Darüber hinaus war – unabhängig davon ob man für den Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen eine bestimmte Mindestbeteiligungsquote der Belegschaft fordert oder nicht – im vorliegenden Fall jedenfalls ein „eindeutiges Missverhältnis“ zwischen Teilnehmern und Nichtteilnehmern seitens des L-Stadter Herzzentrums gegeben, wie es vom BSG bei einer Teilnahme von 3 bis 15 Personen bei 150 Betriebsangehörigen angenommen worden ist (BSG SozR Nr. 25 zu § 542 RVO a.F.; ebenso unversichert bei Teilnahme von nur 5 von 485 Beschäftigten: BSG SozR 2200 § 548 Nr. 21). Denn seitens des Herzzentrums L-Stadt haben außer dem Kläger nur der damalige Leiter des Fußballtrainings Dr. B. sowie der Kollege des Klägers Dr. A. an dem Turnier teilgenommen.
– Auch unter dem Gesichtspunkt der Gefahrerhöhung am Ort einer Dienstreise lässt sich ein Versicherungsschutz im vorliegenden Fall nicht begründen. Während des Aufenthalts am Ort einer Dienstreise ist der Beschäftigte nicht schlechthin bei allen Verrichtungen unfallversicherungsrechtlich geschützt. Die besonderen Umstände einer Dienstreise rechtfertigen es aber, bei einer Reihe von Tätigkeiten anders als am Wohn- oder Betriebsort einen inneren Zusammenhang mit der grundsätzlich versicherten Tätigkeit anzunehmen. So kann während einer Geschäftsreise Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung ausnahmsweise auch bei einer privaten Verrichtung bestehen, wenn der Versicherte durch die Verhältnisse am auswärtigen Dienstort einer besonderen Gefahr zwangsläufig ausgesetzt ist (BSG, Urteil vom 18.03.2008, Az. B 2 U 13/07 R, Ls. 1). Als Dienstreise bedingt und damit in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehend sind aber nur solche Unfallgefahren zu bewerten, die sich nach Art und Ausmaß von den vielfältigen alltäglichen Risiken abheben, denen jeder Mensch ausgesetzt ist (BSG, a.a.O., Ls. 2). Ein betrieblicher Bezug ist deshalb gegeben, wenn besondere gefahrbringende Umstände am Ort des Dienstgeschäfts Unfälle beispielsweise bei der Nachtruhe, der Körperreinigung oder der Nahrungsaufnahme einschließlich der damit zusammenhängenden Wege verursachen. Dagegen begründen Gefährdungen, denen sich der Reisende bei privaten Unternehmungen am Aufenthaltsort freiwillig aussetzt, keinen Versicherungsschutz (BSG, Urteil vom 30.03.2017 Az. B 2 U 15/15 R, Rdnr. 22: Besuch einer Hotelbar während des geselligen Ausklanges des Abends auf einer Dienstreise unversichert). Im vorliegenden Fall ist der Kläger nicht aufgrund der erhöhten Gefahren verunglückt, denen er aufgrund der Teilnahme an dem Kongress auch bei privaten Verrichtungen zwangsläufig ausgesetzt war, vielmehr hat er sich anlässlich des Kongresses freiwillig der erhöhten Gefahr des Fußballturniers ausgesetzt. Hier ist allein entscheidend, ob die Teilnahme an dem Fußballturnier versichert war oder nicht. Selbst wenn der Kläger vorgehabt hätte, am Sonntagmorgen noch an einzelnen Veranstaltungen des Fachkongresses teilzunehmen, und die Dienstreise zur Teilnahme an diesem Fachkongress grundsätzlich versichert gewesen wäre, wäre die Frage, ob die freiwillige Teilnahme an dem Fußballturnier am Vortag der Veranstaltung versichert war, völlig getrennt und unabhängig davon zu beurteilen und nach den obigen Ausführungen zu verneinen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

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