Arbeitsrecht

Kostenentscheidung bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen im Beurteilungsstreit

Aktenzeichen  3 BV 18.112

Datum:
13.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 13674
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 92 Abs. 3 S. 1, § 161 Abs. 2, § 173
BayLlbG Art. 17a

 

Leitsatz

1. Die Kosten des Rechtsstreits sind dem Beamten aufzuerlegen, wenn der Dienstherr die von ihm erstellten fiktiven Beurteilungsfortschreibungen freiwillig, ohne Anerkennung einer entsprechenden Rechtspflicht und nicht in der Erkenntnis einer Rechtswidrigkeit zurückgenommen hat und der Beamte nach Aktenlage voraussichtlich nicht obsiegt hätte. (redaktioneller Leitsatz)
2. Aufgrund des Einschätzungsspielraums bei fiktiver Laufbahnnachzeichnung nach Art. 17a LlbG kann der Dienstherr hinsichtlich der Wahl von Methode und Verfahren in typisierender Weise vorgehen, um den Verwaltungsaufwand in praktikablen Grenzen zu halten. (redaktioneller Leitsatz)
3. Aus diesem Grund können bei der Vergleichsgruppenbildung einzelne Aspekte bzw. weitere Differenzierungsmerkmale unberücksichtigt bleiben; zudem kann der (fiktiven) Beurteilung ein arithmetischer Mittelwert zugrunde gelegt werden. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 1 K 17.194 2017-12-12 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Dezember 2017 ist wirkungslos geworden.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
IV. Der Streitwert wird in beiden Rechtszügen auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien (Schriftsätze des Beklagten vom 22. März 2019 und des Klägers vom 1. April 2019) hat sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. In entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO wird das Verfahren eingestellt; das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Dezember 2017 ist wirkungslos geworden (§ 173 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entsprechend).
Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zu berücksichtigen.
Danach sind die Kosten hier dem Kläger aufzuerlegen.
Zwar entspricht es in der Regel der Billigkeit, den Verfahrensbeteiligten mit den Kosten zu belasten, der durch eigenen Willensentschluss die Erledigung veranlasst hat. Jedoch hat der Beklagte die am 3. November 2015 erfolgte fiktive Beurteilungsfortschreibung für die Beurteilungsstichtage 31. Mai 2012 und 31. Mai 2015 freiwillig ohne Anerkennung einer entsprechenden Rechtspflicht und nicht in der Erkenntnis zurückgenommen, dass diese rechtswidrig war. Damit hat sich der Beklagte nicht in die Rolle der unterlegenen Partei begeben.
Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands entspricht es hier billigem Ermessen, dem Kläger die Kosten aufzuerlegen, weil die am 3. November 2015 erfolgte fiktive Beurteilungsfortschreibung für die Beurteilungsstichtage 31. Mai 2012 und 31. Mai 2015 aller Voraussicht nach rechtmäßig war und der Kläger nach Aktenlage voraussichtlich nicht hätte beanspruchen können, dass für ihn eine erneute fiktive Beurteilungsfortschreibung für die beiden genannten Beurteilungsstichtage unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erstellt wird.
Auf die Ausführungen in dem Beschluss des Senats vom 7. Mai 2019 (3 ZB 17.2542) wird insoweit Bezug genommen.
Der Kläger trug als Zulassungsbegründung im Wesentlichen vor, dass die durchschnittliche Entwicklung der Vergleichsgruppe deutlich von derjenigen abweicht, die anhand des dienstlichen Lebenslaufs des Klägers aufgrund seiner weit überdurchschnittlich verlaufenden Karriere zu erwarten gewesen wäre. Zudem sei die Binnendifferenzierung des Beurteilungssystems des Klägers beim Nachzeichnungssystem völlig unbeachtet geblieben.
Damit hätte er aller Voraussicht nach nicht durchdringen können. Der Dienstherr hat im Rahmen der fiktiven Laufbahnnachzeichnung nach Art. 17a LlbG einen Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Wahl der Methode und des Verfahrens zur Herstellung der Prognose (BayVGH, B.v. 18.7.2018 – 3 CE 18.491 – juris Rn. 9; OVG Saarl, U.v. 5.6.2018 – 1 A 727/16 – juris Rn. 9; OVG NW, B.v. 7.3.2017 – 1 B 1355/16 – juris Rn. 19; BVerwG, B.v. 23.12.2015 – 2 B 40.14 – juris Rn. 27). Er ist damit nicht gehalten, bei der Zusammenstellung der Vergleichsgruppen nur Beamtinnen und Beamte zu berücksichtigen, die eine vergleichbare berufliche Entwicklung hatten und in der letzten Beurteilung identisch doppelt gewichtete Einzelmerkmale aufweisen. Bei der Ausübung des Ermessens darf der Dienstherr zudem in typisierende Weise vorgehen und den Verwaltungsaufwand zur Ermittlung einer fiktiven Laufbahnentwicklung in praktikablen Grenzen halten (BVerwG, U.v. 10.4.1997 – 2 C 38.95 – juris Rn. 28). Aus diesem Grund können bei der Vergleichsgruppenbildung einzelne Aspekte bzw. weitere Differenzierungsmerkmale unberücksichtigt bleiben. Zudem kann der (fiktiven) Beurteilung auch entgegen der klägerischen Auffassung ein arithmetischer Mittelwert zugrunde gelegt werden (vgl. BayVGH, B.v. 24.5.2017 – 3 CE 17.465 – juris Rn. 28).
Mangels Kostenerstattungspflicht des Gegners musste wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses über den Antrag, die Zuziehung des Klägerbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, nicht entschieden werden.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 GKG und § 52 GKG (wie Vorinstanz).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 2 VwGO).


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