Arbeitsrecht

Kostentragung bei Beauftragung eines Rechtsanwaltes durch den Personalrat

Aktenzeichen  3 P 419/20 Me

Datum:
13.7.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Meiningen 3. Kammer
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:VGMEINI:2021:0713.3P419.20ME.00
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

Der Feststellungsanspruch des Personalrats gegen die Dienststelle ist auch bei außergerichtlicher Beauftragung eines Rechtsanwaltes nur gegeben, wenn die Einschaltung eines Rechtsanwaltes nicht mutwillig ist und nicht gegen die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verstößt.


Verfahrensgang

vorgehend VG Meiningen 3. Kammer, 13. Juli 2021, 3 P 419/20 Me, Beschlussnachgehend VG Meiningen 3. Kammer, 13. Juli 2021, 3 P 419/20 Me, Beschluss

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Gegenstandswert wird auf 744,94 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1. Zwischen dem Personalrat des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (Antragsteller) und dem Freistaat Thüringen, vertreten durch das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (Beteiligten) besteht Streit über die Frage der Freistellung von Rechtsanwaltskosten bezüglich einer Kostenrechnung für eine anwaltliche Beratung des Antragstellers vom 19.02.2020 in Höhe von 744,94 Euro.
Der Antragsteller hatte Herrn Rechtsanwalt Sven Haak beauftragt, eine gutachterliche Stellungnahme im Zusammenhang mit dem Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages vom 01.07.2019 zwischen Herrn Dr. A… F… und dem Beteiligten zu erstellen. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach Durchführung eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens war Herr Dr. F… mit Arbeitsvertrag vom 27.06.2016 als Referent der Staatssekretärin G… O… für die Dauer ihrer Amtszeit, längstens bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode, mit der Entgeltgruppe E14 TV-L eingestellt worden. Nachdem Herr Dr. F… seine Tätigkeit beim Beteiligten änderte und die Grundsatzarbeit im Leitungsbereich übernahm, schloss der Beteiligte am 30.09.2016 mit ihm einen Änderungsvertrag mit der Entgeltgruppe E13 TV-L bis zum Ende der Legislaturperiode. Im November 2017 bat der Beteiligte den Antragsteller um Zustimmung zur Besetzung des Dienstpostens des Referenten im Bereich MB 1 “Planung, Grundsatz, Verbandskommunikation” mit Herrn Dr. F…. Gegen die nach einer Ausschreibung getroffene Auswahlentscheidung stellte ein Beamter des Beteiligten einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Weimar (1 E 217/18). Im Laufe des Beschwerdeverfahrens vor dem Thüringer Oberverwaltungsgericht (2 EO 786/18) hob der Beteiligte die Auswahlentscheidung auf und schloss nach einem entsprechenden Antrag von Herrn Dr. F… mit diesem am 01.07.2019 einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Mit Schreiben vom 08.07.2019 teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit, dass eine Prüfung ergeben habe, dass Herr Dr. F… einen Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses habe, weil es für die Befristung des Arbeitsvertrages vom 30.09.2016 keinen Sachgrund gegeben habe und daher ein Verstoß gegen § 14 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) vorliege.
Mit Schreiben vom 20.11.2019 teilte der Antragsteller dem Beteiligten u.a. mit, dass es einer personalvertretungsrechtlichen Beteiligung beim Abschluss des Vertrages vom 01.07.2019 bedurft hätte. Es habe keinen Fehler bei der Befristung des Arbeitsverhältnisses mit Herrn Dr. F… gegeben, so dass der Abschluss des unbefristeten Vertrages fehlerhaft gewesen sei.
Der Personalrat habe beschlossen, sich anwaltlich beraten zu lassen und abhängig von dessen Rat gegebenenfalls verwaltungsgerichtlich feststellen zu lassen, dass es vor Abschluss des Arbeitsvertrages im Sommer 2019 mit Dr. F… einer Beteiligung der Personalvertretung bedurft habe. Der Antragsteller bat um Erteilung der Kostendeckungszusage für alle hierfür künftig entstehenden außergerichtlichen und gerichtlichen Kosten. Die Feststellung sei notwendig, um Wiederholungen auszuschließen und die Arbeit des Personalrates zu rehabilitieren, da die Beschäftigten des Ministeriums irrigerweise davon ausgingen, dass der Personalrat dem Arbeitsvertrag vom 01.07.2019 zugestimmt habe.
Mit Schreiben vom 27.11.2019 antwortete der Beteiligte, er sei der Auffassung, dass sich die seitens des Personalrates benannten Zielstellungen auch ohne verwaltungsgerichtliche Feststellung erreichen ließen. Um dem Eindruck der Beschäftigten entgegenzuwirken, halte er eine zeitnahe Richtigstellung für wirksamer als wenn diese erst nach einer gerichtlichen Feststellung erfolge, da sonst kein zeitlicher Zusammenhang zum auslösenden Anlass bestehe. Darüber hinaus bestehe auch keine Wiederholungsgefahr. Der Einzelfall sei so speziell, dass man ausschließen könne, dass er sich wiederhole. Außerdem sichere die Dienststelle zu, dass sie in solchen Fallkonstellationen künftig vor Umsetzung der Maßnahme ein Mitbestimmungsverfahren durchführe. Dies lasse sich auf der Grundlage des neuen Thüringer Personalvertretungsrechts vertreten. Vor diesem Hintergrund werde kein Erfordernis für eine Kostenzusage gesehen.
Mit Schreiben vom 05.12.2019 zeigte sich Rechtsanwalt Sven Haak als Bevollmächtigter des Antragstellers an und bat den Beteiligten unter Bezugnahme auf das Schreiben des Antragstellers vom 27.11.2019 und unter Hinweis auf § 44 ThürPersVG um Kostendeckungszusage. Mit Schreiben vom gleichen Tage teilte der Antragsteller dem Beteiligten mit, dass er an der Bitte um Kostenzusage festhalte. Dem Vorschlag, dass er die Bediensteten darüber informiere, dem Arbeitsvertrag nicht zugestimmt zu haben, könne er nicht folgen, da er nach § 10 ThürPersVG einer strengen Schweigepflicht unterliege. Er dürfe nur über offenkundige Angelegenheiten oder Tatsachen informieren, was bei der Frage, ob die Dienststelle fehlerhaft gehandelt habe, gerade nicht der Fall sei.
Die erneute Bitte um Kostenzusage mit Schreiben des Antragstellers vom 18.12.2019 lehnte der Beteiligte Anfang Januar wieder auf schriftlichem Wege ab und wies noch einmal darauf hin, dass es keinen Streit mehr über die Frage der Mitbestimmung des Antragstellers vor Abschluss des Arbeitsvertrages gäbe. Personalrat und Dienststelle gingen seit dem Schreiben vom 19.11.2019 übereinstimmend davon aus, dass die Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens hätte vorausgehen müssen. Aufgrund seiner Zusage in künftigen, vergleichbaren Fallgestaltungen dieses durchzuführen, bestehe keine Wiederholungsgefahr. Bezüglich der Frage, in welcher Weise der Personalrat gegenüber den Beschäftigten klarstellen könne, dass er vor Abschluss des unbefristeten Arbeitsverhältnisses im Sommer 2019 nicht beteiligt worden sei, wies er darauf hin, dass dies Gegenstand des Monatsgesprächs vom 29.08.2019 gewesen sei. Es bestünden keine Bedenken, den damaligen Tagesordnungspunkt aufzugreifen und in das Protokoll aufzunehmen, dass die Dienststelle zu den Fragen des ÖPR mit Schreiben vom 08.10.2019 Stellung genommen habe und gegenüber dem ÖPR nochmals klarstelle, dass vor dem Abschluss des unbefristeten Arbeitsverhältnisses im Sommer 2019 kein Mitbestimmungsverfahren durchgeführt worden sei, demgemäß der ÖPR der Personalmaßnahme im Sommer 2019 auch nicht zugestimmt habe. Damit wäre dem Informationsbedürfnis des Personalrats in dem Umfang entsprochen, in dem er ihn selbst an die Dienststelle herangetragen habe.
In der Sitzung des Personalrats vom 22.01.2020 wurde beschlossen, Rechtsanwalt Sven Haak mit der gerichtlichen Geltendmachung seiner Kostenrechnung gegen den Beteiligten zu beauftragen.
Mit Schreiben vom 23.01.2020 teilte der Antragsteller dem Beteiligten mit, dass der Personalrat beschlossen habe, sich anwaltlich durch Rechtsanwalt Haak aus Erfurt beraten zu lassen und entsprechend dem anwaltlichen Rat verwaltungsgerichtlich feststellen zu lassen, dass es vor Abschluss des Arbeitsvertrages im Sommer 2019 einer Beteiligung der Personalvertretung bedurft hätte und das Mitbestimmungsverfahren nachzuholen sei. Mit Schreiben vom 30.01.2020 bat der Bevollmächtigte des Antragstellers den Beteiligten um Kostendeckungszusage für die anwaltliche außergerichtliche Prüfung. Dieses Schreiben wurde zunächst nicht beantwortet. Der Bevollmächtigte des Antragstellers fertigte am 19.02.2020 eine Stellungnahme an. Darin führte er u.a. aus, dass es für den Abschluss eines unbefristeten Änderungsvertrages zugunsten von Dr. F… zum 01.07.2019 keinen zwingenden tarifvertraglichen oder individualvertraglichen Grund gegeben habe. Er empfahl, den Dienstherrn aufzufordern, das Missverhältnis hinsichtlich der Eingruppierung und Vergütung einmal in die Entgeltgruppe E13 und in die Entgeltgruppe E14 nachvollziehbar zu erklären. Diesem Schreiben war eine Kosten- und Gebührenrechnung beigefügt und eine ausführliche Erläuterung der Gebührenhöhe. Da Verfahrensgegenstand neben der Frage der personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung hauptsächlich ein beamtenrechtliches Konkurrentenstreitverfahren gewesen sei, in dessen Rahmen schwierige Sach- und Rechtsfragen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts zu prüfen gewesen wären, lägen die Voraussetzungen für eine höhere Geschäftsgebühr vor. Mit Schreiben vom 02.03.2020 teilte der Beteiligte dem Antragsteller auf dessen Aufforderung zur Zahlung mit, dass schon dem Grunde nach kein Anspruch für einen Ausgleich der Kostennote bestehe und darüber hinaus eine Geschäftsgebühr in geltend gemachter Höhe nicht berechtigt sei.
2. Am 17.04.2020 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten das vorliegende personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren einleiten.
Er beantragt,
den Beteiligten zu verpflichten, den Antragsteller von seiner Verbindlichkeit in Höhe von 744,94 Euro aus der Rechnung seines anwaltlichen Bevollmächtigten vom 19.02.2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 05.03.2020 freizustellen.
Der Anspruch auf Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber seinem Bevollmächtigten bestehe sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gemäß § 44 Abs. 1 ThürPersVG. Nur dann, wenn das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren auf Mutwilligkeit zurückgehe oder auf haltlosen Gründen basiere, sei die Beauftragung eines juristischen und sachkundigen Rechtsvertreters nicht zu bewilligen. Davon könne nur ausgegangen werden, wenn die im Rahmen zu prüfender Rechtsverfolgung vorangegangene Rechtsberatung offensichtlich aussichtslos gewesen wäre. Die Grenze mutwilliger Inanspruchnahme rechtlicher Beratung sei erst dann überschritten, wenn ein verständiger, sachgerecht handelnder Beteiligter, der für die Kosten der Prozessführung selbst einstehen müsse, in einem gleichgelagerten Fall die Rechtsverfolgung bzw. die Rechtsberatung in der gewählten Form unterlassen hätte. Davon könne vorliegend nicht ausgegangen werden. Die umfassende Rechtsberatung sei nicht von vornherein aussichtslos oder erfolglos gewesen, weil die Beantwortung der aufgeworfenen tatsächlichen und rechtlichen Kernfragen des Verfahrens nicht auf der Hand gelegen hätte. Nach der Rechtsprechung könne selbst ein einmaliges, sogar erledigtes Ereignis zum Anlass genommen werden, Fragen abstrakt einer Klärung zuzuführen, soweit eine Wiederholungsgefahr bestehe, insbesondere wenn es um die maßgebliche Frage der Beteiligung der Personalvertretung und deren rechtswidriges Unterbleiben ginge. Die gesetzliche Regelung stelle mithin darauf ab, ob der antragstellende Personalrat seine Aufwendungen auch unter dem Gesichtspunkt des Gebots der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel für erforderlich, vertretbar und verhältnismäßig habe halten dürfen. In einem Verfahren aus Anlass der Durchsetzung, Klärung oder Wahrung der dem Personalrat zustehenden personalvertretungsrechtlichen Befugnisse und Rechte, hier der Abschluss eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit Herrn Dr. F… ohne jede personalvertretungsrechtliche Beteiligung, habe er zur Klärung der Frage, ob das Arbeitsverhältnis in der gewählten Form rechtswirksam sei und die personalvertretungsrechtliche Mitwirkung erforderlich gewesen wäre, qualifizierten anwaltlichen Rat einholen dürfen.
Der Beteiligte beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er habe dem Antragsteller eine Zusicherung gegeben, dass in der vorliegenden, mit Schreiben vom 27.11.2019 näher definierten Fallkonstellation, künftig vor der Umsetzung der Maßnahme ein Mitbestimmungsverfahren durchgeführt werde. Mit dieser Zusicherung habe er alles getan, um eine Wiederholung eines solchen Falls in künftigen Fällen auszuschließen. Daher erschließe sich nicht, welcher verwaltungsgerichtlichen Feststellung es noch bedurft hätte. Da es aus seiner Sicht zwischen ihm und dem Antragsteller keine gerichtlich klärungsbedürftige Rechtsfrage gegeben habe, sei für die begehrte Feststellung keine Kostenzusage erteilt worden. Mit Schreiben vom 06.01.2020 habe er nochmals herausgearbeitet, dass es in Bezug auf das Bestehen eines Beteiligungsrechts keine klärungsbedürftige personalvertretungsrechtliche Streitfrage gebe, weshalb es weder für eine anwaltliche Beratung zu personalvertretungsrechtlichen Fragestellungen noch für eine Befassung des Verwaltungsgerichts hiermit, eine Notwendigkeit gegeben habe. Zur Information der Mitarbeiterschaft sei dem Antragsteller ein konkreter Umsetzungsvorschlag unterbreitet worden, zu dem dieser sich nicht geäußert habe. Stattdessen habe er ihm mit Schreiben vom 23.01.2020 mitgeteilt, dass er beschlossen habe, sich dennoch anwaltlich beraten zu lassen und entsprechend dem anwaltlichen Rat verwaltungsgerichtlich feststellen zu lassen, dass es vor Abschluss des Arbeitsvertrages im Sommer 2019 einer Beteiligung des Personalrats bedurft hätte und das Mitbestimmungsverfahren nachzuholen sei. Die Dienststelle müsse prüfen, ob ein Antrag auf Kostendeckung nachvollziehbar sei, weil sie nicht verpflichtet sei, einem offensichtlich unbegründeten Antrag zu entsprechen. Maßgeblich müsse sein, ob ein außenstehender Dritter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes für geboten halten durfte. Aus seiner Sicht sei dies nicht der Fall. Die eingeholte Stellungnahme des Rechtsanwaltes vom 19.02.2020 enthalte zwar Ausführungen und rechtliche Einschätzungen zu verschiedenen Aspekten des Vorgangs, zu personalvertretungsrechtlich relevanten Rechtsfragen, insbesondere betreffend die Rechtsstellung des Personalrats wegen unterbliebener Beteiligung, werde jedoch nichts ausgeführt. Für die Einholung einer anwaltlichen Stellungnahme zu allgemeinen arbeitsrechtlichen Fragen, die mit den Arbeitsverträgen in Zusammenhang stünden, habe der Antragsteller aber zu keinem Zeitpunkt um Erteilung einer Kostenzusage nachgesucht. Da diese Fragen seine Rechtsstellung in keiner Weise berührten und nicht Gegenstand eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens sein könnten, sei kein Grund für eine Kostenzusage ersichtlich. Im Übrigen liege kein Grund für einen über die Rahmengebühr hinausgehenden Gebührenansatz vor. Die Ausführungen der anwaltlichen Stellungnahme seien weder beamtenrechtlicher Natur noch seien konkurrentenschutzrechtliche Aspekte erläutert worden. Es werde lediglich an einer Stelle erwähnt, dass ein Konkurrentenstreitverfahren anhängig gewesen sei.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die vom Antragsteller und vom Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Akten der Verfahren des VG Weimar (1 E 217/18 We) und des OVG Weimar (2 EO 786/18) und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Die (sachliche) Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus § 83 Abs. 1 Nr. 3 Thüringer Personalvertretungsgesetz (ThürPersVG). Danach entscheidet das Gericht u.a. auch über die Geschäftsführung der Personalvertretung. Zur Geschäftsführung im Sinne dieser Vorschrift zählt insbesondere die materiell-rechtliche Kostentragungspflicht der Dienststelle gemäß § 44 ThürPersVG.
2.1. Der Antrag auf Freistellung von den Kosten ist zulässig. Grundsätzlich kann ein Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen des Personalrates auch im Wege des Leistungsantrages geltend gemacht werden (BVerwG, B.v. 09.10.1991 – 6 P 1.90 -, juris).
2.2. Der Antrag ist aber nicht begründet, denn dem Antragsteller steht der geltend gemachte Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 44 Abs. 1 Satz 1 ThürPersVG nicht zu. Die Einholung einer anwaltlichen Stellungnahme war, jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als der Antragsteller den Beschluss zur Beauftragung des Rechtsanwaltes fasste, nicht erforderlich. Darüber hinaus sind die Kosten der anwaltlichen Beratung auch nicht angemessen.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 ThürPersVG trägt die Dienststelle die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten. Das Personalvertretungsrecht stellt damit sicher, dass der Personalrat die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Mittel erhält und insoweit nicht in Abhängigkeit von der Dienststelle gerät, denn er soll in seinem Aufgabenbereich der Dienststelle gleichberechtigt gegenüberstehen können (OVG Berlin, B.v. 03.04.2001 – 70 PV 1.99 -; VG Ansbach, B.v. 06.11.2018 – AN 8 P 18.01371, juris).
Wie das Bundesverwaltungsgericht wiederholt entschieden hat, ist in einem gerichtlichen Verfahren aus Anlass der Durchsetzung, Klärung oder Wahrung der dem Personalrat zustehenden personalvertretungsrechtlichen Befugnisse und Rechte die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts grundsätzlich geboten und die Dienststelle hat daher die entstandenen Kosten des Rechtsanwalts zu tragen, es sei denn, das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren ist mutwillig oder aus haltlosen Gründen in Gang gesetzt worden. Auch ein einmaliges erledigtes Ereignis kann zum Anlass genommen werden, diese Frage abstrakt zu klären, soweit eine Wiederholungsgefahr besteht. Mutwilligkeit liegt vor, wenn ein verständiger, sachgerecht handelnder Beteiligter, der für die Kosten der Prozessführung selbst einstehen muss, in einem gleich gelagerten Verfahren die Rechtsverfolgung in der gewählten Form unterlassen hätte. Dabei muss der Personalrat die Zuziehung eines Rechtsanwaltes bei vernünftiger, eingehender Überlegung und Würdigung aller Umstände des Einzelfalles für geboten halten. Diese Einschränkungen ergeben sich aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit wie auch aus der Verpflichtung des Personalrats, bei kostenverursachenden Tätigkeiten das Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (BVerwG, B.v. 25.02.2004 – 6 P 12.03 -; B.v. 09.10.1991 -; B.v. 09.03.1992 – 6 P 11.90 -; BayVGH, B.v. 19.11.2002 – PL 15 S 744/02 -, B.v. 03.05.2000 – 17 P 99.3639 -, alle zitiert nach juris). Das Entstehen von Kosten muss für die Erfüllung seiner Aufgabe überhaupt notwendig sein, wobei notwendig hier im Sinne von erforderlich und vertretbar zu verstehen ist. Diese Frage ist nicht rückblickend allein nach objektiven Maßstäben zu beurteilen, vielmehr genügt es, wenn die Personalvertretung die Aufwendungen bei pflichtgemäßer Beurteilung der Sachlage für erforderlich und vertretbar halten durfte (BVerwG, B.v. 09.10.1991 – 6 P 1/90 -; B.v. 15.04.2008 – 6 PB 3/08 -; VGH München, B.v. 21.05.2019 – 17 P 18.2505 -; B.v. 23.7.2003 – 17 P 03.18 -; VGH Mannheim, B.v. 02.11.2010 – PB 15 S 127/10 -; VG Karlsruhe, B.v. 11.12.2009 – PB 14 K 2747/09 -; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, B.v. 12.03.2009 – 5 L 6/07 -, alle zitiert nach juris).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht muss der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch den Personalrat regelmäßig ein ernsthafter Einigungsversuch mit dem Leiter der Dienststelle und in jedem Fall ein Beschluss des Personalrats vorhergehen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Personalrat hat am 22.01.2020 zur Beauftragung des Rechtsanwaltes einen entsprechenden Beschluss gefasst, Einigungsversuche mit dem Beteiligten fanden ebenfalls statt.
Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes war vorliegend, unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze, nach Auffassung der Kammer aber nicht notwendig, denn bei rückblickender Betrachtung, von einem objektiven Standpunkt aus, hätte ein sachgerecht handelnder Beteiligter, der für die Kosten der Prozessführung selbst einstehen muss, bei vernünftiger, eingehender Überlegung und Würdigung aller Umstände des Einzelfalles die Beauftragung eines Rechtsanwaltes nicht für geboten gehalten. Die Einholung einer anwaltlichen Stellungnahme war, jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als der Antragsteller den Beschluss zur Beauftragung des Rechtsanwaltes fasste, nicht erforderlich. Der Beteiligte hatte nämlich zuvor auf mehrfache Bitte um Kostenübernahme für eine anwaltliche Beratung und gegebenenfalls für die Durchführung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zur Frage der unterbliebenen personalvertretungsrechtlichen Beteiligung beim Abschluss des unbefristeten Arbeitsvertrages vom 01.07.2019 mit Herrn Dr. F… mit Schreiben vom 27.11.2019 mitgeteilt, dass die Dienststelle zusichere, in solchen Fallkonstellationen künftig vor Umsetzung der Maßnahme ein Mitbestimmungsverfahren durchzuführen. Mit einem weiteren Schreiben Anfang Januar wies er darauf hin, dass es keinen Streit mehr über die Frage der Mitbestimmung des Antragstellers vor Abschluss des Arbeitsvertrages gäbe, da der Personalrat und die Dienststelle seit dem Schreiben vom 19.11.2019 übereinstimmend davon ausgingen, dass die Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens hätte vorausgehen müssen. Aufgrund seiner Zusage in künftigen, vergleichbaren Fallgestaltungen dieses durchzuführen, bestehe auch keine Wiederholungsgefahr.
Auch das mit Schreiben vom 20.11.2019 geäußerte Anliegen des Antragstellers, ihn zu rehabilitieren, weil die Bediensteten annähmen, dass er dem Arbeitsvertrag mit Herrn Dr. F… zugestimmt hätte, rechtfertigt nicht die Einholung der Auskunft eines Rechtsanwaltes oder gar die Durchführung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens, nachdem der Beteiligte deutlich zu erkennen gegeben hat, dass er mittlerweile ebenfalls davon ausgeht, dass dem Arbeitsvertrag vom 01.07.2019 die Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens hätte vorausgehen müssen. Die vom Beteiligten mit Schreiben von Anfang Januar angebotene und zu Protokoll gegebene Erklärung wäre nach Auffassung der Kammer ausreichend gewesen, um die Bediensteten darüber zu informieren, dass ein Mitbestimmungsverfahrens nicht durchgeführt wurde und der Antragsteller dem Vertrag nicht zugestimmt hat. Bei dieser Vorgehensweise hätte der Antragsteller auch nicht gegen seine in § 10 ThürPersVG normierte Schweigepflicht verstoßen.
Die Notwendigkeit einer anwaltlichen Beratung ergab sich auch nicht daraus, dass der Antragsteller, wie sich aus der Formulierung seines Beschlusses vom 22.01.2020 entnehmen lässt, offenbar über sechs Monate nach Vertragsabschluss beschlossen hat, anwaltlichen Rat nun auch zur Frage einzuholen, ob das Mitbestimmungsverfahren noch nachzuholen ist. Die Nachholung des Mitbestimmungsverfahrens hätte auf die Wirksamkeit des abgeschlossenen Arbeitsvertrages mit Herrn Dr. F… keine Auswirkungen. Darüber hinaus war diese Frage, soweit ersichtlich, nie Gegenstand der Kommunikation zwischen dem Antragsteller und dem Beteiligten. Das Gebot der sparsamen Geschäftsführung gebietet u.a., dass interne Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, um aus eigener Kraft und im Zusammenwirken mit dem Dienststellenleiter das Problem zu lösen (VG Meiningen, B.v. 13.10.1994 – 3 P 50043/93. Me -, juris). Wäre diese Frage angesprochen worden, hätte sich der Beteiligte hierzu verhalten und unter Umständen bereit erklären können, das Mitbestimmungsverfahren nachzuholen.
Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Freistellung von den Kosten der anwaltlichen Beratung auch deshalb nicht, weil diese nicht angemessen sind. Nach Auffassung der Kammer lassen sich aus der Stellungnahme des Rechtsanwaltes vom 19.02.2020 keine eindeutigen und nachvollziehbaren Antworten auf die gestellten Fragen entnehmen. Der Rechtsanwalt stellt in dieser ausführlich den Sachverhalt und den Ablauf des verwaltungsgerichtlichen Konkurrentenstreitverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Weimar und dem Oberverwaltungsgericht dar. Er macht Ausführungen zur Frage der Befristung des Arbeitsverhältnisses sowie zu Fragen der Eingruppierung und erläutert auf mehreren Seiten die von ihm in Ansatz gebrachte Gebührenhöhe. Zu den gestellten Fragen, nämlich zur Frage, ob es vor Abschluss des Arbeitsvertrages im Sommer 2019 einer Beteiligung der Personalvertretung bedurft hätte, ob es erfolgsversprechend und notwendig ist, dies verwaltungsgerichtlich feststellen zu lassen, und ob das Mitbestimmungsverfahren nachzuholen ist, enthält die Stellungnahme keine Ausführungen.
3. Einer Kostenentscheidung bedarf es im Hinblick auf den objektiven Charakter des nicht kontradiktorisch angelegten personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens nicht.
4. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 33 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 RVG. Sie richtet sich nach der Höhe der geltend gemachten Kostenfreistellung (vgl. VG Ansbach, B.v. 06.11.2018 – AN 8 P 18.01371 -, Rn. 15 – 32, juris).


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