Arbeitsrecht

Leistungen, Bescheid, Gutachten, Erinnerung, Kostenfestsetzungsbeschluss, Aufhebung, Notwendigkeit, Verfahren, Aufwendungen, Rechtsverfolgung, Feststellung, Beurteilung, Schriftsatz, Rechtsschutz, aufschiebende Wirkung, einstweiligen Rechtsschutz, notwendigen Aufwendungen

Aktenzeichen  RO 8 M 19.1553

Datum:
4.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 42421
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens zu tragen.
III. Der Gegenstandswert des Erinnerungsverfahrens wird auf 4.372,52 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 12. Juli 2019, soweit darin Sachverständigenkosten als nicht erstattungsfähig angesehen wurden.
Die Antragstellerin stellte mit dem am 18. September 2018 beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangenen Schriftsatz Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (Az. RN 8 S 18.1521) bezüglich bestimmter Anordnungen in der Verfügung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes R. (WSV) vom 11. September 2018 zur Aufhebung des Weiterfahrverbots für das Gütermotorschiff (GMS) „C1. C2.“. Dem Antrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2018 stattgegeben und die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid vom 11. September 2018 wiederhergestellt.
Auf Antrag des Antragstellervertreters setzte die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts – nach vorheriger Anhörung – mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Juli 2019 die Kosten für dieses Verfahren fest. Die vom Antragstellervertreter geltend gemachten Aufwendungen für Sachverständigengutachten des Havariekommissariats W. (Rechnung vom 25.9.2018 über 2.541,27 Euro) und der P. GmbH (Rechnung vom 17.9.2018 über 2.662,03 Euro) wurden dabei als nicht erstattungsfähig angesehen.
Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss wendet sich der Antragstellervertreter und beantragt mit Schriftsatz vom 29. Juli 2019 eine Entscheidung des Gerichts. Es habe die Notwendigkeit bestanden, Tatsachen, die zur Grundlage der Entscheidung der einstweiligen Verfügung gemacht werden könnten, glaubhaft zu machen. Es obliege der Beurteilung der Antragstellerseite, welche Tatsachen dies sein könnten. Da die Antragsgegnerin einen Sachverständigen hinzugezogen hätte, sei es notwendig gewesen, dem Gericht glaubhaft zu machen, dass dessen Feststellungen nicht traghaft, respektive nicht vollständig, jedenfalls nicht unangreifbar gewesen seien. Die hierzu notwendige Fachkenntnis könne auch bei einem Schifffahrtsanwalt nicht unterstellt werden. Die einzige Möglichkeit, die falschen Tatsachen, die die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hatte, zu widerlegen und die Richtigstellung glaubhaft zu machen, sei die Einholung eines Parteigutachtens gewesen.
Die Urkundsbeamtin hat dem Antrag nicht abgeholfen und diesen dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 12. Juli 2019 im Verfahren RO 8 S 18.1521 wird zurückgewiesen.
Über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss hat derjenige Spruchkörper zu entscheiden, der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen hat. Da die Kostenentscheidung im Verfahren RO 8 K 18.1521 durch die Kammer erfolgt ist, ist zur die Entscheidung über die Kostenerinnerung ebenfalls die Kammer berufen.
Die Erinnerung ist gemäß §§ 164, 165 und 151 VwGO zulässig, aber unbegründet.
Grundsätzlich gehören zu den vom Urkundsbeamten auf Antrag festzusetzenden erstattungsfähigen Kosten des Klägers im dortigen Verfahren die gesetzlichen Gebühren und Auslagen seines Rechtsanwaltes (§§ 164, 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren von einem Beteiligten vorgelegtes privates Gutachten richtet sich nach § 162 Abs. 1 VwGO. Danach sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten erstattungsfähig. Die Notwendigkeit außergerichtlicher Aufwendungen ist aus der Sicht eines verständigen Beteiligten zu beurteilen, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Dabei ist ex ante auf den Zeitpunkt der die Aufwendungen verursachenden Handlungen abzustellen. Ob sich diese im Nachhinein als erforderlich oder unnötig herausstellen, ist ohne Belang (BVerwG, B. v. 2.3.2020 – Gr. Sen. 1.19 – juris).
Ein Privatgutachten kann zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sein, wenn komplizierte fachtechnische Fragen den Beteiligten insoweit in eine „prozessuale Notlage“ versetzen, als ihm Stellungnahmen hierzu abverlangt werden, die er ohne fachkundigen Rat, der über die Inanspruchnahme seines anwaltlichen Beistands hinausgeht, nicht abzugeben vermag (BVerwG NVwZ 2001, 919; OVG Koblenz NVwZ-RR 2012, 453 Rn. 4). Dies kommt typischerweise bei komplexen fachplanungsrechtlichen Großverfahren in Betracht (BVerwG RPfleger 2008, 666). Insoweit spielt auch der Grundsatz der Waffengleichheit eine Rolle (BayVGH NVwZ-RR 1997, 499). Die Kostenerstattung ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Prozesslage die Einholung eines Gutachtens herausfordert und der Inhalt des Gutachtens auf Verfahrensförderung zugeschnitten ist (BVerwG NJW 2000, 2832; NVwZ 2001, 919; NJW 2007, 453).
a) Die Kosten für das Gutachten des Havariekommissariats W. sind allein deshalb nicht erstattungsfähig, da das Gutachten bereits vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids in Auftrag gegeben worden ist und auch ein Gutteil der in Rechnung gestellten Leistungen bereits vor Bescheidserlass (am 11. September 2018 um 17.27 Uhr) erbracht worden ist (Pos. 1 bis 14). Eine Notwendigkeit der Ausgaben zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im streitgegenständlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kann damit nicht vorliegen.
b) Die Kosten für das Gutachten der P. GmbH sind ebenfalls nicht erstattungsfähig.
Dies ergibt sich schon allein daraus, dass das Gutachten nicht von der Antragstellerin, sondern vom Schiffseigner, der L. KG, in Auftrag gegeben worden ist, und an diese auch die streitgegenständliche Rechnung adressiert ist. Diese hatte ebenfalls Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Das Gutachten wurde damit schon von vornherein nicht für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung der Antragstellerin erstellt. Die Antragstellerin ist mangels Vertragsverhältnis mit dem Gutachter nicht Schuldnerin der Kosten und es ergibt sich aus dem Vortrag schon nicht, dass ihr diese Kosten überhaupt entstanden sind.
Unabhängig davon bestand für die Antragstellerin zu keiner Zeit eine prozessuale Notlage, die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein Privatgutachten notwendig gemacht hätte. Für das Gericht waren (komplizierte) fachtechnische Fragen von vornherein nicht entscheidungserheblich. Im Gegenteil: Schon mit Schreiben vom 2. Oktober 2018 wies das Gericht die Beteiligten darauf hin, dass es bereits aus formellen Gründen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügung vom 11. September 2018 hege. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Gutachten der P. GmbH vor dem endgültigen Abschluss des Verwaltungsverfahrens (mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2018) und vor Einreichung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz (am 18. September 2018) in Auftrag gegeben worden war. Insbesondere hatte die Besichtigung der MS „C1. C2.“ durch den Sachverständigen ausweislich der Rechnung bereits am 14. September 2018 stattgefunden.
Die von der Urkundsbeamtin vorgenommene Feststellung, dass die streitgegenständlichen Kosten für Sachverständigengutachten nicht erstattungsfähig sind, ist damit rechtlich nicht zu beanstanden. Die Erinnerung war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Die Festsetzung des Gegenstandswertes erfolgt entsprechend § 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.


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