Arbeitsrecht

Mangels Verdienstausfalls fehlender Ausgleichsanspruch für Reservistendienst während der Freizeit

Aktenzeichen  M 15 K 16.4689

Datum:
2.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 28944
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1
USG § 6, § 9

 

Leitsatz

1 Sofern Reservistendienst Leistende kein Arbeitsentgelt einbüßen, weil sie am Wochenende oder anderen arbeitsfreien Tagen Reservistendienst leisten, besteht auch kein Anspruch auf Unterhaltssicherung; dies gilt sowohl für Vollzeit- als auch für Teilzeitbeschäftigte. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Sicherung der Lebensverhältnisse oberhalb der Höchstsätze ist nicht Zweck des USG, so dass Mindestsicherung nicht gewährt wird, sofern Arbeitsentgelte, Dienstbezüge und Erwerbsersatzeinkommen auch ohne Verpflichtung weitergezahlt werden.  (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Vorliegend konnte das Gericht nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihren Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf die Gewährung einer Leistung zur Sicherung des Einkommens nach dem Unterhaltssicherungsgesetz zu (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Der Antrag des Klägers ist dahingehend auszulegen, dass er die Verpflichtung der Beklagten auf Zahlung von 255,64 EUR begehrt. Ein solcher Anspruch steht ihm nicht aus § 9 Abs. 1 USG in der hier anzuwendenden Fassung vom 29. Juni 2015 zu. Nach dieser Vorschrift erhalten Reservistendienst Leistende, die keinen Anspruch auf Leistungen nach § 6 oder § 7 haben oder deren Anspruch geringer ist als der Tagessatz nach der Tabelle in Anlage 1, für jeden Tag der Dienstleistung den Tagessatz nach der Tabelle in Anlage 1. Auf die Mindestleistung anzurechnen sind Arbeitsentgelte, Dienstbezüge sowie Erwerbsersatzeinkommen, die der oder dem Reservistendienst Leistenden weitergewährt werden, gemindert um die gesetzlichen Abzüge.
Die Berechnung der Mindestleistung im Bescheid vom 25. Juni 2016 erfolgte rechtmäßig. Auf die Berechnungen, denen das Gericht folgt, wird insoweit Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Ergänzend ist auszuführen, dass die Beklagte zu Recht das Arbeitsentgelt, das der Kläger während der Reservedienstleistung weiter erhalten hat, gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 USG auf die Mindestleistung angerechnet hat.
Sinn und Zweck des Unterhaltssicherungsgesetzes ist, den Lebensbedarf der freiwilligen Wehrdienst Leistenden und ihrer Familien zu sichern. Soweit ein Arbeitsentgelt oder ähnliche Einkommen und Einkünfte an Tagen des Reservistendienstes gewährt werden, sind diese nach dem Willen des Gesetzgebers auf die Mindestleistungen anzurechnen. Aufgrund von Erfahrungen in der Vergangenheit soll eine dadurch auch bislang nicht gewollte Besserstellung oberhalb des Niveaus der Mindestleistungen ausgeschlossen werden (BT-Drs. 18/4632 Begr. S. 31). Eine Unterscheidung zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen wird dabei vom Gesetzgeber nicht getroffen und ist auch nicht erforderlich, da es allein auf die Weitergewährung des Arbeitsentgelts ankommt. Nur wenn sich durch den Reservistendienst die Einkünfte des Arbeitnehmers vermindern, besteht ein Anspruch auf Ausgleich. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes soll ausschließlich der finanzielle Nachteil, der dem Reservistendienst Leistenden durch die Einberufung entsteht, ausgeglichen werden. Sofern Reservistendienst Leistende kein Arbeitsentgelt einbüßen, weil sie am Wochenende oder anderen arbeitsfreien Tagen Reservistendienst leisten, besteht auch kein Anspruch auf Ausgleich (BT-Drs. 18/4632 Begr. S. 29). Dies gilt sowohl für Vollzeit- als auch für Teilzeitbeschäftigte.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch aus einer analogen Anwendung des § 6 USG zu. Zum einen hat er keinen Verdienstausfall geltend gemacht. Im Gegenteil ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag, dass er die Reservistenübung in seiner arbeitsfreien Zeit absolviert hat. Zum anderen besteht keine Regelungslücke, da die in § 9 USG geregelte Mindestleistung gerade in den Fällen Anwendung findet, in denen kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Erwerbseinkommen nach den §§ 6 und 7 USG besteht. Die Sicherung der Lebensverhältnisse oberhalb der Höchstsätze ist nicht Zweck des USG. Sofern Arbeitsentgelte, Dienstbezüge und Erwerbsersatzeinkommen auch ohne Verpflichtung weitergezahlt werden, besteht mangels Einkommensverlust schon kein Anspruch nach Kapitel 2 USG (BT-Drs. 18/4632 Begr. S. 30).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m §§ 708 Nr. Nr. 11, 711 ZPO.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben