Aktenzeichen M 12 K 16.4459
BeamtVG § 55
ALG § 3 Abs. 1 Nr. 1
VwGO § 113 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14, Art. 33 Abs. 5
BV Art. 95 Abs. 1 S. 2, Art. 103 Abs. 1, Art. 118
BayBG Art. 7 Abs. 2, Art. 8 Abs. 1 S. 1
BGB § 818 Abs. 4, § 820 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 4, § 820
Leitsatz
1 Solange der Kläger von der Möglichkeit, sich gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG von der Versicherungspflicht befreien zu lassen, keinen Gebrauch gemacht hat, handelt es sich bei den von ihm an die Landwirtschaftliche Alterskasse geleisteten Beiträgen um Pflichtbeiträge (Rn. 22). (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Rentenanspruch des Klägers aus der Alterssicherung für Landwirte wird durch die Anrechnung nach Art. 85 BayBeamtVG weder in seinem Bestand noch in seiner Höhe entwertet oder sonst berührt (Rn. 24). (redaktioneller Leitsatz)
3 Die durch Art. 85 BayBeamtVG bewirkte Kürzung der Versorgungsbezüge verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (Rn. 25 – 34). (redaktioneller Leitsatz)
4 Zahlungen, für die aufgrund der Ruhensvorschriften rückwirkend eine Anrechnung von Einkommen in Betracht kommt, stehen unter dem immanenten Vorbehalt der Rückforderung (Rn. 39). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Die Klage ist zulässig. Soweit der Kläger die Aufhebung des Rückforderungsbescheides vom 5. März 2013 begehrt ist die Klage als Untätigkeitsklage zulässig. Der mit Schreiben vom 23. April 2013 erhobene Widerspruch des Klägers richtete sich gegen die Kürzung seiner Versorgungsbezüge ab dem 1. Juli 2011. Der Kläger hat somit ersichtlich die Beibehaltung der bisherigen Festsetzung seiner Versorgungsbezüge ohne Anrechnung seiner Rente aus der Landwirtschaftlichen Alterssicherung begehrt. Der Widerspruch ist daher dahingehend auszulegen, dass er sich auch gegen die Folgen dieser Anrechnung, nämlich die Rückforderung überzahlter Bezüge, wendet. Über den Widerspruch hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2016 nur zum Teil, nämlich bzgl. des Ruhensbescheides vom 5. März 2013, entschieden. Die Klage gegen den Rückforderungsbescheid vom 5. März 2013 ist daher gem. § 75 VwGO zulässig, da der Beklagte ohne zureichenden Grund in angemessener Frist über den diesbezüglichen Widerspruch nicht entschieden hat.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der streitgegenständlichen Bescheide vom 5. März 2013 und der Widerspruchsbescheid vom 30. August 2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
1. Die Ruhensregelung im Bescheid vom 5. März 2013 findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 85 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 2 BayBeamtVG.
a) Die Voraussetzungen des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG sind erfüllt. Hiernach werden die Renten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte auf die Versorgungsbezüge angerechnet. Der Kläger erhält seit 1. September 2011 eine Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Dies ergibt sich aus dem Bescheid der Land- und forstwirtschaftlichen Alterskasse Franken und Oberbayern (nunmehr: Landwirtschaftliche Alterskasse) vom 14. September 2011 (Bl. 38 d. BA), wonach dem Kläger eine Regelaltersrente nach § 11 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) i.H.v. 347,50 Euro bewilligt wird.
Art. 85 Abs. 5 BayBeamtVG regelt zwar, dass bei der Ermittlung der anzurechnenden Rente der Teil der Rente außer Ansatz bleibt, der auf freiwilligen Beitragsleistungen oder auf einer Höherversicherung beruht. Die dem Kläger gewährte Rente umfasst nach telefonischer Auskunft (Bl. 40 der BA) der Landwirtschaftlichen Alterskasse an den Beklagten aber keine Rententeile, die auf freiwilligen Beiträgen beruhen, so dass eine Anrechnung auf die Versorgungsbezüge erfolgen durfte. Zwar hätte sich der Kläger gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien lassen können. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich bei den geleisteten Beiträgen um Pflichtbeiträge handelt, solange der Kläger von der Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen, keinen Gebrauch macht. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich nichts anderes. Vielmehr hat er im Schreiben vom 25. März 2017 entgegen seiner ursprünglichen Angaben selbst eingeräumt, dass er Pflichtmitglied der Alterskasse war.
b) Gegen die Anrechnung der Rente des Klägers bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
(1) Die Anrechnung der Rente auf die Versorgungsbezüge verstößt nicht gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Grundgesetz (GG) und Art. 103 Abs. 1 Bayerische Verfassung (BV). Der Rentenanspruch des Klägers aus der Alterssicherung für Landwirte wird durch die Anrechnung nach Art. 85 BayBeamtVG weder in seinem Bestand noch in seiner Höhe entwertet oder sonst berührt. Dem Kläger wird seine Altersrente ungekürzt gezahlt und damit ungeschmälert und unangetastet erhalten. Für seine Beiträge zur Alterssicherung für Landwirte bekommt er weiterhin ein vollwertiges Äquivalent. Der Bezug einer Rente kann aufgrund des Art. 85 BayBeamtVG allein dazu führen, dass die zugleich gewährten Versorgungsbezüge herabgesetzt werden. Diese Kürzung richtet sich auch nach der Höhe der Rente. Dabei können die Garantien des Art. 14 GG und Art. 103 Abs. 1 BV zugunsten der Rente nicht schon dadurch beeinträchtigt sein, dass die Rente einen der Bestimmungsfaktoren dafür bildet, ob und in welchem Umfang Versorgungsbezüge gekürzt, also andere verfassungsrechtlich selbständig geschützte Positionen geschmälert werden (BayVGH, U.v. 1.4.2015 – 3 BV 13.49 – juris Rn. 20 ff. m.w.N.).
Die durch Art. 85 BayBeamtVG bewirkte Kürzung der Versorgungsbezüge verletzt Art. 14 GG und Art. 103 Abs. 1 BV ebenfalls nicht. Die gezahlten Versorgungsbezüge sind öffentlich-rechtliche vermögensrechtliche Ansprüche, die ihre Grundlage in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis haben, das in Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV eine verfassungsrechtliche Sonderregelung erfahren hat. Bei solchen Ansprüchen geht Art. 33 Abs. 5 GG als lex specialis den Art. 14 GG und Art. 103 Abs. 1 BV vor (BayVGH, U.v. 1.4.2015 – 3 BV 13.49 – juris Rn. 23 m.w.N.).
(2) Ein Verstoß gegen das sich aus Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BV ergebende Alimentationsprinzip liegt ebenfalls nicht vor.
Das Alimentationsprinzip gehört zu den hergebrachten Strukturprinzipien, die das Bild des Berufsbeamtentums maßgeblich prägen. Es verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang – auch nach Beendigung des aktiven Dienstes – angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren (BayVGH, U.v. 1.4.2015 – 3 BV 13.49 – juris Rn. 26).
Die Anrechnung von Renten auf die Versorgungsbezüge stellt keinen Eingriff in den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation dar. Zwar ist diese unabhängig davon zu leisten, ob und inwieweit der Versorgungsempfänger in der Lage ist, seinen Unterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Der Dienstherr kann sich von seiner Alimentationspflicht jedoch dadurch entlasten, dass er den Versorgungsberechtigten auf Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind (BayVGH, U.v. 1.4.2015 – 3 BV 13.49 – juris Rn. 27 m.w.N.). Bei der landwirtschaftlichen Alterskasse handelt es sich um eine öffentliche Kasse, weil der Bund zu dem Haushalt der Alterskasse laufend erhebliche Beiträge aus seinem Haushalt zu leisten hat (§ 66 Abs. 2 ALG; vgl. BayVGH, U.v. 1.4.2015 a.a.O.). Dass der Kläger keine Zuschüsse zu seinen persönlichen Beiträgen erhalten hat, ändert nichts daran, dass die Alterskasse eine aus öffentlichen Mitteln finanzierte öffentliche Kasse ist.
Die Legitimation der Anrechnung der Rente des Klägers ergibt sich daraus, dass die Rente auf einer neben dem Beamtenverhältnis zulässigerweise ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit beruht. Zwar beruht es auf einer zusätzlichen Eigenleistung des Versorgungsberechtigten, dass ihm überhaupt eine über die Beamtenversorgung hinausgehende Altersversorgung zusteht. Indessen ist die Rente auch insoweit, als sie auf einer neben dem Beamtenverhältnis (zulässigerweise) ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit beruht, in ihrer Höhe durch soziale Komponenten bestimmt, die sich in beiden Versorgungssystemen überschneiden, was in der Sache die Anrechnung der Rente auf die Versorgungsbezüge rechtfertigt. Der Gesetzgeber darf sie kürzen, wenn dies im Rahmen des von ihm zu beachtenden Alimentationsgrundsatzes aus sachlichen Gründen gerechtfertigt erscheint. Sowohl in der Beamtenversorgung als auch in der Alterssicherung für Landwirte sind sozialpolitische Komponenten zur Sicherung des Existenzminimums bei Alter und Invalidität eingebaut, die sich überschneiden, weil sie unberücksichtigt lassen, dass die erfassten Tatbestände bereits zur Begründung oder Erhöhung des jeweils anderen Versorgungsanspruchs führen. Dies rechtfertigt die Anrechnung der Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (BayVGH, U.v. 1.4.2015 – 3 BV 13.49 – juris Rn. 28 m.w.N.).
(3) Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG verstößt auch weder gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsgebot oder den Grundsatz des Vertrauensschutzes.
Der Rückwirkung von Rechtssätzen sind durch das rechtsstaatliche Gebot des Vertrauensschutzes Grenzen gezogen. Es gilt der Grundsatz, dass eine Rechtslage nicht nachträglich zulasten des Bürgers verschlechtert werden darf, wenn er in schutzwürdiger Weise auf das Fortbestehen der bisherigen Rechtslage vertrauen konnte. In dem Vertrauen wird der Bürger verletzt, wenn eine Rechtsvorschrift an abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen er bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (sog. echte Rückwirkung). Dagegen geht der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht so weit, den Bürger für die Zukunft vor jeder nachteiligen Änderung einer bisher gewährten Rechtsposition zu bewahren. Auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen darf der Normgeber deshalb mit Wirkung für die Zukunft grundsätzlich einwirken. Aus dem Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ergeben sich zwar auch in derartigen Fällen einer sog. unechten Rückwirkung verfassungsrechtliche Grenzen für belastende Vorschriften. Bei einer unechten Rückwirkung ist das Vertrauen des einzelnen auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung jedoch weit weniger geschützt als bei einer echten Rückwirkung; hier ist die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit gegen das Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage abzuwägen Eine echte Rückwirkung in Form einer Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm liegt bei Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG nicht vor. Die Norm greift nicht ändernd in die Rechtslage ein, die vor ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 2011 für rentenbeziehende Versorgungsempfänger bestanden hat. Der zeitliche Anwendungsbereich bleibt allein auf die Zukunft beschränkt, da die Rechtsfolge des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG, d.h. die Kürzung der Versorgungsbezüge im Wege der Rentenanrechnung, erst nach ihrem Inkrafttreten eingetreten ist. Durch die Regelung werden gerade nicht rückwirkend bereits ausgezahlte Versorgungsbezüge gekürzt. Die Regelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG wirkt vielmehr auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft und stellt sich deshalb als eine unechte Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) dar. Eine solche ist mit den Grundsätzen des grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren gewahrt bleibt (vgl. BVerfG, B.v. 7.7.2010 – 2 BvR 748/05 – 2 BvR 748/05 – juris Rn. 47). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. B.v. 30.9.1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256 – juris Rn. 171) ist es dabei ausreichend, die verfassungsrechtliche Prüfung auf den Maßstab des Art. 33 Abs. 5 GG zu beschränken, da der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes im Bereich des Beamtenversorgungsrechts durch Art. 33 Abs. 5 GG seine besondere Ausprägung erfahren hat. Zwar wird gerade im Beamtenversorgungsrecht besonderes Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungsregelungen begründet. Allerdings ist es dem Gesetzgeber auch bei notwendigerweise langfristig angelegten Alterssicherungssystemen möglich, aus Gründen des Allgemeinwohls an früheren Entscheidungen nicht mehr festzuhalten und Neuregelungen zu treffen (vgl. BVerfG, B.v. 30.9.1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256 – juris Rn. 173).
Hier durften die von Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayBeamtVG betroffenen Beamten nicht von vornherein darauf vertrauen, dass für sie günstige Gesetzesvorschriften betreffend ihre Altersversorgung für alle Zukunft unverändert weitergelten und zugesagte Leistungen auf Dauer mindestens konstant bleiben würden. Insbesondere im Bereich der Alterssicherung der Landwirte ist zu berücksichtigen, dass die Leistungen nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte bis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1986 (2 C 66.85 – BVerwGE 74, 285 – juris) bereits nach der Tz. 55.1.2 der allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums des Innern vom 3. November 1980 (GMBl. 1980, S. 742) in die Ruhensregelung des § 55 BeamtVG einbezogen worden sind. Den Verwaltungsvorschriften lag die Ansicht zu Grunde, die Leistungen der Altershilfe für Landwirte zählten zu den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Einbeziehung des Altersgeldes hingegen abgelehnt, weil die Altershilfe für Landwirte als ein eigenes System der Alterssicherung für die bäuerliche Bevölkerung zu werten sei, das der Gesetzgeber abweichend von den gesetzlichen Rentenversicherungen gestaltet habe. Zudem fand selbst nach diesem Urteil weiterhin ein Ausgleich statt, indem nach dem Teil 6 der bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Versorgungsrecht in der Fassung bis zum 31. Dezember 2010 „Kann-Vordienstzeiten“ nach Maßgabe von Ermessensrichtlinien nur eingeschränkt anerkannt wurden, um eine Überversorgung gemessen am Leitbild eines sog. „Nur-Beamten“, der sein gesamtes Berufsleben im Beamtenverhältnis verbringt, zu verhindern. Die genannte Ermessensrichtlinie wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Februar 2011 (3 ZB 08.403 – juris) zwar als rechtswidrig beurteilt. Da aber seit Ende 1980 in der behördlichen Praxis, gesteuert durch Verwaltungsvorschriften, eine Anrechnung der Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte auf die Versorgungsbezüge erfolgte, kann sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen. Eine Kürzung der Versorgungsbezüge war nicht nur zu erwarten, sondern wurde tatsächlich – wenn auch rechtswidrig – praktiziert (vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 1.4.2015 – 3 BV 13.49 – juris Rn. 29 ff. m.w.N.).
(4) Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 BV liegt nicht vor (vgl. BayVGH, U.v. 1.4.2015 – 3 BV 13.49 – Rn. 33 ff.).
Ein solcher Verstoß ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass in anderen Bundesländern bzw. im Bund keine Einbeziehung der Rente nach dem Gesetz der Alterssicherung der Landwirte erfolgt. Der Gleichheitssatz wird nicht verletzt, wenn ein Landesgesetzgeber innerhalb seines Kompetenzbereiches von der Gesetzgebung des Bundes bzw. anderer Länder abweichende Regelungen trifft, auch wenn dadurch die Einwohnerinnen und Einwohner seines Landes mehr belastet oder begünstigt werden. Vielmehr sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt, denn die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaats (vgl. BVerfG, B.v. 14.1.2015 – 1 BvR 931/12 – juris Rn. 61). Mit Rücksicht auf die föderalistische Struktur der Bundesrepublik Deutschland und die eigenständigen Gesetzgebungskompetenzen der Länder kann daher die Verfassungsmäßigkeit eines Landesgesetzes grundsätzlich nicht deshalb in Zweifel gezogen werden, weil es von verwandten Regelungen in anderen Bundesländern oder im Bund abweicht. Der Landesgesetzgeber ist nur gehalten, den Gleichheitssatz innerhalb des ihm zugeordneten Gesetzgebungsbereichs zu wahren (BVerfG, B.v. 27.3.1979 – 2 BvL 2/77 – BVerfGE 51, 43 – juris Rn. 39; Beck’scher Online-Kommentar GG, Stand: 1.12.2014, Art. 3 Rn. 104).
2. Rechtsgrundlage für die mit Bescheid vom 5. März 2013 verfügte Rückforderung von Versorgungsbezügen in Höhe von 7.366,62 Euro für den Zeitraum Juli 2011 bis März 2013 ist Art. 7 Abs. 2 BayBeamtVG i.V.m. §§ 818 ff. BGB.
a) Es wurden Versorgungsbezüge (Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG) überbezahlt i.S.d. Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG. Versorgungsbezüge sind „zu viel gezahlt“ in diesem Sinne, wenn sie ohne rechtlichen Grund gezahlt wurden (vgl. BayVGH, B.v. 14.2.2011 – 14 B 10.567 – juris Rn. 23, zum BBesG). Nach Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG werden Versorgungsbezüge neben Renten nur bis zum Erreichen der sich aus Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG ergebenden Höchstgrenze gezahlt. Als Renten gelten gem. Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayBeamtVG Renten der gesetzlichen Rentenversicherungen. Die dem Kläger mit Bescheid vom 14. Juli 2011 seit 1. Juli 2011 bewilligte Rente der Landwirtschaftlichen Alterskasse überschreitet im vorliegenden Fall in voller Höhe die maßgebliche Höchstgrenze (vgl. Ruhensberechnung Bl. 46 f. der BA). Da zwischen dem 1. Juli 2011 und dem 31. März 2013 die jeweiligen Rentenzahlungen der Landwirtschaftlichen Alterskasse nicht berücksichtigt wurden, wurden die Versorgungsbezüge des Klägers falsch berechnet und über die Höchstgrenze des Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG hinaus ausbezahlt. Hierdurch ergab sich in der Zeit vom 1. Juli 2011 bis 31. März 2013 eine ohne rechtlichen Grund geleistete Überzahlung i.H.v. insgesamt 7.366,62 Euro. Berechnungsfehler sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden.
b) Der Kläger ist nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG i.V.m § 818 Abs. 1 BGB zur Rückzahlung des überbezahlten Betrags i.H.v. 7.366,62 Euro verpflichtet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger entreichert ist i.S.d. § 818 Abs. 3 BGB. Denn der Beklagte hat vorliegend unabhängig vom Wegfall der Bereicherung des Klägers einen Anspruch auf Rückzahlung der überbezahlten Bezüge.
Der Kläger haftet verschärft nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG i.V.m. §§ 818 Abs. 4, 820 Abs. 1 BGB und kann sich somit nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Denn die Überzahlungen wurden unter dem Vorbehalt der Rückforderung bzw. Rückzahlung geleistet.
Nach §§ 818 Abs. 4, 820 Abs. 1 Satz 2 BGB haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrund, dessen Wegfall nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt. Diese Norm umfasst auch den Fall einer Überzahlung von unter Vorbehalt gezahlten Versorgungsbezügen (vgl. BayVGH, B.v. 31.3.2011 – 3 CS 11.165 – juris Rn. 21). Der Ruhegehaltsfestsetzung und der Zahlung von Versorgungsbezügen ist hinsichtlich der Ruhensvorschriften ein gesetzlicher Vorbehalt immanent. Auch ohne dass es eines ausdrücklichen Vorbehalts bedarf, stehen Zahlungen, für die – wie hier – aufgrund der Ruhensvorschriften rückwirkend eine Anrechnung von Einkommen in Betracht kommt, unter dem immanenten Vorbehalt der Rückforderung (vgl. BayVGH, B.v. 31.3.2011 – 3 CS 11.165 – juris Rn. 21; BayVGH v. 27.10.1999 – 3 B 96.3205 – juris Rn. 16, jeweils zum BeamtVG). Dies führt zur verschärften Haftung nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG i.V.m. §§ 818 Abs. 4, 820 Abs. 1 BGB.
c) Der Rückforderungsanspruch ist im streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht verjährt (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG).
d) Billigkeitsgründe, aufgrund derer gem. Art. 7 Abs. 2 Satz 3 BayBeamtVG von der Rückforderung ganz oder teilweise abgesehen werden könnte, sind nicht ersichtlich. Von der Rückforderung ist in der Regel teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 15/10 – juris Rn. 26, zum BBesG). Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr liegt die Überzahlung im Verantwortungsbereich des Klägers. Aus Art. 10 Abs. 2 BayBeamtVG ergibt sich die Verpflichtung des Klägers zur Mitteilung des Rentenbezugs. Hierauf wird auch in jeder Bezügemitteilung hingewiesen. Dem ist der Kläger nicht nachgekommen. Vielmehr hat er sogar auf die frühzeitige ausdrückliche Anforderung des Rentenbescheids mit Schreiben des Beklagten vom 23. September 2011 nicht reagiert, wodurch eine höhere Rückforderungssumme ohne Weiteres vermeidbar gewesen wäre. Aus den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen des Klägers ergeben sich ebenfalls keine Billigkeitsgründe. Dass der Kläger durch die Rückforderung der überbezahlten Bezüge unzumutbar belastet ist, ist weder vorgetragen worden noch angesichts der Höhe seiner Versorgungsbezüge einerseits und der Rückforderungssumme andererseits ersichtlich. Zudem wurde dem Kläger bereits Ratenzahlung (600,- Euro pro Monat) gewährt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).