Arbeitsrecht

Registrierung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz als Rentenberater bzw. hilfsweise beschränkt auf einzelne Versicherungszweige der gesetzlichen Sozialversicherung

Aktenzeichen  Au 8 K 18.1851

Datum:
4.6.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 12153
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RDG §§ 10 ff.
RDV § 2, § 3

 

Leitsatz

1. 1.) Der Kläger hat durch die von ihm vorgelegten Unterlagen den Nachweis der praktischen Sachkunde nicht erbracht, wenn sich daraus nicht ergibt, dass er besondere Sachkunde im Recht der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung bzw. der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, Kenntnisse über Aufbau, Gliederung und Strukturprinzipien der sozialen Sicherung sowie Kenntnisse der gemeinsamen, für alle Sozialleistungsbereiche geltenden Rechtsgrundsätze einschließlich des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens und des sozialgerichtlichen Verfahrens erworben hat. (Rn. 31 – 33) (red. LS Alexander Tauchert)
2. 2.) Auch mit einer exemplarisch vorgelegten Sozialrentenberechnung lässt sich der Nachweis praktischer Sachkunde nicht erbringen. Aus einer einzelnen Sozialrentenberechnung lässt sich nicht entnehmen, in welchem Zusammenhang und in welchem Umfang derartige Berechnungen erstellt worden sein sollen. (Rn. 33) (red. LS Alexander Tauchert)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat weder nach dem Haupt-, noch nach dem Hilfsantrag Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 19. September 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf unbeschränkte Registrierung als Rentenberater, noch auf Registrierung beschränkt auf die Bereiche der gesetzlichen Krankenversicherung, der gesetzlichen Pflegeversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz VwGO).
1. Die Voraussetzungen für die Registrierung als Rentenberater richten sich nach §§ 10 ff. Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) i.V.m. §§ 2 und 3 Rechtsdienstleistungsverordnung (RDV).
a) Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG dürfen natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), aufgrund besonderer Sachkunde Rentenberatung auf dem Gebiet der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts, des übrigen Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständischen Versorgung erbringen. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 RDG kann die Registrierung auf einen Teilbereich der in Satz 1 genannten Bereiche beschränkt werden, wenn sich der Teilbereich von den anderen in den Bereich fallenden Tätigkeiten trennen lässt und der Registrierung für den Teilbereich keine zwingenden Gründe des Allgemeininteresses entgegenstehen. Voraussetzung für die Registrierung ist nach § 12 Abs. 1 RDG neben der persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit sowie einer Berufshaftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 250.000 Euro für jeden Versicherungsfall die theoretische und praktische Sachkunde im Bereich der Rentenberatung. Gemäß § 11 Abs. 2 RDG erfordert Rentenberatung besondere Sachkunde im Recht der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung und in den übrigen Teilbereichen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, für die eine Registrierung beantragt wird, Kenntnisse über Aufbau, Gliederung und Strukturprinzipien der sozialen Sicherung sowie Kenntnisse der gemeinsamen, für alle Sozialleistungsbereiche geltenden Rechtsgrundsätze einschließlich des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens und des sozialgerichtlichen Verfahrens.
b) Im Fall des Klägers ist allein das Vorliegen der praktischen Sachkunde streitig. Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 RDG setzt diese in der Regel eine mindestens zwei Jahre unter Anleitung erfolgte Berufsausübung oder praktische Berufsausbildung voraus. Grundsätzlich müssen dabei nach § 12 Abs. 3 Satz 3 RDG zumindest 18 Monate der Berufsausübung oder -ausbildung im Inland erfolgen. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RDV, der aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung in § 12 Abs. 5 RDG erlassen wurde, wird die praktische Sachkunde in der Regel durch Arbeitszeugnisse und sonstige Zeugnisse über die bisherige praktische Tätigkeit der zu registrierenden Person in dem Bereich des Rechts nachgewiesen, für den eine Registrierung beantragt wird.
2. Der Kläger hat durch die von ihm vorgelegten Unterlagen den Nachweis der praktischen Sachkunde nicht erbracht.
a) Wie sich aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt, ist für den Nachweis der praktischen Sachkunde eine fortlaufende, nachhaltige und einschlägige praktische Beschäftigung mit denjenigen Rechtsgebieten, für die eine Eintragung beantragt wird, nötig, um sicherzustellen, dass die Antragsteller gelernt haben, die theoretischen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen (BayVGH, B.v. 7.12.2018 – 21 ZB 15.2719 – juris Rn. 26; BT-Drs. 16/3655, S. 69). Andernfalls kann das Ziel des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die rechtssuchende Bevölkerung vor unqualifizierter und nicht sachkundiger Rechtsberatung zu schützen, nicht gewährleistet werden (vgl. VG München, U.v. 16.7.2013 – M 16 K 13.1505 – juris Rn. 16; BT-Drs. 16/3655 S. 66). Im Rahmen der Mitwirkungslast des Antragstellers sind substantiierte Angaben zu den bearbeiteten Tätigkeiten zu fordern (Dötsch in Deckenbrock/Henssler, RDG, 4. Auflage 2015, § 12 Rn.105).
b) Dem genügen die vorgelegten Nachweise des Klägers nicht. Weder aus dem Zeugnis der … vom 30. Juni 2012, noch aus der Tätigkeitsbeschreibung der … vom 27. März 2014 ergibt sich, dass der Kläger besondere Sachkunde im Recht der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung bzw. der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, Kenntnisse über Aufbau, Gliederung und Strukturprinzipien der sozialen Sicherung sowie Kenntnisse der gemeinsamen, für alle Sozialleistungsbereiche geltenden Rechtsgrundsätze einschließlich des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens und des sozialgerichtlichen Verfahrens erworben hat. Das Zeugnis vom 30. Juni 2012 bescheinigt, dass die Aufgaben des Klägers darin bestanden, Versicherungsgeschäft zu vermitteln und Geschäftsverbindungen zu pflegen und auszubauen und dass der Kläger über ein hervorragendes produkt- und verkaufsbezogenes Fachwissen im Krankenversicherungsbereich verfügt. Nach der Tätigkeitsbeschreibung vom 27. März 2014 ist es Aufgabe des Klägers gewesen, laufend umfangreiches Neugeschäft zu vermitteln und dafür Sorge zu tragen, dass das von der betreuten Organisation vermittelte Geschäft bestandsfähig ist und bleibt. In keiner Weise wird hieraus erkennbar, inwieweit sich der Kläger mit den in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG genannten Bereichen oder Teilbereichen davon beschäftigt haben soll. Die vorgelegten Unterlagen beziehen sich allein auf den Bereich der privaten Krankenversicherung. Aus ihnen wird nicht ersichtlich, dass sich der Kläger – wie vorgetragen – beim Vertrieb privater Versorgungsverträge zunächst mit der beim jeweiligen Kunden bestehenden gesetzlichen Absicherung auseinandersetzen musste. Die vorgelegten Unterlagen der … können damit eine Tätigkeit des Klägers im Bereich des Sozialrechts nicht nachweisen. Auch mit der exemplarisch vorgelegten Sozialrentenberechnung lässt sich der Nachweis praktischer Sachkunde nicht erbringen. Aus einer einzelnen Sozialrentenberechnung lässt sich nicht entnehmen, in welchem Zusammenhang und in welchem Umfang derartige Berechnungen erstellt worden sein sollen. Es bleibt daher bei einer nicht nachgewiesenen Behauptung des Klägers.
Insbesondere geht aus den vorgelegten Unterlagen auch nicht hervor, dass der Kläger besondere Sachkunde im Bereich des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens und des sozialgerichtlichen Verfahrens erworben hat. Das Argument der Klägerbevollmächtigten, dass auch neu zugelassenen Rechtsanwälten praktische Erfahrungen vor Gericht fehlen würden, geht fehl. Über die erforderliche praktische Sachkunde verfügt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 RDV auch, wer die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzt. Der zweijährige juristische Vorbereitungsdienst gilt insoweit als praktische Ausbildung (vgl. BT-Drs. 16/3655 S. 69; Schmidt in Krenzler, RDG, 2. Auflage 2017, § 12 Rn. 48).
c) Darüber hinaus hat der Kläger nichts dazu vorgetragen, inwieweit er im Rahmen seiner Tätigkeit unter Anleitung stand. Die von § 12 Abs. 3 Satz 2 RDG geforderte Anleitung, unter der die zweijährige Berufsausübung zu erfolgen hat, garantiert, dass der Nachweis der Berufserfahrung in Form von Zeugnissen überhaupt erbracht werden kann. Die anleitende Person muss daher entsprechend qualifiziert sein. Neben Tätigkeiten bei registrierten Personen kommen dabei auch Tätigkeiten bei Behörden oder Unternehmen, insbesondere Banken und Versicherungen, in Betracht (vgl. BT-Drs. 16/3655 S. 69). Erforderlich ist, dass der Antragsteller bei seiner praktischen Tätigkeit einer gewissen Kontrolle und Aufsicht einer auf dem beantragten Gebiet erfahrenen Person unterstand (Dötsch in Deckenbrock/Henssler, RDG, § 12 Rn.106). Aus den vom Kläger vorgelegten Zeugnissen ergibt sich jedoch nichts für eine Tätigkeit unter derartiger Anleitung.
d) Da der Kläger mit den von ihm vorgelegten Unterlagen nicht nachweisen kann, überhaupt in einem der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG genannten Bereichen tätig gewesen zu sein, scheidet sowohl eine vollumfängliche als auch eine auf die Teilbereiche der gesetzlichen Unfall-, Kranken- bzw. Pflegeversicherung beschränkte Registrierung aus.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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