Arbeitsrecht

Rückabwicklung eines verpflichtenden Arbeitszeitkontos einer Gymnasiallehrerin

Aktenzeichen  3 ZB 18.1998

Datum:
28.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 26785
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG Art. 80a Abs. 5, Art. 87 Abs. 3, Art. 88 Abs. 5
BayAzV § 8b Abs. 1 Nr. 3
AZKoV § 3, § 4 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 S. 2, § 6 S. 1, S. 2, § 10 Nr. 1 lit. a,
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 5 S. 4
BayVwVfG Art. 49

 

Leitsatz

Ist ein Beamter in der Ausgleichsphase eines verpflichtenden Arbeitszeitkontos für Lehrkräfte bis zu sechs Monate dienstunfähig, werden seine angesparten Arbeitszeiten für die Dauer der entsprechenden Dienstunfähigkeit ausgeglichen. Dies gilt auch bei einem nicht zu beeinflussenden Störfall in der Ausgleichsphase (z.B. vorzeitige Ruhestandsversetzung), der einen Ausgleich der angesparten Arbeitszeit durch einen tatsächlichen Freizeitausgleich unmöglich macht. (Rn. 11 – 12)

Verfahrensgang

M 5 K 16.991 2018-08-14 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 3.547,58 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin stand bis zu ihrer Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit am 1. Oktober 2014 als (zuletzt mit 14 Wochenstunden) teilzeitbeschäftigte Gymnasiallehrerin (Oberstudienrätin, Besoldungsgruppe A 14) in Diensten des Beklagten. Sie begehrt eine weitergehende Abgeltung von Arbeitszeitguthaben aus einem verpflichtenden Arbeitszeitkonto. Während der sog. Ansparphase (1.8.2005 bis 31.7.2009), in der sie eine Wochenstunde Unterricht zusätzlich zu halten hatte (§ 3, § 4 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, § 10 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung zur Einführung eines verpflichtenden Arbeitszeitkontos v. 20.3.2001 – GVBl. S. 90 – in der seinerzeit gültigen Fassung: nachfolgend AZKoV), war die Klägerin insgesamt rund drei Monate dienstunfähig erkrankt. Während der sog. Ausgleichsphase (1.8.2011 bis 31.7.2015; § 6 Satz 1 und 2, § 10 Nr. 2 Buchst. a AZKoV) war sie bis zu ihrer Ruhestandsversetzung (1.10.2014) über 26 Monate dienstunfähig.
Mit Bescheid vom 12. September 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. Januar 2016 setzte der Beklagte die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin vom 25. Januar 2007 bis 31. Juli 2009 durch Erhöhung des Stundenumfangs um eine Stunde neu fest. Eine weitergehende Stundenerhöhung (vom 1.8.2005 bis 24.1.2007) wurde abgelehnt. Könne – wie hier wegen der vorzeitigen Ruhestandsversetzung während der Ausgleichsphase – der vorgesehene Arbeitszeitausgleich ganz oder teilweise nicht in Anspruch genommen werden, finde in den Fällen einer Teilzeitbeschäftigung eine statusrechtliche Rückabwicklung nach Art. 87 Abs. 3 Satz 6 BayBG (vormals Art. 80 Abs. 3 Satz 6 BayBG) i.V.m. Art. 88 Abs. 5 BayBG (vormals Art. 80a Abs. 5 BayBG) statt. Für Zeiträume einer Dienstunfähigkeit während der Ausgleichsphase im Umfang von bis zu insgesamt sechs Monaten würden die hierauf entfallenen Arbeitszeitguthaben gemäß § 8b Abs. 2 i.V.m. § 8b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayAzV als ausgeglichen gelten. Zeiten einer Dienstunfähigkeit, die über sechs Monate (183 Tage) hinausgingen, seien mit Ablauf des 24. Januar 2013 erreicht worden (Dienstunfähigkeitstage im Zeitraum vom 1.8.2011 bis 31.7.2012 = 48 Tage; restliche 135 Tage ab 12.9.2012 sind am 24.1.2013 erreicht). Die Zeit ab dem 25. Januar 2013 zähle als nicht ausgeglichen und werde beim finanziellen Ausgleich mitberücksichtigt (§ 8b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayAzV analog), indem die Teilzeitbeschäftigung für den korrespondierenden Zeitraum in der Ansparphase (25.1.2007 bis 31.7.2009) um eine Unterrichtsstunde erhöht werde. Eine weitergehende Neufestsetzung komme nicht in Betracht.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer erfolglosen Klage auf Neufestsetzung ihrer Teilzeitbeschäftigung für die Zeit vom 1. August 2005 bis 24. Januar 2007 und Abgeltung des sich hieraus ergebenden Ausgleichsbetrags zzgl. Zinsen.
Mit ihrem Zulassungsantrag verfolgt sie ihr Rechtsschutzziel weiter. Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II.
Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
1.1 Entgegen den klägerischen Ausführungen hat das Erstgericht den Normgehalt des § 8b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 BayAzV und das Institut der statusrechtlichen Rückabwicklung gemäß Art. 87 Abs. 3 Satz 6 BayBG i.V.m. Art. 88 Abs. 5 BayBG nicht verkannt. Soweit die Klagepartei die Verwendung einzelner Begrifflichkeiten des Beklagten und des Erstgerichts („unbeachtlich“, „nicht hindern“, „Abgeltungsfiktion“) moniert, schlagen diese geltend gemachten Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente nicht auf das Ergebnis durch.
a. Treten während der sog. Ausgleichsphase eines verpflichtenden Arbeitszeitkontos Umstände ein, welche den vorgesehenen Arbeitszeitausgleich unmöglich machen, ist ein Widerruf der bewilligten Teilzeitbeschäftigung abweichend von Art. 49 BayVwVfG zulässig. Aus der Verweisung des Art. 87 Abs. 3 Satz 6 BayBG auf Art. 88 Abs. 5 Satz 1 BayBG ergibt sich, dass diese, zunächst für die Abwicklung von Leistungsstörungen bei anderen Falltypen der Teilzeit gedachte Regelung – nämlich eine nachträgliche Änderung des Teilzeitstatus – auch für die Abwicklung von Leistungsstörungen beim Falltyp der Teilzeit im Rahmen des Arbeitszeitkontenmodells angewendet werden soll (BayVGH, U.v. 21.12.2001 – 3 N 01.1273 – juris Rn. 110). Es kommt zur sog. statusrechtlichen Rückabwicklung, wodurch der betroffene Beamte rückwirkend so gestellt wird, wie es seiner tatsächlichen Arbeitszeit entspricht. Davon erfasst sind u.a. Fälle der vorzeitigen Dienstunfähigkeit (LT-Drs. 14/880, S. 14). Die besoldungsrechtliche Folge ist die Nachzahlung der Dienstbezüge für das angesparte Arbeitszeitguthaben und seine versorgungsrechtliche Berücksichtigung. In welcher Höhe dies zu erfolgen hat, bestimmt sich nach dem Arbeitszeitkonto zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung.
b. Gemessen daran waren die vom 1. August 2005 bis 24. Januar 2007 auf dem Arbeitszeitkonto der Klägerin angesparten Arbeitszeiten zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung (1.10.2014) bereits ausgeglichen, so dass kein Anspruch der Klägerin auf eine Neufestsetzung ihrer Teilzeitbeschäftigung und Abgeltung des sich hieraus ergebenden Ausgleichsbetrags besteht.
Ist ein Beamter – wie hier – in der Ausgleichsphase eines verpflichtenden Arbeitszeitkontos für Lehrkräfte bis zu sechs Monate dienstunfähig, werden seine angesparten Arbeitszeiten für die Dauer der entsprechenden Dienstunfähigkeit damit ausgeglichen. Denn ungeachtet der Dienstunfähigkeit einer Lehrkraft findet in der Ausgleichsphase eine Minderung ihrer Arbeitszeit (Art. 87 Abs. 3 Satz 4 BayBG) durch eine entsprechende Anrechnung auf ihre Unterrichtsverpflichtung (§ 10 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Satz 1 und 2 AZKoV) statt, von der die Lehrkraft während ihrer Dienstunfähigkeit allerdings befreit war. Es gibt keinen gesetzlichen Anhaltspunkt dafür, dass ein Ausgleich der angesparten Arbeitszeit durch tatsächlichen Freizeitausgleich zu erfolgen hätte. Vielmehr regelt Art. 87 Abs. 3 Satz 5 BayBG ausdrücklich, dass der Ausgleich auch durch eine Freistellung vom Dienst vorgenommen werden kann. Die klägerische Annahme, Art. 87 Abs. 3 Satz 4 BayBG setze „im Rahmen der Normklarheit“ einen „tatsächlichen Ausgleich“ voraus, findet im Wortlaut der Vorschrift keine Stütze. Für einen Ausgleich der angesparten Arbeitszeit während der Dienstunfähigkeit spricht auch § 8b BayAzV, der als Regelung für die ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit (vgl. § 8b Abs. 1 Satz 1 BayAzV und amtliche Überschrift) unmittelbare Anwendung auf das verpflichtende Arbeitszeitkonto für Lehrkräfte (vgl. Legaldefinition in § 1 AZKoV) findet. Nach § 8b Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 BayAzV führen (nur) Zeiten einer Dienstunfähigkeit über sechs Monate während der Ausgleichsphase zu deren Verlängerung um den entsprechenden Zeitraum. Im Umkehrschluss tritt keine Verlängerung der Ausgleichsphase bei Zeiten einer Dienstunfähigkeit von bis zu sechs Monaten ein. Daraus ist ersichtlich, dass der Verordnungsgeber Zeiten einer Dienstunfähigkeit grundsätzlich weder als Hinderungsgrund für einen Ausgleich noch als Hinderungsgrund für eine Ansparung ausgleichspflichtiger Arbeitszeiten ansah. Ein von diesem Grundsatz abweichender Ausnahmefall bedurfte wie § 8b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 BayAzV einer ausdrücklichen verordnungsrechtlichen Regelung. Würde ein Ausgleich der angesparten Arbeitszeiten während der Dienstunfähigkeit in der Ausgleichsphase nicht erfolgen, bliebe im Übrigen unklar, wie sonst die nicht ausgeglichenen Zeiten einer Dienstunfähigkeit bis zu sechs Monaten im Rahmen des Arbeitszeitkontos Berücksichtigung finden sollten,. Da eine Verlängerung der Ausgleichsphase wegen des Umkehrschlusses aus § 8b Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 BayAzV ausscheidet, käme ein von der Klägerin erstrebter tatsächlicher Freizeitausgleich jedenfalls nicht in Betracht.
c. Der Ausgleich angesparter Arbeitszeiten für die Dauer der entsprechenden Dienstunfähigkeit erfolgt aus Gleichbehandlungsgründen sowohl bei denjenigen Beamten, bei denen in der Ausgleichsphase ein nicht zu beeinflussender Störfall (z.B. vorzeitige Ruhestandsversetzung) auftritt, als auch bei denjenigen Beamten, die ebenfalls entsprechend lange Krankheitszeiten zu verzeichnen haben, deren Beamtenverhältnis jedoch nicht während der Ausgleichsphase durch Ruhestandsversetzung endet. Zwar regelt die Bayerische Arbeitszeitverordnung nicht die Störfälle, in denen die Ansparung oder der Ausgleich endgültig unmöglich werden. Dies erlaubt jedoch nicht den Schluss, dass in solchen Fällen die Anwendung von § 8b BayAzV rückwirkend rechtswidrig würde. Wenn der Verordnungsgeber gewollt hätte, dass im Fall von Leistungsstörungen die in § 8b Abs. 1 Nr. 3 BayAzV bzw. § 8b Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 BayAzV getroffene Pauschalierung rückwirkend entfallen soll, hätte er dies regeln müssen.
d. Der Ausgleich der angesparten Arbeitszeit während des Zeitraums einer Dienstunfähigkeit bis sechs Monate in der Ausgleichsphase ist auch verhältnismäßig und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
aa. Insbesondere stehen die Regelung der Bayerischen Arbeitszeitverordnung und der Verordnung zur Einführung eines verpflichtenden Arbeitszeitkontos im Einklang mit der Ermächtigungsnorm des Art. 87 Abs. 1 und 3 BayBG (BayVGH U.v. 21.12.2001 – 3 N 01.900 – juris Rn. 62 – 84). Der sinngemäß vorgebrachte Einwand, die Ermächtigungsgrundlage sehe in Art. 87 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 1 BayBG vor, dass die Arbeitszeiterhöhung vollständig auszugleichen sei und damit ein „fiktiver“ Ausgleich während Zeiten einer Dienstunfähigkeit von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt sei, greift nicht durch. Denn nach Art. 87 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 1 BayBG ist die Arbeitszeiterhöhung durch eine Minderung der Arbeitszeit – bei Lehrkräften durch eine entsprechende Anrechnung auf die (mit einer um eine Wochenstunde verringerten) Unterrichtsverpflichtung (§ 10 Nr. 1 Buchst. a. i.V.m. § 6 Satz 1 und 2 AZKoV) – (und nicht durch tatsächlichen Freizeitausgleich) vollständig auszugleichen. Auch wenn die Klägerin während ihrer Dienstunfähigkeit von ihrer Unterrichtsverpflichtung vollständig befreit war, so war doch ihre Arbeitszeit durch ihre verringerte Unterrichtsverpflichtung vermindert (s.o. unter 1.1 b).
bb. Angesichts der Schwierigkeiten für eine taggenaue und doch angemessene Berücksichtigung von Krankheitsfehlzeiten während der Anspar- und Ausgleichsphase spricht viel für eine typisierende, die Interessen von Dienstherren und Beamten in pauschaler Weise ausgleichende Lösung, wie sie der Verordnungsgeber in § 8b Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BayAzV getroffen hat.
Solange die Krankheitsfehlzeiten in der Ansparphase (zusammengenommen) den Zeitraum von sechs Monaten nicht überschreiten, begünstigt die Regelung eher den Beamten. Der Dienstherr rechnet diese Krankheitszeiten der Ansparphase zu, obwohl eine (Voraus-)Leistung durch dienstliche Tätigkeit nicht erfolgt (§ 8b Abs. 1 Nr. 3 BayAzV). Diese Bestimmung erspart dem Dienstherrn allerdings auch die seinen Planungen hinderlichen Verschiebungen, die eine Verlängerung der Ansparphase mit sich brächte, sowie komplizierte Besoldungsvorgänge (nicht jedoch Aufzeichnungen über die Zeiten der Dienstunfähigkeit seiner Beamten). Da der in der Vorschrift genannte Zeitraum von sechs Monaten deutlich länger ist als die Krankheitsfehlzeiten, die durchschnittliche Beamte während einer fünfjährigen Dienstzeit aufzuweisen haben, werden in der Regel solche Verschiebungen und Neuberechnungen nicht erforderlich sein.
Solange die Krankheitsfehlzeiten in der Ausgleichsphase (zusammengenommen) den Zeitraum von sechs Monaten nicht überschreiten, begünstigt die Regelung den Dienstherrn hinsichtlich des verringerten Verwaltungsaufwands in gleicher Weise. Ohne die Regelung in § 8b Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BayAzV müssten in fast allen Fällen eines Arbeitszeitkontos (bereits bei einmaliger eintägiger Dienstunfähigkeit im gesamten Bewilligungszeitraum) sowohl die Zeitdauer der Ansparphase als auch die Zeitdauer der Ausgleichsphase neu festgesetzt werden. Die Folge einer solchen Neufestsetzung wäre im schulischen Bereich, dass bei einer Verlängerung der Ansparphase plötzlich ein Personalüberhang an der Schule entstünde. Dies liefe jedoch der schulorganisatorischen Zentrierung auf zwei zentrale Einstellungstermine zuwider. Bei einer Verlängerung der Ausgleichsphase muss die dadurch fehlende Arbeitszeit (die Lehrkraft war ursprünglich mit höherem Stunden Umfang eingeplant) auf andere Lehrkräfte verteilt und nach dem Ende der Ausgleichsphase mitten im Schuljahr wieder umverteilt werden. Regelmäßige Neufestsetzungen in der Ausgleichsphase haben demnach erhebliche Auswirkungen auf die Personalplanung und auf die Schulorganisation.
Infolgedessen ist in den Fällen des § 8b Abs. 2 BayAzV der auf einen maximalen Zeitraum von sechs Monaten gesetzlich versagte tatsächliche Freizeitausgleich als verhältnismäßig hinzunehmen. Zwar kommt der Beamte nicht mehr in den Genuss eines tatsächlichen Freizeitausgleichs bzw. einer finanziellen Abgeltung, wenn die Ausgleichsphase – wie hier – z.B. wegen einer vorzeitigen Ruhestandsversetzung nicht mehr vollständig abgewickelt werden konnte. Dies ist aber angesichts der geringen Beeinträchtigung des Beamten rechtlich nicht zu beanstanden. Die Regelung des § 8b Abs. 1 Nr. 3 bzw. Abs. 2 BayAzV spiegelt eine angemessene Risikoverteilung zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn wider, indem Zeiträume einer Dienstunfähigkeit unterhalb von sechs Monaten weder zu einer Verlängerung der Ansparphase noch zu einer Verlängerung in der Ausgleichsphase führen. Überdurchschnittlich lange Zeiträume einer Dienstunfähigkeit von über sechs Monaten in der Ausgleichsphase wirken sich eher zugunsten des Beamten aus, weil sie zur Verlängerung der Ausgleichsphase bzw. (im Fall einer unmöglichen Abwicklung der Ausgleichsphase) zu einer entsprechenden finanziellen Abgeltung führen. Überdurchschnittlich lange Zeiträume einer Dienstunfähigkeit von über sechs Monaten in der Ansparphase haben zwar keine Ansparung einer Arbeitszeit zur Folge, gleichwohl führen sie im Rahmen des verpflichtenden Arbeitszeitkontos für Lehrkräfte nicht zur Verlängerung der Ansparphase (§ 4 Abs. 4 Satz 2 AZKoV i.V.m. § 8b Abs. 1 Satz 2 BayAzV). Vor diesem Hintergrund und angesichts des insgesamt überschaubaren Zeitraums des verpflichtenden Arbeitszeitkontos und des unmittelbar im Anschluss an die Wartezeit erfolgenden Ausgleichs (§ 6 Satz 2 AZKoV) führt auch die Vorleistungspflicht des Beamten zu keiner unzumutbaren Risikoverschiebung zu dessen Lasten, auch wenn er die zusätzliche Unterrichtsstunde „in jungen gesunden Jahren“ absolviert, währenddessen er in der Ausgleichsphase „älter und krankheitsanfälliger“ ist.
cc. Der Ausgleich der angesparten Arbeitszeit durch eine entsprechende Anrechnung auf die Unterrichtsverpflichtung nach § 6 Satz 1 AZKoV trotz Dienstunfähigkeit bis zu sechs Monaten verstößt nicht gegen das in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte beamtenrechtliche Alimentationsprinzip. Das Bundesverfassungsgericht (B.v. 30.1.2008 – 2 BvR 398/07 – NVwZ 2008, 668 – juris Rn. 10) hat ausdrücklich festgehalten, dass die Verlängerung der Wochenarbeitszeit, mit der eine Anpassung der Besoldungsbezüge nicht verbunden war, auf der Grundlage der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums schon nicht als (mittelbare) Besoldungsverkürzung und damit als rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in die Alimentation angesehen werden kann.
1.2 Die klägerische Rüge, der zugesicherte Ausgleich der in der Ansparphase erbrachten Vorleistungen werde in den Fällen des Art. 88 Abs. 5 BayBG als Gebot der Fürsorgepflicht im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses als hergebrachter Grundsatz des Beamtentums bezeichnet und der Beamte sei durch den Widerruf wirtschaftlich so zu stellen, wie es der von ihm tatsächlich in der Ansparphase geleisteten Arbeit entspreche, geht schon deshalb fehl, weil nach dem oben Gesagten die angesparte Arbeitszeit der Klägerin, während der ersten sechs Monate der Dienstunfähigkeit vollständig ausgeglichen wurde. Damit wurden diese Zeiten auch nicht – wie die Klägerin meint – der Zurechnung zum Versorgungskonto entzogen. Ihre Auffassung, Teilzeitbeamte, die während der Ausgleichsphase in den Ruhestand versetzt wurden, blieben für den Zeitraum der „fiktiven Abgeltung“ als einzige auf versorgungsrechtlichem Gebiet ohne jeglichen Ausgleich ihrer Leistungen, trifft wegen des stattgefundenen Ausgleichs gerade nicht zu. Das erstinstanzliche Urteil ist auch nicht im Hinblick auf die Bedeutung der Neufestsetzung der Teilzeitbeschäftigung für die Ruhestandsversorgung lückenhaft. Es setzt sich ausführlich mit dem Klageantrag, der auf Neufestsetzung der Teilzeitbeschäftigung und Abgeltung des sich hieraus ergebenden Ausgleichsbetrags gerichtet ist, auseinander. Die sich bei einer entsprechenden Neufestsetzung ergebenden Folgen für die Versorgungsbezüge der Klägerin sind hingegen nicht unmittelbarer Streitgegenstand.
1.3 Der klägerische Einwand einer versorgungsrechtlichen Ungleichbehandlung gegenüber Lehrkräften, die nicht vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden, trägt nicht. Wenn solche Lehrkräfte in der Ausgleichsphase bis zu sechs Monate dienstunfähig sind, wird für diese die Teilzeitbeschäftigung ebenfalls nicht rückwirkend ruhegehaltsfähig erhöht. Das im Vergleich zu einer solchen Lehrkraft niedrigere Ruhegehalt der Klägerin ist ausschließlich dem vorzeitigen Ruhestandseintritt geschuldet.
1.4 Schon im Ansatz geht die Klägerin fehl, wenn Sie meint, während der Ausgleichsphase nicht erkranken zu dürfen, weil ihre sonst geleistete Arbeit durch Fiktion einer Abgeltung als nicht erbracht angesehen werde und sich nicht im Versorgungsanspruch und Berechnung des Ruhegehalts wiederfinde. Denn ihre geleistete Arbeit wird als erbracht angesehen und als ausgleichspflichtige Arbeitszeit angespart, auch wenn sie in Zeiten einer Dienstunfähigkeit während der Ausgleichsphase ausgeglichen wurde. Es besteht kein Anspruch des Beamten darauf, die angesparten Arbeitszeiten durch tatsächlichen Freizeitausgleich auszugleichen.
1.5 Der Senat hat auch die weiteren Argumente der Klägerin erwogen, die diese in ihrer Zulassungsbegründung und vertiefenden Stellungnahmen vorgebracht hat. Er hat sie jedoch ebenfalls nicht für eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung geeignet gehalten, ohne dass es insoweit im vorliegenden Beschluss einer ausdrücklichen Auseinandersetzung bedurft hätte.
2. Aus den gleichen Gründen, mit denen das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu verneinen ist, folgt jedoch auch, dass der Rechtssache nicht besonderen rechtlichen Schwierigkeiten zukommen, die die Klägerin ihr zumisst. Damit scheidet auch eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aus.
3. Der Rechtsache kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage,
„ob in Fällen, in welchen aufgrund des verpflichtenden Arbeitszeitkontos Vorleistungen aus der Ansparphase, die nicht durch Stundenreduzierungen in der Ausgleichsphase ausgeglichen werden können, weil der in Teilzeit beschäftigte Lehrer vor Beendigung der Ausgleichsphase, also vor dem Auslaufen des Arbeitszeitkontos, wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird, ein Anspruch darauf besteht, die Teilzeitbeschäftigung nachträglich neu festzusetzen und einen sich daraus ergebenden Ausgleichsbetrag abzugelten“
lässt sich, wie sich aus Vorstehendem (1.) ergibt, bei richtiger Anwendung des Gesetzes eindeutig lösen.
Die in dem klägerischen Schriftsatz vom 25. Februar 2019 (S. 2) erstmals formulierte Grundsatzfrage,
„ob durch die Regelungen des § 8b BayAzV der in der Ansparphase erworbene materiell rechtliche Anspruch auf Ausgleich während einer Dienstunfähigkeit von bis zu sechs Monaten in der Ausgleichsphase zu Recht zu Fall gebracht werden kann, oder ob § 8b BayAzV zum Nachteil der Teilzeit beschäftigten Beamtinnen und Beamten sowohl auf besoldungswie versorgungsrechtlichem Gebiet in unzulässiger Weise ausgelegt wird“,
wurde nicht innerhalb der Darlegungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 und 5 VwGO gestellt. Die Zulassungsgründe können nach Ablauf der Frist (lediglich) ergänzt werden, soweit der konkrete zu ergänzende Zulassungsgrund in offener Frist bereits den Mindestanforderungen entsprechend dargelegt ist. Der Vortrag neuer, selbständiger Zulassungsgründe nach Ablauf der Frist – hier in Form einer erstmals formulierten Grundsatzfrage – ist aber ausgeschlossen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 53).
4. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO anzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz; vgl. Berechnung des Beklagten – VG-Akte S. 65).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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