Arbeitsrecht

Schichtzulage im Polizeidienst

Aktenzeichen  M 5 K 16.4498

Datum:
23.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 12899
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayZulV § 12
VwGO § 113
BayBesG Art. 3 Abs. 1, Art. 55

 

Leitsatz

1. Schichtarbeit setzt voraus, dass mehrere Arbeitnehmer ein- und dieselbe übereinstimmende Arbeitsaufgabe erfüllen, indem sie sich regelmäßig nach einem feststehenden und überschaubaren Plan ablösen (ebenso BAG BeckRS 2005, 41870). (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Polizeidienst besteht zwar ein gewisses Grundgerüst an immer wiederkehrenden Diensten in Form von Objektschutz, verschiedenen Streifendiensten sowie bei der Begleitung von Veranstaltungen, doch genügt dies nicht den Anforderungen an einen Schichtdienst, da zur Gewährleistung von Flexibilität sowie einer gerechten Verteilung der anfallenden Dienste bezogen auf den einzelnen Beamten die Heranziehung zu den Diensten in ungeregelter zeitlicher Reihenfolge nach Bedarf erfolgt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der Leistungswiderspruchsbescheid des Landesamtes für Finanzen vom … September 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung einer Schichtzulage aus § 12 der Verordnung über die Gewährung von Zulagen (Bayerische Zulagenverordnung – BayZulV) zu.
1. Zur Abgeltung besonderer Erschwernisse, die nicht schon bei der Ämterbewertung berücksichtigt, anderweitig abgegolten oder ausgeglichen sind, können nach Art. 55 des Bayerischen Besoldungsgesetzes (BayBesG) Erschwerniszulagen gewährt werden. Diese werden im Einzelnen durch die Verordnung über die Gewährung von Zulagen (Bayerische Zulagenverordnung – BayZulV) vom 16. November 2010 geregelt und näher ausgeformt. In der bis 31. Dezember 2016 gültigen Fassung sah Art. 12 BayZulV vor, dass Beamte und Beamtinnen in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Grundgehaltssätzen unter bestimmten Umständen eine monatliche Schichtzulage erhalten konnten. Voraussetzung war, dass sie ständig Schichtdienst zu leisten hatten. Schichtdienst war in diesem Rahmen in § 12 Abs. 1 Satz 1 BayZulV vom Gesetzgeber legal definiert worden als ein Dienst nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit vorsieht.
2. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Schichtzulage liegen beim Kläger nicht vor.
a) Soweit die Klagepartei die Zahlung einer Schichtzulage unter anderem für die Zeit ab dem … Januar 2017 beantragt hat, scheidet ein Anspruch von vornherein aus, da die gesetzliche Regelung des § 12 BayZulV zum diesem Stichtag ersatzlos weggefallen ist (vgl. hierzu Leihkauff in Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand November 2017, Art. 55 BayBesG Rn. 31 f.). Aufgrund des in Art. 3 Abs. 1 Bayerisches Besoldungsgesetz (BayBesG) geregelten Gesetzesvorbehalts, nach dem die Besoldung durch Gesetz geregelt wird, ist eine Berufung auf eine erweiternde oder analoge Anwendung der besoldungsrechtlichen Vorschrift grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage in Berlin OVG Berlin-Bbg, U.v. 18.12.2009 – OVG 4 B 11.08 – juris Rn. 25). Eine in Ausnahmefällen mögliche Analogie scheidet bereits mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke aus, da nach dem gesetzgeberischen Willen durch die bewusste Abschaffung der Regelung des § 12 BayZulV offensichtlich keine Zulage für Schichtdienst mehr vorgesehen sein soll.
Der Kläger kann daher für diesen Zeitraum auch keinen sonstigen, gesetzlich nicht vorgesehenen Besoldungsanspruch herleiten.
b) Auch für den Zeitraum vom … April 2014 bis … August 2014 sowie *. März 2015 bis … Dezember 2016 steht dem Kläger kein Anspruch auf die Zahlung einer Schichtzulage zu.
Bereits aus dem Wortlaut von § 12 Abs. 1 Satz 1 BayZulV wird ersichtlich, dass ein regelmäßiger Wechsel der täglichen Arbeitszeit ein zwingend notwendiges Element für die Qualifizierung als Schichtdienst ist. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt Schichtarbeit vor, wenn eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren Zeitraum als die tatsächliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinaus anfällt und daher von mehreren Arbeitnehmern (oder Arbeitnehmergruppen) in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge in mehreren Zeitabschnitten, teilweise auch außerhalb der allgemeinen Arbeitszeit, erbracht wird. Schichtarbeit setzt damit voraus, dass mindestens zwei Arbeitnehmer ein- und dieselbe übereinstimmende Arbeitsaufgabe erfüllen, indem sie sich regelmäßig nach einem feststehenden und überschaubaren Plan ablösen, sodass der eine Arbeitnehmer arbeitet, während der andere arbeitsfreie Zeit hat. Mit dem Schichtplan werden die Arbeitsaufgabe, die erforderlichen Arbeitnehmer und der zeitliche Umfang ihres Arbeitseinsatzes allgemein festgelegt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Einzelne im Anschluss an seine Tätigkeit unmittelbar an seinem Arbeitsplatz durch einen anderen Arbeitnehmer abgelöst wird, allerdings müssen die Arbeitnehmer in Bezug auf die Erledigung der Arbeitsaufgabe arbeitsteilig zusammenwirken. Ihre Arbeitsergebnisse müssen aufeinander aufbauen, sie müssen untereinander austauschbar sein und dieser Austausch muss regelmäßig erfolgen, d.h. kontinuierlich und mit einer gewissen Dauer (vgl. BAG, U.v. 4.2.1988 – 6 AZR 203/85 – juris; U.v. 20.4.2005 – 10 AZR 302/04 – juris; OVG RhPf, U.v. 28.8.2009 – 10 A 10467/09 – juris Rn. 25). Entgegen der Auffassung der Klagepartei ist für die Annahme von Schichtdienst somit eine gewisse Kontinuität erforderlich. Der Wechsel der täglichen Arbeitszeit muss sich, um dem Erfordernis der Regelmäßigkeit zu genügen, kontinuierlich und nach erkennbaren Regeln wiederholen. Er darf sich nicht als ungeregelt, unregelmäßig oder willkürlich erweisen. Diese Anforderungen müssen sowohl im Allgemeinen – vom Dienstplan – als auch im Besonderen – vom einzelnen Beamten – erfüllt sein (OVG Berlin-Bbg, a.a.O. Rn. 24; OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O. Rn. 26).Verrichtet der Beamte hingegen sogenannten bedarfsorientierten, mit Wechsel der täglichen Arbeitszeit verbundenen Dienst, so liegt kein Schichtdienst vor (OVG Berlin-Bbg, a.a.O. Rn. 19).
Beim Kläger erfolgt eine solche regelmäßige Heranziehung zum Dienst gerade nicht. Das ergibt sich aufgrund der in den Akten enthaltenen schriftlichen Stellungnahmen und Dienstplänen für den Kläger sowie der Stellungnahme von Polizeihauptkommissar O. in der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2018. Demnach besteht kein vorgegebener Rhythmus bei der Diensteinteilung. Der Kläger wird vielmehr nach dem jeweiligen Bedarf eingesetzt. Zur Gewährleistung von Flexibilität sowie einer gerechten Verteilung der anfallenden Dienste auf die einzelnen Beamten erfolgt die Heranziehung zu den abzuleistenden Diensten in ungeregelter zeitlicher Reihenfolge. Zudem ist der vorhandene Dienstplan nicht allein an organisatorischen Erfordernissen orientiert, sondern haben die Beamten in gewissem Umfang Einfluss auf dessen Ausgestaltung. So sei es nach Auskunft von Polizeihauptkommissar O. theoretisch möglich, dass ein Beamter keinen oder zumindest nur in geringem Umfang Nachtdienst leisten müsse. Der Kläger etwa leistet nach Einschätzung von Polizeihauptkommissar O. tendenziell eher spät Dienst und weist überdurchschnittlich viele Nachtstunden auf. Dafür sei es anderen Beamten der Verfügungsgruppe möglich, eher tagsüber zu arbeiten. Daran wird die flexible Handhabung der Diensteinteilung deutlich, die sich gerade nicht in einem festen und regelmäßig alternierenden Schichtplan manifestiert. Zwar besteht ein gewisses Grundgerüst an immer wiederkehrenden Diensten in Form von Objektschutz, verschiedenen Streifendiensten sowie bei der Begleitung von Veranstaltungen. Das Grundsystem ist jedoch nicht auf einen regelmäßigen Wechsel von Tages- und Nachtschichten angelegt.
Aufgrund der expliziten Regelung in Art. 12 BayZulV, die ausdrücklich einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit erfordert, ist auch hier keine planwidrige Regelungslücke ersichtlich, sodass eine Analogie wiederum ausscheidet. Im Übrigen kann der Kläger, soweit er einer erhöhten Belastung durch häufigere Nachtdienste ausgesetzt ist, auch ohne die Gewährung der Schichtzulage einen finanziellen Ausgleich in Form von Zulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten gemäß § 11 BayZulV erlangen. Bereits aus dem Grund ergibt sich keine Notwendigkeit einer analogen oder erweiternden Anwendung zum Ausgleich einer nicht hinzunehmenden unbilligen Härte.
3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).


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