Arbeitsrecht

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung der Rechtsschutzgleichheit (Art 3 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG) durch Ablehnung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren – Zum Merkmal der “Erforderlichkeit” der Beiordnung eines Rechtsanwalts iSd § 121 Abs 2 ZPO auch bei “Bagatellstreitigkeiten”

Aktenzeichen  1 BvR 2493/10

Datum:
24.3.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Stattgebender Kammerbeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110324.1bvr249310
Normen:
Art 20 Abs 3 GG
Art 3 Abs 1 GG
§ 93 Abs 1 BVerfGG
§ 93 Abs 2 S 1 BVerfGG
§ 93c Abs 1 S 1 BVerfGG
§ 14 Abs 1 S 1 RVG
§ 37 Abs 2 S 2 Halbs 1 RVG
§ 73a SGG
§ 121 Abs 2 S 1 ZPO
Spruchkörper:
1. Senat 3. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 11. Januar 2010, Az: L 10 B 1479/08 AS PKH, Beschlussvorgehend SG Potsdam, 3. Juni 2008, Az: S 27 AS 3484/07, Beschluss

Tenor

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.
2. Der Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Januar 2010 – L 10 B 1479/08 AS PKH – und der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 3. Juni 2008 – S 27 AS 3484/07 – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes und werden aufgehoben.
3. Die Sache wird zur Entscheidung an das Sozialgericht Potsdam zurückverwiesen.
4. …
5. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1
Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein sozialgerichtliches Verfahren, wonach die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung
eines Rechtsanwalts mit der Begründung versagt wurde, die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit liege im Bagatellbereich.

I.
2
1. Der alleinstehende, unter Betreuung stehende Beschwerdeführer bewohnt eine 28,94 qm große Wohnung zur Miete. Im fachgerichtlich
streitgegenständlichen Zeitraum von November 2006 bis April 2007 hatte er für die Heizkosten eine monatliche Vorauszahlung
in Höhe von 57 € an den Vermieter zu leisten. Der Grundsicherungsträger berücksichtigte hingegen lediglich monatliche Heizkosten
in Höhe von 50 € (Bescheid vom 7. November 2006; Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2007). Aus den Faktoren “Jahresbedarf
des jeweiligen Energieträgers (161,8 kWH)”, “Brennstoffpreis (0,064 Euro)” und “tatsächliche Wohnungsgröße (28,94 qm)” errechne
sich an sich insoweit sogar nur ein angemessener monatlicher Bedarf von 24,97 €. Aus Bestandsschutzgesichtspunkten sei für
die Heizkosten allerdings ein monatlicher Betrag in Höhe von 50 € angesetzt worden.

3
2. Mit der beim Sozialgericht erhobenen Klage, über die noch nicht entschieden ist, begehrt der Beschwerdeführer unter Abänderung
des Verwaltungsaktes vom 7. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2007 die Bewilligung von
weiteren Leistungen für Unterkunft und Heizung für November 2006 bis April 2007 in Höhe von monatlich jeweils 7 €, mithin
insgesamt 42 €.

4
a) Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts lehnte das
Sozialgericht mit Beschluss vom 3. Juni 2008 ab. Dem Beschwerdeführer stehe keine Prozesskostenhilfe zu, da jemand, der aus
eigenem Einkommen oder Vermögen die Kosten für einen Prozess tragen müsste, angesichts des geringen Wertes der durchzusetzenden
Ansprüche und bei offenem Ausgang dieses Verfahrens diesen gerichtskostenfreien Prozess mit anwaltlicher Hilfe vernünftigerweise
nicht führen würde. Damit sei es nicht erforderlich, den unbemittelten Beschwerdeführer in den Stand zu versetzen, einen Rechtsanwalt
ohne Beachtung des Verhältnisses des Wertes der durchzusetzenden Position zum Kostenrisiko beauftragen zu können.

5
b) Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Landessozialgericht mit Beschluss vom 11. Januar 2010, der am Folgetag zugestellt
wurde, zurück. Ein Rechtsanwalt könne nach Maßgabe des § 121 Abs. 2 Alt. 1 ZPO nur beigeordnet werden, wenn und soweit Prozesskostenhilfe
bewilligt worden sei. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts solle durch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
ein Unbemittelter hinsichtlich der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend einem Bemittelten gleichgestellt werden. Die
Gewährung der staatlichen Hilfe solle indessen nicht dazu führen, dass ein Unbemittelter Rechtsschutz in einer Form oder einem
Umfang in Anspruch nehme, die der Bemittelte sich bei Abwägung von Kosten und Nutzen versagen müsste oder würde. Zu berücksichtigen
sei daher auch, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung
seiner Interessen beauftragt hätte. In Anlegung dieses Maßstabes sei die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht gerechtfertigt.
Denn die wirtschaftliche Bedeutung des beim Sozialgericht anhängigen Rechtsstreits liege mit 42 € im Bagatellbereich. Ein
Bemittelter würde bei Abwägung dieses Betrages mit dem Kostenrisiko – allein die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses
zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) betrage zwischen 40 und 460 € – von der Beauftragung eines Rechtsanwalts Abstand nehmen.

6
3. Der Beschwerdeführer stellte am 3. Februar 2010 beim Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf eine noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde
einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts. Hierüber wurde mit Beschluss vom 24.
August 2010 antragsgemäß entschieden. Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am 20. September 2010 zugestellt.

7
4. Mit seiner am 28. September 2010 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs.
1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

8
Die angefochtenen Entscheidungen verletzten ihn in seinem Recht auf Rechtsschutzgleichheit. Das Landessozialgericht zitiere
zwar eine in diesem Zusammenhang ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, verkenne jedoch deren wesentlichen
Inhalt. Entgegen der Ansicht von Sozialgericht und Landessozialgericht sei das Gebot der “Waffengleichheit” im Sozialgerichtsverfahren
nicht an einen vom erkennenden Gericht festzulegenden Mindestwert oder an eine vom objektivierten Kläger anzustellende Kosten-/Nutzenanalyse
geknüpft. Das Bundesverfassungsgericht habe hinsichtlich der Rechtsschutzgleichheit vielmehr darauf abgestellt, ob die Sach-
und Rechtslage von solchem Schwierigkeitsgrad sei, dass ein bemittelter Rechtsuchender sich anwaltlicher Hilfe bediene. Vorliegend
weise das Klageverfahren im Einzelnen einen solchen Grad der Schwierigkeit auf, dass auch ein Bemittelter einen Rechtsanwalt
eingeschaltet hätte. Das Landessozialgericht habe sich ferner nicht mit den einfachgesetzlichen Regelungen von § 73a Abs.
1 SGG und § 114 ZPO auseinandergesetzt. Eine Anwendung oder Auslegung der Regelung des § 73a SGG, der die Ablehnung der Bewilligung
von Prozesskostenhilfe bei geringen Streitwerten nicht vorsehen würde, sei nicht erfolgt. Des Weiteren berücksichtige das
Landessozialgericht nicht, dass er um existenzsichernde Leistungen streite. Auch habe das Landessozialgericht verkannt, dass
es sich bei der Prozesskostenhilfe um Hilfe in besonderen Lebenslagen handele.

9
5. Die Regierungen der Länder Brandenburg und Berlin hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des Ausgangsverfahrens
sind beigezogen.

II.
10
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nach § 93a Abs. 2 Buchstabe b in Verbindung mit § 93b Satz 1 BVerfGG zur Entscheidung
an und gibt ihr nach § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG statt.

11
1. Das Bundesverfassungsgericht hat die hierfür maßgeblichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 81, 347 m.w.N.;
BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. Februar 1997 – 1 BvR 1440/96 -, NJW 1997, S. 2103 f.; Beschluss
der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. Dezember 2001 – 1 BvR 391/01 -, NZS 2002, S. 420; Beschluss der 3. Kammer des Ersten
Senats vom 22. Juni 2007 – 1 BvR 681/07 -, NJW-RR 2007, S. 1713 f.; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 2009
– 1 BvR 439/08 -, juris).

12
2. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Wegen der erst nach Ablauf der Beschwerdefrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG eingelegten
Verfassungsbeschwerde wird dem Beschwerdeführer antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Zur Vermeidung
der Benachteiligung von Mittellosen ist einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entsprechen, wenn der mittellose
Beschwerdeführer innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung
eines Rechtsanwaltes stellt und alle für die hierüber zu ergehende Entscheidung wesentlichen Angaben macht und die erforderlichen
Unterlagen vorlegt. Wird dann über seinen Antrag erst nach Ablauf der Monatsfrist entschieden, hat der Beschwerdeführer die
Fristüberschreitung wegen seiner finanziellen Bedürftigkeit nicht im Sinne von § 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG verschuldet (vgl.
BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Februar 2000 – 2 BvR 106/00 -, NJW 2000, S. 3344; BVerfG, Beschluss
der 3. Kammer des Ersten Senats vom 11. März 2010 – 1 BvR 290/10, 1 BvR 291/10 -, juris). Diese Voraussetzungen liegen vor.
Der Beschwerdeführer hat schließlich nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes binnen zwei
Wochen die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und eine hinreichend begründete Verfassungsbeschwerde erhoben. Soweit er dieser
nicht nochmals die bereits mit dem Prozesskostenhilfegesuch eingereichten Anlagen zum Verfahren beigefügt hat, ist dies unerheblich.
Wurden diese, wie hier geschehen, zusammen mit jenem Antrag binnen der Monatsfrist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde
gemäß § 93 Abs. 1 BVerfGG vorgelegt, liegt schon keine Fristversäumung vor. Eine Rechtshandlung muss insoweit nicht nachgeholt
werden.

13
3. Die Verfassungsbeschwerde ist auch im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet. Die Beschlüsse des
Sozialgerichts und Landessozialgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit (Art.
3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).

14
a) Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz, der in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist und für
den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet, gebietet eine
weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE
81, 347 ; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. Oktober 2008 – 1 BvR 2310/06 -, NJW 2009, S. 209 ). Mit dem
Institut der Prozesskostenhilfe ermöglicht der Gesetzgeber auch Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu den Gerichten.

15
b) Zwar ist das Verfahren vor den Sozialgerichten ohne Anwaltszwang und gerichtskostenfrei ausgestaltet. Die Bewilligung von
Prozesskostenhilfe ist hier jedoch insofern von Bedeutung, als der Unbemittelte durch die Beiordnung des Rechtsanwalts und
dessen Befriedigung durch die Staatskasse von dessen Vergütungsansprüchen freigestellt wird (vgl. § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG).
Dem Unbemittelten ist daher gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 121 Abs. 2 Alt. 1 ZPO auf seinen Antrag ein
Rechtsanwalt dann beizuordnen, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.

16
c) Den Rechtsbegriff der Erforderlichkeit, dessen Auslegung und Anwendung in erster Linie den Fachgerichten obliegt, haben
Sozialgericht und Landessozialgericht in einer Weise ausgelegt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der
in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit beruht (vgl. BVerfGE 81, 347
m.w.N.; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 22. Juni 2007 – 1 BvR 681/07 -, NJW-RR 2007, S. 1713 f.).

17
aa) Die Erforderlichkeit im Sinne des § 121 Abs. 2 ZPO beurteilt sich nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache sowie
nach der Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich und schriftlich auszudrücken (vgl. BVerfGE 63, 380 ). Entscheidend
ist, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen
beauftragt hätte. Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten der Prozessparteien ein
deutliches Ungleichgewicht besteht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. Februar 1997 – 1 BvR 1440/96
-, NJW 1997, S. 2103 f.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 22. Juni 2007 – 1 BvR 681/07 -, NJW-RR 2007, S. 1713
f.; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 2009 – 1 BvR 439/08 -, juris Rn. 17).

18
bb) Diese Maßstäbe stellt das Landessozialgericht der Prüfung der Erforderlichkeit zwar voran, trägt ihnen jedoch nachfolgend
nicht hinreichend Rechnung. Das Landessozialgericht wie auch das Sozialgericht reduzieren die Frage, ob die Vertretung durch
einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, auf eine ausschließliche Beurteilung des Verhältnisses von Streitwert und Kostenrisiko.
Beide lassen dabei außer Betracht, dass Bewertungsmaßstab für die Frage der Beiordnung eines Rechtsanwalts vornehmlich ist,
ob die besonderen persönlichen Verhältnisse dazu führen, dass der Grundsatz der Waffengleichheit zwischen den Parteien verletzt
ist (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 22. Juni 2007 – 1 BvR 681/07 -, NJW-RR 2007, S. 1713 ). Im
Übrigen erscheint es keinesfalls fernliegend, dass ein Bemittelter auch verhältnismäßig hohe Rechtsanwaltskosten nicht scheut,
wenn er mit einem Obsiegen und der Erstattung seiner Aufwendungen rechnet.

19
Die Ausführungen des Landessozialgerichts rechtfertigen auch nicht den Schluss, dass hinsichtlich Kenntnisstand und Fähigkeiten
der Prozessparteien kein Ungleichgewicht besteht. Zwar ist nichts dafür ersichtlich, dass der unter Betreuung stehende Beschwerdeführer
unter solchen Beeinträchtigungen leidet, die ihm eine Prozessführung zusätzlich erschweren. Zu berücksichtigen ist aber, dass
dem Beschwerdeführer rechtskundige und prozesserfahrene Vertreter einer Behörde gegenüberstehen (vgl. BVerfG, Beschluss der
2. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 2009 – 1 BvR 439/08 -, juris Rn. 18). In einem solchen Fall wird ein vernünftiger Rechtsuchender
regelmäßig einen Rechtsanwalt einschalten, wenn er nicht ausnahmsweise selbst über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten
verfügt, um das Verfahren in jedem Stadium durch sachdienlichen Vortrag und Anträge effektiv fördern zu können (vgl. BVerfG,
Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 2009 – 1 BvR 439/08 -, juris Rn. 18). Ferner gibt es keine Anhaltspunkte
dafür, dass rechtliche Kenntnisse und Fähigkeiten im vorliegenden Fall ausnahmsweise keine Relevanz haben.

20
d) Die angegriffenen Beschlüsse des Sozialgerichts und Landessozialgerichts beruhen auf dem Verfassungsverstoß. Es ist nicht
auszuschließen, dass die Gerichte bei der erforderlichen Beachtung der verfassungsrechtlichen Maßstäbe in der Sache zu einer
anderen Entscheidung gelangt wären.

21
4. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a
Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Der Beschwerdeführer hat nachvollziehbar dargetan, dass der Wert des fachgerichtlichen Streitgegenstandes
für ihn von existentieller Bedeutung ist.

22
5. Weiterhin steht nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit fest, dass der Beschwerdeführer auch im Fall einer Zurückverweisung
an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 ).

23
Zwar haben die beiden für das Grundsicherungsrecht zuständigen Senate des Bundessozialgerichts mittlerweile Grundsätze zur
Angemessenheit der Höhe der Heizkosten herausgebildet (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R -, BSGE 104, 41
; BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 70/08 R -, juris Rn. 18 f.). Danach sind jedoch Leistungen für Kosten,
die im Zusammenhang mit der Heizung entstehen, grundsätzlich in Höhe der tatsächlich angefallenen Aufwendungen zu erbringen,
so dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung selbst unter Berücksichtigung mittlerweile ergangener höchstrichterlicher Rechtsprechung
weiterhin Aussicht auf Erfolg bietet.

24
6. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

25
7. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG.


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