Arbeitsrecht

Streitwertbeschwerde – Nachweis erzielter Einkünfte im Jahr vor der Gewerbeuntersagung aus Gewerbebetrieb durch Einkommensteuerbescheid

Aktenzeichen  22 C 16.2008

Datum:
2.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG GKG § 52 Abs. 1

 

Leitsatz

In Verfahren, die die Untersagung eines ausgeübten Gewerbes zum Gegenstand haben, ist der Streitwert in Höhe des Jahresbetrags des erzielten oder erwarteten Gewinns zu bemessen. Stehen insoweit keine Informationen zur Verfügung, ist nach dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von einem Mindestbetrag von 15.000 Euro auszugehen. (redaktioneller Leitsatz)
Lässt sich konkret dartun, dass der Rechtsschutzsuchende aus der untersagten gewerblichen Betätigung einen höheren Jahresgewinn als 15.000 Euro erzielt oder zu erwarten hat, so folgt unmittelbar aus § 52 Abs. 1 GKG, dass dieser Betrag der Streitwertbemessung jedenfalls dann zugrunde zu legen ist, wenn sich in ihm nicht nur ein ganz vorübergehender, atypischer wirtschaftlicher Erfolg niedergeschlagen hat. Zur Glaubhaftmachung kann der Einkommenssteuerbescheid herangezogen werden. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 2 K 16.134 2016-09-20 Bes VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

Unter Abänderung der Nummer II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 20. September 2016 wird der Streitwert für das Verfahren B 2 K 16.134 auf 32.322 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
In dem der vorliegenden Streitwertbeschwerde zugrunde liegende Klageverfahren wandte sich die Klägerin gegen einen am 27. Januar 2016 erlassenen Bescheid der Beklagten, durch den ihr die Ausübung aller Gewerbe sowie jede Tätigkeit als Vertretungsberechtigte eines Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person untersagt wurde.
In der Nummer II des Beschlusses vom 20. September 2016, durch den den Beteiligten gemäß § 106 Satz 2 VwGO der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs vorgeschlagen wurde, setzte das Verwaltungsgericht den Streitwert des Klageverfahrens auf 20.000 Euro fest.
Mit der von ihnen hiergegen eingelegten Beschwerde erstreben die Bevollmächtigten der Klägerin die Festsetzung des Streitwerts auf 32.322 Euro. Zur Begründung verweisen sie darauf, dass die Klägerin im Jahr 2015 ausweislich des sich auf jenes Jahr beziehenden Einkommensteuerbescheids Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 27.322 Euro erzielt habe. Dieser Betrag müsse nach der Nummer 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit um 5.000 Euro erhöht werden, da eine erweiterte Gewerbeuntersagung inmitten stehe.
Das Verwaltungsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Beklagte hat am 21. Oktober 2016 fernmündlich mitgeteilt, dass sie zur Streitwertbeschwerde keine Stellungnahme abgeben werde. Die übrigen Beteiligten haben sich innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof hierfür gesetzten Frist nicht geäußert.
II.
Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG i. V. m. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässige Streitwertbeschwerde, über die nach § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG i. V. m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG der Einzelrichter zu befinden hat, ist begründet.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist in verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzen. Bei der Ausübung dieses Ermessens orientiert sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in gefestigter Spruchpraxis grundsätzlich an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sie sehen in der Nummer 54.2.1 vor, dass in Verfahren, die die Untersagung eines ausgeübten Gewerbes zum Gegenstand haben, der Streitwert in Höhe des Jahresbetrags des erzielten oder erwarteten Gewinns zu bemessen ist. Stehen insoweit keine Informationen zur Verfügung, ist von dem in der Nummer 54.2.2 des Streitwertkatalogs genannten Mindestbetrag von 15.000 Euro auszugehen. Gleiches gilt der letztgenannten Empfehlung zufolge, wenn der erzielte oder erwartete Gewinn niedriger als 15.000 Euro ist. Lässt sich konkret dartun, dass der Rechtsschutzsuchende aus der untersagten gewerblichen Betätigung einen höheren Jahresgewinn als 15.000 Euro erzielt oder zu erwarten hat, so folgt unmittelbar aus § 52 Abs. 1 GKG, dass dieser Betrag der Streitwertbemessung jedenfalls dann zugrunde zu legen ist, wenn sich in ihm nicht nur ein ganz vorübergehender, atypischer wirtschaftlicher Erfolg niedergeschlagen hat (vgl. zur Festsetzung des Streitwerts in Höhe des aus der verfahrensgegenständlichen gewerblichen Tätigkeit konkret erzielten Gewinns z. B. BayVGH, B. v. 4.3.2008 – 22 CS 07.2769 – juris Rn. 13; B. v. 22.11.2010 – 12 CS 10.2243 – juris Rn. 53; B. v. 29.9.2011 – 12 CS 11.2022 – juris Rn. 110; B. v. 28.11.2011 – 22 CS 11.2550 – juris Rn. 16).
Die Bevollmächtigten der Klägerin haben durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides ihrer Mandantin für 2015 glaubhaft gemacht, dass sie damals Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 27.322 Euro erzielt hat. Dieser Betrag kann im Hinblick auf die in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG enthaltene Begriffsbestimmung mit dem „Gewinn“ im Sinn der Nummer 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit gleichgesetzt werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Ertrag des Jahres 2015 für das Gewerbe der Klägerin nicht repräsentativ ist, sind dem Gericht nicht erkennbar.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Beschwerdeverfahren gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG gebührenfrei ist, gerichtliche Auslagen nach der Vorbemerkung 9 Abs. 1 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz im vorliegenden Fall nicht erhoben werden, und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten durch § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG ausgeschlossen wird.
Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG i. V. m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG keine weitere Beschwerde statthaft.


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