Arbeitsrecht

Unzulässige Streitwertbeschwerde, Streitwertfestsetzung von Amts wegen, Streitwert für eine wasserrechtliche Duldungsanordnung

Aktenzeichen  8 C 21.2664

Datum:
22.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 4475
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 66, § 68
WHG § 93 S. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RO 8 K 20.585 2021-10-01 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 1. Oktober 2021 wird von Amts wegen in Ziffer III. dahin geändert, dass der Streitwert auf 1.000,- Euro festgesetzt wird.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Herabsetzung des vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwerts.
Mit Bescheid vom 20. März 2020 war der Kläger verpflichtet worden, auf seinen Grundstücken die notwendigen Maßnahmen zur dauerhaften Ableitung des Niederschlagswassers von einem Regenrückhaltebecken zu dulden, das im Sanierungsplan einer Deponie vorgesehenen ist. Im Bescheid ist eine Entschädigungssumme von 1.000,- Euro festgelegt. Nach einer außergerichtlichen Einigung erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2021 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren ein und erlegte dem Kläger die Kosten auf. Den Streitwert setzte das Gericht auf 5.000,- Euro fest.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers. Unter Hinweis auf die tatsächlich erhaltene Entschädigung i.H.v. 2.000 Euro hält er den festgesetzten Streitwert für zu hoch.
II.
Über die Streitwertbeschwerde entscheidet der Senat durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin, weil die angefochtene Streitwertfestsetzung durch die Einzelrichterin erlassen wurde (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 GKG).
1. Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG unzulässig.
a) Der Zulässigkeit der Beschwerde steht zwar nicht entgegen, dass sie ohne Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule eingelegt wurde. Nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG bedarf es keiner Mitwirkung eines Bevollmächtigten. Diese Bestimmungen gehen als speziellere Vorschriften der allgemeinen Regelung des § 67 Abs. 4 Satz 1 und 2 VwGO über den Vertretungszwang vor (vgl. VGH BW, B.v. 4.8.2017 – 2 S 1446/17 – juris Rn. 3 m.w.N.).
b) Die Unzulässigkeit ergibt sich aber daraus, dass der Wert des Beschwerdegegenstands die Wertgrenze von 200,00 € nicht übersteigt (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Maßgeblich ist der Differenzbetrag der tatsächlichen (Gerichts- und Rechtsanwalts-)Gebühren, die sich für den Beschwerdeführer aus dem festgesetzten und dem mit der Beschwerde erstrebten niedrigeren Streitwert ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 26.6.2013 – 8 C 13.529 – juris Rn. 5 m.w.N).
Aus dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwert in Höhe von 5.000,- Euro errechnet sich für das gerichtliche Verfahren eine Gebühr von 483,- Euro (3-fache Gerichtsgebühr von 161,- EUR, vgl. Nr. 5110 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG sowie Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 Satz 3 GKG). Der Ermäßigungstatbestand des § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Anlage 1 Nr. 5111 Nr. 4 greift trotz Erledigungserklärungen nach § 161 Abs. 2 VwGO nicht ein, da das Verwaltungsgericht eine Kostenentscheidung getroffen hat und diese weder auf einer zuvor mitgeteilten Einigung der Beteiligten noch auf der Kostenübernahmeerklärung eines Beteiligten beruht. Anwaltsgebühren fallen nicht an. Legt man den vom Kläger angestrebten Streitwert von 2.000,- Euro zugrunde, würde sich für das gerichtliche Verfahren eine Gebühr von 294,- Euro (3-fache Gerichtsgebühr von 98,- EUR) errechnen. Der Unterschiedsbetrag liegt bei 189,- EUR und übersteigt damit nicht den maßgeblichen Betrag von 200,- Euro.
2. Der Senat nimmt die Beschwerde jedoch zum Anlass, den erstinstanzlichen Streitwert von Amts wegen anderweitig festzusetzen.
a) Eine erstinstanzliche Streitwertfestsetzung kann in einem beim Oberverwaltungsgericht anhängigen Streitwertbeschwerdeverfahren auch dann von Amts wegen nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG geändert werden, wenn die Streitwertbeschwerde unzulässig ist, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht erreicht wird (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2021 – 11 C 21.1420 – juris Rn. 6; OVG NW, B.v. 24.1.2022 – 1 E 919/21 – juris Rn. 6 jeweils m.w.N.). Die danach mögliche Änderung des erstinstanzlich festgesetzten Streitwerts von Amts wegen ist hier geboten, weil die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts in Höhe von 5.000,- Euro das wirtschaftliche Klageziel übersteigt. Der Streitwert ist auf 1.000,- Euro herabzusetzen.
b) Vorliegend bestimmt sich der Streitwert nach § 52 Abs. 1 GKG (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2012 – 8 CS 12.802 – NVwZ-RR 2013, 28 = juris Rn. 15; B.v. 21.1.2013 – 8 ZB 11.2030 – ZfW 2013, 176 = juris Rn. 31). Danach ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgebend ist grundsätzlich der wirtschaftliche Wert des Klageziels, das der Kläger mit seinem Antrag unmittelbar erreichen will (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.1995 – 1 B 205/93 – NVwZ 1995, 473 zu § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a. F.; BayVGH, B.v. 8.1.2019 – 8 C 18.456 – NVwZ-RR 2019, 624 = juris Rn. 6). Empfehlungen in Bezug auf wasserrechtliche Duldungsanordnungen (§ 93 Satz 1 WHG) existieren nicht (vgl. Nr. 51 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013). Einen Anhaltspunkt für das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Aufhebung der Duldungsanordnung gibt jedoch die im Bescheid vom 20. März 2020 festgesetzte Entschädigung des Antragstellers i.H.v. 1.000,- Euro. Da für die Streitwertberechnung der Zeitpunkt der Klageerhebung maßgeblich ist (vgl. § 40 GKG), ist auf die im Bescheid festgesetzte und nicht auf die später tatsächlich erhaltene Entschädigung abzustellen.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren über die Streitwertbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG). Kosten der Beteiligten werden gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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