Arbeitsrecht

Verfassungsbeschwerde, Berufung, Bewilligung, Vertragsschluss, Sondereigentum, Grundbuchamt, Eintragungsbewilligung, Grundbuch, Ausgangsverfahren, Aufteilungsplan, Mangel, Anlage, Beweislast, Gesellschaft, Darlegungs und Beweislast, erhebliches Vorbringen

Aktenzeichen  Vf. 23-VI-21

Datum:
9.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 33794
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Aufhebung einer zivilgerichtlichen Entscheidung wegen Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV).

Verfahrensgang

2 O 13637/19 2020-04-29 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 1. Dezember 2020 Az. 9 U 3081/20 Bau verstößt gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV). Er wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen.
2. Dem Beschwerdeführer sind die durch das Verfassungsbeschwerdeverfahren verursachten notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten.

Gründe

1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen
– das Endurteil des Landgerichts München I vom 29. April 2020 Az. 2 O 13637/19, durch das der Beschwerdeführer insbesondere zur Zahlung von 7.200 € an eine Wohnungseigentümergemeinschaft verurteilt wurde, deren Existenz der Beschwerdeführer bestritten hatte, sowie
– den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 1. Dezember 2020 Az. 9 U 3081/20 Bau, durch den die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Endurteil des Landgerichts München I zurückgewiesen wurde.
1. a) Der Beschwerdeführer wurde im Ausgangsverfahren von der Wohnungsei gentümergemeinschaft Z[…]straße 39-49a in M. (im Folgenden auch: Klägerin) vor dem Landgericht München I auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 10.000 € nebst Zinsen verklagt; außerdem begehrte die Klägerin die Feststellung, dass der Beschwerdeführer verpflichtet sei, ihr weitere Kosten zu erstatten, die der Klägerin aus Mängeln entstünden, die in einem selbständigen Beweisverfahren festgestellt worden waren. Die Klägerin leitet diese Ansprüche aus dem Einbau einer mangelhaften Heizungsanlage her, zu deren Planung, Ausschreibung und Überwachung sich der Beschwerdeführer ihr gegenüber vertraglich verpflichtet habe.
Der Beschwerdeführer trat den klägerischen Forderungen vollumfänglich entgegen, wobei er unter anderem bereits in der Klageerwiderung die Existenz einer Wohnungseigentümergemeinschaft Z[…]straße 39-49a mit Nichtwissen bestritt; einen Vertrag habe er mit einer solchen Wohnungseigentümergemeinschaft nicht geschlossen. In Reaktion auf diesen Vortrag legten die Prozessbevollmächtigten der Klageseite mit der Replik als Anlage K 10 ein 23-seitiges maschinenschriftliches Dokument vor, das mit „Begründung von Wohnungs- und Teileigentum gemäß § 8 WEG Z[…]straße 39 – 49a (ungerade) in M[…]“ überschrieben ist. Noch oberhalb dieser Überschrift findet sich der Eintrag „Urk. Rolle Nr. […]/Sc 28.04.03“. Dieses Dokument wird mit folgendem Text eingeleitet:
Heute, den achtundzwanzigsten April zweitausenddrei – 28. April 2003 – erschien vor mir, Dr. F[…] S[…], Notar in M[…], in meinen Amtsräumen […] für die Firma L[…] mit dem Sitz in S[…] Frau N[…] R[…], hier handelnd aufgrund mündlich erteilter Vollmacht mit der Verpflichtung, Vollmachtsbestätigung in gehöriger Form nachzureichen.
[…] Auf Ansuchen der Erschienenen habe ich ihren mündlichen Erklärungen gemäß die folgende Teilungserklärung gemäß § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) vom 15.03.1951 beurkundet:
Dieser Einleitung folgen in „Teil A“ in 20 Paragraphen gegliederte Bestimmungen zur „Teilung des Eigentums“. § 2 Nr. 4 enthält unter der Überschrift „Bewirtschaftungseinheiten“ folgende Regelung:
„Es sollen folgende selbständige Bewirtschaftungseinheiten gebildet werden:
a) Hausblock Z[…]str. 39/41 mit
34 Wohnungen und 3 sonstigen Einheiten Aufteilungsplan Nr. 1-37
b) Hausblock Z[…]str. 43/43a/43b mit 126 Wohnungen Aufteilungsplan Nr. 38-163
c) Hausblock Z[…]str. 45/47 mit 16 Wohnungen
Aufteilungsplan Nr. 164-179
d) Hausblock Z[…]str. 49/49a mit 16 Wohnungen
Aufteilungsplan Nr. 180-195
e) Tiefgarage mit 36 Pkw-Abstellplätzen Aufteilungsplan Nr. 196-231.“
Sodann („Teil B Eintragungsbewilligung und Eintragungsantrag“) bewilligt und beantragt die Grundstückseigentümerin, die Teilung des Grundstücks (gemäß Teil A § 1 Ziffer 2 in Verbindung mit Teil C), die Gebrauchsregelungen nach § 20 der Teilungserklärung und den sich aus den Bestimmungen des Teils A ergebenden Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch einzutragen. Unter „Teil C Anlage Aufteilungsliste“ heißt es, der Eigentümer teile das Eigentum nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes in der Weise auf, dass er mit je einem Miteigentumsanteil Sondereigentum an der Wohnung (Wohnungseigentum) oder Garage (Teileigentum) verbinde. Außerdem wird auf eine als Anlage beigefügte „Aufteilungsliste“ Bezug genommen und werden die Begriffe „links/rechts“ sowie die Abkürzungen „UG“, „EG“ und „OG“ erläutert. „Teil D Kosten, Ausfertigung“ enthält unter anderem die Bestimmung, dass das Amtsgericht M. – Grundbuchamt – eine beglaubigte Ablichtung „dieser Urkunde“ erhalte.
Abgeschlossen wird das Dokument mit folgendem Text:
Diese Niederschrift samt Anlagen wurde vom Notar der Erschienenen vorgelesen, anliegende Pläne zur Durchsicht vorgelegt, von ihr genehmigt und eigenhändig unterschrieben wie folgt:
„gez. N[…] R[…]
L. S.“
gez. Dr. S[…], Notar
Unterschriften oder einen Beglaubigungsvermerk enthält das als Anlage K 10 vorgelegte Dokument nicht.
Auf die Vorlage dieses Dokuments reagierte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 13. März 2020, indem er ausführte, ihm gegenüber sei die Klägerin nicht aufgetreten; vielmehr habe er es mit vier anderen Wohnungseigentümergemeinschaften zu tun gehabt, nämlich der WEG 171 (Z[…]straße 39, 41 in M., der WEG 172 (Z[…]straße 43, 43a, 43b in M.), der WEG 173 (Z[…]straße 45, 47 in M.) und der WEG 180 (Z[…]straße 49, 49a in M.), die sämtlich durch ein und dasselbe Verwalterunternehmen vertreten worden seien. Zum Beleg verwies der Beschwerdeführer auf die von der Wohnungseigentümergemeinschaft vorgelegte Anlage K 1 – „Auftrag über Bauleistungen (Nr. 171, 172, 173, 180-1/2012)“ -, auf deren Seite 7 als „Auftraggeber“ die „Eigentümergemeinschaften WEG 171, 172, 173 und 180“ ausgewiesen werden. Das gesamte Dokument handle nur von diesen vier Wohnungseigentümergemeinschaften; so würden auf Seite 6 als Rechnungs- und Leistungsempfänger nur die WEG 171 Z[…]str. 39, 41, die WEG 172 Z[…]str. 43, 43a, 43b und (zwei Wohnungseigentümergemeinschaften zusammenfassend) die WEG 173/180 Z[…]str. 45, 47 u. 49, 49a genannt. In gleicher Weise unterschieden auch die von der Klägerin vorgelegten Angebote (Anlage K 20) und Leistungsverzeichnisse (Anlage K 23) des Beschwerdeführers zwischen diesen vier Wohnungseigentümergemeinschaften. Auch vom Beschwerdeführer als Anlage B 4 vorgelegte Abschlagsrechnungen seien an „WEG 173/180 Z[…]straße 45-47 / 49, 49a“ bzw. an „WEG 172 Z[…]straße 43-43b“ gerichtet worden. Der Beschwerdeführer sei daher berechtigterweise von der Existenz dieser vier Wohnungseigentümergemeinschaften ausgegangen. Zu der als Anlage K 10 vorgelegten Erklärung wurde in dem Schriftsatz angemerkt, sie enthalte keine Unterschriften.
Hierauf entgegnete die Klägerin im Schriftsatz vom 19. März 2020, die Bezeichnungen WEG 171, 172, 173 und 180 seien die internen Projektbezeichnungen der vier Untergemeinschaften beim damaligen Verwalter, was sich beispielsweise aus dessen als Anlage K 26 vorgelegter E-Mail vom 16. Januar 2013 für die Untergemeinschaft Z[…]straße 39, 41 der Klägerin ergebe, die mit „WEG 171“ bezeichnet worden sei. Dem entspreche die Bezeichnung dieser Untergemeinschaft mit „WEG 171“ im Angebot des Beschwerdeführers vom 22. November 2011, das als Anlage K 27 vorgelegt wurde. Der Betreff der E-Mail vom 16. Januar 2013 lautet: „WEG 171 Z[…]str. 39, 41 M[…] – Rechnung […]“; im Übrigen enthält sie keine Bezugnahmen auf die Klägerin oder die WEG 171, 172, 173 oder 180. Das Angebot vom 22. November 2011 ist adressiert an die „WEG-171 Z[…]straße 39-41“.
Daraufhin bestritt der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 31. März 2020 mit Nichtwissen, dass es sich bei den Bezeichnungen WEG 171 usw. um interne Bezeichnungen des früheren Verwalters handle; der frühere Verwalter sei jedenfalls nach außen hin als Vertreter dieser mehreren Wohnungseigentümergemeinschaften aufgetreten. Aus der E-Mail vom 26. Januar 2013 ergebe sich kein Hinweis auf eine Untergemeinschaft; dort werde vielmehr, ebenso wie im Angebot des Beschwerdeführers vom 22. November 2011, eindeutig eine Wohnungseigentümergemeinschaft angegeben. Der Beschwerdeführer habe nur von der Existenz der mehreren Wohnungseigentümergemeinschaften ausgehen können, wobei insbesondere die angegebenen Hausnummern der Z[…]straße maßgeblich für die Bestimmung der jeweiligen Wohnungseigentümergemeinschaft gewesen seien.
b) Mit dem angegriffenen Endurteil vom 29. April 2020 verurteilte das Landgericht München I den Beschwerdeführer dazu, an die Klägerin einen abzurechnenden Betrag von 7.200 € nebst Zinsen zu bezahlen. Außerdem stellte es die Verpflichtung des Beschwerdeführers fest, der Klägerin weitere Kosten zu erstatten, die dieser darüber hinaus aus einem in einem selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mangel entstehen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur vom Beschwerdeführer bestrittenen Existenz der Klägerin führte das Landgericht aus, es sei aufgrund der Teilungserklärung (Anlage K 10) davon auszugehen, dass die Klägerin existiere und insoweit auch klagen könne. Dem Beschwerdeführer sei zwar recht zu geben, dass die Bewirtschaftungseinheiten der Klägerin ausweislich der vorliegenden Unterlagen als eigene Wohnungseigentümergemeinschaften aufgetreten seien, weshalb tatsächlich (jedenfalls nach den Unterlagen) der Anschein bestanden habe, dass die damalige Verwalterin im Namen mehrerer verschiedener Wohnungseigentümergemeinschaften gehandelt habe. In Anlehnung an die Grundsätze des „Geschäfts für den, den es angeht“ und des „unternehmensbezogenen Geschäfts“ sei aber die Klägerin als Vertragspartnerin anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob dies bei Vertragsschluss (mündlich) klargestellt worden sei. Für den Beschwerdeführer sei es nämlich gleichgültig gewesen, ob die Klägerin oder die Bewirtschaftungseinheiten sein Vertragspartner werden würden. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich keine nennenswerten Gedanken über den rechtlichen Aufbau der Klägerin bzw. ihre Struktur gemacht habe. Wie ausgeführt, existiere die Klägerin als rechtsfähige Einheit, ihre Bewirtschaftungseinheiten seien dagegen nicht eigenständig. Die gemeinsame Falschbezeichnung der Bewirtschaftungseinheiten als Wohnungseigentümergemeinschaften sei unerheblich.
2. a) Gegen dieses ihm am 5. Mai 2020 zugestellte Endurteil legte der Prozessbe vollmächtigte des Beschwerdeführers mit am 20. Mai 2020 beim Oberlandesgericht München eingegangenem Schriftsatz Berufung ein, die er nach gewährter Fristverlängerung bis zum 6. August 2020 mit an diesem Tag beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz begründete. Zur Frage der Existenz der Klägerin führte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers in der Berufungsbegründung (Seiten 2 f.) folgendes aus:
Bestrittene Existenz der Klägerin „WEG Z[…]str. 39 – 49a“
Das Erstgericht führt auf Seite 7 […] aus, dass von der Existenz der Klägerin auszugehen sei. Dies ergebe sich aus der Teilungserklärung (Anlage K 10).
Der Beklagte hat von Anfang an die Existenz der Klägerin bestritten. Klägerseitig wurde hierfür als Nachweis die Anlage K 10 vorgelegt. Eine WEG wäre – ihre Existenz vorausgesetzt – gemäß § 10 Abs. VI Satz 5 WEG (eingeführt im Jahr 2007), klagebefugt.
Bei Anlage K 10 handelt es sich um eine 12-blättrige Kopie von 24 Seiten mit maschinenschriftlichem Text. Angebliche Bezüge sind angebliche Urk.Rollen Nr. […]/Sc 2804.03 und Nr. […]/Sc 28.05.04. Auf der vorletzten Seite 23 erscheint die Angabe „gez.“, gefolgt von zwei Namen in Maschinenschrift. Die Angabe „gez.“ [b]edeutet „gezeichnet“. Ein solcher Vermerk ist allenfalls ein (nicht gesicherter) Hinweis, dass anderswo die maschinenschriftlich genannten Zeichner angeblich selbst handschriftlich gezeichnet haben sollen. Gezeichnetvermerke von Unterschriften sind selbst gerade keine Unterschriften. Seite 24 enthält keinerlei Gezeichnetvermerke. Anlage K 10 bildet weder eine öffentliche Urkunde noch eine beglaubigte Abschrift hiervon ab. Anlage K 10 enthält auch keine Kopien hiervon.
Nach dem maschinenschriftlichen Text soll am 28. April 2003 eine Frau N[…] R[…], S[…], handeln[d] aufgrund mündlich erteilter Vollmacht, mit der Verpflichtung, Vollmachtsbestätigung in gehöriger Form nachzuweisen, für eine L[…] mbH vor einem Notar Dr. S[…] erschienen sein und gemäß § 8 WEG […] für die Gesellschaft, welche Eigentümerin eines bestimmten Grundstücks sein soll, eine Teilungserklärung abgegeben haben. Weder ein Vollmachtsdokument noch ein in Bezug genommener Aufteilungsplan liegen in irgendeiner Form vor. Das Grundstück soll im Grundbuch des AG M[…] von B[…] Blatt […] vorgetragen sein und wird als Grundstück FlNr. […] Z[…]straße 39, 41,43, 43a, 43b, 45, 47, 49, 49a Gebäude- und Freifläche zu 6.950 qm bezeichnet.
Aus der Anlage K 10 ergibt sich auch kein Hinweis, dass irgendein Dokument einem Grundbuchamt vorgelegt worden wäre. Ebensowenig ergeben sich irgendwelche Antragstellungen bei einem Grundbuchamt, erst recht keinerlei Grundbucheintragungen, sei es nur irgendeiner Auflassungsvormerkung o. ä. Ohnehin ergibt sich aus Anlage K 10 kein Verkauf auch nur einer einzigen in der angeblichen entstehenden Einheit, womit überhaupt erst eine „Gemeinschaft“ eventuell entstanden sein könnte. Grundstückseigentümerin (und keine Gemeinschaft bzw. WEG) ist somit, ein wirksames Dokument unterstellt, allenfalls die auftretende L[…] mbH, da die Abgabe einer solchen Erklärung als solche allein noch nicht zum Entstehen einer WEG führt, vgl. nur Riecke-Schmid, WEG Kommentar 2019, § 8 R. 15:
„Eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsteht nach h. M. durch die Teilung selbst allerdings noch nicht … Bevor nicht wenigstens ein Käufer eine rechtlich geschützte Position inne hat (werdender Eigentümer), besteht keine „Ein-Mann-Gesellschaft“ . So lange sämtliche Wohnungseigentumsrechte noch in einer Hand liegen . gibt es keine Gemeinschaft .“
Eine gemäß § 10 WEG (2007) entstandene (oder auch nur eine sog. werdende) Wohnungseigentümergemeinschaft ist somit weder dargelegt noch nachgewiesen. Die Klage hätte daher bereits mangels nachgewiesener Existenz der Klägerin abgewiesen werden müssen. Anlage K 10 ist weder eine geeignete Darlegung noch ein geeigneter Nachweis einer WEG. Der Beklagte hat die Existenz der Klägerin weiterhin bestritten.
Zudem enthält die Berufungsbegründung u. a. Bezugnahmen auch auf solchen erstinstanzlichen Vortrag, mit dem die Existenz der Klägerin bestritten wurde.
Die Klägerin erwiderte daraufhin u. a., dem Landgericht habe die als Anlage K 10 vorgelegte Teilungserklärung zu Recht als Beweis für die Existenz der Klägerin genügt; vorsorglich wurde zum Beweis der Existenz der Klägerin die Beiziehung der Grundakten angeboten.
b) Ohne die Grundakten beigezogen zu haben, wies der mit Vorsitzendem Richter am Oberlandesgericht Dr. A, Richterin am Oberlandesgericht B und Richter am Oberlandesgericht C besetzte 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München mit Beschluss vom 29. September 2020 darauf hin, dass er beabsichtige, die Berufung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zur Frage der Existenz der Klägerin enthält der Beschluss die Aussage:
An der Rechtsfähigkeit der Klägerin und dem wirksamen Bestehen einer WEG besteht kein ernsthafter Zweifel, ebenso wenig an der wirksamen Vertretung der Klägerin durch den Verwalter H[_] GmbH.
In seiner Gegenerklärung vom 30. Oktober 2020 führte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers aus, diese Würdigung sei „völlig willkürlich“. Jegliche nähere Begründung für die Existenz der Klägerin werde unterlassen und jegliche Darlegungs- und Beweislast der Klägerseite zu Lasten des Beschwerdeführers übergangen. Im Übrigen wiederholte und vertiefte der Beschwerdeführer in der Gegenerklärung in einer knapp zwei Seiten langen Passage unter mehrfacher wörtlicher Zitierung von Kommentarstellen seine oben wiedergegebene Auffassung, dass die im Ausgangsverfahren vorgelegte Anlage K 10 die Existenz der Klägerin nicht beweise; das vorgelegte Schriftstück beweise vielmehr „nichts weiter als seine eigene Existenz“.
c) Den Hinweisbeschluss vom 29. September 2020 nahm der Beschwerdeführer zugleich zum Anlass, mit der Gegenerklärung vom 30. Oktober 2020 Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. A, Richterin am Oberlandesgericht B und Richter am Oberlandesgericht C wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Dieses Ablehnungsgesuch wurde durch den mit Vorsitzendem Richter am Oberlandesgericht D, Richter am Oberlandesgericht E und Richterin am Oberlandesgericht F besetzten 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts durch Beschluss vom 10. November 2020 als unbegründet zurückgewiesen, woraufhin der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 22. November 2020 erneut Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. A, Richterin am Oberlandesgericht B und Richter am Oberlandesgericht C und erstmals Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht D, Richter am Oberlandesgericht E und Richterin am Oberlandesgericht F wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnte, da dienstliche Stellungnahmen zum ersten Ablehnungsgesuch nicht eingeholt bzw. abgegeben worden seien. Dieses Ablehnungsgesuch wurde mit Beschluss vom 26. November 2020 durch den mit Richterin am Oberlandesgericht G, Richterin am Oberlandesgericht H und Richter am Oberlandesgericht I besetzten 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts als unbegründet zurückgewiesen, wobei die Entscheidenden als weitere Mitglieder des 28. Senats (als Vertreter für den 9. Senat) sowie als dienstjüngster Richter eines Zivilsenats des Oberlandesgerichts am Dienstsitz des 9. Zivilsenats ausgewiesen waren.
d) Mit dem angegriffenen Beschluss vom 1. Dezember 2020, dem Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers zugestellt am 9. Dezember 2020, wies der mit Vorsitzendem Richter am Oberlandesgericht Dr. A, Richter am Oberlandesgericht E und Richter am Oberlandesgericht C besetzte 9. Zivilsenat die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück. Zur Frage der Existenz der Klägerin führt das Oberlandesgericht im Zurückweisungsbeschluss im Hinblick auf die Gegenerklärung aus:
Zweifel am Bestehen einer rechtswirksamen WEG hat der Senat weiterhin nicht. Anhaltspunkte dafür, dass die klägerseits vorgelegten Unterlagen gefälscht sind, hat der Senat nicht. Auch der Beklagte behauptet dies nicht.
e) Unter dem Datum des 23. Dezember 2020 richtete der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers im Ausgangsverfahren drei Schriftsätze an das Oberlandesgericht, nämlich
– eine „Gegenvorstellung“ gegen den „Beschluss des 28. Senats vom 10.11.2020 (durch VoRiOLG [D], RiOLG [E] und RiOLG [F])“, mit welcher geltend gemacht wurde, Richter am Oberlandesgericht E hätte an dem Beschluss nicht mitwirken dürfen, da er wegen seiner Bestellung zum Pressesprecher freigestellt worden sei;
– eine „Gegenvorstellung“ gegen den „Beschluss des 9. Senats vom 26.11.2020 (durch RiOLG [G], RiOLG [H] und RiOLG [I])“, mit welcher geltend gemacht wurde, Richter am Oberlandesgericht I hätte an dem Beschluss nicht mitwirken dürfen, da er nicht der dienstjüngste Richter eines Zivilsenats des Oberlandesgerichts am Dienstsitz des 9. Zivilsenats gewesen sei;
– eine „Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO“ gegen den „Beschluss des 9. Senats vom 26.11.2020 (durch VoRiOLG [Dr. A], RiOLG [E] und RiOLG [C])“, mit welcher zum einen die Mitwirkung des Richters am Oberlandesgericht E (wegen dessen Freistellung) und zum anderen gerügt wurde, der Senat habe seinen Vortrag übergangen, wonach eine Wohnungseigentümergemeinschaft erst mit Anlegung eines Wohnungsgrundbuchs und Erwerb durch einen ersten Erwerber stattfinde. Die „Beklagtenseite“ habe lediglich eine angebliche Teilungserklärung nach § 8 WEG vorgelegt, wobei es unerheblich sei, ob diese „gefälscht“ sei oder nicht. Der Beschwerdeführer habe die Existenz der Klägerin von Anfang an bestritten und darauf hingewiesen, dass mit der vorgelegten Unterlage keine Wohnungseigentümergemeinschaft nachgewiesen sei, weshalb die Klage mangels Existenz der Klägerin hätte abgewiesen werden müssen. Die „Beklagtenseite“ habe weder die Anlegung eines Wohnungsgrundbuchs noch einen Ersterwerb nachgewiesen.
Während auf die zuerst genannten beiden Schriftsätze keine Reaktion des Oberlandesgerichts erfolgte, wies es (besetzt mit Vorsitzendem Richter am Oberlandesgericht Dr. A, Richterin am Oberlandesgericht B und Richter am Oberlandesgericht C) die Anhörungsrüge mit Beschluss vom 30. Dezember 2020, dem Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers formlos mitgeteilt und ihm nach eigenem Bekunden am 11. Januar 2021 zugegangen, zurück. Die Anhörungsrüge sei jedenfalls unbegründet. Der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers habe den 4. Nachtrag zur Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts für das Jahr 2020 offenbar falsch verstanden; die darin genannte Freistellung des Richters am Oberlandesgericht E habe nicht zur Folge gehabt, dass er aus dem 28. Senat und damit aus dem Vertretersenat des 9. Senats ausgeschieden sei, sondern lediglich dazu geführt, dass die Teilnahme des 28. Senats am allgemeinen Turnus reduziert worden sei. Auf die Frage übergangenen Vortrags geht der Beschluss vom 30. Dezember 2020 nicht ein.
II.
1. Mit seiner am 11. März 2021 eingegangenen Verfassungsbeschwerde erstrebt der Beschwerdeführer eine Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht München; er rügt, die angegriffenen Entscheidungen verletzten sein Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) und verstießen gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV).
a) Es sei unter keinem Gesichtspunkt vertretbar und damit willkürlich, die Annahme der Existenz der Klägerin auf das im Ausgangsverfahren als Anlage K 10 vorgelegte Dokument zu stützen. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 WEG in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung werde eine (gemäß § 8 Abs. 1 WEG gegenüber dem Grundbuchamt abzugebende) Teilungserklärung (ebenso wie nach § 9 a Abs. 1 Satz 2 WEG n. F.) erst mit der Anlegung von Wohnungsgrundbüchern wirksam. Diese bundesgesetzliche Regelung hätten weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht berücksichtigt und sich mit ihr auch nicht auseinandergesetzt. Selbst nach Anlegung von Wohnungsgrundbüchern sei ausweislich zweier genannter Kommentarstellen eine rechtsfähige „Gemeinschaft“, die gemäß § 10 Abs. 6 Satz 5 WEG in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung (ebenso wie gemäß § 9 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 WEG n. F.) klagen und verklagt werden könne, erst nach weiterer, dinglich wirksamer Übertragung eines Wohnungseigentums entstanden. Selbst wenn das im Ausgangsverfahren als Anlage K 10 vorgelegte Dokument eine vor einem Notar wirksam abgegebene und nicht gefälschte Teilungserklärung wiedergebe, ergebe sich daraus nichts
– zur Weiterleitung dieser Teilungserklärung (Bewilligung) an ein Grundbuchamt;
– zum Anlegen (entsprechender) Wohnungsgrundbücher durch ein Grundbuchamt;
– zu einem Kauf von Miteigentumsanteilen/Sondereigentum durch einen (ersten) Käufer.
b) Das Landgericht habe das Grundrecht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt, weil es zwar zur Kenntnis genommen habe, dass der Beschwerdeführer die Existenz der Klägerin bestritten habe, er jedoch nicht damit habe rechnen müssen, dass das Landgericht entgegen § 8 WEG a. F. allein die Anlage K 10 mit Blick auf die Existenz der Klägerin zur Grundlage seiner Entscheidung machen würde. Das Landgericht habe daher seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt, zu dem sich der Beschwerdeführer nicht habe äußern können.
Die Ausführungen des Oberlandesgerichts ließen an keiner Stelle auch nur ansatzweise erkennen, dass es sich mit dem umfangreichen Vortrag des Beschwerdeführers befasst hätte, wonach bei einer Teilungserklärung nach § 8 WEG für das rechtswirksame Entstehen einer Wohnungseigentümergemeinschaft auch das Anlegen eines Wohnungsgrundbuchs und weiter ein Ersterwerb notwendige Voraussetzungen seien. Bei diesem Vortrag des Beschwerdeführers zur von ihm mit Nichtwissen bestrittenen Existenz der Klägerin handle es sich aber um eine zentrale Frage für das gesamte Verfahren.
c) Die Frage der Parteifähigkeit der Klägerin sei für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich.
2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat von einer Stellungnahme ab gesehen.
3. Der Klägerin des Ausgangsverfahrens wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
1. Maßgeblicher Prüfungsgegenstand ist der angegriffene Beschluss des Oberlan desgerichts vom 1. Dezember 2020.
a) Dies gilt zunächst, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör rügt, weil eventuelle Verstöße allein des Landgerichts gegen dieses Grundrecht durch das nachfolgende Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht geheilt worden wären (vgl. VerfGH vom 26.2.2007 VerfGHE 60, 45/49; vom 18.4.2012 BayVBl 2013, 412; vom 8.2.2019 – Vf. 67-VI-17 – juris Rn. 19). Soweit der Beschwerdeführer ein und dieselbe Gehörsverletzung sowohl durch das Landgericht als auch durch das Oberlandesgericht rügt, kommt es wegen des Gebots der Rechtswegerschöpfung (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG) zunächst nur auf letztere an. Die Rüge, das Landgericht habe das Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt, kann also nur Erfolg haben, wenn das Oberlandesgericht das Grundrecht in gleicher Weise verletzt hat (vgl. VerfGH vom 24.2.2017 BayVBl 2017, 643 Rn. 38).
b) Soweit der Beschwerdeführer sich mit Blick auf das als verletzt gerügte Willkürverbot gegen das inhaltliche Ergebnis des Ausgangsverfahrens wendet, ist diejenige im Instanzenzug letzte Entscheidung maßgeblich, die eine umfassende materielle Prüfung vornimmt und damit die vom Beschwerdeführer beanstandete Beschwer enthält (VerfGH vom 9.2.2015 VerfGHE 68, 10 Rn. 55; vom 19.2.2015 BayVBl 2015, 410 Rn. 15; vom 25.2.2021 BayVBl 2021, 375 Rn. 68). Zwar ist die Berufungsinstanz im Zivilverfahren keine volle zweite Tatsacheninstanz (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), in materiell-rechtlicher Hinsicht findet aber (im Rahmen der gestellten Anträge) eine vollständige Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung statt (vgl. § 528 Satz 2, § 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO; vgl. auch VerfGH vom 21.12.2020 – Vf. 20-VI-18 – juris Rn. 16).
c) Dass der Beschwerdeführer trotz der dargelegten primären Maßgeblichkeit der letztinstanzlichen Entscheidung grundsätzlich die Entscheidungen der vorausgegangenen Instanzen in die Verfassungsbeschwerde mit einbeziehen kann, um auch deren Aufhebung zu erreichen (vgl. VerfGH vom 22.11.1990 VerfGHE 43, 165/167 bezüglich eines den gerichtlichen Entscheidungen vorausgegangenen Bußgeldbescheids), bedarf hier keiner weiteren Erörterung, da der Beschwerdeführer die Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht beantragt hat, eine Aufhebung auch des landgerichtlichen Urteils also gerade nicht erstrebt.
2. Der Beschwerdeführer hat innerhalb der zweimonatigen Verfassungsbeschwer defrist (Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG) hinreichend substanziiert dargelegt, weshalb das Verfahren und die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts gegen sein Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) und das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) verstoßen sollen; auf der Grundlage seines Vortrags in der Verfassungsbeschwerde erscheinen die gerügten Grundrechtsverletzungen zumindest möglich (vgl. zu diesem Maßstab etwa VerfGH vom 12.4.2021 – Vf. 14- VI-18 – juris Rn. 15).
3. Die Verfassungsbeschwerde wahrt auch das Erfordernis der Rechtsweger schöpfung (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG).
a) Der Beschwerdeführer hat innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 321 a Abs. 2 Satz 1 ZPO gegen den angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts den gemäß § 321 a Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaften Rechtsbehelf der Gehörsrüge eingelegt.
b) Zweifel an der ordnungsgemäßen Erschöpfung des Rechtswegs können sich nur insoweit ergeben, als der Beschwerdeführer in der Gehörsrüge als Angriffsgegenstand den „Beschluss des 9. Senats vom 26.11.2020 (durch VoRiOLG [Dr. A], RiOLG [E] und RiOLG [C])“ genannt hat. Der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene, durch die bezeichneten Richter erlassene Zurückweisungsbeschluss trägt jedoch das Datum des 1. Dezember 2020, während am 26. November 2020 – durch die Richter am Oberlandesgericht G, H und I – ein Beschluss im Rahmen des Ablehnungsverfahrens erlassen worden ist. Die Voraussetzung der Rechtswegerschöpfung wahrt nämlich nicht, wer ein vorgesehenes Rechtsmittel nicht form- und fristgerecht eingelegt hat und dadurch eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts zur Sache unmöglich gemacht wird (VerfGH vom 1.10.1982 VerfGHE 35, 123/125; vom 8.12.2000 VerfGHE 53, 187/191).
Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, da die Gehörsrüge trotz der falschen Datumsangabe unmissverständlich auf die Zurückweisung der Berufung durch den Beschluss vom 1. Dezember 2020 bezogen war. Die Gehörsrüge enthält (unter Nr. 1) Ausführungen dazu, dass Richter am Oberlandesgericht E an der Zurückweisung der Berufung, deren Datum im Text (anders als im Betreff) korrekt bezeichnet wird (1. Dezember 2020), nicht habe mitwirken dürfen. Nur durch den Beschluss vom 1. Dezember 2020 wurde die Berufung des Beschwerdeführers zurückgewiesen, und nur an diesem Beschluss, nicht aber am Beschluss vom 26. November 2020 hat Richter am Oberlandesgericht E mitgewirkt. Ferner wird in der Gehörsrüge (unter Nr. 2) zur bestrittenen Existenz der Klägerin ausgeführt, wozu nur der Beschluss über die Zurückweisung der Berufung vom 1. Dezember 2020, nicht aber der Beschluss über die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs vom 26. November 2020 Anlass gegeben hat.
IV.
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet.
1. Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts verstößt gegen das Grund recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV).
a) Das Grundrecht auf rechtliches Gehör hat eine zweifache Ausprägung: Zum einen untersagt es dem Gericht, seiner Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 29.10.1993 VerfGHE 46, 293/296; vom 6.4.2001 VerfGHE 54, 29/31; vom 20.4.2021 – Vf. 44-VI-20 – juris Rn. 32). Zum anderen gibt es den Beteiligten einen Anspruch darauf, dass rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird, soweit es aus verfahrensoder materiellrechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 20.4.2021 – Vf. 44- VI-20 – juris Rn. 32 m. w. N.).
Hat das Gericht die Ausführungen eines Beteiligten entgegengenommen, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie bei der Entscheidung erwogen worden sind. Das Gericht wird durch den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nämlich nicht verpflichtet, auf alle Ausführungen oder Anliegen eines Beteiligten einzugehen (VerfGH vom 29.6.2004 VerfGHE 57, 62/66; vom 8.10.2013 – Vf. 71-VI-13 – juris Rn. 58; vom 7.7.2020 – Vf. 68-VI-19 – juris Rn. 30). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls klar und deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.7.2020 – Vf. 93-VI-19 – juris Rn. 35 m. w. N.). Geht das Gericht etwa auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vorbringens schließen, sofern es nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstanziiert war (VerfGH vom 9.2.1994 VerfGHE 47, 47/52; vom 8.10.2013 NStZ-RR 2014, 50; vom 8.7.2020 – Vf. 93-VI- 19 – juris Rn. 35). Hingegen ergibt sich aus Art. 91 Abs. 1 BV kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung eines Beteiligten anschließt, also „auf ihn hört“. Die Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör kann auch nicht damit begründet werden, die vom Gericht vertretene Auffassung sei unrichtig (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.7.2020 – Vf. 93-VI-19 – juris Rn. 35 m. w. N.).
b) Nach diesem Maßstab liegt eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung durch das Oberlandesgericht vor.
aa) Von Anfang an gehörte das Bestreiten der Existenz der Klägerin (und damit ihrer Parteifähigkeit im Sinn des § 50 ZPO) zum Kern der Verteidigung des Beschwerdeführers gegen die gegen ihn erhobene Klage. Nachdem die Klageseite zum Beweis der Existenz der Klägerin die Anlage K 10 vorgelegt hatte, argumentierte der Beschwerdeführer, wie oben ausgeführt, dass sich aus diesem Schriftstück die Existenz der Klägerin nicht ergebe. Dabei behauptete der Beschwerdeführer nicht, das Schriftstück sei gefälscht, sondern machte vielmehr geltend, es sei aus mehreren Gründen für die Frage der Existenz der Klägerin nicht aussagekräftig. So ergebe sich aus der Anlage K 10 nicht, ob der Text tatsächlich notariell beurkundet worden sei und ob die vor dem Notar Erschienene ihre Vollmacht nachgewiesen habe. Selbst wenn beides der Fall gewesen sei, ergebe sich nicht, ob die im Text erklärte Teilungserklärung zum Vollzug an das Grundbuchamt weitergeleitet worden sei, es dort zur Anlegung von Wohnungsgrundbüchern gekommen sei und zumindest ein Miteigentumsanteil an einen ersten Käufer veräußert worden sei. All diese Schritte seien aber notwendige Voraussetzungen dafür, die Klägerin als Wohnungseigentümergemeinschaft, die vor Gericht klagen und verklagt werden kann, zur Entstehung zu bringen. Dabei begründete der Beschwerdeführer seine Auffassung mit dem Verweis auf gesetzliche Vorschriften und (bezüglich der Notwendigkeit der Veräußerung eines ersten Miteigentumsanteils) mit Nachweisen aus der Kommentarliteratur.
bb) Auf dieses ausführliche und in seiner Argumentation differenzierte Kernvorbringen des Beschwerdeführers ist das Oberlandesgericht nicht eingegangen. Es hat im Hinweisbeschluss vom 29. September 2020 lediglich ohne jegliche Auseinandersetzung oder Begründung erklärt, an der Rechtsfähigkeit der Klägerin und am wirksamen Bestehen der Klägerin bestehe „kein ernsthafter Zweifel“. Nachdem der Beschwerdeführer daraufhin seine Auffassung noch einmal ausführlich in seiner Gegenerklärung vom 30. Oktober 2020 dargelegt hatte, teilte das Oberlandesgericht im angegriffenen Beschluss vom 1. Dezember 2020 lediglich mit, weiterhin keine Zweifel am rechtswirksamen Bestehen einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu haben. Anhaltspunkte dafür, dass die klägerseits vorgelegten Unterlagen gefälscht seien, bestünden nicht; eine Fälschung werde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Im Beschluss vom 30. Dezember 2020 über die Zurückweisung der Anhörungsrüge erwähnt das Oberlandesgericht die Problematik der Existenz der Klägerin überhaupt nicht.
cc) Der angegriffene Beschluss vom 1. Dezember 2020 beruht auch auf dem Verstoß gegen Art. 91 Abs. 1 BV. Hätte das Oberlandesgericht die Argumentation des Beschwerdeführers zur Existenz der Klägerin vollständig zur Kenntnis genommen und nachvollziehbar erwogen, ist nicht auszuschließen, dass es das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage mangels Parteifähigkeit der Klägerin abgewiesen hätte, da die Argumentation des Beschwerdeführers im Ausgangsverfahren zu den Voraussetzungen der rechtlichen Existenz der Klägerin jedenfalls nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen ist.
2. Da bereits der Verstoß des Oberlandesgerichts gegen Art. 91 Abs. 1 BV zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses vom 1. Dezember 2020 führt, bedarf die Frage, ob dieser Beschluss auch gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) verstößt, keiner Erörterung.
3. Der Antrag des Beschwerdeführers – Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht – setzt voraus, dass das (vom Beschwerdeführer ebenfalls als angegriffen bezeichnete) Endurteil des Landgerichts vom 29. April 2020 weiterhin Bestand hat. Daher bedarf es keiner Erörterung, ob dieses Urteil gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) oder das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) verstößt. Zudem kann in derartigen Konstellationen auch unabhängig vom konkreten Antrag im Einzelfall offenbleiben, ob auch die voraus gehende Entscheidung verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (vgl. VerfGH vom 25.2.2021 – Vf. 8-VI-19 – juris Rn. 78).
V.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Dem Beschwerdeführer sind die durch das Verfassungsbeschwerdeverfahren verursachten notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten (Art. 27 Abs. 4 Satz 1 VfGHG).


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