Arbeitsrecht

Vergabeverfahren: Anordnung des Personalübergangs auf den Auftragnehmer

Aktenzeichen  Z3-3-3194-1-40-08/17

Datum:
12.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
VergabeR – 2018, 444
Gerichtsart:
Vergabekammer
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 613a
GWB § 97 Abs. 6, § 103 Abs. 4, § 131 Abs. 3, § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, § 182 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Bei juristischen Personen muss die positive Kenntnis in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht i.S.d. § 160 Abs. 3 S.1 Nr.1 GWB bei einer Person vorliegen, die befugt ist, für das Unternehmen im konkreten Vergabeverfahren rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben. (Rn. 70)
2. Mit der „Soll“-Regelung des § 131 Abs. 3 Satz 1 wird die Anordnung der Übernahme von Arbeitnehmern des bisherigen Betreibers zum Regelfall. Ein Abweichen von der Anordnung bleibt aber bei Vorliegen eines sachlichen Grundes – insbesondere in atypischen Fällen – weiterhin möglich. (Rn. 74 – 76)
3. Trifft der Auftraggeber eine Regelung, die die Verpflichtung zur Übernahme von Arbeitnehmern des bisherigen Betreibers weitgehend leer laufen lässt, ist er ebenso wie beim vollständigen Abweichen von der Anordnung der Übernahme verpflichtet, zu begründen und zu dokumentieren, aus welchen sachlichen Gründen er vom gesetzlichen Regelfall abweicht. Das etwaige Vorliegen eines atypischen Falls ist darzulegen. (Rn. 88)

Gründe

I.
Die Antragsgegner beabsichtigen die Vergabe von SPNV-Dienstleistungen „E-Netz A.“. Eine entsprechende Veröffentlichung erfolgte im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften im Wege eines Nichtoffenes Verfahren.
Die Antragstellerin hat sich mit einem eigenen Teilnahmeantrag vom 20.02.2017 um den Auftrag beworben. Mit Schreiben vom 13.04.2017 teilte die Antragsgegnerin zu 1) mit, dass die Antragstellerin sich für das weitere Vergabeverfahren qualifiziert habe und übersandte ihr die Leistungsbeschreibung. Die Antragstellerin wurde zur Abgabe eines Angebots bis zum 08.11.2017, 12:00 Uhr, aufgefordert.
In Ziff. 3.10 der Leistungsbeschreibung heißt es:
„Der Auftragnehmer hat nach Maßgabe seines Personalbedarfs die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beschäftigungsgruppen „Triebfahrzeugführer“, „Zugbegleitpersonal (Sicherheits- und Servicepersonal)“ und „Disponenten“, die beim bisherigen Betreiber/den bisherigen Betreibern für die Erbringung der hier ausgeschriebenen Verkehrsleistung beschäftigt waren, zu übernehmen und ihnen die Rechte zu gewähren, auf die sie Anspruch hätten, wenn ein Betriebsübergang gemäß § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches erfolgt wäre. Von den bisherigen Betreibern zur Verfügung gestellte Informationen über die von ihnen für die Erbringung der hier ausgeschriebenen Verkehrsleistungen eingesetzten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der o. g. Beschäftigungsgruppen finden sich in Anlage 19.01. Die Auftraggeber übernehmen für die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den bisherigen Betreibern zur Verfügung gestellten Informationen keine Haftung.
Jeder Bieter hat seinem Angebot eine nachvollziehbare Darstellung seines Personalbedarfs beizufügen. Diese Darstellung muss erkennen lassen, welchen Personalbedarf der Bieter nach seinem Personalkonzept in Bezug auf die o, g. Beschäftigungsgruppen hat.
Bereits beim Bieter beschäftigte Mitarbeiter sowie noch zur Einstellung vorgesehene Mitarbeiter in den o. g. Beschäftigungsgruppen sind in dieser Darstellung nicht zu berücksichtigen, d. h. für die Darstellung des Bedarfs ist davon auszugeben, dass beim Bieter noch kein Personal vorhanden ist.
Sollte der jeweilige Bieter bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe beabsichtigen, vertraglich geschuldete Leistungen durch Subunternehmereinsatz erbringen zu lassen, ist im Angebot nach Maßgabe der diesbezüglichen Vorgaben in Kapitel X. der Aufforderung zur Angebotsabgabe darzustellen, welche Leistungen durch den Nachunternehmer erbracht werden sollen, sowie der vorgesehene Nachunternehmer zu benennen. Der Einsatz eines Subunternehmers kann durch den Bieter bedarfsmindernd berücksichtigt werden.
Zur Darstellung des Personalbedarfs ist zwingend das Formblatt in Anlage 20 zu verwenden.
Das durch den jeweiligen Bieter vorgelegte Personalkonzept muss der Plausibilitätskontrolle durch die Auftraggeber zugänglich sein. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die mangelnde Plausibilität des Personalkonzepts den Ausschluss des Angebots vom Vergabeverfahren nach sich ziehen kann.“
In dem Entwurf des Verkehrsdurchführungsvertrags, der der Antragstellerin mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe übermittelt wurde, heißt es unter § 3 a zur Personalübernahme bei Betreiberwechsel:
„(1) Wenn und soweit die Ausschreibung zu einem Betreiberwechsel führt, wird das Verkehrsunternehmen nach § 131 Abs. 3 GWB verpflichtet, diejenigen angestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Triebfahrzeugführer, Zugbegleitpersonal und Disponenten), die zum 02.10.2017 beim bisherigen Betreiber für die Erbringung der vertragsgegenständlichen Verkehrsleistungen beschäftigt waren, zu übernehmen und ihnen die Rechte zu gewähren, auf die sie Anspruch hätten, wenn ein Übergang gemäß § 613 a BGB erfolgt wäre (…).
(3) Begünstigt nach Abs. 1 sind nur solche Personen, die überwiegend und hinreichend lange für die Erbringung der vertragsgegenständlichen Verkehrsleistungen beschäftigt waren. Als überwiegend beschäftigt im eben genannten Sinne gilt eine Person, wenn sie bei einer Tätigkeit in mehreren Verkehrsnetzen zum in Abs. 1 genannten Zeitpunkt mit mindestens relativer Mehrheit ihrer Arbeitsstunden für die Erbringung der vertragsgegenständlichen Verkehrsleistungen beschäftigt war. Bei befristet angestellten Personen, Personen, die sich noch in der Probezeit befindet und Auszubildenden handelt es sich nicht um Begünstigte i. S. d. Abs. 1. (4) Das Verkehrsunternehmen ist zur Personalübernahme nur in dem Umfang verpflichtet, in dem es für die vertragsgegenständlichen Verkehrsleistungen Triebfahrzeugführer, Zugbegleitpersonal und Disponenten nach seinem mit dem Angebot vorzulegenden Personalkonzept benötigt. (…).“
Mit Schreiben vom 06.07.2017 rügte die Antragstellerin die Vorgaben in Ziff. 3.10 der Leistungsbeschreibung, soweit die Bieter bei der Darstellung ihres Personalbedarfs den Einsatz eines Subunternehmers bedarfsmindernd berücksichtigen dürften, unter allen rechtlichen Gesichtspunkten als vergaberechtswidrig. Es verstoße gegen § 131 Abs. 3 GWB, wenn Bietern die Möglichkeit eröffnet werde, Subunternehmer einzusetzen, um die Zahl der nach § 131 Abs. 3 GWB i.V.m. § 613 a BGB übergehenden Arbeitsverhältnisse zu verringern. Die Reichweite des Betriebsüberganges würde so praktisch ins Belieben der Folgebetreiber gestellt. Zudem könne es – abhängig von den Personalkonzepten der einzelnen Bieter – zu Betriebsübergängen unterschiedlichen Ausmaßes kommen, mit der Folge, dass die Angebote nicht mehr vergleichbar seien.
Die Antragsgegnerin zu 1) wies die Rügen der Antragstellerin mit Schreiben vom 17.07.2017 zurück. So verstoße es nicht gegen § 131 Abs. 3 GWB, wenn bei der Ermittlung des Personalbedarfs des Neubetreibers der Einsatz von Subunternehmern bedarfsmindernd berücksichtigt werden könne.
Weil die vorangegangene Rüge die Antragsgegner nicht zur Änderung ihrer Rechtsauffassung bewegte, beantragte die Antragstellerin am 02.08.2017 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und weiter:
1.die Antragsgegnerinnen zu verpflichten, in dem Vergabeverfahren den Einsatz von Subunternehmen nicht bedarfsmindernd bei der Vorgabe des Personalübergangs (Ziff. 3.10 der Leistungsbeschreibung) zu berücksichtigen und das Vergabeverfahren nur unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzuführen,
2.der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten gem. § 165 Abs. 1 GWB zu gewähren,
3.den Antragsgegnerinnen die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen,
4.die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.
Im Wesentlichen wurde der Antrag damit begründet, dass die Antragstellerin als bisherige Betreiberin des überwiegenden Teils des Netzes einen subjektiven Anspruch aus § 97 Abs. 6 GWB auf Einhaltung der Vorgaben des § 131 Abs. 3 GWB habe. Die Verpflichtung der Vergabestelle, im Regelfall einen Betriebsübergang nach Maßgabe des § 131 Abs. 3 GWB anzuordnen, sei i. S. d. § 97 Abs. 6 GWB drittschützend. Die Vorschrift habe wettbewerbsregulierende Wirkung, da sie unter anderem die Herstellung gleicher Teilnahmemöglichkeiten am Wettbewerb bezweckt.
Die Klausel in Ziffer 3.10 der Leistungsbeschreibung, nach der der Einsatz eines Subunternehmers durch den Bieter bedarfsmindernd berücksichtigt werden könne, verstoße gegen § 131 Abs. 3 GWB i.V.m. Art. 4 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1370/2007. Denn der öffentliche Auftraggeber habe zu verlangen, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die beim bisherigen Betreiber für die Erbringung der Verkehrsleistung beschäftigt gewesen seien, vom neuen Auftragnehmer übernommen werden und ihnen die Rechte gewährt werden, auf die sie Anspruch hätten, wenn ein Übergang gem. § 613 a BGB erfolgt wäre.
Ziel der Vorschrift sei ein umfassender Schutz der Arbeitnehmer des Altbetreibers. Eine Reduktion dieses Schutzes durch die Anrechnung eines geplanten Nachunternehmereinsatzes sei mit ihrem Sinn und Zweck nicht vereinbar. Der Schutzbereich der Norm erfasse alle Arbeitnehmer, die unter die Vorschrift des § 131 Abs. 3 GWB fallen, und zwar unabhängig von dem Bedarf des jeweiligen neuen Betreibers. Es entspreche – soweit ersichtlich – einhelliger Auffassung in der Literatur, dass für die Reichweite des Personalübergangs auf die Verhältnisse bei dem Altbetreiber abzustellen sei.
Das Vorgehen der Antragsgegner widerspreche der rechtlichen Konzeption des Gesetzes, das – wie bei einem Betriebsübergang – jedem betroffenen Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erhalt seines Arbeitsplatzes sichern will. Die Anrechnung geplanter Subunternehmereinsätze auf den Personalbedarf gem. Ziffer 3.10 der Leistungsbeschreibung sei mit dem Sinn und Zweck der Anordnungsverpflichtung des § 131 Abs. 3 GWB nicht vereinbar. Im Ergebnis führe die Klausel dazu, dass die mit der Erbringung der Verkehrsleistung befassten Arbeitnehmer des Altauftragnehmers schutzlos gestellt werden würden, deren Tätigkeit künftig in Subunternehmerverhältnisse ausgegliedert werden solle. Es sei aber der Sinn und Zweck des § 131 Abs. 3 GWB, in Situationen, in denen die Voraussetzungen eines gesetzlichen Betriebsübergangs – der in der Situation eines Betreiberwechsels im SPNV regelmäßig nicht vorliege – gem. § 613 a BGB nicht vorliegen, die Beschäftigten so zu stellen, als liege ein solcher Betriebsübergang vor. Diese Schutzkonzeption werde völlig unterlaufen, wenn der Aufgabenträger von vornherein den zu übernehmenden Personalbestand in Abhängigkeit von den Auslagerungsplänen des Neubetreibers reduzieren dürfe.
Sinn und Zweck der in Art. 4 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1370/2007 eingeräumten Befugnis, die im deutschen Recht des § 131 Abs. 3 GWB zu einer regelmäßigen Verpflichtung erstarkt, sei, die bei dem Altauftragnehmer beschäftigten Arbeitnehmer vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes zu schützen und ihren arbeitsrechtlichen, insbesondere den tarifvertraglichen Status zu sichern, wenn es zu einem Auftragnehmerwechsel komme. Dieser soziale Schutzzweck werde durch die Bezugnahme in Art. 4 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1370/2007 auf die Richtlinie 2001/23/EG deutlich.
Für ihr abweichendes Verständnis könnten sich die Antragsgegner nicht auf die Abwägung mit unternehmerischen Interessen der Bieter berufen, denn diese Abwägung habe der Gesetzgeber abschließend vorgenommen. Die gesamte Regelung des § 131 Abs. 3 GWB greife schon im Ausgangspunkt massiv in die Personalplanung und die Angebotskalkulation ein. Diesen Eingriff nehme das Gesetz im Interesse des Arbeitnehmerschutzes hin.
Mit dem Erhalt der Wettbewerbsvorteile, auf den sich die Gesetzesbegründung beziehe, seien im Übrigen allenfalls konzeptionell bedingte Vorteile gemeint, die eine Reduzierung des Personalbedarfs zur Folge hätten. Diese würden die Antragsgegner erhalten, indem sie den Bietern ermöglichen, individuelle Personalkonzepte zu erstellen. Von solchen konzeptionellen Wettbewerbsvorteilen seien jedoch solche monetären Vorteile zu unterscheiden, die sich allein aus einem unterschiedlichen Tarif- und Lohngefüge ergäben. Diese Vorteile sollen ganz ausdrücklich nicht erhalten, sondern durch die Anordnung der Personalübernahme nivelliert werden. So unterlaufe der Einsatz von Subunternehmern dieses Ziel, indem hingenommen werde, dass die gleiche Leistung zu günstigeren Tarifbedingungen von schlechter bezahlten Beschäftigten des Subunternehmers erbracht und dieser Umstand zur Freistellung von der Übernahmeverpflichtung genutzt werde. Mit dem Erhalt unternehmerischer Wettbewerbsvorteile habe dies nichts zu tun.
Die Antragsgegner könnten sich nicht auf § 131 Abs. 3 Satz 2 GWB berufen, im Gegenteil belege der Wortlaut der Vorschrift die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Klausel.
Die Vorgaben unter Ziffer 3.10 der Leistungsbeschreibung seien mit den Anforderungen des Art. 4 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1370/2007 nicht in Einklang zu bringen. Denn diese Vorschrift sehe gerade keine Form eines nur beschränkten Betriebsübergangs, der sich am durch Subunternehmereinsatz reduzierten Personalbedarf eines Bieters orientiere, vor.
Eine Reduzierung der Übernahmeverpflichtung nur auf diejenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze beim neuen Betreiber nicht an Nachunternehmer delegiert werden würden, sehe sich somit dem Einwand der Unvereinbarkeit mit den europarechtlichen Vorgaben ausgesetzt.
Schließlich widerspreche die Klausel auch allgemeinen vergaberechtlichen Vorgaben. Sie sei schon in sich nicht widerspruchsfrei und in ihrer Wirkung diskriminierend. Im Ausgangspunkt habe der Auftraggeber erkannt, dass es auf die betriebsindividuellen Vorkehrungen des Bieters zur Besetzung der erforderlichen Personalstellen für die Reichweite des Übernahmeanspruchs nicht ankommen könne. Das gleiche gelte für beim Bieter bereits beschäftigte Mitarbeiter. Seine unternehmerische Freiheit und auch seine Kalkulationsfreiheit würden aber durch diese Klausel der Leistungsbeschreibung insoweit eingeschränkt, als er zur Erfüllung der Verkehrsleistung auch auf der Basis seines kalkulatorischen Konzepts nur auf die Mitarbeiter zurückgreifen könne, die zu übernehmen seien. Mit einem logischen Bruch dieser konsequenten Vorgabe konfrontiere den Bieter dann aber der nachfolgende Absatz der Ziffer 3.10. Im Gegensatz zu vorhandenen oder neu eingestellten Mitarbeitern dürfe der Bieter mittelbar vorab besetzte Stellen, nämlich solche Positionen, die durch Subunternehmer erbracht werden sollen, bei seinem Personalbedarf mindernd berücksichtigen. Damit werde der Schutzanspruch der Arbeitnehmer des Altauftragnehmers abhängig von Grad und Umfang des Subunternehmereinsatzes eingeschränkt. Dass eine solche Einschränkung mit dem Schutzzweck des Gesetzes nicht vereinbar wäre, wenn der Neuauftragnehmer vorab Beschäftigte eingestellt oder aus anderen Stellen seines Unternehmens umdisponiert hätte, liege so auf der Hand, dass die Antragsgegner dies ausgeschlossen hätten. Warum die Antragsgegner aber dann den wertungsmäßig ebenso zu sehenden Subunternehmereinsatz bedarfsmindernd berücksichtigt lassen wollen, erschließe sich unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht. Die Klausel bevorzuge den mit Subunternehmern planenden Bieter zum Nachteil der Bieter, die mit eigenen Kräften die Leistung erbringen wollen. Bieter, die mit eigenem Personal disponieren, würden im Ergebnis gegenüber solchen, die Nachunternehmer einsetzen wollen, diskriminiert. Die Vorgabe der Antragsgegner befördere geradezu den Nachunternehmereinsatz und gebe einen Anreiz zur Reduzierung der Stammbelegschaft.
Dies führe zu einer mangelnden Vergleichbarkeit der Angebote. Das Angebot eines Bieters, der ein Subunternehmerkonzept vorsehe, wäre mit dem Angebot eines Bieters, der die Leistung im eigenen Betrieb erbringe, nicht vergleichbar. Dieser müsse das Tarifniveau der Altbeschäftigten für seine gesamte Leistung einkalkulieren, während jener hinsichtlich des Subunternehmerpersonals weitestgehend frei kalkulieren und niedrigere Entlohnungsverträge zum Ansatz bringen könne. Da aber die Personalkosten ein ganz erheblicher Wettbewerbsfaktor bei der Vergabe von SPNV-Verträgen seien, könne dieser Aspekt zuschlagsentscheidend sein. Vor allem aber hätte der Bieter, der Nachunternehmer einsetze, ein erhebliches höheres Maß an Kalkulationssicherheit als sein Wettbewerber, der mit eigenem Personal kalkuliere. Denn letzterer wisse nicht, wie viele der beim Altauftragnehmer Beschäftigten von dem Angebot des Übergangs Gebrauch machen würden.
Das Vergaberecht lasse zwar den Einsatz von Nachunternehmern zu, es gebe jedoch keine Rechtfertigung dafür, den Nachunternehmereinsatz gegenüber der Eigenerbringung positiv zu diskriminieren. Im Gegenteil sei der Nachunternehmereinsatz zwar möglich, jedoch nur unter den gleichen Voraussetzungen, unter denen auch eine Eigenerbringung möglich wäre. Zu den Rahmenbedingungen der Eigenerbringung gehöre nun aber die Verpflichtung, den Bestand beim alten Auftragnehmer zu übernehmen. Beleg dafür ist auch die Regelung in Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007.
Im Ergebnis verstoße die Bestimmung der Ziffer 3.10 der Leistungsbeschreibung, die die Übernahmeverpflichtung des § 131 Abs. 3 GWB durch eine Reduzierung um den vorgesehenen Nachunternehmeranteil einschränkt, gegen die aus Europa- und Bundesrecht folgenden vergaberechtlichen Vorgaben. Sie sei daher zu streichen.
Die Vergabekammer informierte die Antragsgegner über den Nachprüfungsantrag mit Schreiben vom 03.08.2017. Diese legten die Vergabeakten vor.
Mit Antragserwiderung vom 16.08.2017 beantragte die Antragsgegnerin zu 1:
1.den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,
2.der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin zu 1. aufzuerlegen,
3.die Hinzuziehung der Bevollmächtigten durch die Antragsgegnerin zu 1. für erforderlich zu erklären.
Die Darstellung der Antragstellerin bedürfen insoweit der Ergänzung und Korrektur, als dass in § 3 (A) Abs. 8 des mit dem im streitgegenständlichen Vergabeverfahren ausgewählten Verkehrsunternehmen abzuschließenden Verkehrsdurchführungsvertrags bestimmt sei, dass das Verkehrsunternehmen gemäß Art. 4 Abs. 7 der VO (EG) Nr. 1370/2007 einen bedeutenden Teil der Leistungen (mindestens 30%) selbst erbringen müsse. Die Behauptung der Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag, es bestehe im hiesigen Verfahren eine „Möglichkeit des nahezu unbegrenzten Einsatzes von Subunternehmern“ sei daher nicht zutreffend.
Weiter wurde ausgeführt, dass der Antrag unzulässig sei, da die Antragstellerin nicht antragsbefugt im Sinne des § 160 Abs. 2 GWB sei, da sie weder geltend machen könne, dass ihr aus der Verletzung einer ihrem Schutz dienenden Vorschrift ein Schaden zu entstehen drohe, noch dass der behauptete Rechtsverstoß unabhängig vom fehlenden Schutzzweck des § 131 Abs. 3 GWB zu einem Schadenseintritt bei ihr führen könne.
Auch sei sie ihrer Rügeobliegenheit gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nicht nachgekommen. Die Antragstellerin habe unmittelbar nach Lektüre der Vergabeunterlagen im April 2017 über die vollständige Tatsachenkenntnis verfügt und außerdem habe ihr eine rechtliche Bewertung vorgelegen, wonach die in Rede stehende Regelung in Ziffer 3.10 der Leistungsbeschreibung nicht mit § 131 Abs. 3 GWB vereinbar sei. Die Antragstellerin habe bereits im Jahr 2016 die Erstellung eines Rechtsgutachtens zur Neuregelung des § 131 Abs. 3 GWB in Auftrag gegeben (dieses war Grundlage des späteren Fachbeitrags von Reidt/Stickler, VergabeR 2016, S.708 ff.). Ihr habe somit bereits spätestens im November 2016 ein Rechtsgutachten vorgelegen, das eine rechtliche Bewertung enthält, nach der die hier in Rede stehende Regelung in Ziffer 3.10 der Leistungsbeschreibung nicht mit § 131 Abs. 3 GWB vereinbar sei. Die Antragstellerin habe somit über eine positive Kenntnis vom angeblichen Rechtsverstoß im Sinne des §°160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB verfügt. Gleichwohl hat sie mit ihrer entsprechenden Rüge bis zum 06.07.2017 – also annähernd drei Monate nach Erkennen des vermeintlichen Rechtsverstoßes – zugewartet.
Der Nachprüfungsantrag sei darüber hinaus auch unbegründet. Denn die in Rede stehenden Regelungen in Ziffer 3.10 der Leistungsbeschreibung würden nicht gegen § 131 Abs. 3 GWB verstoßen. Stattdessen hätten die Antragsgegner darin die gesetzlichen Vorgaben des § 131 Abs. 3 GWB in vergaberechtskonformer Weise umgesetzt.
Zunächst sei von Bedeutung, dass bereits unmittelbar aus § 131 Abs. 3 Satz 1 GWB eine Begrenzung des begünstigten Personenkreises auf bestimmte Tätigkeitsgruppen folge. § 131 Abs. 3 Satz 1 GWB beziehe sich auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die „beim bisherigen Betreiber für die Erbringung dieser Verkehrsleistung beschäftigt waren“. Somit stehe fest, dass bereits nach § 131 Abs. 3 Satz 1 GWB eine Beschränkung der zu übernehmenden Arbeitnehmer auf Grundlage ihrer Tätigkeit beim Altbetreiber zu erfolgen habe. Die in § 131 Abs. 3 Satz 2 GWB enthaltene Regelung, dass nur unmittelbar erforderliche Arbeitnehmer begünstigt seien, könne sich daher nicht lediglich auf eine tätigkeitsbezogene Beschränkung des Personenkreises beziehen. Denn da eine solche Beschränkung bereits aus dem Wortlaut des § 131 Abs. 3 Satz 1 folge, wäre eine zusätzliche Einschränkung in Satz 2 nicht erforderlich und hätte keinen eigenen Regelungsgehalt. Die Ausführungen der Antragstellerin, wonach die Beschränkung auf die unmittelbar erforderlichen Arbeitnehmer in § 131 Abs. 3 Satz 2 GWB einzig dazu diene, klarzustellen, dass „nachgeordnete Beschäftigte des ehemaligen Auftragnehmers“, wie z.B. Verwaltungs- oder Serviceangestellte, nicht von der Personalübernahmepflicht umfasst seien, sei daher nicht nachzuvollziehen. Nach dem Verständnis der Antragstellerin wäre der Neubetreiber ohne die Regelung in § 131 Abs. 3 Satz 2 GWB dazu verpflichtet, auch sämtlichen entfernt mit der Verkehrsleistung beschäftigten Angestellten des Altbetreibers ein Angebot auf Übernahme zu unterbreiten. Dass dies nicht überzeugen könne, zeige ein Blick auf Art. 4 Abs. 5 VO 1370/2007. Hier fehle eine ausdrückliche Beschränkung auf die „unmittelbar erforderlichen“ Arbeitnehmer. Unstreitig seien hier dennoch nur die operativ tätigen Mitarbeiter vom Schutzbereich erfasst. Gelte in Bezug auf Art. 4 Abs. 5 VO 1370/2007, dass bereits die Beschränkung auf die „zur Erbringung“ der Verkehrsleistungen eingestellten Arbeitnehmer die Verwaltungsangestellten vom Anwendungsbereich ausschließe, so habe dies konsequenterweise auch für § 131 Abs. 3 GWB hinsichtlich der für die „Erbringung dieser Verkehrsleistung beschäftigt[en]“ Arbeitnehmer zu gelten.
Sodann sei auch eine weitergehende, zahlenmäßige Begrenzung der begünstigten Arbeitnehmer – wie sie hier von den Antragsgegnern vorgenommen worden seien – nicht nur zulässig, sondern sogar geboten. Der Kreis derjenigen Arbeitnehmer, welcher von den arbeitsrechtlichen Schutzzwecken des § 131 Abs. 3 GWB erfasst werde, werde durch die Vorschrift des § 131 Abs. 3 GWB selbst festgelegt. Somit sei der Schutzbereich für die nicht hierunter fallenden Arbeitnehmer gar nicht erst eröffnet. Die gesamte, auf eine Art Gleichlauf des § 131 Abs. 3 GWB mit § 613a BGB hinauslaufende Argumentation der Antragstellerin gehe daher schon im Ausgangspunkt fehl. Zwar solle § 131 Abs. 3 GWB grundsätzlich in erster Linie Arbeitnehmerrechte schützen. Sinn und Zweck der Vorschrift sei jedoch nicht der unbeschränkte Arbeitnehmerschutz. Dieser solle stattdessen mit den Belangen der Wettbewerber in einen Einklang gebracht werden. Dies ergebe sich zum einen aus der Einfügung der Erforderlichkeitsklausel selbst sowie zum anderen auch aus den Gesetzgebungsmaterialien, wo es heiße, potenzielle Wettbewerbsvorteile neuer Betreiber sollen erhalten bleiben. Dieses gesetzgeberische Ziel würde indes verfehlt, wenn eine zahlenmäßige Begrenzung der zu übernehmenden Arbeitnehmer nicht stattfände. Denn Wettbewerbsvorteile neuer Betreiber können sich insbesondere daraus ergeben, dass sie die Möglichkeit hätten, ein Betriebskonzept zu entwickeln, nach dem sie für dieselbe Verkehrsleistung weniger Personal benötigen. Wenn nun keine zahlenmäßige Begrenzung erfolge, so würden die daraus resultierenden Wettbewerbsvorteile – entgegen der Intention des Gesetzgebers – nivelliert.
Weiterhin begegne es keinen Bedenken, bei dieser Begrenzung der zu übernehmenden Arbeitnehmer den Bedarf des Neubetreibers zu berücksichtigen. Eine sachgerechte Auslegung der Norm führe zu dem Ergebnis, dass bei der Bestimmung der unmittelbar für die Erbringung der Verkehrsleistung erforderlichen Arbeitnehmer zum einen auf die im Rahmen des neu vergebenen Auftrags zu erbringende Leistung abzustellen sei und zum anderen der Bedarf des ausgewählten Betreibers hierbei berücksichtigt werden könne.
Schließlich könne ein Verstoß gegen § 131 Abs. 3 GWB nicht damit begründet werden, dass bei der Ermittlung dieses Bedarfs das individuelle Personalkonzept des Bieters ausschlaggebend sei. Vor dem Hintergrund, dass es dem Auftraggeber freistehe, den Personalbedarf des Neubetreibers als Grundlage des Umfangs der Personalübernahmeverpflichtung zu bestimmen, könne es keinen Bedenken begegnen, wenn hierbei der ggf. von einem Bieter beabsichtigte Einsatz von Subunternehmern bedarfsmindernd berücksichtigt werden könne. Dem würden weder europarechtliche Vorgaben entgegenstehen, noch liege dies außerhalb des Beurteilungsspielraums des Auftraggebers, den § 131 Abs. 3 GWB durch den unbestimmten Rechtsbegriff „unmittelbar erforderlich“ eröffnet.
Die Vergabeunterlagen würden auch hinsichtlich der Regelungen zur Anordnung des Personalübergangs keine widersprüchlichen Vorgaben enthalten. Ein solcher Widerspruch werde von der Antragstellerin auch lediglich behauptet, ohne dass sie in der Lage wäre, näher auszuführen, worin genau der von ihr erkannte Widerspruch liegen solle. Insbesondere sei in Ziffer 3.10 der Leistungsbeschreibung eindeutig und widerspruchsfrei geregelt, welche Arbeitnehmer bei der Darstellung des Personalbedarfs berücksichtigt werden würden und welche nicht. Auch die Antragstellerin könne die Vorgaben hier unstreitig erfassen, ohne dass es diesbezüglich Aufklärungsbedarf für sie gäbe. Auch die von der Antragstellerin eingereichte Rüge vom 06.07.2017 lasse erkennen, dass der Inhalt dieser Regelung für sie eindeutig verständlich sei. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang die Auffassung vertrete, die angeblich widersprüchlichen Vorgaben in der Leistungsbeschreibung hätten einen „diskriminierenden Effekt“, so bleibe sie diesbezüglich ebenfalls einer substantiellen Begründung schuldig.
Insbesondere die behauptete Diskriminierung derjenigen Bieter, die den zu vergebenden Auftrag mit eigenem Personal zu erbringen beabsichtigen, gegenüber den mit einem Nachunternehmereinsatz planenden Bietern, liege nicht vor. Insofern werden von der Antragstellerin bereits keine tauglichen Vergleichsgruppen gebildet. Denn jeder Bieter könne selbst im Rahmen seiner freien Angebotskalkulation entscheiden, ob und ggf. inwieweit ein Nachunternehmereinsatz erfolgen solle.
Aus demselben Grund liege hier auch keine „positive Diskriminierung des Nachunternehmereinsatzes“ vor. Diese scheide schon deshalb aus, weil die Vergabeunterlagen nicht festlegen, dass der vorgesehene Nachunternehmereinsatz sich bedarfsmindernd auswirke. Sie würden lediglich den Bietern gestatten, diesen bei der Darlegung ihres Personalkonzepts zu berücksichtigen.
Eine Ungleichbehandlung läge darüber hinaus dann vor, wenn die Wettbewerber der Antragstellerin an deren Personalkonzept für den bisherigen Auftrag gebunden wären. Die hier in Rede stehende Regelung in Ziffer 3.10 der Leistungsbeschreibung habe nach alledem entgegen der Behauptung der Antragstellerin gerade nicht zur Folge, dass die Bieter ungleich behandelt und die Antragstellerin diskriminiert werden. Im Gegenteil werde durch diese Regelung eine Ungleichbehandlung und Diskriminierung der Wettbewerber der Antragstellerin verhindert.
Eine Gefahr, dass die Angebote nicht vergleichbar seien, werde durch die Regelung in Ziffer 3.10 der Leistungsbeschreibung nicht geschaffen. Dass einzelne Bieter in ihren Angeboten ggf. einen Einsatz von Nachunternehmern vorsehen, während andere Bieter eine weitgehende Eigenerbringung vorsehen, sei Ausdruck und Wesen des Wettbewerbs zwischen den Bietern. Inwieweit darunter die Vergleichbarkeit der Angebote leiden solle, sei nicht ersichtlich. Entgegen der Behauptung der Antragstellerin wäre die Vergleichbarkeit der Angebote auch dann nicht gefährdet, wenn sich der zu übernehmende Personenkreis für verschiedene Bieter unterschiedlich darstellen würde.
Mit Schreiben vom 06.09.2017 erwiderte die Antragstellerin, dass Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin zu 1 an der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags keine Zweifel bestehen würden. Gegenstand des Nachprüfungsantrags sei eine vergaberechtliche Vorschrift, die auch Interessen der Antragstellerin wahren solle. Ihre Nichtbeachtung könne zu einem Schaden der Antragstellerin führen. Die Rechtsverletzung sei rechtzeitig gerügt worden.
Weiter wurde erläutert, dass ein „Erkennen“ im Sinne des § 160 Abs. 3 GWB nach einer am 27.06.2017 stattgefundenen Telefonkonferenz gegeben gewesen sei. In dieser Telefonkonferenz sei man zu der gemeinsamen Bewertung gekommen, dass die bedarfsmindernde Anrechnung des Nachunternehmereinsatzes mit den Anforderungen des § 131 Abs. 3 GWB nicht vereinbar sei.
Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag begründet. Die Antragsgegner hätten in ihrer Ausschreibung die Reichweite der Vorschrift des § 131 Abs. 3 GWB rechtswidrig verkürzt. Der Versuch der Antragsgegnerin zu 1, aus Satz 2 der Vorschrift ein freies Bestimmungsrecht des Auftraggebers hinsichtlich der Reichweite des Betriebsübergangs abzuleiten, könne nicht überzeugen.
Die Einlassungen der Antragsgegnerin zu 1 offenbaren zudem tiefe Missverständnisse der arbeitsrechtlichen Bedeutung der Vorschrift, die zu rechtsirrigen vergaberechtlichen Bewertungen führen.
Hierzu nahm die Antragsgegnerin zu 1 mit Schriftsatz vom 19.09.2017 Stellung.
Der ehrenamtliche Beisitzer hat die Entscheidung über die Beiladung, den Umfang der Akteneinsicht sowie im Falle eines Rücknahmebeschlusses auf den Vorsitzenden und die hauptamtliche Beisitzerin übertragen.
Der Antragstellerin wurde mit Beschluss vom 06.10.2017 nur Einsicht in die Seite 1 und in die Ausführungen zu „Anordnung eines Personalübergangs“ auf den Seiten 16 und 17 des Vergabevermerks der Vergabestelle gem. § 8 Abs. 2 VgV gewährt.
Mit Schreiben vom 13.10.2017 nahm die Antragstellerin zu der ihr gewährten Akteneinsicht Stellung. Demnach sei der Nachprüfungsantrag zulässig und begründet. Die Einsicht in die Vergabeakten dokumentiere, dass die Antragsgegner ohne nähere Begründungserwägungen rechtlich unzutreffend von ihrer Befugnis ausgegangen seien, die Reichweite des anzuordnenden Betriebsübergangs betreiberindividuell unter Berücksichtigung einer Subunternehmerquote zu reduzieren.
Die Vergabekammer hat mit Schreiben vom 27.10.2017 die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung am 10.11.2017 um 09.30 Uhr geladen.
Die mündliche Verhandlung fand am 10.11.2017 in den Räumen der Regierung von Oberbayern statt. Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert. Eingehend wurde erörtert, wann die Antragstellerin gemäß § 160 Abs. 3 S.1 Nr.1 GWB den geltend gemachten Verstoß gegen § 131 Abs. 3 GWB erkannt hat. Da die Frage nicht vollständig geklärt werden konnte, wurde die Antragstellerin aufgefordert, bis 16.11.2017 sich diesbezüglich zu äußern und entsprechende Unterlagen vorzulegen. Die Antragsgegnerin zu 1) verwies bezüglich des ihrer Ansicht nach fehlenden Eintritts eines drohenden Schadens auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 06.12.2004 (Az.: Verg 79/04).
Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 16.11.2017 erläuterte die Antragstellerin in Ergänzung zu den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, zu welchem Zeitpunkt und aus welchem Anlass die rechtliche Überprüfung der streitgegenständlichen Klausel der Vergabeunterlagen initiiert wurde. Sie bestätigte, dass im gegenständlichen Vergabeverfahren der Vorsitzende der Regionalleitung und Prokurist der … AG, Region Bayern, Herr F.., über die Erhebung von Rügen entscheide. In einem Besprechungstermin am 13.06.2017 stellte die Projektleiterin, Frau K.., die Ausschreibung der Regionalleitung, Herrn F.., vor. Im Rahmen dieser Besprechung wurde Herr F.. erstmalig auf die Bestimmung der Ziff.3.10 der Vergabeunterlagen hingewiesen, nach der der Einsatz von Subunternehmern bei Wettbewerbern bedarfsmindernd hinsichtlich des zu übernehmenden Personals in Ansatz gebracht werden kann. Anschließend bat Herr F. Frau K. eine Überprüfung in rechtlicher Hinsicht unter Beteiligung der Rechtsabteilung der … zu veranlassen. In der daraufhin durchgeführte Telefonkonferenz, an der neben Frau K.. u.a. die Mitarbeiter der Rechtsabteilung, Herr Dr. S., und der Arbeitsrechtsabteilung, Herr Dr. Sch., teilnahmen, wurde entschieden, die Ausschreibungsbedingungen zu rügen, da die beteiligten Juristen sie nicht für vereinbar mit § 131 Abs. 3 GWB hielten. Der von Herrn Dr. S.. erarbeitete Rügeentwurf wurde am 28.06.2017 an Herrn F.. übermittelt. In einem Telefonat am 29.06.2017 stellte Frau K.. Herrn F.. die Rüge vor, vorauf hin dieser entschied, die Rüge zu versenden.
Mit Schreiben vom 23.11.2017 teilte die Antragsgegnerin zu 1 mit, dass die Antragsgegner im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer entschieden hätten, der Rüge der Antragstellerin vom 08.07.2017 abzuhelfen. Sie hätten hierzu die streitgegenständliche Regelung, nach der im Rahmen der Umsetzung der Vorgaben an die Anordnung eines Personalübergangs gemäß §°131 Abs. 3 GWB ein etwaiger bereits bei der Angebotsabgabe beabsichtigter Einsatz von Subunternehmern bedarfsmindernd berücksichtigt werden dürfe, aus der diesbezüglichen Bestimmung in Kapitel 3.10 der Leistungsbeschreibung ersatzlos gestrichen. Dies sei allen Bewerbern im Rahmen einer Bewerberinformation vom heutigen Tage mitgeteilt worden. Zudem sei den Bewerbern eine entsprechend überarbeitete Leistungsbeschreibung zur Verfügung gestellt worden.
Da dem Abhilfebegehren der Antragstellerin damit vollumfänglich entsprochen worden sei, erkläre die Antragsgegnerin zu 1. den Rechtsstreit hiermit für erledigt.
Weiter wurde ausgeführt, dass der Ausgang des Nachprüfungsverfahrens trotz der in der mündlichen Verhandlung geäußerten vorläufigen Einschätzung der Vergabekammer weiterhin für offen gehalten werde.
In Hinblick auf den Auftragswert werde auf den Beschluss des OLG München vom 17.09.2015, Verg 3/16 verwiesen. Dabei habe das Gericht eine Schätzung des Auftragswertes anhand einer auf 48 Monate begrenzten Laufzeit des abzuschließenden Verkehrsvertrags vorgenommen und im dortigen Verfahren danach einen Auftragswert von … Mio. € geschätzt. Da im hiesigen Vergabeverfahren noch keine Angebote der Bieter vorlägen, könne der Auftragswert auch hier nur im Rahmen einer Schätzung ermittelt werden. Unter Berücksichtigung dessen, dass das Auftragsvolumen des Netzes der … knapp dreimal so groß ausfällt wie das hier streitgegenständliche E-Netz A.., wäre im hiesigen Nachprüfungsvorfahren unter Zugrundelegung der vom OLG München angewandte Maßgaben ein Auftragswert von ca. 23 Mio. € zu schätzen.
Mit Schreiben vom 27.11.2017 schloss sich die Antragstellerin der Erledigungserklärung der Antragsgegnerin zu 1) an. Weiter führte die Antragstellerin aus, dass die Verpflichtung der Antragsgegnerin zu 1) zur Übernahme der Verfahrenskosten schon aufgrund der Abhilfeentscheidung der Billigkeit entspreche, da damit die Antragstellerin materiell obsiegt habe. Allein der Umstand, dass dem Begehren der Antragstellerin durch die Auftraggeberin in vollem Umfang abgeholfen wurde, führe nach dem Maßstab des § 182 Abs. 3, Abs. 4 GWB daher zum Ausspruch der Kostentragungspflicht. Unabhängig davon seien die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsverfahrens entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin zu 1) keineswegs offen, sondern der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war von Anfang an zulässig und begründet.
Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
II.
1. Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i.V.m. §§ 1 und 2 BayNpV.
Gegenstand der Vergabe ist ein Dienstleistungsauftrag (Verkehrsvertrag) i. S. d. § 103 Abs. 4 GWB. Die Antragsgegner sind Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr.1 und Nr.2 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgebliche Schwellenwert in Höhe von 209.000 Euro.
Eine Ausnahmebestimmung der §§ 107 – 109 GWB liegt nicht vor.
2. Durch die Erklärung der Antragsgegnerin zu 1, der Rüge der Antragstellerin vom 08.07.2017 abzuhelfen, hat sich das Nachprüfungsverfahren erledigt.
Die Erledigung des Nachprüfungsantrags hat zur Folge, dass das Verfahren einzustellen und nur noch über die Kosten und die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten zu entscheiden ist.
2.1 Nach § 182 Abs. 3 S. 4, 5 GWB trifft die Antragsgegner aus Gründen der Billigkeit insoweit die Kostenlast, weil sie durch die Abhilfe der Rüge der Antragstellerin dem Nachprüfungsverfahren die Grundlage entzogen haben. Im Übrigen trifft die Antragsgegner aus Gründen der Billigkeit auch insoweit die Kostenlast, als nach dem zu erwartenden Verfahrensausgang (vgl. BGH, Beschluss vom 25.01.2012, Az.: X ZB 3/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2011, Az.: Verg 14/11, VK Hessen, Beschluss vom 22.03.2016, Az.: 69d-VK-6/2016) der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nach summarischer Prüfung auch zulässig und begründet gewesen wäre.
2.1.1 Der Nachprüfungsantrag wäre zulässig gewesen.
2.1.1.1 Die Antragsbefugnis der Antragstellerin nach § 160 Abs. 2 GWB war gegeben. Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es ein Interesse am Auftrag hat, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt.
Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Teilnahmeantrags nachgewiesen und sich für das weitere Vergabeverfahren qualifiziert. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Die Angebotsfrist war zum Zeitpunkt der Stellung des Nachprüfungsantrages noch nicht abgelaufen, sodass die Antragstellerin gar kein Angebot abgeben konnte oder musste.
Die Antragstellerin behauptet eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB. Bei § 131 Abs. 3 GWB handelt es sich aufgrund ihres Wettbewerbsbezug um eine Bestimmung über das Vergabeverfahren nach § 97 Abs. 6 GWB.
Nach der sog. Schutznormlehre kann ein Unternehmen nur insoweit die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren beanspruchen, als die entsprechenden Vorschriften seinen Schutz als Bieter oder potentiellen Bieter bezwecken. Eine Vorschrift ist nicht bieterschützend, wenn sie den Interessen der Allgemeinheit dient. Vielmehr muss die Vorschrift Wettbewerbsbezug aufweisen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.04.2011, Az.: 15 Verg 1/11). Nach der Gesetzesbegründung sollen mit der Regelung in § 131 Abs. 3 S.2 GWB potenzielle Wettbewerbsvorteile neuer Betreiber erhalten bleiben (BT-Drucksache 18/7086, S.15). Somit ist sie zumindest auch dem Interesse des Bieters, der nicht der bisherige Betreiber ist, zu dienen bestimmt. In der Literatur wird die Meinung vertreten, dass die Vorschrift nicht den Schutz des bisherigen Betreibers bezweckt. Dem kann so nicht gefolgt werden. Macht der öffentliche Auftraggeber von seiner Anordnungsbefugnis nach § 131 Abs. 3 S.1 GWB in vergaberechtswidriger Weise Gebrauch, z.B. indem er die Übernahmeregelung dergestalt trifft, dass bestimmte Bieter – gegenüber anderen Bietern – einen nicht zu rechtfertigenden Wettbewerbsvorteil erhalten, da ihnen Kalkulationsrisiken wie z.B. die ungewisse Anzahl über die tatsächlich übergehenden Arbeitnehmer abgenommen werden, so kann auch der bisherige Betreiber gegenüber den bevorteilten Bietern benachteiligt sein. Gegen diesen vom öffentlichen Auftraggeber geschaffenen vergaberechtswidrigen Wettbewerbsnachteil muss der bisherige Betreiber vorgehen können, sodass der Weg zu den Nachprüfungsinstanzen auch für den bisherigen Betreiber eröffnet ist (ebenso: Reidt/Stickler, VergabeR 2016, 708, 716f). Die Regelung des § 131 Abs. 3 S.1 GWB wirkt sich also auf den Wettbewerb generell aus und folglich handelt es sich um eine Bestimmung über das Vergabeverfahren nach § 97 Abs. 6 GWB und nicht nur um eine Bestimmung, die lediglich die Durchführung eines öffentlichen Vertrages betrifft (VK Sachsen, Beschluss vom 13.12.2013, Az.: 1/SVK/038/13).
Sollten die Antragsgegner vorliegend mit ihrer getroffenen Übernahmeregelung einigen Bietern einen nicht zu rechtfertigenden Wettbewerbsvorteil und der Antragstellerin einen damit einhergehenden nicht zu rechtfertigenden Wettbewerbsnachteil verschafft haben, führt dies zu einer Verschlechterung der Zuschlagschancen des Angebots der Antragstellerin. Mithin droht ihr ein finanzieller Schaden.
Denn dass einerseits die (mögliche) bedarfsmindernde Berücksichtigung des Einsatzes von Subunternehmern nach Ziff. 3.10 der Leistungsbeschreibung die Kalkulation erleichtert, andererseits die Übernahme der Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers ohne bedarfsmindernde Berücksichtigung des Einsatzes von Subunternehmern die Kalkulation erschwert, dürfte evident sein. Das Verlangen des öffentlichen Auftraggebers an den ausgewählten Betreiber, die Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers zu übernehmen, erschwert eine seriöse Kalkulation und Personalplanung (Fandrey in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 131 GWB, Rdnr. 42). Denn der Bieter weiß zum Zeitpunkt seiner Kalkulation nicht, welche der in den Vergabeunterlagen genannten Beschäftigten überhaupt zu ihm wechseln möchten. Sollte die von den Antragsgegnern getroffene Regelung, dass der geplante Einsatz von Subunternehmern bedarfsmindernd berücksichtigt wird oder werden kann, vergaberechtswidrig sein, was in der Begründetheit festzustellen sein wird, so würde den entsprechenden Bietern die Kalkulation unzulässigerweise erleichtert werden und ihnen mithin ein Wettbewerbsvorteil entstehen, der ihre Zuschlagschancen verbessern würde. Zwar ist die Antragstellerin von der gegenständlichen Regelung nicht direkt betroffen. Aber so wie diese Regelung die Zuschlagschancen der Angebote einiger Bieter verbessern könnte, schafft sie damit im Gegenzug eine Verschlechterung der Zuschlagschancen des Angebots der Antragstellerin. Denn mit der Verbesserung der Zuschlagschancen der entsprechenden Bieter kann logischerweise nur die Verschlechterung der Zuschlagschancen des Angebots der Antragstellerin einhergehen. Die Antragstellerin ist also indirekt von der Regelung betroffen. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 06.12.2004, Az.: Verg 79/04) ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin zu 1 hingegen nicht einschlägig.
2.1.1.2 Die Antragstellerin hat innerhalb der Frist nach § 160 Abs. 3 S.1 Nr.3 GWB gerügt.
Unabhängig davon, ob § 160 Abs. 3 S.1 Nr.1 GWB bereits vor Ablauf der Angebotsfrist und damit neben § 160 Abs. 3 S.1 Nr.2 und Nr.3 GWB Geltung beanspruchen kann (verneinend: OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Az. Verg 2/12), hat die Antragstellerin auch nach § 160 Abs. 3 S.1 Nr.1 GWB rechtzeitig gerügt. Die Antragstellerin hat frühestens am 27.06.2017 positive Kenntnis vom vermeintlichen Vergabeverstoß erlangt. Die Rüge am 06.07.2017 erfolgte innerhalb von 10 Kalendertagen ab Kenntniserlangung und damit rechtzeitig.
Die Antragsgegner vermögen nicht den Beweis zu erbringen, dass die Antragstellerin vor dem 26.06.2017 in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht positive Kenntnis von dem vergaberechtswidrigen Gebrauchmachen der Anordnungsbefugnis nach § 131 Abs. 3 S.1 GWB durch die Antragsgegner erlangt hat. Für den Beginn der Rügeverpflichtung ist sowohl die vollständige Kenntnis der Tatsachen, aus denen die Beanstandung im Nachprüfungsverfahren abgeleitet wird, als auch eine zumindest laienhafte rechtliche Bewertung, dass diese Tatsachen zu einer Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren führen, erforderlich (BGH, Beschluss vom 26. 9. 2006, Az.: X ZB 14/06, Rdnr. 35; dem folgend u.a.: OLG Brandenburg, Beschluss vom 28. 8. 2012, Az.: Verg W 19/11; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.04.2011, Az.:15 Verg 3/11; OLG Dresden, Beschluss vom 23.04. 2009, Az.: WVerg 11/08). Sowohl schriftsätzlich als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung erläuterte die Antragstellerin, dass ihre Projektleiterin, Frau K., anlässlich einer Telefonkonferenz mit einem Mitarbeiter der Rechtsabteilung, Herrn Dr. S., am 27.06.2017, sowie der rügebevollmächtigte Prokurist, Herr F., erst nach dieser Telefonkonferenz, nämlich erst mit Erhalt des Rügeentwurfs am 28.06.2017 oder mit dem Telefonat am 29.06.2017, den vermeintlichen Vergabeverstoß i.S.v. § 160 Abs. 3 S.1 Nr.1 GWB erkannt haben. Da bei juristischen Personen die Kenntnis nicht zwingend beim vertretungsberechtigten Organ liegt, ist ausreichend, wenn derjenige Kenntnis hat, der befugt ist für ein Unternehmen im konkreten Vergabeverfahren verbindliche Erklärungen abzugeben (Hofmann, in: Müller-Wrede, GWB Vergaberecht Kommentar, § 160 Rdnr.60 mit weiteren Nachweisen). Dies ist vorliegend der zur Rüge bevollmächtigte Regionalleiter. Es kann aber dahinstehen, ob hier nicht bereits die Kenntnis der Projektleiterin, die zwar nicht zur Rüge bevollmächtigt ist aber als Projektleiterin bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und Informationen zur Kenntnis zu nehmen und weiterzugeben hat (so Dicks, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht § 107 GWB Rdnr. 42), maßgeblich ist, da diese erst am 27.06.2017 positive Kenntnis erlangt hat. Die Rüge ist damit in jedem Fall rechtzeitig erfolgt. Auf die Kenntnis des Mitarbeiters der Rechtsabteilung, Herrn Dr. S…, kommt es hingegen nicht an, da dieser Mitarbeiter der … AG und mithin nicht Mitarbeiter der Antragstellerin ist. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte an den Angaben der Antragstellerin zu zweifeln.
Auch das von der Antragsgegnerin zu 1) genannte Rechtsgutachten, das die Neuregelung des § 131 Abs. 3 GWB behandelt (Reidt/Stickler, VergabeR 2016, S.708 ff.), führt zu keiner anderen Bewertung. Allein die Kenntnis der maßgeblichen Personen von diesem Gutachten reicht nicht aus. Vielmehr hätten die Personen, die dieses Gutachten kennen, gleichzeitig das hier gegenständliche Vergabeverfahren mit seinen konkreten Bestimmungen kennen müssen. Dies ist hier nicht ersichtlich. Die Projektleiterin hat sich zwar mit den Vergabeunterlagen befasst, kennt aber das Gutachten nicht. Ob der Regionalleiter das Gutachten kannte, braucht nicht geklärt zu werden. Nach dem Vortrag der Antragstellerin wurde dieser aber erst in dem Besprechungstermin am 13.06.2017 erstmalig auf die Bestimmung der Ziff.3.10 der Leistungsbeschreibung hingewiesen. Erst anschließend bat Herr F.. Frau K.. eine Überprüfung in rechtlicher Hinsicht unter Beteiligung der Rechtsabteilung der … AG zu veranlassen. Daraus kann nur geschlossen worden, dass Herr F.. – womöglich im Wissen um das vorgenannte Rechtsgutachten – zwar vermutet haben könnte, dass die Bestimmung der Ziff.3.10 der Leistungsbeschreibung vergaberechtswidrig sein könnte. Vermutungen reichen aber nicht aus. In rechtlicher Hinsicht bedarf es der zumindest laienhaften rechtlichen Bewertung, dass die Bestimmungen des konkreten Vergabeverfahrens, also der von den Antragsgegnern hier in Ziff.3.10 der Leistungsbeschreibung getroffenen Regelung, zu einer Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren führen. Diese rechtliche Bewertung vorzunehmen sah sich der Regionalleiter augenscheinlich außerstande und überließ diese der Rechtsabteilung der … AG. Erst als ihm die Bewertung der Rechtsabteilung in Form des Rügeentwurfs vorlag, verfügte er über die nach § 160 Abs. 3 S.1 Nr.1 GWB erforderliche Kenntnis. Für eine Kenntnis im Sinne des § 160 Abs. 3 S.1 Nr.1 GWB kann es zwar nicht als erforderlich angesehen werden, dass der Bieter ein Verhalten als definitiv vergaberechtswidrig einordnet. Insoweit darf die erforderliche Kenntnis nicht mit der Gewissheit über das Bestehen des Vergaberechtsverstoßes verwechselt werden. Diese gewinnt der Antragsteller freilich erst am Ende des Nachprüfungs- oder Beschwerdeverfahrens. Zu verlangen ist also mindestens ein Zustand, in dem ein beanstandetes Vergabeverhalten auch in rechtlicher Hinsicht als problematisch eingestuft wird und nicht nur bloße Rechtszweifel bestehen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.02.2007, Az.: 17 Verg 7/06). Dieser Zustand bestand nach der Überzeugung der Kammer bei der Projektleiterin, Frau K., frühestens am 27.06.2017 und bei dem rügebevollmächtigten Regionalleiter und Prokuristen, Herrn F., frühestens am 28.06.2017.
2.1.2 Der Nachprüfungsantrag wäre auch begründet gewesen. Mit der Regelung in Ziff.3.10 der Leistungsbeschreibung, wonach der Einsatz von Subunternehmern bei der Übernahme von Arbeitnehmern des bisherigen Betreibers bedarfsmindernd berücksichtigt wird, verstoßen die Antragsgegner gegen § 131 Abs. 3 S.1 GWB und verletzen hierdurch die Antragstellerin in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB.
§ 131 Abs. 3 S.1 GWB regelt zum Einen, dass öffentliche Auftraggeber verlangen sollen, dass bei einem Wechsel des Betreibers der ausgewählte Betreiber die Arbeitnehmer, die beim bisherigen Betreiber für die Erbringung dieser Verkehrsleistung beschäftigt waren, übernimmt und zum Anderen, dass er ihnen die Rechte gewährt, auf die sie Anspruch hätten, wenn ein Übergang gemäß § 613a BGB erfolgt wäre.
Der Regierungsentwurf enthielt lediglich eine „Kann“-Regelung, ebenso Art.4 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Mit der „Soll“-Regelung wird die Anordnung der Übernahme von Arbeitnehmern des bisherigen Betreibers zwar zum Regelfall. Ein Abweichen von der Anordnung bleibt aber bei Vorliegen eines sachlichen Grundes weiterhin möglich (so ausdrücklich nach der Begründung BT-Drucksache 18/6281, S.154 und der Beschlussempfehlung, BT-Drucksache 18/7086, S.14). Je nach den Bedingungen des Einzelfalls kann der öffentliche Auftraggeber von einer Anordnung absehen (Beschlussempfehlung, BT-Drucksache 18/7086, S.14), wobei es sich dabei um atypische Fälle handeln muss (Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Auflage, § 40, Rdnr.64). Das sind solche, in denen konkrete, nicht von dem öffentlichen Auftraggeber selbst zu vertretende überwiegende Gründe für das Abweichen von der Norm sprechen. Der öffentliche Auftraggeber darf von der Regel nur in Fällen abweichen, in denen die für den Normalfall geltende Regelung von der ratio legis offenbar nicht mehr gefordert wird (Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Auflage, § 40, Rdnr.64). Das Vorliegen eines solchen atypischen Falles ist von den Nachprüfungsinstanzen voll überprüfbar.
Dem öffentlichen Auftraggeber steht in atypischen Fällen sodann ein Beurteilungsspielraum zu, ob und in welchem Umfang er von einer Anordnung der Übernahme der Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers absieht. Wenn der öffentliche Auftraggeber in atypischen Fällen komplett von der Anordnung der Übernahme der Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers absehen kann, so kann er erst recht den Umfang der Übernahme der Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers begrenzen (argumentum a maiore ad minus). Er hat dabei die Erbringung von effizienten Verkehrsdienstleistungen einerseits und die Belange der Arbeitnehmer andererseits sowie den Wettbewerb zu berücksichtigen (Beschlussempfehlung, BT-Drucksache 18/7086, S.14). Die „Soll“-Regelung anstatt einer „Kann“-Regelung, entsprechend der europäischen Vorgabe nach der Verordnung (EG) Nr.1370/2007, bezweckt nämlich eine stärkere Sicherung der Arbeitsplätze der Arbeitnehmer. Gleichzeitig soll aber auch die Qualität und Leistungsfähigkeit der Personenverkehrsleistungen in Eisenbahnverkehr gefördert werden (Begründung BT-Drucksache 18/6281, S.154).
Der Antragstellerin ist deshalb nicht zu folgen, wenn sie meint, die Norm sei das Ergebnis eines Abwägungsvorgangs zwischen widerstreitenden Interessen, da die gesamte Regelung des § 131 Abs. 3 GWB schon im Ausgangspunkt „massiv in die Personalplanung und die Angebotskalkulation“ eingreife und das Gesetz im Interesse des Arbeitnehmerschutzes diesen Eingriff hinnehme. Nicht die Regelung des § 131 Abs. 3 GWB ist das Ergebnis eines Abwägungsvorgangs, vielmehr hat der öffentliche Auftraggeber bei Vorliegen eines sachlichen Grundes selbst eine Ermessensentscheidung zu treffen. Nach der Gesetzesbegründung war ausdrücklich nicht gewollt, die Ermessenausübung des Auftraggebers auf null zu reduzieren (Begründung BT-Drucksache 18/6281, S.154).
Vorliegend wurde aber weder vorgetragen, noch ist es ersichtlich, dass ein atypischer Fall gegeben ist. Demzufolge mussten die Antragsgegner die Übernahme der Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers nach § 131 Abs. 3 S.1 GWB verlangen. Dies haben die Antragsgegner in Ziff.3.10 der Leistungsbeschreibung zunächst auch getan.
Sodann stellt sich die Frage, wer zu dem Kreis der Berechtigten, also der zu übernehmenden Arbeitnehmer, gehört. Die sprachliche und grammatikalische Exegese von § 131 Abs. 3 S.1 und 2 GWB geben diesbezüglich wenig Aufschluss. Die gewählten Formulierungen sind bewusst (siehe BT-Drucksache 18/7086, S.14) allgemein gehalten und bieten einen weiten Interpretationsspielraum. § 131 Abs. 3 S.2 GWB selbst konkretisiert den Kreis der Berechtigten lediglich dahingehend, als dass die Arbeitnehmer, die „für die Erbringung der übergehenden Verkehrsleistung unmittelbar erforderlich“ sind, erfasst sind. Einzig die Gesetzesbegründung gibt Aufschluss darüber, wer zu dem Kreis der Berechtigten gehört. Nach der Gesetzesbegründung richtet sich dies nach dem Bedarf des neuen Betreibers, da damit potenzielle Wettbewerbsvorteile neuer Betreiber erhalten bleiben sollen (BT-Drucksache 18/7086, S.15). Dies kann nur so verstanden werden, dass der Bieter ein eigenes Personalkonzept aufstellen darf und sein bereits vorhandenes Personal berücksichtigt werden muss. Sind nach seinem Personalkonzept weniger Arbeitnehmer für die Erbringung der übergehenden Verkehrsleistung unmittelbar erforderlich als beim bisherigen Betreiber, so ist demnach diese Anzahl ausschlaggebend.
Hiergegen könnte sprechen, dass nach der Vorstellung der Koalitionsfraktionen im Gesetzgebungsverfahren ein Abweichen von der Anordnung des Personalübergangs durch öffentliche Auftraggeber weiterhin möglich bleibt, wenn z.B. „der Zuschnitt des Personenverkehrsnetzes in Bezug auf Bedarf und Qualifikation erheblich vom Status Quo abweicht (Mehr-/Minderleistungen durch Vergrößerung oder Verkleinerung von Netzen mit Auswirkung auf den Personaleinsatz, Änderungen in der Traktionsart etc.)“ (BT-Drucksache 18/7086, S.14). Ein Abweichen von der Anordnung des Personalübergangs scheint in dieser Situation gar nicht erforderlich zu sein, wenn davon auszugehen wäre, dass die Übernahme ohnehin nur die Verkehrsleistung betrifft, soweit sie mit der bisherigen und der neuen Verkehrsleistung übereinstimmt (S.1: „dieser Verkehrsleistung“, S.2: „der übergehenden Verkehrsleistung“) und nur so viele Arbeitnehmer zum neuen Betreiber wechseln können, wie es dessen Bedarf entspricht.
Dieser Gedanke ist allerdings zu kurz gegriffen. Abgesehen vom bisherigen Betreiber werden die Bieter immer ein Interesse daran haben, dass der öffentliche Auftraggeber von der Anordnung des Personalübergangs abweicht. Im Falle einer erheblichen – also keiner geringfügigen oder üblichen – Abweichung vom Status Quo kann es sich nach den Umständen des Einzelfalls durchaus um einen atypischen Fall handeln. Dann könnte der öffentliche Auftraggeber von der Anordnung des Personalübergangs auch komplett abweichen und damit den gegenüber dem Normalfall gestiegenen wirtschaftlichen Interessen der Bieter Rechnung tragen und den Wettbewerb damit fördern. Der Aussagegehalt erschöpft sich wohl darin ein Beispiel für das Vorliegen eines atypischen Falles zu benennen. Wäre man hier der Auffassung, dass aufgrund der Beschreibung des Beispiels im Regelfall sämtliche Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers ohne Berücksichtigung des Bedarfs des neuen Betreibers übergehen, so stünde dies im Widerspruch zur Gesetzesbegründung, die aber eindeutig auf den Bedarf des neuen Betreibers abstellt und zudem eine Begründung hierfür gibt.
Weiter spricht dafür, auf den Bedarf des neuen Betreibers abzustellen, dass die gegenteilige Auffassung zur Folge hätte, dass der neue Betreiber zusätzlich zu seinen Arbeitnehmern die Arbeitnehmer des alten Betreibers beschäftigen müsste. In diesem Fall wären die alten Arbeitnehmer des neuen Betreibers nicht vor einer betriebsbedingten Kündigung geschützt, wohingegen die übergehenden Arbeitnehmern des alten Betreibers vor einer Kündigung nach § 131 Abs. 3 S.1 GWB i.V.m. § 613a Abs. 4 S.1 BGB geschützt wären. Dies entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Die Intention war zwar „eine stärkere Sicherung der Arbeitsplätze der Arbeitnehmer“ (Begründung BT-Drucksache 18/6281, S.154). Die Arbeitnehmer des neuen Betreibers sind aber nicht weniger schutzwürdig als die des alten Betreibers. Die Antragstellerin geht deshalb insoweit fehl, als sie ausführt, dass nach der rechtlichen Konzeption des Gesetzes, dieses – wie bei einem Betriebsübergang – jedem betroffenen Arbeitnehmer des Altbetreibers einen Anspruch auf Erhalt seines Arbeitsplatzes geben will. Ein derart umfassender Personalübergang findet nur statt, wenn tatsächlich ein Betriebsübergang i.S.d. § 613a BGB vorliegt. Es ist deshalb auch sachgerecht auf den Bedarf des neuen Betreibers und nicht auf den bisherigen Betreiber abzustellen, wenn und soweit kein Betriebsübergang stattfindet.
Nicht herangezogen werden kann weiter ein Vergleich mit dem Personalübergang nach § 613a BGB. Denn die Formulierung in § 131 Abs. 3 S.1 GWB, wonach den Arbeitnehmern die Rechte zu gewähren sind, „auf die sie Anspruch hätten, wenn ein Übergang gemäß § 613a BGB erfolgt wäre“, regelt nicht, welche Arbeitnehmer übernommen werden müssen. Vielmehr wird hierdurch geregelt, welche Rechte den zu übernehmenden Arbeitnehmern zu gewähren sind, nämlich die Rechte nach § 613a BGB, also insbesondere der Eintritt des neuen Betreibers in die Rechte und Pflichten der im Zeitpunkt des Betreiberwechsels bestehenden Arbeitsverhältnisse (§ 613a Abs. 1 S.1 BGB), sowie der Kündigungsschutz nach § 613a Abs. 4 S.1 BGB.
Schließlich darf nach § 131 Abs. 3 S.2 GWB ein nach dem Personalkonzept geplanter Subunternehmereinsatz eines Bieters im Regelfall nicht (neben dem bereits vorhandenen Personal weiter) bedarfsmindernd berücksichtigt werden. Denn dies würde die vom Gesetzgeber intendierte stärkere Sicherung der Arbeitsplätze der Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers konterkarieren. Die Bieter haben nämlich aus verschiedenen, zum Teil bereits genannten Gründen kein oder wenig Interesse an der Übernahme der Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers. Um diese Übernahme zu verhindern, würde sich der Einsatz eines Subunternehmers geradezu aufdrängen. Sodann ist aber nicht nachvollziehbar, warum ein Bieter den Einsatz eines Subunternehmers vorsehen und gleichzeitig diesen nicht bedarfsmindernd geltend machen sollte. Die Ausgestaltung als Möglichkeit der Bedarfsminderung läuft damit de facto in Leere.
Die Übernahme der Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers erschwert nicht nur die Kalkulation, sondern auch die Personalplanung, da die Bieter zum Zeitpunkt der Abgabe ihres Angebotes nicht wissen, welche der Arbeitnehmer tatsächlich zum neuen Betreiber wechseln werden. Weiter können die Gehälter der Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers über denen der Arbeitnehmer des neuen Betreibers oder etwaiger Subunternehmer liegen, sodass die Bieter mit höheren Kosten zu kalkulieren haben. Schließlich müsste der neue Betreiber Arbeitnehmer übernehmen, die er nicht selbst ausgewählt und eingestellt hat.
Zudem bezweckt § 131 Abs. 3 S.1 und 2 GWB die Sicherung von bestehenden Arbeitsplätzen und nicht erst von geplanten Beschäftigungsverhältnissen.
Inwiefern unter Zugrundelegung dieser Sichtweise die Angebote der Bieter nicht vergleichbar sein sollten, erschließt sich der Kammer nicht.
Vorliegend stellt die nach Ziff.3.10 der Leistungsbeschreibung bedarfsmindernde Berücksichtigung des Einsatzes von Subunternehmern eine unzulässige Abweichung von dem im Regelfall zu verlangenden Personalübergang dar.
Es wurde weder vorgetragen oder dokumentiert, noch ist es ersichtlich, dass ein atypischer Fall gegeben ist. Demzufolge hätten die Antragsgegner die Übernahme der Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers nach § 131 Abs. 3 S.1 GWB verlangen müssen. Dies haben die Antragsgegner in Ziff.3.10 der Leistungsbeschreibung zunächst auch getan. Mit der aber ebenfalls in Ziff.3.10 der Leistungsbeschreibung erfolgten Regelung der bedarfsmindernden Berücksichtigung des Einsatzes von Subunternehmern nahmen die Antragsgegner von ihrem zuvor erfolgten Verlangen teilweise abstand. Auch dieses teilweise Abweichen vom Verlangen der Übernahme der Arbeitnehmer des bisherigen Betreibers hätte das Vorliegen eines sachlichen Grundes, vielmehr eines atypischen Falles und sodann einer Ermessensentscheidung bedurft. Diese wäre zu dokumentieren gewesen.
Die Antragstellerin ist insoweit auch in ihren Rechten verletzt, da Bieter, die den Einsatz von Subunternehmern planen einen vergaberechtswidrigen Kalkulationsvorteil haben. Bei fortbestehender Beschaffungsabsicht hätten die Antragsgegner die Vergabeunterlagen ändern und die Bieter erneut zur Abgabe eines Angebotes auffordern müssen.
2.1.3 Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann.
Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Bei der Gebührenbemessung stellt die wirtschaftliche Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens (und mit ihr das sog. Äquivalenzprinzip) den in erster Linie maßgebenden Anknüpfungspunkt dar (BGH, Beschluss vom 25.10.2011, Az.: X ZB 5/10; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.01.2004, Az.: VII – Verg 55/02; VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.02.2011, Az.: 1 VK 76/10); BayObLG, Beschluss vom 13.4.2004, Az.: Verg 005/04, Beschluss vom 20.1.2004, Az.: Verg 21/03). Das wirtschaftliche Risiko der Verfahrensbeteiligung ist regelmäßig in der Höhe des Brutto-Preises des Angebotes zu sehen, mit dem der jeweilige Verfahrensbeteiligte letztendlich im Verfahren der Nachprüfung des Vergabeverfahrens selbst unterlegen ist (VK Thüringen, Beschluss vom 22.01.2008, Az.: 360-4003.20-155/2008-002-WE). Auf die Kostenschätzung des öffentlichen Auftraggebers kann demgegenüber nur dann zurückgegriffen werden, wenn im Zeitpunkt der Gebührenfestsetzung entweder überhaupt keine Angebote eingegangen sind oder nur eine nicht hinreichend aussagekräftige Anzahl von Angeboten vorliegt (VK Münster, Beschluss vom 04.02.2005, VK 33/04). Dann bietet die Kostenschätzung zumindest einen Anhaltspunkt (OLG Naumburg, Beschluss vom 30.08.2005, Az.: 1 Verg 6/05; Beschluss vom 23.08.2005, Az.: 1 Verg 4/05; VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.10.2012, Az.: VK-SH 28/12).
Da zum Zeitpunkt der Gebührenfestsetzung keine Angebote vorlagen, ist auch mangels einer Kostenschätzung der Antragsgegner auf die Angaben im Vergabeakt zurückzugreifen. Auf Grundlage des in Anlage 15a der VGU genannten Preises ohne Infrastrukturkosten pro Zugkilometer beläuft sich der Auftragswert bei ca. … Mio. Zugkilometer jährlich und einer Vertragslaufzeit von 12 Jahren auf weit mehr als … €, sodass der Gebührenrahmen bis … Euro ausgeschöpft werden kann.
Da sich der Antrag vor der Entscheidung der Vergabekammer erledigt hat, reduziert sich die Gebühr auf die Hälfte, § 182 Abs. 3 S.4 GWB.
Der Antragsgegner zu 2 ist als Land von der Zahlung der Gebühr nach § 182 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 des Verwaltungskostengesetzes (Bund) vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung befreit.
Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft erstattet.
2.2 Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin beruht auf § 182 Abs. 4 S.3 1.HS GWB.
Die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters wird als notwendig i.S.v. § 182 Abs. 4 S.1 und 4 GWB i.V. m. Art. 80 Abs. 2 S.3, Abs. 3 S.2 BayVwVfG angesehen. Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, da eine umfassende Rechtskenntnis und damit eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nach dem GWB nicht erwartet werden kann. Zur Durchsetzung ihrer Rechte ist die Antragstellerin hier aufgrund der komplexen und bis dato völlig ungeklärten Rechtsmaterie auf anwaltliche Vertretung angewiesen. Hierüber hinaus war die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters notwendig, um die erforderliche „Waffengleichheit“ gegenüber der anwaltlich vertretenen Antragsgegnerin zu 1 herzustellen.


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