Arbeitsrecht

Versorgung, Ruhegehaltfähige Dienstzeit, Fachlehrer an Berufsschule, Ausbildung (Lehre) zum Schreiner, Besuch einer Berufsaufbauschule zur Erlangung der Fachschulreife

Aktenzeichen  B 5 K 20.750

Datum:
23.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31117
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBeamtVG Art. 20

 

Leitsatz

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Mit Zustimmung der Beteiligten kann das Gericht nach § 101 Abs. 2 VwGO über die Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
I. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Schreinerlehre vom 01.08.1970 bis 26.07.1973 als ruhegehaltfähige Dienstzeit. Mithin waren auch die klägerischen Versorgungsbezüge nicht neu festzusetzen. Vielmehr erweist sich der Versorgungsfestsetzungsbescheid des Landesamtes für Finanzen vom 08.06.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2020 als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Für die Anrechnung ruhegehaltfähiger Dienstzeiten im Beamtenversorgungsrecht ist grundsätzlich das bei Eintritt des Versorgungsfalls geltende Recht zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, B.v. 6.5.2014 – 2 B 90.13 – juris Rn. 6), hier Art. 20 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) vom 05.08.2010 (GVBl S. 410), der am 01.01.2011 an die Stelle der im Wesentlichen damit übereinstimmenden Vorschrift (vgl. LT-Drs. 16/3200 S. 466) des § 12 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) in der bis zum 31.08.2006 geltenden Fassung (vgl. § 108 Abs. 1 BeamtVG) getreten ist. Die zu § 12 BeamtVG a.F. sowie zum entsprechenden § 23 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) ergangene Rechtsprechung ist deshalb grundsätzlich auch auf Art. 20 BayBeamtVG übertragbar.
1. Nach Art. 20 Abs. 1 BayBeamtVG kann die Mindestzeit der vorgeschriebenen Ausbildung (insbesondere Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungszeit, übliche Prüfungszeit) (Nr. 1) sowie einer praktischen hauptberuflichen Tätigkeit, die für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschrieben ist (Nr. 2), als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, die Regelstudienzeit einer Fachschul- oder Hochschulausbildung einschließlich der Prüfungszeit bis zu drei Jahren. Die allgemeine Schulbildung zählt nicht zur vorgeschriebenen Ausbildung, auch dann nicht, wenn sie durch eine andere Art der Ausbildung ersetzt wurde (Art. 20 Abs. 3 BayBeamtVG).
Zeiten einer praktischen Ausbildung können nur als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden, wenn sie entweder eine außer der geforderten allgemeinen Schulbildung zusätzlich für die Übernahme in das Dienstverhältnis vorgeschriebene Ausbildung darstellt (Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG, vgl. BayVGH, U.v. 27.4.2018 – 3 B 17.1256 – juris Rn. 25; OVG Saarland, U.v. 5.7.2013 – 1 A 292/13 – juris Rn. 38: zusätzlich vorgeschriebene Ausbildung neben dem allgemein vorausgesetzten Hauptschulabschluss) oder wenn sie für die Wahrnehmung des Amtes als Vollzugsbeamter förderlich war (Art. 20 Abs. 2 BayBeamtVG, vgl. BayVGH, B.v. 12.11.2009 – 14 ZB 09.1484 – juris Rn. 3: zusätzlich freiwillige Ausbildung neben dem allgemein vorausgesetzten Hauptschulabschluss). Zeiten der geforderten allgemeinen Regelschulbildung sind nicht anzurechnen; dies gilt aber auch für eine andere Art der Ausbildung, durch die die an sich geforderte allgemeine Schulbildung ersetzt wird (Art. 20 Abs. 3 BayBeamtVG). Daher können Zeiten einer Lehre nicht als praktische Ausbildung gewertet werden, wenn diese (zugleich) auch dem Nachweis der geforderten allgemeinen Regelschulbildung dienen (vgl. BayVGH, U.v. 27.4.2018 – 3 B 17.1256 – juris Rn. 25; NdsOVG, U.v. 12.1.1999 – 5 L 4480/96 – juris Rn. 8).
Angeknüpft wird dabei an den Bildungsstand, der für das Dienstverhältnis allgemein vorgeschrieben ist, in das der Beamte eingestellt wurde. Was danach als allgemeine Schulbildung bzw. als zusätzlich vorgeschriebene oder als förderliche Ausbildung anzuerkennen ist, bestimmt sich nach den jeweiligen Vorschriften des Laufbahnrechts, die zur Zeit der Einstellung bzw. der Ausbildung des Beamten gegolten haben (vgl. BayVGH, B.v. 12.11.2009 – 14 ZB 09.1484 – juris Rn. 4).
Demgemäß kommt eine Berücksichtigung der Ausbildungszeit des Klägers weder nach Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG noch nach Art. 20 Abs. 1 Nr. 2 BayBeamtVG in Betracht.
a) Eine Berücksichtigung der Ausbildungszeit des Klägers nach Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG ist nicht möglich, weil die Ausbildung nach den bei der Ableistung geltenden Laufbahnvorschriften nicht für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschrieben war bzw. die geforderte allgemeine Regelschulbildung ersetzte.
Bei der Frage, welche Ausbildung i.S.d. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG (Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG) vorgeschrieben ist und ob sie eine geforderte allgemeine Schulbildung i.S.d. § 12 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG (Art. 20 Abs. 3 BayBeamtVG) ersetzt, hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst die Auffassung vertreten, dass es auf die im Zeitpunkt der Berufung in das Beamtenverhältnis geltenden Vorschriften des Laufbahnrechts ankomme (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.1992 – 2 B 90.91 – juris Rn. 5). In der Folge hat es demgegenüber auf die laufbahnrechtlichen Regelungen zur Zeit der Ableistung der jeweiligen Ausbildung abgestellt (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1996 – 2 C 28.95 – juris Rn. 17). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.1998 – 3 ZB 98.642 – juris Rn. 24). Eine Ausbildung ist vorgeschrieben i.S.d. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG (Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG), wenn sie nach den laufbahnrechtlichen Vorschriften zur Zeit ihrer Ableistung für die Übertragung des ersten statusrechtlichen Amtes erforderlich ist. Bei ihr muss es sich um eine allgemeine normative Einstellungsvoraussetzung handeln, die der Bewerber erfüllen muss, um in das Beamtenverhältnis übernommen zu werden; eine nur nützliche oder förderliche Ausbildung genügt insoweit nicht (vgl. BVerwG, B.v. 5.12.2011 – 2 B 103.11 – juris Rn. 11). Die Frage, ob der Bewerber in das Beamtenverhältnis berufen werden kann, bestimmt sich nach den im Zeitpunkt der Ernennung geltenden Vorschriften, v.a. den laufbahnrechtlichen Regelungen. Dagegen ist für die Frage der Berücksichtigung von Zeiten als ruhegehaltfähig nach Maßgabe von § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BeamtVG (Art. 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BayBeamtVG) das zur Zeit der jeweiligen Ausbildung maßgebliche Recht entscheidend (vgl. BVerwG, B.v. 6.5.2014 – 2 B 90.13 – juris Rn. 7). Dabei ist zu beachten, dass die Regelungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BeamtVG (Art. 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BayBeamtVG) insoweit einheitlich anzuwenden sind. Die Frage, ob eine andere Art der Ausbildung die geforderte allgemeine Schulbildung ersetzt darf deshalb nicht isoliert nach den zum Zeitpunkt der Berufung in das Beamtenverhältnis maßgeblichen Vorschriften beantwortet werden (BVerwG, B.v. 6.5.2014 – 2 B 90.13 – juris Rn. 8).
Diese Auslegung rechtfertigt sich aus dem Normzweck. § 12 Abs. 1 BeamtVG (Art. 20 Abs. 1 BayBeamtVG) soll eine Benachteiligung derjenigen Beamten, bei denen über die allgemeine Schulbildung hinaus eine zusätzliche Vorbildung oder eine praktische Tätigkeit als Einstellungsvoraussetzung gefordert wird, gegenüber solchen Beamten ausgleichen, die bereits unmittelbar nach dem Schulabschluss in das Beamtenverhältnis eintreten und damit schon von einem früheren Zeitpunkt an ruhegehaltfähige Dienstzeiten erwerben können (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.2005 – 2 C 28.04 – juris Rn. 14). Durch die Berücksichtigung der vom Beamten verbrachten Mindestzeit der außer der geforderten allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildungszeiten oder der Zeiten praktischer hauptberuflicher Tätigkeiten sollen die Unterschiede ausgeglichen werden, die dadurch entstehen können, dass für einzelne Laufbahnen einer Laufbahngruppe eine längere Ausbildung als für andere Laufbahnen oder eine praktische Tätigkeit vorgeschrieben ist. Dadurch sollen Verzögerungen durch Erfüllung der vorgeschriebenen Laufbahnvoraussetzungen vermieden werden. Entscheidend ist hierbei, dass der Beamte nicht in der Lage war, die durch die vorgeschriebene Ausbildung oder praktische Tätigkeit entstehende Verzögerung zu vermeiden, so dass auf die Vorschriften abzustellen ist, die zur Zeit der jeweiligen Ausbildung galten (vgl. BVerwG, B.v. 6.5.2014 – 2 B 90.13 – juris Rn. 7).
Eine Lehre zum Schreiner, wie sie der Kläger vorliegend absolviert hat, war allerdings in den seinerzeitigen beamten- und laufbahnrechtlichen Vorschriften für den Eintritt in die Laufbahn des gewerblichen Fachlehrers an Berufsschulen nicht vorgeschrieben. Dies gilt insbesondere sowohl für die Verordnung über die Laufbahnen der Lehrer an gewerblichen, kaufmännischen und hauswirtschaftlichen Berufsschulen und Berufsaufbauschulen (LbVBSch) vom 20.06.1962 (GVBl S. 138) als auch für die Verordnung über die Zulassung, Ausbildung und Prüfung für das Lehramt der gewerblichen Fachlehrer an Berufsschulen in Bayern (ZAPOgFlB) vom 16.12.1969 (GVBl S. 412, BayRS 2038-3-4-7-6-K). Nach dem hier maßgeblichen § 3 der ZAPOgFlB war für die Einstellung in die Laufbahn eines gewerblichen Fachlehrers der Nachweis über die erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Zeugnis über die Meisterprüfung oder die Industriemeisterprüfung der jeweiligen Fachrichtung (Nr. 1), der Nachweis über eine danach abgeleistete mindestens dreijährige erfolgreiche praktische Tätigkeit im Handwerk oder in der Industrie und die erfolgreiche Teilnahme an einem einjährigen pädagogischen Lehrgang (Nr. 3) erforderlich, vgl. § 3 Abs. 3 ZAPOgFlB. Die vor der Meisterprüfung absolvierte Lehre des Klägers zum Schreiner dagegen war für die Einstellung in die Laufbahn eines gewerblichen Fachlehrers nicht vorgeschrieben.
b) Im Unterschied zu einer neben der geforderten allgemeinen Schulbildung zusätzlich vorgeschriebenen Ausbildung, die der Bewerber absolvieren muss, um eingestellt werden zu können, besteht auch kein Grund, Zeiten einer für die Wahrnehmung des Amtes förderlichen Ausbildung auch dann als ruhegehaltfähig zu berücksichtigen, wenn durch sie lediglich die in erster Linie geforderte allgemeine Schulbildung ersetzt wird. Denn anders als bei einer zusätzlich zur allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung beruht die Verzögerung in diesem Fall nicht auf der Erfüllung der Laufbahnanforderung, sondern auf der Entscheidung des Bewerbers, eine andere Schulausbildung und eine zusätzliche Ausbildung zu absolvieren. Der Beamte ist auch in der Lage, die durch die Ersetzung der in erster Linie geforderten Schulbildung durch eine andere Art der Ausbildung entstehende Verzögerung, die sich auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit auswirkt, zu vermeiden, weil er grundsätzlich auch ohne den Umweg über eine Berufsausbildung von Anfang an den geforderten Schulabschluss hätte machen können, was allein in seinem Verantwortungsbereich liegt. Er kann sich auch nicht darauf verlassen, dass er durch eine andere Art der Ausbildung die für die Einstellung geforderte allgemeine Schulbildung ersetzen kann. Hinzu kommt, dass andernfalls Bewerber, die über die für die Laufbahn geforderte Regelschulbildung verfügen, gegenüber Bewerbern, die erst über den Umweg über eine andere Art der Ausbildung die Regelschulbildung ersetzen, ohne sachlichen Grund benachteiligt würden. Denn während bei ersteren die Regelschulbildung überhaupt nicht als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden könnte, würde bei letzteren trotz kürzerer Schulausbildung die Ausbildungszeit voll angerechnet, obwohl sie nur die Regelschulbildung ersetzt (BayVGH, U.v. 27.4.2018 – 3 B 17.1256 – juris Rn. 39).
Auch aus diesem Grund sind die Zeiten der Ausbildung des Klägers zum Schreiner nicht als ruhegehaltfähig zu berücksichtigen. Wie bereits dargestellt, knüpft die Regelung des Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG bezüglich der Frage, was als allgemeine Schulbildung bzw. was als zusätzlich vorgeschriebene Ausbildung anzusehen ist, an die für die Laufbahn und innerhalb dieser an die für das erste Amt des Beamten geforderten allgemeinen Bildungs- und zusätzlichen Ausbildungsvoraussetzungen an, wobei maßgeblich die laufbahnrechtlichen Regelungen zur Zeit der Ableistung der jeweiligen Ausbildung sind.
Danach wurde für die Laufbahn des gehobenen Dienstes gemäß § 36 der Verordnung über die Laufbahnen der bayerischen Beamten (LbV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 05.06.1968 (GVBl. S. 160) unter anderem mindestens der erfolgreiche Besuch einer öffentlichen oder staatlich anerkannten Realschule oder eine entsprechende Schulbildung gefordert. Dieses Erfordernis konnte bei erfolgreichem Abschluss einer Volksschule im Rahmen des zweiten Bildungsweges nach einer Lehre durch den Besuch einer Berufsaufbauschule erreicht werden. Diese Fachschulreife ersetzte daher den laufbahnrechtlich für den Regelfall geforderten mittleren Schulabschluss. Damit scheidet die Berücksichtigung der klägerischen Schreinerlehrzeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit nach Art. 20 Abs. 3 BayBeamtVG aus, da sie in Zusammenschau mit dem Besuch der Berufsaufbauschule lediglich die allgemeine Schulbildung ersetzte. Auf die Dauer der Ausbildung sowie darauf, ob sie allein dem Ersatz einer allgemeinen Schulbildung oder zugleich noch einem anderen Zweck (wie hier als Voraussetzung für das Ablegen der Meisterprüfung) diente, kommt es dabei nicht an. Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.1992 – 2 B 90.91 – Buchholz 239.1 § 12 Nr. 9 = DÖD 1992, 240; U.v. 19.9.1991 – 2 C 34.89 – Buchholz 240 § 28 Nr. 17 = DÖD 1992, 179; U.v. 26.9.1996 – 2 C 28/95 – juris Rn. 18).
2. Der Kläger kann den vorliegend geltend gemachten Anspruch auch nicht aus der ihm erteilten Versorgungsauskunft vom 08.05.2018 des Landesamtes für Finanzen herleiten, in der die Lehrzeit des Klägers fälschlicherweise als Teil der ruhegehaltfähigen Dienstzeit ausgewiesen wurde. Eine solche Auskunft erfüllt nicht die Voraussetzungen einer als Verwaltungsakt zu qualifizierenden Zusicherung i.S.v. Art. 38 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG). Die Versorgungsauskunft ist grundsätzlich unverbindlich und steht unter dem Vorbehalt künftiger Sach- und Rechtsänderungen sowie der Richtigkeit und Vollständigkeit der zugrunde liegenden Daten. Zudem wäre eine solche Zusicherung gemäß Art. 3 Abs. 2 BayBeamtVG unwirksam, weil sie darauf hinaus liefe, dem Kläger eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Versorgung zu schaffen (vgl. auch Art. 9 Abs. 3 BayBeamtVG, wonach Entscheidungen über die Bewilligung von Versorgungsleistungen aufgrund von Kann-Vorschriften erst bei Eintritt des Versorgungsfalls getroffen werden dürfen und vorherige Zusicherungen unwirksam sind). Ebenso wie im Besoldungsrecht gilt im Beamtenversorgungsrecht ein strenges Gesetzlichkeitsprinzip. Ansprüche auf Leistungen nach dem Beamtenversorgungsrecht bestehen nur aufgrund und nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen (vgl. BayVGH, B.v. 22.9.2017 – 3 ZB 15.2495 – juris Rn. 7 m.w.N.).
Das Vorbringen des Klägers, aufgrund der Versorgungsauskunft vom 08.05.2018 habe er auf die Ruhegehaltfähigkeit seiner Schreinerlehrzeit und damit darauf vertrauen dürfen, dass ein Versorgungsabschlag infolge des Erreichens einer Dienstzeit von 45 Jahren (vgl. Art. 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG) entfalle, ist ebenfalls nicht geeignet, dem klägerischen Begehren zum Erfolg zu verhelfen. Die gesetzlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs liegen nicht vor. Auf das Vertrauen des Klägers kommt es im vorliegenden Fall ebenso wenig an wie auf die Frage, ob dem Landesamt für Finanzen im Zusammenhang mit der Erstellung der Versorgungsauskunft vom 08.05.2018, die – konträr zur gefestigten Rechtsprechung – von einem Entfall des Versorgungsabschlags im Hinblick auf die klägerische Schreinerlehrzeit ausgeht, ein Vorwurf gemacht werden kann. Die Überlegung, ob in der fehlerhaften Auskunft eine schuldhafte Pflichtverletzung liegt, würde sich allein im Rahmen der Prüfung eines Schadensersatzanspruchs z. B. wegen Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (§ 45 des Beamtenstatusgesetzes – BeamtStG -) stellen (vgl. BVerwG, U.v. 7.4.2005 – 2 C 5.04 – juris Rn. 56). Insoweit wäre allerdings – ohne dass es hierauf in diesem Verfahren entscheidungserheblich ankäme – auch zu berücksichtigen, dass der Kläger den etwaigen Schaden in Form des monatlichen Versorgungsabschlags nach Art. 26 Abs. 2 BayBeamtVG ohne weiteres hätte verhindern können, wenn er nach Mitteilung des Beklagten vom 07.04.2020 von einem Versorgungsabschlag bei seinen Ruhestandsbezügen von seinem Antrag, ihn bereits mit Ablauf des 64. Lebensjahres in den Ruhestand zu versetzen, Abstand genommen hätte. Vielmehr hat er jedoch in Kenntnis dieser Rechtslage und des zu erwartenden Versorgungsabschlags mitgeteilt, dass er an der Versetzung in den Ruhestand bereits mit Ablauf des 64. Lebensjahres festhalte (vgl. dazu BayVGH, B.v. 13.4.2018 – 3 ZB 16.2393 – juris Rn. 2). So erklärte der Kläger mit Schreiben vom 26.04.2020, dass es trotz des „bedauerlichen Versorgungsabschlags“ weiterhin bei seiner „Ruhestandsversetzung zum 01.08.2020“ bleiben solle (vgl. Bl. 43 d. VA). Dieses Verhalten des Klägers dürfte etwaigen Schadensersatzansprüchen nach § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entgegenstehen (vgl. BayVGH, B.v. 13.4.2018 – 3 ZB 16.2393 – juris Rn. 3; BVerwG, U.v. 18.4.2002 – 2 C 19.01 – NVwZ-RR 2002, 620).
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
II. Der Kläger hat als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.


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