Arbeitsrecht

Versorgungsausgleich: Bindung des Revisionsgerichts an die vom Oberlandesgericht im Berufungsurteil bejahte Rechtswegzuständigkeit; Erstattung der Aufwendungen des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung auf Grund eines rechtswidrig durchgeführten Quasi-Splittings von privatrechtlichen Versorgungsansprüchen

Aktenzeichen  XII ZR 45/20

Datum:
5.5.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:050521UXIIZR45.20.0
Normen:
§ 225 Abs 1 S 1 SGB 6
§ 1587b Abs 2 BGB
§ 17a Abs 4 GVG
§ 17a Abs 5 GVG
§ 51 Abs 1 SGG
Spruchkörper:
12. Zivilsenat

Leitsatz

1. Hat das Oberlandesgericht im Berufungsurteil seine Rechtswegzuständigkeit bejaht, ohne darüber im Wege der Vorabentscheidung befunden zu haben, ist das Revisionsgericht daran gebunden (im Anschluss an BGH Urteile vom 18. November 1998 – VIII ZR 269/97, NJW 1999, 651 und 29. März 1996 – V ZR 326/94, BGHZ 132, 245 = NJW 1996, 1890).
2. Aufwendungen des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung auf Grund eines (rechtswidrig durchgeführten) Quasi-Splittings von privatrechtlichen Versorgungsansprüchen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen sind nach § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI zu erstatten (Fortführung von Senatsbeschluss vom 17. April 1985 – IVb ZB 796/81, FamRZ 1985, 794 sowie von BSG Urteil vom 21. März 2018 – B 13 R 17/15 R, SozR 4 – 2600 § 225 Nr. 3).

Verfahrensgang

vorgehend OLG Koblenz, 21. April 2020, Az: 3 U 1782/19vorgehend LG Koblenz, 12. September 2019, Az: 16 O 456/17

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird, unter Verlustigerklärung des Rechtsmittels im Übrigen, das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 21. April 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der gegen den Beklagten zu 1 gerichteten Klage zurückgewiesen worden ist.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 12. September 2019 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die gegen den Beklagten zu 1 gerichtete Klage abgewiesen worden ist.
Der Beklagte zu 1 wird verurteilt, an die Klägerin 26.913,70 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 25. Januar 2018 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1 verpflichtet ist, der Klägerin nach Maßgabe der Versorgungsausgleichs-Erstattungsverordnung (VAErstV) alle weiteren Zahlungen zu erstatten, die diese ab dem 1. Januar 2017 auf der Grundlage der Versorgungsausgleichsentscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. März 1982 – 4 UF 11/82 – bezüglich der bei dem Beklagten zu 1 für den Beklagten zu 2 bestehenden und ausgeglichenen Anwartschaft an die Ausgleichsberechtigte        B.    leistet.
Die Gerichtskosten in allen Rechtszügen tragen die Klägerin und der Beklagte zu 1 je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte zu 1 zur Hälfte; die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 trägt die Klägerin. Im Übrigen tragen die Parteien und der Streithelfer des Beklagten zu 1 ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Parteien streiten darum, ob nach einem (rechtswidrig durchgeführten) Quasi-Splitting von privatrechtlichen Versorgungsansprüchen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen die gesetzliche Rentenversicherung ihre aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs an die ausgleichsberechtigte Person ausgezahlten Renten von dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person ersetzt verlangen kann.
2
Der Beklagte zu 1 ist kirchlicher Schulträger in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Der verheiratet gewesene Beklagte zu 2 (im Folgenden: Ehemann) erwarb als Angestellter des Vereins während der gesetzlichen Ehezeit (1. Dezember 1968 bis 30. November 1978; § 1587 Abs. 2 BGB) ein privatrechtliches Anrecht auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Die Ehe wurde mit Urteil vom 15. Januar 1979 geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde durch rechtskräftigen Beschluss des Beschwerdegerichts vom 12. März 1982 unter Beteiligung beider Parteien dieses Rechtsstreits dahin durchgeführt, dass im Wege des Quasi-Splittings zu Lasten der für den Ehemann bei dem Beklagten zu 1 bestehenden Versorgungsanwartschaft monatliche Rentenanwartschaften der Ehefrau in Höhe von 166,40 DM bei der Klägerin (Deutsche Rentenversicherung Bund – seinerzeit Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) begründet wurden; weitere 30,40 DM monatlich wurden dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten. Ein nachfolgender Abänderungsantrag der Klägerin, mit dem sie sich darauf berief, dass die Begründung von Rentenanwartschaften fehlerhaft zu Lasten eines privatrechtlichen Trägers angeordnet worden sei, blieb erfolglos (Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2014 – XII ZB 323/13 – FamRZ 2015, 125). Die Ehefrau bezieht seit dem 1. April 2003 Altersrente von der Klägerin. Die auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Rentenzahlungen an die Ehefrau beliefen sich bis einschließlich 2016 auf insgesamt 26.913,70 €.
3
Die Klägerin hat beide Beklagten auf gesamtschuldnerische Erstattung der an die geschiedene Ehefrau bis 2016 geleisteten 26.913,70 € nebst Zinsen in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Erstattungspflicht aller weiteren Zahlungen aufgrund des Versorgungsausgleichs ab 1. Januar 2017 beantragt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin – nach Rücknahme ihres zunächst auch gegen den Ehemann eingelegten Rechtsmittels – ihre Ansprüche noch gegen den Beklagten zu 1 weiter.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben