Arbeitsrecht

Versorgungsausgleich – externen Teilung fondsgebundener Anrechte

Aktenzeichen  2 UF 523/20

Datum:
1.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 41782
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VersAusglG § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs.1
FamFG § 222 Abs. 3, § 224 Abs. 1
FamGKG § 40, § 50
KAGB § 170

 

Leitsatz

Bei der externen Teilung eines fondsgebundenen Anrechts kann der Ausgleichswert grundsätzlich auch dann in Anteilen an diesem Vermögen angegeben werden, wenn der Kurswert der Anteile zwar nicht gem. § 170 KAGB veröffentlicht ist, jedoch durch die am Verfahren Beteiligten taggenau anhand eines Links, den der Versorgungsträger zur Verfügung stellt, in eigener Verantwortung festgestellt werden kann. (Rn. 8 – 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5 F 242/19 2019-11-08 AGNEUBURGADD AG Neuburg

Tenor

1. Auf die Beschwerde der B. AG wird der Beschluss des Amtsgerichts Neuburg a. d. Donau vom 08.11.2019, berichtigt durch Beschluss vom 19.12.2019, in Ziffer 2 Abs. 3 wie folgt aufgehoben und geändert:
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der B. AG (Vers.-Nr. …701 Zusatzvorsorge) in Höhe von 63,790 Anteilen des Fonds B. Alterskapital Target 2035 zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Bund mit dem Wert der vorgenannten Anteile im Zeitpunkt der Rechtskraft dieser Entscheidung, mindestens jedoch in Höhe eines Kapitalbetrags von 1473,83 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von jährlich 2,20% seit dem 30.04.2019 bis zum Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung, begründet. Die B. AG wird verpflichtet, bei Rechtskraft der Entscheidung den dem Wert der vorgenannten Anteile zu diesem Zeitpunkt entsprechenden Kapitalbetrag, mindestens jedoch 1473,83 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 2,20% seit dem 30.04.2019 bis zur Rechtskraft der Entscheidung, an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu bezahlen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist verpflichtet, den Kapitalbetrag anhand der bei Rechtskraft der Entscheidung geltenden Umrechnungsfaktoren in Entgeltpunkte umzurechnen.
2. Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.320 € festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Mit Verbundbeschluss des Amtsgerichts Neuburg a. d. Donau vom 08.11.2020 wurde die am 21. 03.2014 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten aufgrund des am 31.05.2019 zugestellten Scheidungsantrags geschieden und in Ziffer 2 der Versorgungsausgleich durchgeführt. Das Familiengericht begründete in Ziffer 2 Abs. 3 im Wege der externen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der B. AG (Vers.-Nr. …701 Zusatzvorsorge) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 1950,70 € bei der Deutschen Rentenversicherung Bund und verpflichtete die B. AG, diesen Betrag nebst 2,2% Zinsen seit dem 01.05.2019 bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen, die die Antragsgegnerin als Zielversorgung für die externe Teilung gewählt hat. Bei dem Anrecht handelt es sich um ein Anrecht aus einer fondsgebundenen betrieblichen Altersversorgung. Der Ehezeitanteil beträgt 127,58 Fondsanteile. Mit ihrer Beschwerde vom 22.11.2019, bei Gericht eingegangen am 27.11.2019, wendet sich die B. AG gegen den ihr am 20.11.2019 zugestellten Beschluss.
Sie trägt vor, der als Kapitalbetrag im Rahmen der externen Teilung zu zahlende Ausgleichswert aus einer fondsgebundenen betrieblichen Altersversorgung sei nicht zu verzinsen. Alternativ könne das Gericht eine fondsgebundene Teilung festlegen. Die notwendigen Kursdaten des Fonds seien unter der Internetadresse http://kursportal.bmwaltersvorsorge.de einzusehen.
II.
Die gemäß §§ 58 ff FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der B. AG führt zur Abänderung der vom Familiengericht zum Versorgungsausgleich getroffenen Entscheidung.
Zu Recht wendet sich die Beschwerdeführerin dagegen, dass das Familiengericht die Verzinsung des Ausgleichswertes der Fondsanteile anhand des Rechnungszinses, der nur für die Bildung des Barwerts auf der Grundlage der geleisteten Beiträge gilt, angeordnet hat. Zwar ist der Ausgleichsberechtigte an der Wertentwicklung der Fondsanteile zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung auch bei externer Teilung zu beteiligen (BGH FamRZ 2017, 1655; FamRZ 2018, 1745).
Dies kann aber nicht dadurch geschehen, dass der dem Kurswert der zu teilenden Fondsanteile entsprechende Kapitalwert verzinst wird. Denn für ein fondsgebundenes Anrecht besteht kein Rechnungszins, der die Wertentwicklung des fondsgebundenen Anrechts angemessen abbildet (BGH FamRZ 2013, 1635).
Um eine gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an der Wertentwicklung der in der Ehezeit erworbenen Fondsanteile zu gewährleisten, hat es der BGH gebilligt, das Anrecht in der Bezugsgröße Fondsanteile zu teilen (BGH FamRZ 2017, 1655). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, wo Zielversorgungsträger die Deutsche Rentenversicherung Bund ist (OLG München, Beschluss vom 11.01.2018 -16 UF 613/17-, Rn. 15, juris). Die Beschwerdeführerin ist verpflichtet, unabhängig vom Kapitalwert der Fondsanteile mindestens den halben Ehezeitanteil des garantierten Anwartschaftsbarwerts nebst Zinsen an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen (OLG München a.a.O.).
Eine Teilung des Anrechts in der Bezugsgröße Fondsanteile ist im Fall der externen Teilung aber nur zulässig, wenn der Kurswert der zu teilenden Fondsanteile gemäß § 170 KAGB veröffentlicht wird; denn nur dann kann aus öffentlich zugänglichen Quellen der Kapitalwert der zu teilenden Fondsanteile durch das Vollstreckungsorgan ermittelt werden. Demgegenüber reicht es für die Vollstreckbarkeit nicht aus, wenn der Kurswert durch das Vollsteckungsorgan durch Nachfrage bei dem Träger des auszugleichenden Anrechts erfragt werden müsste, weil der Betrag dann nur bestimmbar, der Titel aber nicht ausreichend bestimmt ist. In einem solchen Fall ist es vielmehr Sache des Gerichts, im Erkenntnisverfahren zu einem entscheidungsnahen Zeitpunkt den Kurswert der auszugleichenden Fondsanteile in eigener Zuständigkeit festzustellen (vgl. BGH FamRZ 2018, 1745).
Nicht entschieden hat der BGH bisher über die Frage, ob es auch zulässig ist, im Wege der externen Teilung ein fondsgebundenes Anrecht in der Bezugsgröße Fondsanteile zu teilen, wenn der Kurswert der Anteile nicht gem. § 170 KAGB veröffentlicht wird, jedoch durch die am Verfahren Beteiligten taggenau anhand eines Links, den der Versorgungsträger zur Verfügung stellt, in eigener Verantwortung festgestellt werden kann.
Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des 16. Senats des Oberlandesgerichts München (Beschluss vom 06.04.2020, 16 UF 168/20) an und modifiziert seine bisherige Rechtsprechung dahingehend, dass die Durchführung der externen Teilung auf der Grundlage von Fondsanteilen als Bezugsgröße auch zulässig ist, wenn anhand eines Links, der den am Versorgungsausgleichsverfahren Beteiligten durch den Träger der auszugleichenden Versorgung mitgeteilt wurde, die Entwicklung des Kurses der Fondsanteile taggenau nachvollzogen werden kann. Dies ist über den durch die Beschwerdeführerin mitgeteilten Link möglich. Im Fall der externen Teilung muss der Ausgleichswert so bestimmt im Tenor ausgewiesen werden, dass durch das Vollstreckungsorgan festgestellt werden kann, wegen welcher Forderung und in welcher Höhe aus dem über den Versorgungsausgleich ergangenen Titel vollstreckt werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn der Ausgleichswert als feststehender Kapitalbetrag gem. § 222 Abs. 3 FamFG ausgewiesen wird, oder wenn der Ausgleichswert in der Bezugsgröße Fondsanteile ausgewiesen wird, deren Kurswert gem. § 170 KAGB veröffentlicht wird. Insoweit muss es aber auch ausreichen, wenn der Kurswert anhand eines durch den Versorgungsträger zur Verfügung gestellten Links festgestellt werden kann; denn auch dann ist das Vollstreckungsorgan nicht auf eine Nachfrage bei dem Versorgungsträger angewiesen, um den Wert des zu vollstreckenden Betrages festzustellen. Vielmehr kann es diesen selbst und in eigener Verantwortung feststellen, indem es anhand des Links den taggenauen Kurswert der Anteile bestimmt und auf dieser Grundlage den Ausgleichswert zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung als Kapitalwert berechnet.
Durch den Versorgungsausgleich sollen die in der Ehezeit erworbenen Anrechte zwischen den Ehegatten hälftig aufgeteilt werden. Durch die Teilung in der Bezugsgröße Fondsanteile wird erreicht, dass der Betrag der in der Ehezeit erworbenen Fondsanteile exakt hälftig zwischen den Ehegatten aufgeteilt wird. Wird demgegenüber der sich anhand des Kurswerts der Fondsanteile zu einem entscheidungsnahen Zeitpunkt errechnende Kapitalwert geteilt, führt dies dazu, dass die Wertentwicklung der Fondsanteile zwischen dem Erlass und der Umsetzung der Entscheidung, die erst bei Rechtskraft möglich ist (§ 224 Abs. 1 FamFG) unberücksichtigt bleibt. Dies kann zu erheblichen Wertverzerrungen führen, wenn der Kurswert stark schwankt. Dies kann dazu führen, dass der Ausgleichsberechtigte weniger als den dem Halbteilungsgrundsatz entsprechenden Wert erhält. Es ist aber auch denkbar, dass die Umsetzung der Entscheidung zu keinem für den Versorgungsträger aufwandsneutralen Ergebnis führt. Diese Verzerrungen können vermieden werden, ohne dass dadurch die Vollstreckbarkeit der Entscheidung gefährdet 2 UF 523/20 – Seite 5 – ist, wenn auch die externe Teilung in der Bezugsgröße Fondsanteile erfolgt, sofern der Versorgungsträger, bei dem das auszugleichende Anrecht besteht, einen Link mitteilt, anhand dessen durch die Beteiligten sowie das Vollstreckungsorgan der Kurswert der Fondsanteile tagaktuell festgestellt werden kann (OLG München, Beschluss vom 06.04.2020, 16 UF 168/20).
Hinsichtlich der Anwartschaft des Antragstellers bei der B. AG (B. Zusatzvorsorge, Vers.-Nr. 00102701) entspricht die Hälfte der in der Ehezeit erworbenen Fondsanteile einem Betrag von 63,790 Anteilen.
Die Voraussetzungen für die externe Teilung sind gegeben. Die Beschwerdeführerin hat gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG die Durchführung der externen Teilung beantragt. Der Schwellenwert gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG ist nicht überschritten. Die Antragsgegnerin hat die Deutsche Rentenversicherung Bund als Zielversorgung gemäß § 15 Abs. 1 VersAusglG gewählt.
Auf die Beschwerde der B. AG war die Versorgungsausgleichsentscheidung des Familiengerichts daher entsprechend abzuändern.
III.
Eine mündliche Verhandlung über die Beschwerde war auch unter Berücksichtigung von § 221 FamFG nicht geboten. Den Beteiligten wurde vor der Entscheidung rechtliches Gehör gewährt. Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 FamFG, § 20 FamGKG.
Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf §§ 40,50 FamGKG. Danach beträgt der Verfahrenswert bei einer Versorgungsausgleichssache für jedes Anrecht 10% des in 3 Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts beträgt das Dreimonatseinkommen 13.200 €, sodass bei einem verfahrensgegenständlichen Anrecht im Beschwerdeverfahren 1320 € festzusetzen waren.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Es liegt noch keine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage vor, ob ein fondsgebundenes Anrecht in der Bezugsgröße Fondsanteile extern geteilt werden kann, wenn der Kurswert der Fondsanteile zwar nicht gemäß § 170 KAGB veröffentlicht wird, jedoch anhand eines durch den Versorgungsträger mitgeteilten Links durch die Beteiligten sowie das zuständige Vollstreckungsorgan in eigener Verantwortung festgestellt werden kann.


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