Arbeitsrecht

Versorgungsausgleichsverfahren – Bezugszeitpunkt bei interner Teilung einer betrieblichen Altersvorsorge mit nachehezeitlichem Wertzuwachs; kein Verschlechterungsverbot gegenüber beschwerdeführendem Ehegatten

Aktenzeichen  2 UF 184/17

Datum:
28.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
FamRZ – 2019, 109
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VersAusglG § 6, § 8, § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 14 Abs. 4, § 27, § 51 Abs. 3
FamFG § 225 Abs. 2, Abs. 3, § 226
HGB § 253 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Bezugszeitpunkt der internen Teilung eines Versorgungsanrechts aus einer betrieblichen Altersversorgung ist auch im Falle eines nachehezeitlichen Wertzuwachses und im Abänderungsverfahren das Ehezeitende, nicht etwa ein entscheidungsnaher Zeitpunkt; denn das zum Ehezeitende geteilte Anrecht nimmt an der künftigen zinsabhängigen Wertentwicklung gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VersAusglG in gleicher Weise wie das ungeteilte Anrecht teil.  (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Versorgungsausgleichsverfahren schützt das Verschlechterungsverbot einen rechtsmittelführenden Ehegatten jedenfalls dann nicht, wenn das Rechtsmittel zu einer Gesamtüberprüfung der angefochtenen Entscheidung führt.  (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

4 F 1803/16 2017-06-28 Bes AGASCHAFFENBURG AG Aschaffenburg

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht – Aschaffenburg vom 28.06.2017 (Az: 4 F 1803/16) in Ziffer 1. abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Entscheidung des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 07.05.1987 (Az: F 798/86) über den Versorgungsausgleich zwischen den Ehegatten wird mit Wirkung ab dem 01.01.2017 abgeändert:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des früheren Antragstellers (nunmehr Antragsgegner) bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungs-Nr. …) zu Gunsten der früheren Antragsgegnerin (nunmehr Antragstellerin) ein Anrecht in Höhe von 10,9620 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.08.1986, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des früheren Antragstellers (nunmehr Antragsgegner) bei der O. … GmbH (vormals L. … GmbH) zu Gunsten der früheren Antragsgegnerin (nunmehr Antragstellerin) ein Anrecht in Höhe eines Kapitalwertes von 11.279,76 Euro nach Maßgabe der Teilungsordnung der O. … GmbH vom 09.12.2010, bezogen auf den 31.08.1986, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der früheren Antragsgegnerin (nunmehr Antragstellerin) bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungs-Nr. …) zu Gunsten des früheren Antragstellers (nunmehr Antragsgegner) ein Anrecht in Höhe von 2,3180 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.08.1986, übertragen.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.
3. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten selbst. Bei der Kostenentscheidung erster Instanz hat es sein Bewenden.
4. Der Verfahrenswert für das Verfahren in erster und in zweiter Instanz wird auf 2.250,00 Euro festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

Die Beteiligten A. und B. sind geschiedene Eheleute. Mit Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht – Aschaffenburg vom 14.01.1987 (Az: F 798/86) wurde die am xx.xx.1970 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden. Der Scheidungsantrag war am 18.09.1986 rechtshängig geworden.
Der Versorgungsausgleich, den das Amtsgericht zunächst abgetrennt hatte, wurde mit Beschluss vom 07.05.1987 (Az: F 798/86) durchgeführt wie folgt:
„Vom Konto Nr. … des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin werden auf das Konto Nr. … der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 361,27 DM, bezogen auf den 31.08.1986, übertragen.“
Aus den Entscheidungsgründen des Urteils ergibt sich, dass der Antragsteller in der Ehezeit eine Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 767,20 DM und zudem bei der Firma L. … GmbH eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben hatte, wobei sich eine auf die Ehezeit entfallende Versorgungsleistung in Höhe von 774,39993 DM pro Jahr ergab. Hieraus errechnete das Amtsgericht eine dynamisierte Rentenanwartschaft von 10,25 DM monatlich.
Die Antragsgegnerin hatte in der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rentenanwartschaft in Höhe von monatlich 54,90 DM erworben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht -Aschaffenburg vom 07.05.1987 Bezug genommen.
Mit Antrag vom 05.12.2016, eingegangen beim Amtsgericht – Familiengericht -Aschaffenburg am 06.12.2016, hat die Antragstellerin (damalige Antragsgegnerin) die Abänderung des Versorgungsausgleichs beantragt, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Betriebsrentenanteile, die ihr geschiedener Ehemann erworben hatte, sich lediglich auf 10,25 DM beliefen.
Das Amtsgericht hat nach Einholung neuer Auskünfte der Versorgungsträger mit Beschluss vom 28.06.2017 die Entscheidung des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 07.05.1987 über den Versorgungsausgleich zwischen den Ehegatten mit Wirkung ab dem 01.01.2017 wie folgt abgeändert:
„Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des früheren Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungs-Nr. …) zu Gunsten der früheren Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 10,9620 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Abänderungsentscheidung, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des früheren Antragstellers bei der O. … GmbH (vormals L. … GmbH) zu Gunsten der früheren Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe eines Kapitalwertes von 9.546,45 Euro nach Maßgabe der Teilungsordnung vom 09.12.2010, bezogen auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Abänderungsentscheidung, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der früheren Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungs-Nr. …) zu Gunsten des früheren Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 2,3180 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Abänderungsentscheidung, übertragen.“
Zur Begründung stützt sich das Amtsgericht auf §§ 51 Abs. 2 VersAusglG i. V. m. 225 Abs. 3 FamFG und hält im Hinblick auf die Anrechte bei der O. … GmbH die Abänderung für zulässig. Es sei daher eine Totalrevision vorzunehmen. Insoweit liegt der Entscheidung des Amtsgerichts eine Auskunft der Firma C. Gesellschaft … mbH für die Firma O. … GmbH vom 16.05.2017 zugrunde.
Ausgehend von einem Rechnungszins für den Stichtag Ehezeitende für eine 15-jährige Restlaufzeit und auf der Grundlage eines 7-Jahres-Durchschnittes, höchstens aber 5,25%, wurde das auszugleichende Anrecht mit 116,50 Euro monatlich bzw. 1.398,00 Euro im Jahr ausgewiesen. Der Kapitalwert des auszugleichenden Anrechts (Rechnungszins: 5,25%) wurde mit 23.257,24 Euro und der darauf beruhende Ausgleichswert unter Berücksichtigung der hälftigen Teilungskosten von je 348,86 Euro wurde mit 11.279,76 Euro angegeben. Alternativ wurde bei gleichem Rechnungszins (5,25%) zum Stichtag 31.05.2017 ein Ausgleichswert von 9.546,45 Euro und zum Stichtag 31.05.2018 ein Ausgleichswert von 9.217,16 Euro angegeben. Das Amtsgericht hat seiner Entscheidung den Ausgleichswert von 9.546,45 Euro zugrunde gelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Aschaffenburg vom 28.06.2017 Bezug genommen.
Gegen diesen, den Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 30.06.2017 zugestellten Beschluss, haben diese mit Schriftsatz vom 27.07.2017, eingegangen am 27.07.2017 beim Amtsgericht Aschaffenburg, Beschwerde eingelegt und beantragt, die Entscheidung des Amtsgerichts vom 28.06.2017 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der Abänderungsantrag nach § 51 Abs. 3 VersAusglG bereits unzulässig sei, da ein wesentlicher Wertunterschied nach § 51 Abs. 3 Satz 3 VersAusglG nicht vorliege. Auch eine wesentliche Änderung i. S. d. § 51 Abs. 2 VersAusglG i. V. m. § 225 Abs. 2 und Abs. 3 FamFG läge nicht vor.
Im Übrigen sei die Tenorierung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht korrekt. Es sei zwar richtig, dass die jeweiligen Änderungen erst auf den Zeitpunkt ab Rechtskraft des erstinstanzlichen Beschlusses wirken, jedoch sei hinsichtlich der Neuberechnung der Entgeltpunkte nach wie vor auf den Zeitpunkt des Ehezeitendes und damit auf den 31.08.1986 abzustellen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners sowie die weiteren gewechselten Schriftsätze im Beschwerdeverfahren vom 27.07.2017, 15.11.2017, 28.11.2017, 06.12.2017 und 26.02.2018 Bezug genommen.
Die Antragstellerin verteidigt zunächst die erstinstanzliche Entscheidung. Für den Fall, dass der Senat nicht auf das gesetzliche Ehezeitende, sondern auf das Wirksamwerden der Abänderungsentscheidung bezüglich des Ausgleichs abstelle, sei allerdings zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes gemäß § 27 VersAusglG von einem Ausgleich der von der Antragstellerin erworbenen Rentenanwartschaften bei der Deutschen Rentenversicherung Bund abzusehen. Der laufende Rentenbezug habe keine Rückwirkung auf das für den einzelnen Versicherten ehezeitlich gebildete Deckungskapital. Die laufenden Rentenleistungen seien ohne Einfluss auf die wertbildenden Faktoren bezogen auf das Ehezeitende, sondern realisierten das erworbene Anrecht.
Das Beschwerdegericht hat eine weitere Auskunft der Firma C. Gesellschaft … mbH für die Firma O. … GmbH eingeholt. Bezogen auf den 30.11.2017 bei einem Rechnungszins von 2,84% hat sie einen Kapitalwert des auszugleichenden Anrechts von 23.317,43 Euro und einen Ausgleichswert (vermindert um die hälftigen Teilungskosten) von 11.308,96 Euro und bezogen auf den 28.02.2018 bei einem Rechnungszins von 2,72% hat sie einen Kapitalwert des auszugleichenden Anrechts von 23.573,88 Euro und einen Ausgleichswert (vermindert um die hälftigen Teilungskosten) von 11.433,33 Euro angegeben (Auskunft vom 17.01.2018).
Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist nur im tenorierten Umfang begründet. Im Übrigen ist sie zurückzuweisen.
1. Der Abänderungsantrag der nach § 226 FamFG antragsberechtigten Beschwerdegegnerin ist gemäß § 51 Abs. 1 und Abs. 2 VersAusglG i. V. m. § 225 Abs. 2 und Abs. 3 FamFG zulässig, insbesondere liegt eine wesentliche Wertänderung i. S. d. § 51 Abs. 2 VersAusglG i. V. m. § 225 Abs. 3 FamFG des Anrechts des Antragsgegners bei der O. … GmbH (vormals L. … GmbH) vor, und zwar unabhängig davon, ob man auf den seinerzeit festgestellten Nominalwert oder auf den damals ermittelten dynamisierten Rentenwert abstellt.
Für die Zulässigkeit des Abänderungsantrages ist ausreichend, dass sich der Ausgleichswert auch nur eines Anrechts geändert hat, § 51 Abs. 2 i. V. m. § 51 Abs. 1 VersAusglG, da es sich hier um die Entscheidung über einen öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich handelt, die nach dem Recht getroffen worden ist, das bis zum 31.08.2009 gegolten hat.
Es ist demzufolge unerheblich, welches Anrecht sich geändert hat, es muss sich lediglich um ein in den Versorgungsausgleich einbezogenes Anrecht gehandelt haben. Zur Ermittlung der Wesentlichkeit der Änderung ist der bisherige Ausgleichswert mit dem aktuellen Ausgleichswert zu vergleichen. Wenn die Differenz bei einem Rentenbetrag als maßgebliche Bezugsgröße 1% der am Ende der Ehezeit maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteigt und mindestens 5% des bisherigen Ausgleichswertes des Anrechts beträgt, ist die Wertänderung wesentlich, § 225 Abs. 3 FamFG.
Nach den erholten Auskünften der Firma C. Gesellschaft … mbH, die die Betriebsrente der Firma O. … GmbH verwaltet und sie insoweit vertritt, hat das auszugleichende Anrecht bezogen auf die Ehezeit einen Wert von 116,50 Euro monatlich und damit einen Ausgleichswert von 58,25 Euro, was 113,93 DM entspricht. Der damalige Ausgleichswert betrug nach den Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Aschaffenburg vom 07.05.1987 bei Annahme des Nominalwertes 32,27 DM (Versorgungsleistung im Jahr: 774,70 DM, entspricht einer Versorgungsleistung im Monat bezogen auf die Ehezeit von 64,53 DM, entspricht einem Ausgleichswert von 32,27 DM). Bei Annahme des dynamisierten Wertes ergab sich eine monatliche Rentenanwartschaft von 10,25 DM. In der Literatur wird vertreten, den Nominalwert anzusetzen (vgl. Wick, der Versorgungsausgleich, 4. Aufl., Rn. 807). Insoweit beträgt die Differenz der Ausgleichswerte 81,66 DM (113,93 DM – 32,27 DM). Die Wertgrenze des § 225 Abs. 3 FamFG i. V. m. § 18 SGB IV (1% der Bezugsgröße) ist damit auch bei Annahme des Nominalwertes deutlich überschritten. Die „1%-Grenze“ des § 225 Abs. 3 FamFG lag bei Ehezeitende bei 28,70 DM. Die Wertänderung beträgt damit auch mehr als 5%.
Erst recht ist die Wesentlichkeitsgrenze überschritten bei Annahme des dynamisierten Rentenwertes, der der damaligen Entscheidung des Amtsgerichts zugrunde gelegt wurde. Dieser Wert beträgt 5,12 DM (Rentenwert: 10,25 DM pro Monat: 2). Die Differenz der Ausgleichswerte würde insoweit 108,81 DM betragen (113,93 DM – 5,12 DM). Die Wertgrenzen des § 225 Abs. 3 FamFG (5% des bisherigen Ausgleichswertes und 1% der maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV, 28,70 DM) sind daher ebenfalls bei weitem überschritten. Es muss daher letztlich nicht entschieden werden, ob der Nominalwert oder der dynamisierte Wert zur Bewertung der Zulässigkeit der Abänderungsentscheidung zugrunde zu legen ist.
2. Demgemäß ist gemäß § 51 Abs. 1 FamFG der Versorgungsausgleich komplett neu durchzuführen, wobei die Abänderung ab dem 1. Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folgt, wirkt, § 226 Abs. 4 FamFG, mithin ab dem 01.01.2017.
Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund hat der frühere Antragsteller ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 21,9239 Entgeltpunkten erlangt, wobei der Ausgleichswert von dem Versorgungsträger mit 10,9620 Entgeltpunkten und der korrespondierende Kapitalwert mit 39.414,97 Euro angegeben wird. Das Anrecht ist insoweit nach § 10 Abs. 1 VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 10,9620 Entgeltpunkten bezogen auf das Ehezeitende (§ 5 Abs. 2 VersAusglG) auszugleichen.
Die frühere Antragsgegnerin (nunmehrige Antragstellerin) hat bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 4,6360 Entgeltpunkten erlangt, wobei der Ausgleichswert von dem Versorgungsträger mit 2,3180 Entgeltpunkten, was einem korrespondierenden Kapitalwert von 8.334,60 Euro entspricht, angegeben wird. Das Anrecht der früheren Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ist daher ebenfalls nach § 10 Abs. 1 VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 2,3180 Entgeltpunkten zu Gunsten des früheren Antragstellers (nunmehrigen Antragsgegners) bezogen auf das Ehezeitende (§ 5 Abs. 2 VersAusglG) auszugleichen.
Der frühere Antragsteller (nunmehriger Antragsgegner) hat zudem bei der Firma O. … GmbH (vormals L. … GmbH) eine betriebliche Altersversorgung erlangt. Es handelt sich insoweit um eine Versorgungszusage. Von der Firma C., die die Firma O. … GmbH insoweit vertritt, wurde der Ausgleichswert zum Ehezeitende mit 11.279,76 Euro (unter Berücksichtigung der hälftigen Teilungskosten, 3%) angegeben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung ist auch hier grundsätzlich das Ehezeitende, § 5 Abs. 2 VersAusglG. Problematisch ist allerdings, ob bei einer betrieblichen Altersversorgung, deren Anrechte intern geteilt werden, eine Neuberechnung des Ausgleichswerts dergestalt vorzunehmen ist, dass alle für die versicherungsmathematischen Barwertermittlungen maßgeblichen Größen auf einen entscheidungsnahen Bewertungsstichtag mit den dann gültigen Rechnungsgrundlagen zu beziehen sind und ob dies dann auch für den angewendeten Rechnungszins gilt. Diese Berechnung entspräche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der externen Teilung eines betrieblichen Anrechts bei bereits laufender Rente (BGH vom 24.08.2016, XII ZB 84/13). Dies gilt nach dem Wortlaut der Entscheidung allerdings nur dann, wenn der Barwert der Versorgungsverpflichtung im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich niedriger ist als zum Ehezeitende. Begründet wird dies damit, dass Art. 2 Abs. 1 GG einen privaten Versorgungsträger vor hoheitlichen Eingriffen in Verträge, die er abgeschlossen hat, schützt und die Handlungsfreiheit des Versorgungsträgers im wirtschaftlichen Bereich gewährleistet. Es würde einen unzulässigen Eingriff darstellen, wenn einem privatrechtlichen Träger der zusätzlichen Altersversorgung die Verpflichtung auferlegt werden sollte, einem geschiedenen Versorgungsempfänger Leistungen in einem Umfang zu erbringen, auf die dieser nach dem Inhalt des abgegebenen Versorgungsversprechens keinen Anspruch mehr hat. Um einen solchen Eingriff handele es sich, wenn der Versorgungsträger zunächst für eine Übergangszeit die volle Rentenleistung erbringen und dennoch anschließend das ungekürzte Anrecht teilen müsste. Denn mit der planmäßigen Auszahlung der Rente an die ausgleichspflichtige Person ab Erreichen der vereinbarten Altersgrenze erfülle der Versorgungsträger bereits einen Teil seiner vertraglichen Leistungszusage, so als sei und bleibe das bei ihm erworbene Anrecht ungeteilt (vgl. BGH a. a. O.). Bei fondsgebundenen Fondsanteilen als Teilungsgegenstand bei der externen Teilung hat der Bundesgerichtshof mit Entscheidung vom 19.07.2017 (Az: XII ZB 201/17) mittlerweile entschieden, dass auch der nachehezeitliche Wertzuwachs eines auszugleichenden fondsgebundenen Anrechts bei der Begründung des neuen Anrechts und der Festsetzung des an den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person zu entrichtenden Zahlbetrags zu berücksichtigen sei. Bliebe die Wertsteigerung bei der Ermittlung des nach §§ 14 Abs. 4 VersAusglG, 222 Abs. 3 FamFG festzusetzenden Zahlbetrages unberücksichtigt, ergebe sich nämlich die nicht hinnehmbare Konsequenz, dass Wertverluste in der Versorgung der ausgleichspflichtigen Person zu Kürzungen des Ausgleichsbetrages führen müssen, weil nicht ausgeglichen werden könne, was nicht mehr vorhanden sei, während umgekehrt der Ausgleichsberechtigte auf Wertsteigerungen der Zielversorgung verwiesen wäre, die mangels entsprechender Zahlungspflicht des abgebenden Versorgungsträgers in unzulässiger Weise belastet wäre. Eine Berücksichtigung der auf den Zeitpunkt der Rechtskraft aktualisierten Anteilswerte sei für den Versorgungsträger hingegen aufwandsneutral, weil die damit zusammenhängenden Wertsteigerungen tatsächlich vorhanden seien, während sie dem ausgleichspflichtigen Ehegatten insoweit – aufgrund der Teilung zum Ehezeitende – nicht mehr zu Gute kämen.
Das Oberlandesgericht Nürnberg (Entscheidung vom 02.10.2017, Az: 11 UF 1080/15) bestimmt daher den Ausgleichswert zunächst auf das Ehezeitende bezogen und dann in einer Kontrollberechnung unter Anwendung des jeweils aktuellen Rechnungszinses auf einen entscheidungsnahen Bewertungsstichtag und zwar sowohl bei intern als auch bei extern zu teilenden Anrechten der betrieblichen Altersversorgung. Allerdings hat das Oberlandesgericht in Nürnberg in der genannten Entscheidung für den Fall, dass der korrespondierende Kapitalwert bei dem intern zu teilenden Anrecht trotz Berücksichtigung des späteren Renteneintrittsalters ganz erheblich gestiegen ist, was mit dem stichtagsbezogenen fallenden Rechnungszins zusammenhängt, den niedrigeren Kapitalwert angesetzt.
Im hiesigen Verfahren ist das bei der Firma O. … GmbH auszugleichende Anrecht intern zu teilen. Unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen für die externe Teilung wurde diese jedenfalls von keinem der Beteiligten beantragt, § 14 Abs. 2 VersAusglG. Demzufolge ist eine interne Teilung vorzunehmen. Bei der internen Teilung ist der Ausgleich dergestalt vorzunehmen, dass das Familiengericht das bei dem Versorgungsträger bestehende Anrecht des Ausgleichspflichtigen intern teilt, d. h. das Anrecht entsteht in Höhe des Ausgleichswertes beim bisherigen Versorgungsträger mit vergleichbarer Wertentwicklung, § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG. Es besteht daher überhaupt kein Anlass, dass das Anrecht bei steigendem Kapitalwert aufgrund des jeweils aktuellen Rechnungszinses, bezogen auf einen entscheidungsnahen Zeitpunkt, geteilt wird. Denn das zum Ehezeitende geteilte Anrecht nimmt an der Wertentwicklung aufgrund der Zinsentwicklung in gleicher Weise wie das ungeteilte Anrecht teil. Die Teilhabe an der künftigen Wertentwicklung ist demzufolge von vorneherein nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG gesichert. Demzufolge ist anders als bei einem Anrecht, das extern geteilt wird, der nachehezeitliche Wertzuwachs eines intern auszugleichenden Anrechts nicht zu berücksichtigen.
Entscheidend für die Berechnung ist der tatsächliche Wert des Anrechts und damit der regelmäßig zugrunde zulegende Rechnungszins bezogen auf den jeweiligen Stichtag.
Demzufolge ergibt sich hier nach der Berechnung der Firma C. GmbH vom 17.01.2018, dass der Ausgleichswert zum Ehezeitende abzüglich der hälftigen Teilungskosten 11.279,76 Euro betragen hat, zum 30.11.2017 11.308,96 Euro und zum 28.02.2018 11.433,33 Euro.
Hierbei wurde zum Ehezeitende (31.08.1986) ein Rechnungszins von 5,25% und gemäß § 253 Abs. 2 HGB von 2,84% zum 30.11.2017 und 2,72% zum 28.02.2018 angesetzt. Aufgrund der fallenden Abzinsung steigt hier der jeweilige Ausgleichswert.
Diese Zinssätze sind für das geteilte Anrecht zugrunde zu legen. Die Teilungsordnung der O. … GmbH vom 09.12.2010 (vgl. VII Ziffer 1 und Ziffer 3.1 der Teilungsordnung) hält sich an diese Vorgabe.
Soweit der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts ein Ausgleichswert zugrunde liegt, der niedriger ist als der zum Ehezeitende (9.546,45 Euro) liegt das daran, dass dem für die Zeit ab Einführung des BilMoG-Zinssatzes (§ 253 Abs. 2 HGB) unzutreffenderweise der Zinssatz in Höhe von 5,25% zugrunde gelegt wurde, wie er bei Ehezeitende galt. Dies entspricht aber nicht der Rechtslage, da seit dem 01.01.2010 der Rechnungszins gemäß § 253 Abs. 2 HGB für 15-jährige Restlaufzeiten unter Annahme eines Siebenjahresdurchschnitts zu bestimmen ist. Für das Ehezeitende ist ein Zins von 5,25% und damit noch unter dem Zinsfuß gemäß § 6 a EStG liegend nicht zu beanstanden (BGH FamRZ 2016, 781 Rdnr. 60).
Bei Anwendung des jeweiligen Rechnungszinses zum Bewertungsstichtag hingegen steigt vorliegend der Ausgleichswert wie dargelegt seit Ehezeitende, weshalb bei der hier vorzunehmenden internen Teilung der Ausgleichswert zum Ehezeitende anzusetzen ist.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners hin ist daher die interne Teilung der Anrechte jeweils bezogen auf das Ehezeitende vorzunehmen und auch entsprechend zu tenorieren. Ferner ist der Ausgleichswert bei der Firma O. … GmbH entsprechend abzuändern.
Es liegt auch keine unzulässige reformatio in peius vor. Zwar wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung insoweit zum Teil vertreten, dass auch in Verfahren über den Versorgungsausgleich das Verschlechterungsverbot bei Beschwerden der beteiligten Ehegatten gelte (vgl. etwa OLG Nürnberg aaO), allerdings sei insoweit eine Gesamtabwägung bzgl. aller Anrechte vorzunehmen. Im Hinblick auf den im Tenor des Amtsgerichts unbestimmt gefassten Bezugszeitpunkt (Wirksamwerden der Abänderungsentscheidung) unter Ansatz der auf das Ehezeitende berechneten Ausgleichswerte bei interner Teilung ist eine solche Gesamtabwägung bereits nicht möglich. Letztlich ist aber nach Auffassung des Senats ohnehin das Verschlechterungsverbot in Versorgungsausgleichsverfahren nicht anzuwenden. Es wird bereits überwiegend vertreten, dass bei Beschwerden der beteiligten Versorgungsträger das Verschlechterungsverbot nicht gelte, wenn eine dem Gesetz entsprechende Entscheidung im öffentlichen Interesse liege (OLG Frankfurt, FamRZ 2015, 1799 m.w. Nachweisen). Aber auch bei einer Beschwerde eines beteiligten Ehegatten kann letztlich das Verschlechterungsverbot jedenfalls dann nicht greifen, wenn das Rechtsmittel zu einer Gesamtüberprüfung der angefochtenen Entscheidung führt. Im Versorgungsausgleichsverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 26 FamFG. Das Gericht hat die Werte der einzelnen Anrechte zu bestimmen und insoweit auch den Versorgungsträger aufzufordern, die benötigten Werte einschließlich der Wertermittlung vorzulegen (§ 220 FamFG). Ein etwaiger Antrag der Beteiligten ist für die Wertermittlung ohne Bedeutung, der Amtsermittlungsgrundsatz wird lediglich durch die Regelungsbefugnisse der Ehegatten nach den §§ 6 bis 8 VersAusglG (Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich) begrenzt. Dies muss aber auch für die zweite Instanz gelten, da diese auch volle Tatsacheninstanz ist. Demzufolge gilt hier das Verschlechterungsverbot auch bei einem Rechtsmittel des beteiligten Ehegatten nicht.
Soweit die Beschwerde darauf gerichtet war, den Antrag auf Abänderung komplett zurückzuweisen, ist die Beschwerde unbegründet und insoweit auch zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, 81 FamFG. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens war gemäß §§ 40, 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG für jedes Anrecht auf 10% des beiderseitigen Nettoeinkommens der Ehegatten in drei Monaten festzusetzen. Das gemeinsame Monatseinkommen beträgt 2.500,00 Euro. Für jedes Anrecht sind hier lediglich 10% anzusetzen, weil es sich um keine Versorgungsausgleichsentscheidung „nach der Scheidung“ handelt (insoweit sind schuldrechtliche Ausgleichszahlungen gemeint und nicht Entscheidungen, die lediglich zeitlich nach der Scheidung fallen). Demzufolge war auch der Verfahrenswert erster Instanz entsprechend abzuändern, § 59 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamGKG.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Die Frage, ob bei einer betrieblichen Altersversorgung der nachehezeitliche Wertzuwachs eines intern auszugleichenden Anrechts nicht zu berücksichtigen ist, und die Frage des Verschlechterungsverbots bei einem Rechtsmittel des beteiligten Ehegatten sind von grundsätzlicher Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, § 70 Abs. 2 FamFG.


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