Arbeitsrecht

Widerruf der Approbation als Arzt

Aktenzeichen  M 16 K 19.5386

Datum:
7.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 26145
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BÄO § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 2
StPO § 410 Abs. 3
HKaG Art. 17
BÄO § 1 Abs. 1
StGB § 56b
BayVwVfG Art. 52 S. 2
VwGO § 80 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Da der Bedeutung und Tragweite von Art. 12 Abs. 1 GG bei der Auslegung des Begriffs der Unwürdigkeit i.S.d § 5 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BÄO im jeweiligen Fall hinreichend Rechnung zu tragen ist, sind auch veränderte Umstände bei der Abwägung zur Feststellung des Tatbestandsmerkmals der Unwürdigkeit zu berücksichtigen, insbesondere solche, welche die Annahme rechtfertigen, dass zukünftig ein Vertrauensverhältnis zu den Patienten gesichert und somit eine Gefahr für die Volksgesundheit ausgeschlossen ist . (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein ärztliches Fehlverhalten wiegt schwer, wenn der Betroffene insb. gegen seine gesetzliche Berufspflicht verstoßen hat, dem ihm im Zusammenhang mit seinem ärztlichen Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen (Art. 17 des Heilberufe-Kammergesetzes – HKaG), er seine in der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns konkretisierte berufsrechtliche Pflicht verletzt, das ungeborene Leben zu erhalten (Art. 19 Nr. 1, Art. 20 HKaG, § 14 Abs. 1 S. 1 Berufsordnung für die Ärzte Bayerns – BO) sowie das u.a. im ärztlichen Gelöbnis zum Ausdruck kommende Berufsbild des Arztes missachtet, sein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen, den höchsten Respekt vor menschlichem Leben zu wahren und vor allem sein medizinisches Wissen nicht zur Verletzung von Menschenrechten anzuwenden. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der erforderliche Zusammenhang mit der Ausübung des Arztberufs ist gegeben, wenn der Betroffene, um einen von ihm beabsichtigten Schwangerschaftsabbruch gegen den Willen der Geschädigten herbeizuführen, ein ärztliches Umfeld geschaffen hat, das der Geschädigten aus den vorangehenden ärztlichen Behandlungen vertraut war. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für die Beurteilung, ob das schwerwiegende Fehlverhalten geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den ärztlichen Berufsstand nachhaltig zu erschüttern, kommt es nicht darauf an, ob die breite Öffentlichkeit von seinem Fehlverhalten tatsächlich erfahren hat. Entscheidend ist vielmehr, dass das Verhalten des Arztes für jeden billig und gerecht Denkenden als Zerstörung der für die ärztliche Tätigkeit unverzichtbaren Vertrauensbasis erscheint und nicht, ob das Fehlverhalten des Arztes in der Öffentlichkeit zufällig bekannt oder eben nicht bekannt wurde. (Rn. 23 und 24) (redaktioneller Leitsatz)
5. Aus bloßem Zeitablauf kann nicht auf eine Wiedererlangung der Würdigkeit geschlossen werden. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
6. Geldauflagen (§ 56b StGB) sind zur Wiedererlangung der Würdigkeit ungeeignet, weil sie als strafähnliche Maßnahme gerichtlich erteilt und damit weder freiwillig geleistet werden noch Ausdruck von Reue oder einem damit verbundenen Verantwortungsgefühl sind. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 30. September 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger demzufolge nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der Widerruf der Approbation des Klägers ist rechtmäßig.
Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Bundesärzteordnung (BÄO) ist die Approbation als Arzt u.a. zu widerrufen, wenn sich der Arzt eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt.
Diese Bestimmungen stellen eine hinreichende Rechtsgrundlage für den Widerruf der Approbation als Arzt dar. Da der Widerruf der Approbation als Arzt einen Eingriff in die Berufswahlfreiheit des Klägers darstellt, ist er nur unter strengen Voraussetzungen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss v. 8.9.2017 – 1 BvR 1657/17 – juris Rn. 8 ff.).
a) Unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs ist ein Arzt, wenn er ein Fehlverhalten gezeigt hat, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist, und er daher nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung des ärztlichen Berufs unabdingbar ist. Der Widerruf der ärztlichen Approbation wegen Berufsunwürdigkeit ist mit Blick auf den grundgesetzlich gewährleisteten Schutz der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und das Verhältnismäßigkeitsgebot an hohe Voraussetzungen geknüpft. Anlass für den Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit kann nur ein schwerwiegendes Fehlverhalten sein, das geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den ärztlichen Berufsstand nachhaltig zu erschüttern, bliebe das Verhalten für den Fortbestand der Approbation folgenlos. Das Fehlverhalten muss bei Würdigung aller Umstände die weitere Berufsausübung als untragbar erscheinen lassen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ist der Abschluss des Verwaltungsverfahrens, hier also mit Wirksamwerden des Widerrufsbescheids am 1. Oktober 2019. Der für die Annahme der Unwürdigkeit erforderliche Ansehens- und Vertrauensverlust kann auch durch Straftaten bewirkt werden, die nicht im Arzt-Patienten-Verhältnis angesiedelt sind oder die ein außerberufliches Fehlverhalten betreffen, wenn es sich dabei um gravierende Verfehlungen im genannten Sinne handelt (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 31.7.2019 – 3 B 7.18 – juris Rn. 9 m.w.N.).
Der Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit muss zudem in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs in die Berufswahlfreiheit stehen. Dem trägt die Auslegung des Begriffs der Berufsunwürdigkeit Rechnung, indem sie deren Feststellung an hohe Voraussetzungen knüpft. Es bedarf eines schwerwiegenden Fehlverhaltens des Arztes, das geeignet ist, das für eine ordnungsgemäße ärztliche Aufgabenerfüllung erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nachhaltig zu erschüttern. Bei der Beurteilung sind alle Umstände der Verfehlung(en) zu berücksichtigen, wie etwa Art, Schwere und Dauer des Fehlverhaltens, verhängtes Strafmaß und zugrundeliegende Strafzumessungserwägungen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens Umstände vorliegen, die dazu führen, dass von einer Berufsunwürdigkeit nicht oder nicht mehr ausgegangen werden kann. Schließlich wird dem Verhältnismäßigkeitsgebot dadurch Rechnung getragen, dass der Betroffene einen Antrag auf Wiedererteilung der Approbation stellen kann (vgl. § 8 BÄO). Hat der Antragsteller die Würdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs wiedererlangt und liegt auch sonst kein Versagungsgrund vor, hat er einen Anspruch auf erneute Erteilung der Approbation. Im Wiedererteilungsverfahren sind alle Umstände und Entwicklungen zu berücksichtigen, die nach Abschluss des behördlichen Widerrufverfahrens – hier: nach Wirksamwerden des Widerrufsbescheides am 1. Oktober 2019 – eingetreten sind (vgl. BVerwG, B.v. 31.7.2019 – 3 B 7.18 – juris Rn. 13 m.w.N.).
Angesichts der in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Mai 2005 (Az. 1 BvR 1028/05 – juris Rn. 1 a.E.) und vom 28. August 2007 (Az. 1 BvR 1098/07 – juris Rn. 23 f.) geäußerten Bedenken, wonach der Bedeutung und Tragweite von Art. 12 Abs. 1 GG bei der Auslegung des Begriffs der Unwürdigkeit im jeweiligen Fall hinreichend Rechnung zu tragen ist, sind auch veränderte Umstände bei der Abwägung zur Feststellung des Tatbestandsmerkmals der Unwürdigkeit zu berücksichtigen, insbesondere solche, welche die Annahme rechtfertigen, dass zukünftig ein Vertrauensverhältnis zu den Patienten gesichert und somit eine Gefahr für die Volksgesundheit ausgeschlossen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8.9.2017 – 1 BvR 1657/17 – juris Rn. 14; anders wohl bei der Frage der Unzuverlässigkeit im Rahmen einer Gewerbeuntersagung, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss v. 14.3.1995 – 1 BvR 1639/91 – juris Rn. 2 f. zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung).
b) An vorstehenden Maßgaben gemessen hat sich der Kläger eines Fehlverhaltens schuldig gemacht, aus dem sich seine Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt.
aa) Das Fehlverhalten des Klägers wiegt schwer.
Nach den nicht bestrittenen tatsächlichen Feststellungen, die dem rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vom … 2018 zugrunde liegen, hat der Kläger die Geschädigte in dem Glauben, diese sei von ihm schwanger, dazu verleitet, das Abtreibungsmittel Cytotec einzunehmen, indem der Kläger wahrheitswidrig angab, es handle sich um ein Verspannungen lösendes Magnesiumpulver. In der Folge stellten sich bei der Geschädigten starke, wehenartige Unterleibsschmerzen ein, die in einer Blutung mündeten. Diesen Feststellungen liegen die im Strafbefehl genannten Beweismittel zugrunde, insbesondere auch der Chat-Verlauf zwischen dem Kläger und der Geschädigten; diese Feststellungen bestreitet der Kläger im Übrigen nicht; ebenso wenig liegen gewichtige Anhaltspunkte vor für die Unrichtigkeit dieser Feststellungen (vgl. BVerwG, B.v. 20.9.2012 – 3 B 7.12 – juris Rn. 8; B.v. 18.8.2011 – 3 B 6.11 – juris Rn. 10, jeweils m.w.N.). Die Klarstellung des Klägers, die Geschädigte habe die ihr vom Kläger zubereiteten Substanzen nicht „unter Hypnose“ derart eingenommen, dass dies mit einem Willensverlust verbunden gewesen sei, die Geschädigte habe sich zu keiner Zeit in einem Zustand mangelnder Selbstbestimmung oder gar Willenlosigkeit befunden, erachtet das Gericht insoweit für richtig, dass aufgrund der Hypnose kein Willensverlust bei der Geschädigten eingetreten ist. Unzutreffend ist allerdings die klägerische Bewertung des Geschehens, die Geschädigte habe sich zu keiner Zeit in einem Zustand mangelnder Selbstbestimmung oder gar Willenlosigkeit befunden. Denn die Geschädigte hat im Zeitpunkt der Einnahme der Substanzen weder gewusst, was sie tatsächlich einnahm, noch konnte sie einen dahingehenden Willen betätigen. Ihr blieb vielmehr verborgen, dass der Kläger für sie ein Gemisch mit einem Abtreibungsmittel vorbereitet hatte. Von einer selbstbestimmten oder gar willentlichen Einnahme des Abtreibungsmittels durch die Geschädigte ist deshalb nicht auszugehen.
Mit seinem Fehlverhalten hat der Kläger insbesondere gegen seine gesetzliche Berufspflicht verstoßen, dem ihm im Zusammenhang mit seinem ärztlichen Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen (Art. 17 des Heilberufe-Kammergesetzes – HKaG), seine in der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns konkretisierte berufsrechtliche Pflicht verletzt, das ungeborene Leben zu erhalten (Art. 19 Nr. 1, Art. 20 HKaG, § 14 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung für die Ärzte Bayerns – BO) sowie das u.a. im ärztlichen Gelöbnis zum Ausdruck kommende Berufsbild des Arztes missachtet, sein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen, den höchsten Respekt vor menschlichem Leben zu wahren und vor allem sein medizinisches Wissen nicht zur Verletzung von Menschenrechten anzuwenden (vgl. BO, „Das ärztliche Gelöbnis“). Auch steht das Fehlverhalten des Klägers in Widerspruch zu den Aufgaben eines Arztes, der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes zu dienen (§ 1 Abs. 1 BÄO), das Leben zu erhalten und die Gesundheit zu schützen (§ 1 Abs. 2 BO). Der Kläger hat mit seinem Tun dem Ansehen des Arztberufs geschadet (vgl. Präambel zur BO; nachfolgend bb)).
Anders als der Kläger vorträgt, steht sein Fehlverhalten auch in Zusammenhang mit der Ausübung seines Arztberufs. Die gegenteilige Bewertung des Klägers, er habe die therapeutische/ärztliche Behandlung der Geschädigten sofort beendet, als sich eine sexuelle Beziehung anbahnte, weshalb es keine ärztliche Beziehung mehr gegeben und das Fehlverhalten mithin in der Privatsphäre des Klägers stattgefunden habe, trifft nicht zu. Insoweit kann dahinstehen, ob im Zeitpunkt der Tat noch eine klassische Arzt-Patienten-Beziehung bestand. Denn der Kläger hat, um einen von ihm beabsichtigten Schwangerschaftsabbruch gegen den Willen der Geschädigten herbeizuführen, ein ärztliches Umfeld geschaffen, das der Geschädigten aus den vorangehenden ärztlichen Behandlungen vertraut war. Der Kläger hat das im Rahmen des früheren Arzt-Patienten-Verhältnisses aufgebaute Vertrauen der Geschädigten ausgenutzt, indem er die Geschädigte unter Berufung auf seine ärztliche Expertise veranlasste, ein vorgebliches Entspannungsmittel einzunehmen. Von einem rein privaten Vergehen ohne Bezug zu einem Arzt-Patienten-Verhältnis kann jedenfalls für den Zeitpunkt der Tat nicht die Rede sein. Die Geschädigte vertraute dem Kläger nicht nur, weil er ihr Geliebter war, sondern weil dieser ihr unter dem Vorwand, anlässlich einer Fortbildung in … auf ein Magnesiumpulver gestoßen zu sein, das Verspannungen löse, ein Mittel zubereitet hatte, das die Geschädigte im Vertrauen auf dessen ärztliche Ethik, auf dessen Heilkunde und in die Richtigkeit seiner medizinischen Angaben einnahm. Dass der Kläger dieses ihm von seiner vormaligen Patientin entgegengebrachte Vertrauen zur Erreichung seines verwerflichen Ziels missbrauchen würde, kam ihr bei der Einnahme des zubereiteten Gemischs offenkundig nicht in den Sinn. Dass die ahnungslose Geschädigte schließlich nach Einnahme des vom Kläger zubereiteten Abtreibungsmittels mit den objektiv zu erwartenden und tatsächlich eingetretenen Schmerzen und Ängsten vom Kläger ohne Beistand allein gelassen wurde, zeigt jedenfalls einen mit dem Arztberuf nicht zu vereinbarenden charakterlichen Mangel auf, der über das von ihm verfolgte Ziel einer Abtreibung gegen den Willen der Geschädigten und der damit einhergehenden Verletzung des Körpers und wohl auch der Seele der Geschädigten hinausgeht.
bb) Das schwerwiegende Fehlverhalten des Klägers ist geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den ärztlichen Berufsstand nachhaltig zu erschüttern.
Anders als der Kläger einwendet, kommt es nicht darauf an, ob die breite Öffentlichkeit von seinem Fehlverhalten tatsächlich erfahren hat. Entscheidend ist vielmehr, dass das Verhalten des Arztes für jeden billig und gerecht Denkenden als Zerstörung der für die ärztliche Tätigkeit unverzichtbaren Vertrauensbasis erscheint und nicht, ob das Fehlverhalten des Arztes in der Öffentlichkeit zufällig bekannt oder eben nicht bekannt wurde (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2003 – 3 B 149.02 – juris Rn. 4). So liegt es hier; das Fehlverhalten des Klägers ist mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren.
(1) Die allgemeinen Vorstellungen vom Berufsbild und von der Persönlichkeit eines Arztes werden u.a. durch dessen Aufgaben und sein Bekenntnis zu den grundlegenden Prinzipien der ärztlichen Ethik bestimmt. Mit der dem Arzt übertragenen Aufgabe, der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes zu dienen (§ 1 Abs. 1 BÄO), wird die Verpflichtung des Arztes gegenüber der Allgemeinheit zum Ausdruck gebracht und das altruistische Leitmotiv der ärztlichen Tätigkeit bestimmt (vgl. Schelling in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Auflage 2018, § 1 BÄO Rn. 3 ff.). Dem auf das sog. Genfer Ärztegelöbnis von 1948 (mehrfach geändert, zuletzt am 14.10.2017) zurückgehenden Gelöbnis der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns kommt, wenngleich das Gelöbnis keine Rechtsnormqualität hat, eine standesethische Bedeutung zu, indem es als präambelartige Zusammenfassung auf die Berufspflichten aller Ärzte hinweist (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.8.1979 – Vf. 12-VII-78 – juris Rn. 31 ff.). Die zeitgemäße Fassung des vom sog. „Eid des Hippokrates“ inspirierten Gelöbnisses prägt gleichwohl die herkömmliche Vorstellung von der Hinwendung des Arztes zum Dienst an der Menschlichkeit, insbesondere, dass dieser mit seinem ganzen Tun und Unterlassen ausschließlich dem Leben dient; seit alters her gründet die Idee des Arztes auf Wissenschaft und Humanität (vgl. Laufs in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 7. Auflage 2015, I. Wesen und Inhalt des Arztrechts Rn. 6). Diese Vorstellungen vom Berufsbild eines Arztes und dessen Persönlichkeit umfassen auch das von einem Arzt zu fordernde und beispielhaft vorzulebende Mitgefühl als einen Grundwert der Medizin, also das Verständnis für und die Anteilnahme an der Not eines anderen Menschen (vgl. Handbuch der ärztlichen Ethik, S. 18 – Weltärztebund/World Medical Association, Januar 2005 – auf Deutsch unter www.wma.net, Publications, Medical Ethics Manual). Das berechtigte Verlangen der Allgemeinheit nach einer moralischen Selbstverpflichtung des Arztes gründet sich auf das Ungleichgewicht von funktionaler Bedeutung des ärztlichen Berufs und dessen (eingeschränkter) Kontrollmöglichkeit, auch wegen des Entscheidungsspielraums, den das ärztliche Handeln hat. Wenn der Bürger, also jeder potentielle Patient, einem Mitglied dieses Berufsstandes begegnet, muss er, ohne es kontrollieren zu können, allein über die Berufszugehörigkeit eine bestimmte moralische Ausrichtung und fachliche Qualität des Mitglieds erwarten dürfen (vgl. Wiesing, Ärztliche Ethik, 2013 – Bundeszentrale für politische Bildung – www.bpb.de).
Mit diesen berechtigten allgemeinen Vorstellungen vom Berufsbild und von der Persönlichkeit eines Arztes ist das Fehlverhalten des Klägers schlechterdings nicht zu vereinbaren. Das planvolle Vorgehen des Klägers beim Versuch, eine von ihm nicht gewollte Schwangerschaft gegen den Willen seiner vormaligen Patientin und nunmehrigen Geliebten unter Ausnutzung des aus dem Arzt-Patienten-Verhältnisses aufgebauten Vertrauens abzubrechen, ist mit dem Bild des helfenden und heilenden Arztes gänzlich unvereinbar. Das schuldhafte Fehlverhalten des Klägers lässt nicht nur dessen Gleichgültigkeit gegenüber der körperlichen Unversehrtheit der Geschädigten und dem ungeborenen Leben erkennen. Es zeigt auch die Bereitschaft des Klägers, das Vertrauen in seinen ärztlichen Stand zur Verfolgung seines eigennützigen Ziels einzusetzen, um Dritte über die wahren Absichten seines Tuns zu täuschen. Das zielbewusste Handeln des Klägers bei der Planung der Tat, bei der Beschaffung, der Zubereitung und dem Anbieten des Abtreibungsmittels, das er der Geschädigten als Entspannungsmittel empfohlen hatte, lässt jegliches Mitgefühl gegenüber der aus Sicht des Klägers von diesem schwangeren Geschädigten sowie jegliche Verantwortung für deren Gesundheit und das werdende Leben vermissen. Das rücksichtslose und eigennützige Handeln des Klägers unter Außerachtlassung selbst grundlegender Prinzipien der ärztlichen Ethik erschüttert aus Sicht des Gerichts das für eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung unabdingbare Vertrauen zwischen Patient und Arzt, bliebe das Verhalten des Klägers für den Fortbestand seiner Approbation als Arzt folgenlos (vgl. BVerwG, B.v. 31.7.2019 – 3 B 7.18 – juris Rn. 9 m.w.N.). Angesichts der schwerwiegenden Verfehlung des Klägers, aus selbstsüchtigen Motiven heraus die Geschädigte bewusst in deren Gesundheit zu verletzen und der Absicht des Klägers, werdendes Leben gegen den Willen der Geschädigten zu beenden, träte ein Ansehens- und Vertrauensverlust in den ärztlichen Berufsstand selbst dann ein, wenn das Fehlverhalten des Klägers nicht im Arzt-Patienten-Verhältnis angesiedelt wäre (vgl. BVerwG, B.v. 31.7.2019 ebd.).
(2) Würde das Fehlverhalten nicht zur Aufhebung der ärztlichen Approbation des Klägers führen, träte nach Überzeugung des Gerichts ein Verlust in das Vertrauen und das Ansehen des Ärztestands ein. Das Erfordernis der Würdigkeit des einzelnen Arztes für die Ausübung des Arztberufs (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO) dient dem Schutz des Ansehens der Ärzteschaft in den Augen der Öffentlichkeit, um das für jede Heilbehandlung unabdingbare Vertrauen der Patienten in die Integrität der Personen aufrecht zu erhalten, denen mit der Approbation die staatliche Erlaubnis zur selbständigen Ausübung der Heilkunde verliehen ist und in deren Hände sich die Patienten begeben. Dieses für das Arzt-Patienten-Verhältnis konstitutive und damit auch für das hochrangige Gemeinschaftsgut der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung unerlässliche Vertrauen würde durch eine fortdauernde Berufstätigkeit von Ärzten, die ein zum Widerruf führendes Fehlverhalten gezeigt haben, zerstört (vgl. Rehborn in Laufs/Kern/Rehborn, Handbuch des Arztrechts, 5. Auflage 2019, 3. Kapitel § 8 Rn. 43; BVerwG, B.v. 31.7.2019 – 3 B 7.18 – juris Rn. 12 jeweils m.w.N.). Die Vorstehendem zugrundeliegende Annahme, auch das Fehlverhalten eines Einzelnen könne das Ansehen und Vertrauen in den Berufsstand gefährden, ist berechtigt. Denn allein durch die Mitgliedschaft im ärztlichen Beruf muss (schon) gewährleistet sein, dass der Arzt ein bestimmtes Ethos für sich akzeptiert und realisiert (vgl. Wiesing, Ärztliche Ethik, a.a.O). Bliebe das Fehlverhalten des Klägers für dessen Zugehörigkeit zum Stand der Ärzte mithin folgenlos, erweckte dies den Eindruck, an einem wirksamen Schutz des Arztberufs vor unethisch handelnden Ärzten fehle es und würde in der Folge die Gewissheit der Patienten schwinden, sich im Grunde jedwedem Arzt als ihrem Helfer uneingeschränkt anvertrauen zu können (vgl. BVerfG, E.v. 8.9.2017 – 1 BvR 1657/17 – juris Rn. 13). Um eine Sanktion des Fehlverhaltens des Klägers geht es bei der Aufhebung seiner Approbation als Arzt nicht, sondern um den Schutz des Ansehens der Ärzteschaft in der Öffentlichkeit sowie um die Bewahrung des Bilds vom helfenden und heilenden Arzt und damit um eine Maßnahme der Gefahrenabwehr zum Schutz des besonders wichtigen Gemeinschaftsguts der Volksgesundheit (vgl. BVerwG, B.v. 31.7.2019 – 3 B 7.18 – juris Rn. 15, 12 m.w.N.).
cc) Der Widerruf der ärztlichen Approbation des Klägers ist auch nicht unverhältnismäßig. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der mit dem Widerruf verfolgte Zweck in einem unangemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stünde.
(1) Angesichts der Schwere der klägerischen Verfehlung in Bezug auf dessen Würdigkeit zur Ausübung des Arztberufs bestehen keine Bedenken gegen den vonseiten des Beklagten angeordneten Widerruf der Approbation. Wie zuvor ausgeführt, löst das Fehlverhalten des Klägers nicht ein bloßes Missfallen aus, sondern es zerstört nach Auffassung des Gerichts das für eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung unabdingbare Vertrauen der Öffentlichkeit zwischen Patient und Arzt, würde es für die Approbation des Klägers folgenlos bleiben.
Ob es hinsichtlich der Vollzugsfolgen des Widerrufs der Approbation einer Abwägung mit den persönlichen Lebensumständen des Klägers bedarf, kann dahinstehen (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 31.7.2019 – 3 B 7.18 – juris Rn. 11 ff.). Jedenfalls folgt aus dem Alter des Klägers und dem besorgten Wegfall der ärztlichen Altersversorgung kein Umstand, der eine andere Maßnahme als den Widerruf der ärztlichen Approbation erlauben würde. Dass der Kläger seine Approbation als Arzt aufgrund seines Alters möglicherweise aus faktischen Gründen nicht wiedererlangen wird, wiegt sicher schwer, ist aber die notwendige Folge seines Fehlverhaltens, das er im fortgeschrittenen Alter an den Tag gelegt hat. Die seinem Fehlverhalten zugrundeliegende Tat ist dem Kläger auch nicht altersbedingt widerfahren, sie war von ihm geplant und gewollt. Die möglichen Folgen seines Fehlverhaltens auch in berufsrechtlicher Sicht mussten dem Kläger im Übrigen klar gewesen sein; gleichwohl hat er hiervon keinen Abstand genommen oder versucht, dem seine Lebensumstände beeinträchtigenden Umstand der ungewollten Schwangerschaft seiner Geliebten auf eine mit der ärztlichen Ethik vertretbare Weise zu begegnen. Hiervon ausgehend ist für das Gericht nicht zu erkennen, dass die schwerwiegenden Folgen des Widerrufs der ärztlichen Approbation angesichts der Lebensumstände des Klägers eine andere Bewertung erfordern würden als bei einem jüngeren Arzt. Auch der vonseiten des Klägers besorgte Ausschluss aus der Ärzteversorgung lässt keine andere Bewertung zu. Dass der Widerruf der Approbation wirtschaftliche Nachteile für den Betroffenen hat, ist eine zwangsläufige Folge des Approbationsentzugs und kann für sich die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nicht infrage stellen.
(2) Das weitere Vorbringen des Klägers, die ihm vorgeworfenen Handlungen hätten im Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Entscheidung bereits mehr als zwei Jahre zurückgelegen (bzw. im Zeitpunkt des Bescheidserlasses mehr als drei Jahre), lässt keinen im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigenden Umstand erkennen. Denn aus bloßem Zeitablauf kann nicht auf eine Wiedererlangung der Würdigkeit geschlossen werden (vgl. BVerfG, E.v. 8.9.2017 – 1 BvR 1657/17 – juris Rn. 15).
(3) Der Kläger hat auch weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren Umstände dargetan, die die Annahme rechtfertigen würden, dass ein Vertrauensverhältnis zu den Patienten im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids oder zukünftig gesichert wäre.
(a) Soweit der Kläger ausführt, er lebe seit … Jahren in einer stabilen und erfüllenden Partnerschaft mit seiner Lebensgefährtin (nicht die Geschädigte), er sei sozial äußerst engagiert, etwa im Rahmen der ehrenamtlichen medizinischen Beratung und Betreuung von Asylbewerbern und habe seinen ärztlichen Beruf seit mehr als … Jahren gewissenhaft und verantwortungsvoll ausgeübt, ergibt sich daraus nichts, was seine Würdigkeit wiederherstellen könnte. Der Verlust der Würdigkeit des Klägers, weiterhin als Arzt tätig zu sein, hatte ein konkretes Fehlverhalten zu einem bestimmten Zeitpunkt zum Anlass. Die Wiederherstellung seiner Würdigkeit erfordert demgemäß Handlungen des Klägers, die zu seinem Fehlverhalten in Beziehung stehen, beginnend mit der Einsicht in das Unrecht seines Tuns. Daran fehlt es nach Auffassung des Gerichts nach wie vor. Der Kläger bereut, dass er sich zu den im Strafbefehl niedergelegten Handlungen mit der Geschädigten hat „hinreißen“ lassen. Er bedauert „insbesondere“, „sich auf Drängen der Geschädigten auf eine vorübergehende, persönliche Beziehung mit der Geschädigten eingelassen zu haben“, von der die Initiative zu einem sexuellen Kontakt ausgegangen sei und die den Kläger unter einem Vorwand in ein Hotel gelockt habe. Der Kläger ärgere sich sehr, hier nicht gleich zu Beginn dem Ansinnen der Geschädigten energisch entgegengetreten zu sein. Mit dieser Darstellung verkennt der Kläger grundlegend, dass nicht die Liebesbeziehung zwischen ihm und seiner ehemaligen Patientin Grund zum Widerruf seiner Approbation war, sondern die Verletzung der körperlichen Unversehrtheit der Geschädigten durch den Kläger und dessen Versuch einer Abtreibung gegen deren Willen. Hieran hat die Geschädigte keinerlei Anteil. Solange der Kläger die Ursache seines Fehlverhaltens nicht ausschließlich bei sich selbst, sondern auch bei der Geschädigten sucht, wird es ihm kaum möglich sein, die Tragweite seiner Verfehlung zu erkennen, insbesondere, sein Fehlverhalten im Licht der ärztlichen Ethik einer Bewertung zu unterziehen und ernsthaft zu versuchen, diese Verfehlung wiedergutzumachen (vgl. zur Geeignetheit, verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen, BVerfG, E.v. 8.9.2017 – 1 BvR 1657/17 – juris Rn. 15).
(b) Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger versucht hätte, sein Fehlverhalten wiedergutzumachen, insbesondere gegenüber der Geschädigten, bestehen nicht.
Soweit sich der Kläger auf eine Zahlung von 5.000 Euro an ein Frauentherapiezentrum beruft, handelt es sich um eine Geldauflage, die dem Kläger nach § 56b StGB gerichtlich auferlegt wurde. Auch wenn Geldauflagen der Schadenswiedergutmachung dienen sollen, sind sie zur Wiedererlangung der Würdigkeit ungeeignet, weil sie als strafähnliche Maßnahme gerichtlich erteilt und damit weder freiwillig geleistet werden noch Ausdruck von Reue oder einem damit verbundenen Verantwortungsgefühl sind.
Auch aus dem Vorbringen, der Kläger sei schon aufgrund des Strafverfahrens und die erheblichen Sanktionen geläutert und werde sich mit Sicherheit niemals mehr auch nur etwas ansatzweise Vergleichbares zuschulden kommen lassen, folgt kein Umstand, der eine abweichende Bewertung der Unwürdigkeit des Klägers oder der Verhältnismäßigkeit des Approbationswiderrufs zulassen könnte. Die strafrechtliche Verurteilung des Klägers diente der Sanktion seines Fehlverhaltens, nicht aber der Abwehr der Gefahr für die Volksgesundheit durch den aus diesem Fehlverhalten folgenden Vertrauensverlust zwischen Patienten und Arzt, der mit der fortdauernden Berufstätigkeit eines Arztes einhergeht, der – wie der Kläger – ein Fehlverhalten gezeigt hat, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist (vgl. BVerwG, B.v. 31.7.2019 – 3 B 7.18 – juris Rn. 12 m.w.N.). Zur Abwendung dieser Gefahr bedarf es der Wiederherstellung der Würdigkeit, wofür weder im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Anhaltspunkte bestanden; auch Umstände, die die Annahme rechtfertigen würden, dass zukünftig ein Vertrauensverhältnis zu den Patienten gesichert und somit eine Gefahr für die Volksgesundheit ausgeschlossen sein könnten, sind nicht ersichtlich. Dass schon allein das verhängte Strafmaß der Annahme der Berufsunwürdigkeit des Klägers in den Augen der Öffentlichkeit entgegenstünde, kann angesichts einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 11 Monaten und einer Geldauflage von 5.000 Euro nicht angenommen werden, auch weil es sich bei den Straftaten der gefährlichen Körperverletzung und des (versuchten) Schwangerschaftsabbruchs in einem besonders schweren Fall um Taten handelt, die dem Grunde nach von jedermann begangen werden können, das Fehlverhalten des Klägers aber darüber hinausgeht, indem es gegen grundlegende Prinzipien der ärztlichen Ethik verstößt und das Bild vom helfenden und heilenden Arzt grundlegend infrage stellt. Schließlich erfordert der Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit keine auf die Person des Betroffenen bezogene Gefahrenprognose; eine Wiederholungsgefahr ist nicht erforderlich (vgl. BVerwG, B.v. 31.7.2019 – 3 B 7.18 – juris Rn. 15 m.w.N.).
Soweit der Kläger vorbringt, das ihm zur Last gelegte Fehlverhalten sei letztlich aufgrund eines Geständnisses abgeurteilt worden, ergibt sich auch daraus keine ihm günstigere Bewertung. Sein faktisches Geständnis (von einem Beweismittel „Geständnis“ ist im Strafbefehl nicht die Rede; der Kläger erklärte sich aber mit dem Strafbefehl einverstanden, Bl. … der Ermittlungsakte) wurde bereits – aufgrund einer Verständigung mit der Staatsanwaltschaft – strafmildernd berücksichtigt, wie sich aus dem Vermerk der Staatsanwältin vom 8. Mai 2018 hinreichend ergibt (Bl. … der Ermittlungsakte; vgl. § 407, § 160b Satz 2 StPO zu Absprachen zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft Eckstein in Münchener Kommentar zur StPO, 1. Auflage 2019, § 407 Rn. 31; vgl. auch Temming, in BeckOK StPO mit RiStBV und MiStra, Stand 1.7.2020, § 407 StPO Rn. 5, jeweils m.w.N.). Davon abgesehen ergab sich aus dem Beweismittel „Chat-Verlauf“ hinreichend deutlich, dass der Kläger die ihm vorgeworfenen Taten begangen hatte (u.a. „Mir ständig Vorwürfe gemacht … warum habe ich das gemacht …“, Bl. … … der Ermittlungsakte). Hiervon ausgehend ist das Einverständnis des Klägers mit dem Strafbefehl, nach erfolgter Einsicht in die Ermittlungsakte durch den Rechtsanwalt des Klägers im Strafverfahren (Bl. … … der Ermittlungsakte), als auch von taktischen Erwägungen über die Rechtsfolgen seiner Tat geprägt zu werten, wenngleich es glaubhaft ist, dass es dem Kläger auch darum ging, dass die Angelegenheit keine Öffentlichkeitswirksamkeit entfaltet. Das Unterlassen jeglicher Verteidigungshandlungen des Klägers im Ermittlungsverfahren mag nach alldem zugleich „Ausdruck seines tiefempfundenen Bedauerns“ gewesen sein; seine Würdigkeit zur Ausübung des Arztberufs hat der Kläger damit aber nach Auffassung des Gerichts vor den Augen der Öffentlichkeit noch nicht wiederhergestellt.
Welche nachhaltigen Veränderungen der Kläger seither in seinem Leben bewirkt habe, sodass etwa gleichgelagerte Verfehlungen künftig ausgeschlossen sein sollen, wird nicht näher ausgeführt. Um die Gefahr eines Wiederholens der zur Unwürdigkeit führenden Verfehlung des Klägers geht es zudem nicht, sondern um die Abwehr einer Gefahr für das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Arzt (vgl. BVerwG, U.v. 31.7.2019 – 3 B 7.18 – juris Rn. 15).
dd) Veränderte Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass zukünftig ein Vertrauensverhältnis zu den Patienten gesichert und somit eine Gefahr für die Volksgesundheit ausgeschlossen sind (vgl. BVerfG, E.v. 8.9.2017 – 1 BvR 1657/17 – juris Rn. 14 m.w.N.), lassen sich auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht feststellen.
Da das vergangene Fehlverhalten des Klägers – würde es bekannt werden – nach Überzeugung des Gerichts dazu führt, dass er das für die Ausübung des Arztberufs erforderliche Vertrauen nicht mehr besitzt, bedarf es konkreter Umstände, die auf die Wiedererlangung dieses Vertrauens in den Augen der Öffentlichkeit hindeuten können. Nach vorstehenden Ausführungen, die auch auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abstellen, ist derzeit das verlorengegangene Vertrauen in die ärztliche Integrität des Klägers nicht wiederhergestellt. Der Kläger hat bislang keine Reueaktivitäten dargetan, die eine Aufarbeitung seiner Verfehlung erkennen lassen würden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Kläger ernsthaft und freiwillig darum bemüht war, einen irgendwie gearteten Ausgleich mit der Geschädigten herbeizuführen.
2. Die Verpflichtung des Klägers, das Original seiner Approbationsurkunde und sämtliche in seinem Besitz befindliche Ablichtungen an die Regierung von Oberbayern zu übergegen oder zu übersenden, ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1, § 114 VwGO).
a) Nach Art. 52 Satz 1 BayVwVfG kann die Behörde, wenn ein Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen wurde, die aufgrund dieses Verwaltungsakts erteilten Urkunden, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern; der Inhaber der Urkunde ist zu deren Herausgabe verpflichtet (Art. 52 Satz 2 BayVwVfG).
Besteht die für den Rechtsverkehr dokumentierte Approbation des Klägers nach Vollziehbarkeit des Widerrufs nicht mehr, begründet die gleichwohl in seinem Besitz belassene Urkunde über die Erteilung der Approbation als Arzt die Gefahr von Täuschungen über die wirkliche Rechtslage (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 52 Rn. 1 f.). Hierauf stellt der Beklagte zutreffend ab; dieser erachtet die Rückgabe für erforderlich, um einer unberechtigten Ausübung des Arztberufs durch den Kläger wirksam vorzubeugen. Damit hat der Beklagte sein Rückforderungsermessen in Anbetracht der Bedeutung der Approbationsurkunde zum Beweis der staatlichen Zulassung zur Ausübung des Arztberufs im Rechtsverkehr, wenngleich knapp, so doch hinreichend begründet. Soweit der Beklagte auch die Herausgabe von sämtlichen im Besitz des Klägers befindlichen Ablichtungen fordert, bezieht sich dies der Intention des Beklagten folgend, einer unberechtigten Ausübung des Arztberufs vorzubeugen, auf beglaubigte Ablichtungen der Approbationsurkunde, die der Originalurkunde i.S.d. Art. 52 BayVwVfG gleichstehen. Nachdem der Kläger nach Vollziehbarkeit des Widerrufs seiner Approbation nicht als Arzt tätig werden darf, hat die Approbationsurkunde ihre wesentliche Rechtsfolge eingebüßt. Gesichtspunkte, aus denen dem Kläger die Approbationsurkunde gleichwohl hätte belassen werden sollen, sind weder dargetan noch ersichtlich (vgl. OVG NW, U.v. 15.5.1990 – 5 A 1692/89 – juris Rn. 21). Dass die Approbationsurkunde erst mit Vollziehbarkeit der Widerrufsentscheidung, hier also mit deren Bestandskraft zurückzugeben ist (§ 80 Abs. 1 VwGO), ergibt sich aus den Bescheidsgründen zu Nr. 2 des Bescheidstenors sowie der in Nr. 3 des Bescheidstenors verfügten Zwangsgeldandrohung.
b) Die mit der Rückgabeforderung verbundene Zwangsgeldandrohung in Höhe von 2.000 Euro für den Fall, dass der Kläger die Approbationsurkunde (sowie beglaubigte Kopien hiervon) nicht innerhalb von zwei Wochen nach Vollziehbarkeit des Rückgabeverlangens zurückgibt oder übersendet, beruht auf Art. 29, Art. 31 und Art. 36 VwZVG und begegnet keinen Bedenken.
3. Die behördliche Kostenentscheidung ist nicht zu beanstanden. Insbesondere begegnet die Bescheidsgebühr in Höhe von 400 Euro angesichts des zutreffend in Ansatz gebrachten Gebührenrahmens von 280 Euro bis 600 Euro keinen Bedenken (Tarif-Nr. 7.IX.1/2 des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz).
Die gerichtliche Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die sofortige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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