Arbeitsrecht

Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeit

Aktenzeichen  Au 2 K 18.2147

Datum:
5.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 4637
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2 Nr. 1, Art. 49 Abs. 2 S. 1 Ziff. 1
BayBG Art. 81 Abs. 3 S. 7
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. November 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da der Widerruf der Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit durch die Beklagte rechtmäßig erfolgt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Rechtsgrundlage für den Widerruf der erteilten Genehmigung zur Ausübung der Nebentätigkeit ist Art. 81 Abs. 3 Satz 7 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG), als Fall des gesetzlichen Widerrufsvorbehalts i. S. v. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG).
Danach ist eine einmal erteilte Genehmigung zu widerrufen, wenn sich nachträglich eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ergibt.
2. Die Widerrufsermächtigung setzt zunächst voraus, dass die ursprüngliche Nebentätigkeitsgenehmigung rechtmäßig erteilt worden ist (vgl. BeckOK BeamtenR Bayern/Brinktrine, 16. Ed. 30.12.2019, BayBG Art. 81 Rn. 122).
Dies war vorliegend der Fall. Bei der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Tätigkeit nach Art. 81 Abs. 2 Satz 1 BayBG, da eine Genehmigungsfreiheit i. S. v. Art. 82 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 6 BayBG nicht vorliegt. Der Kläger hat seine Nebentätigkeit entgeltlich ausgeübt, auch die sonstigen Ausnahmefälle liegen nicht vor. Die Ausübung dieser Tätigkeit ist dem Kläger durch Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 2016 genehmigt worden, Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit dieser Genehmigung sind nicht ersichtlich. Insbesondere lag zum Zeitpunkt der damaligen Genehmigung ein Versagungsgrund gemäß Art. 81 Abs. 3 Satz 2 BayBG nicht vor. Zutreffend hat die Beklagte damals auch die Auflage erteilt, dass die zeitliche Beanspruchung durch Ausübung der Nebentätigkeit in der Woche acht Stunden nicht überschreiten darf (Art. 81 Abs. 3 Satz 3 BayBG) und die Genehmigung befristet (Art. 81 Abs. 3 Satz 5 Halbs. 1 BayBG). Gegen die Auflage, die Nebentätigkeit dürfe nur außerhalb der bei der Beklagten abzuleistenden Arbeitszeit ausgeübt werden, bestehen keine Bedenken, dies lässt sich bereits aus dem Charakter einer Nebentätigkeit ableiten.
3. Im Falle des Klägers hat sich im Nachhinein eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ergeben, weswegen die Beklagte rechtmäßig die Nebentätigkeitsgenehmigung widerrufen hat.
Eine solche nachträgliche Beeinträchtigung liegt vor, wenn nach Genehmigungserteilung ein Versagungsgrund gemäß Art. 81 Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 bis 6 BayBG eintritt. Ein solcher Versagungsgrund kann der allgemeine Versagungsgrund oder die Verwirklichung eines Regelbeispiels sein (vgl. dazu VG Aachen, U.v. 27.4.2015 – 1 K 908/14 – juris). Typische Fälle sind z.B. ein Nachlassen der Arbeitskraft des Beamten infolge der Nebentätigkeit, plötzlich auftretende Interessenkonflikte oder eine neue, bisher nicht vorgesehene Verwendung des Beamten (BeckOK BeamtenR Bayern/Brinktrine, 16. Ed. 30.12.2019, BayBG Art. 81 Rn. 122). Bei der Entscheidung der Behörde, die Genehmigung der Nebentätigkeit zu widerrufen, handelt es sich um eine gebundene Entscheidung (Baßlsperger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern (Stand Oktober 2019), Art. 81 BayBG Rn. 87).
Die Beklagte hat vorliegend zutreffend das Regelbeispiel des Art. 81 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 BayBG als verwirklicht angesehen, das voraussetzt, dass eine weitere Ausübung der Nebentätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich ist.
Bereits nach dem Wortlaut der Regelung ist die Möglichkeit einer Ansehensbeeinträchtigung ausreichend, um ein Nebentätigkeitsverbot zu begründen. Es kommt darauf an, ob es bei verständiger Würdigung ernsthaft möglich ist, dass die Nebentätigkeit ansehensmindernde Auswirkungen hat. Dies ist der Fall, wenn sie geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes zu beeinträchtigen. Das uneingeschränkte Vertrauen der Öffentlichkeit, dass die hoheitlichen Aufgaben gesetzmäßig wahrgenommen werden und hierbei die sich aus dem Beamtenstatus ergebenden besonderen Pflichten beachtet werden, trägt entscheidend zur Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens bei. Der Tatbestand korrespondiert mit der Pflicht der Beamten nach § 34 S. 3 Beamtenstatusgesetz (vgl. BeckOK BeamtenR Bayern/Brinktrine, 16. Ed. 30.12.2019, BayBG Art. 81 Rn. 88).
Die Tätigkeiten des Klägers als selbstständiger Trainer im Bereich des Ausdauersports (Schwimmsport) zu Erwerbszwecken sind in Anbetracht der derzeit bei ihm vorliegenden länger andauernden (seit Oktober 2018) krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit geeignet, eine Beeinträchtigung des Ansehens der Verwaltung zu begründen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zeigt ein Beamter, der aufgrund einer Erkrankung außerstande ist, Dienst zu verrichten, dennoch aber in dieser Zeit der Dienstunfähigkeit einer privaten Erwerbstätigkeit nachgeht, regelmäßig ein Verhalten, das auf kein Verständnis stößt und geeignet ist, das Vertrauen in die Loyalität der Beamtenschaft zu beeinträchtigen. Der Dienstherr alimentiert Beamte auch bei Dienstunfähigkeit und stellt so sicher, dass sich ein Beamter schonen kann, um seine Genesung bestmöglich zu fördern, und nicht gezwungen ist, eine anderweitige Tätigkeit aufzunehmen, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Wenn ein Beamter zu Erwerbszwecken oder aus Eigennutz einer privaten Nebentätigkeit nachgeht, erweckt er den Eindruck, nicht so krank zu sein, dass er zur Dienstleistung außerstande ist und er also seine Dienstbezüge erhält, ohne zugleich seine Arbeitskraft seinem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.1999 – 1 D 49.97 – juris; OVG RhPf, B.v. 20.11.1998 – 10 A 10013/98 – juris).
Hier entstünde bei Fortführung der Nebentätigkeit der ansehensschädliche Eindruck, dass – einerseits – der Kläger seiner Schwimmtrainertätigkeit einen höheren Stellenwert zumisst als seinem Dienst als Beamter bzw. der Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit und – andererseits – die Beklagte als Dienstherr dies tatenlos hinnimmt. Dabei kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Nebentätigkeit des Klägers auch eine gewisse Öffentlichkeitswirksamkeit aufweist. So bewirbt der Kläger seine Schwimmtrainings auf seiner Internetseite (https://www.*) und verfügt (jedenfalls) in der sog. „Open Water Swimming“-Szene über einen prominenten Namen, den er in der Vergangenheit durch öffentlichkeitswirksame Auftritte erlangt hat. Dementsprechend liegt es nahe, dass nicht nur eine Reihe von Kollegen des Klägers, sondern – über diese oder in anderer Weise – auch außerhalb der Verwaltung Stehende erfahren, dass sich der Kläger zwar außerstande sieht, seinen Dienst zu verrichten, gleichzeitig aber in der Lage ist, als Schwimmtrainer tätig zu sein.
Auch kann nicht angenommen werden, dass die Nebentätigkeit zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit des Klägers erforderlich ist. Der Kläger hat zwar den Entlassbericht der * Klinik * vom 28. Oktober 2019 vorgelegt, wonach bei ihm eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (ICD-10: F33.1), vorläge und empfohlen werde, die positiven Ausgleichsaktivitäten als Trainer und aktiver Schwimmer fortzuführen. Diese Empfehlung erscheint jedoch bereits zweifelhaft, da der Kläger seit Mai 2016 seiner Nebentätigkeit nachgeht und – obwohl seit dem 30. Oktober 2018 dienstunfähig erkrankt – die Nebentätigkeit aber ununterbrochen ausgeübt hat. Soweit die Ausgleichsaktivitäten tatsächlich gesundheitsfördernde Wirkung auf den Kläger haben sollten, ist nicht ersichtlich, dass und aufgrund welcher Zusammenhänge es zu deren Herbeiführung nicht ausreichen sollte, wenn der Kläger den Schwimmsport im privaten Bereich nachgeht, ohne hierbei eine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit auszuüben. Im Übrigen steht dieser ärztlichen Einschätzung die amtsärztliche Expertise des Landratsamts * vom 6. März 2019 entgegen, wonach die nachgegangene Tätigkeit als Kurstrainer aus fachlicher Sicht als nicht gesundheitsförderlich betrachtet werden könne. Jedenfalls dürfte der vom Kläger erhoffte gesundheitsfördernde Effekt auch durch eine Beschäftigung mit dem Schwimmsport im privaten Bereich eintreten.
Im Übrigen entfällt eine mögliche Ansehensbeeinträchtigung der öffentlichen Verwaltung nicht deshalb, weil die Nebentätigkeit der Gesundheit und Genesung förderlich wäre. Für das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes, für die insbesondere psychische Erkrankungen nicht erkennbar sind, kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeit für den Beamten gesundheitsfördernd ist (vgl. OVG NW, B.v. 4.4.2019 – 6 A 2171/17 – juris Rn. 10).
4. Der Widerruf der Genehmigung zur Ausübung der Nebentätigkeit ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte am 29. November 2018 eine Missbilligung nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Disziplinargesetzes (BayDG) ausgesprochen hat.
Bei der Missbilligung nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayDG handelt es sich nicht um eine disziplinarrechtliche, sondern eine beamtenrechtliche Maßnahme. Sie ist Teil der Dienstaufsicht und begründet auch kein Maßnahmeverbot gegenüber einer späteren Disziplinarmaßnahme („ne bis idem“). Ein Dienstvergehen muss nicht zwingend vorliegen, eine Missbilligung ist auch zulässig, wenn die Amtsführung des Beamten aus anderem Grund Anlass zu Beanstandungen gibt (vgl. Findeisen, Bayerisches Disziplinargesetz, 6. EL Mai 2017, Art. 7 Nr. 2). Unabhängig von dem Umstand, ob die Missbilligung rechtmäßig ausgesprochen worden ist, wurde diese wegen eines konkreten, zu beanstandenden Verhaltens des Klägers ausgesprochen.
Hingegen stellt der Widerruf der Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit keine Maßnahme mit „Strafcharakter“ dar. Vielmehr ist eine genehmigte Nebentätigkeit zu widerrufen, wenn sich nachträglich eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zeigt. Hierdurch wird weder ein Fehlverhalten des Beamten noch dieser an sich bestraft, sondern dienstlichen Interessen Genüge getan. Damit bestehen unterschiedliche Zielrichtungen zwischen dem Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung und dem Ausspruch einer Missbilligung, sodass – entgegen der Auffassung des Klägers – keine „Doppelbestrafung“ vorliegt. Im Übrigen existiert auch keine gesetzliche Regelung, die den Widerruf der Genehmigung einer Nebentätigkeitsausübung neben dem Ausspruch einer Missbilligung untersagen würde.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
6. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 124, § 124a VwGO).


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