Arbeitsrecht

Widerruf einer Heilpraktikererlaubnis wegen Steuerhinterziehung

Aktenzeichen  W 10 K 19.839

Datum:
26.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 21652
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 46
HeilprGDV § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 4
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

I.
Das Gericht durfte in Abwesenheit des durch einen Prozessbevollmächtigten vertretenen Klägers verhandeln und entscheiden. Gemäß § 101 Abs. 1 VwGO entscheidet das Gericht, soweit nichts Anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Gemäß § 102 Abs. 2 VwGO kann auch in Abwesenheit eines nach § 102 Abs. 1 VwGO ordnungsgemäß geladenen Prozessbeteiligten verhandelt und entschieden werden. Der Grundsatz der Mündlichkeit soll den Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör sichern (Eyermann/Schübel-Pfister, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 101 Rn. 2 m.w.N.). Diesem Grundsatz kommt zwar für sich betrachtet kein Verfassungsrang zu, gleichwohl ist bei seiner Auslegung die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu berücksichtigen, wonach jede Person ein Recht darauf hat, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird (Eyermann/Schübel-Pfister, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 101 Rn. 2 m.w.N.; zur Anwendbarkeit im Verwaltungsprozess: BVerwG, B.v. 18.12.2014 – 8 B 47.14 – juris Rn. 6; B.v. 17.8.2004 – 6 B 49.04 – juris Rn. 6). Die Beteiligten müssen deshalb im gerichtlichen Verfahren mindestens einmal die Gelegenheit haben, zu den entscheidungserheblichen Tatsachen- und Rechtsfragen in einer mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen (BVerwG, B.v. 18.12.2014 – 8 B 47.14 – juris Rn. 6). Auf dieses Recht können die Prozessbeteiligten, wie § 101 Abs. 2 VwGO zeigt, verzichten.
Der Kläger war in der mündlichen Verhandlung durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten. Dadurch hatte er die Gelegenheit, zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Rechtsfragen Stellung zu nehmen. Ein Antrag auf Terminsverlegung gemäß § 227 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO wurde nicht gestellt. Die Rechtslage stellte sich somit nicht anders dar, als im Falle eines am Verhandlungstag erkrankten Prozessbeteiligten, welcher von seinem Recht, eine Terminsverlegung zu beantragen, keinen Gebrauch macht, sondern sich durch einen Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertreten lässt. Unter diesen Umständen durfte das Gericht in Abwesenheit des ordnungsgemäß vertretenen Klägers verhandeln und entscheiden.
II.
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger (schon deshalb) nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der Widerruf der Heilpraktikererlaubnis unter Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist rechtmäßig.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Berufserlaubnis ist wegen des der Entscheidung innewohnenden prognostischen Elements die letzte Behördenentscheidung, hier der Erlass des Bescheides vom 24. Juni 2019. Der Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens bewirkt eine Zäsur, durch die eine Berücksichtigung danach eintretender Umstände einem späteren Verwaltungsverfahren auf Wiedererteilung der Berufserlaubnis zugewiesen wird. Dieser Zeitpunkt ist auch für die gerichtliche Entscheidung maßgeblich (BVerwG, U.v. 26.9.2002 – 3 C 37.01 – juris Rn. 28; BayVGH, B.v. 17.6.2020 – 21 ZB 18.1807 – juris Rn. 15, 16; B.v. 27.5.2020 – 21 CS 20.433 – juris Rn. 15; VG München, U.v. 19.5.2015 – M 16 K 15.826 – juris Rn. 15 m.w.N.). Bezogen auf diesen Zeitpunkt erweist sich der Widerruf der dem Kläger am 31. Januar 1996 erteilten Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein (Heilpraktikererlaubnis), als rechtmäßig.
a) Der Widerruf der Heilpraktikererlaubnis beruht auf § 7 Abs. 1 Satz 1 der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz – HeilprG) vom 18. Februar 1939 – HeilprGDV (RGBl. I 1939, 259; zur Anwendbarkeit des HeilprG sowie der darauf gestützten Rechtsverordnungen nach Inkrafttreten des Grundgesetzes: BVerfG, U.v. 10.5.1988 – 1 BvR 482/84, 1 BvR 1166/85 – juris Rn. 38, 53 ff.; BVerwG, U.v. 11.11.1993 – 3 C 45.91 – juris Rn. 24). Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 HeilprGDV ist die Erlaubnis durch die höhere Verwaltungsbehörde zurückzunehmen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die eine Versagung der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HeilprGDV rechtfertigen würden. Unter der „Rücknahme“ im Sinne der Vorschrift ist nicht die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach Art. 48 des Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) zu verstehen, sondern der Widerruf eines (im Erteilungszeitpunkt rechtmäßigen) Verwaltungsaktes im Sinne des Art. 49 BayVwVfG (BayVGH, B.v. 27.5.2020 – 21 CS 20.433 – juris Rn. 14 m.w.N.).
b) Der Widerrufsbescheid ist in formeller Hinsicht rechtmäßig.
aa) Die Beklagte war gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 HeilprGDV i.V.m. § 3 Abs. 9 der Heilberufe-Zuständigkeitsverordnung (HeilBZustV), Art. 6 des Bayer. Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) und Art. 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 der Bayer. Gemeindeordnung (BayGO) sachlich und gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG örtlich zum Erlass des Bescheides, auch hinsichtlich der unter den übrigen Bescheidsziffern getroffenen Maßnahmen, zuständig. Im Hinblick auf den landkreisübergreifenden beruflichen Tätigkeitsbereich des Klägers, der eine Praxis im Gebiet der Beklagten und eine Zweigstelle in seiner Privatwohnung im Landkreis Bad Kissingen unterhält, ergab sich die örtliche Zuständigkeit sowohl der Beklagten als auch des Landratsamtes Bad Kissingen. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2018 (Bl. 41 d.A.) hat die Regierung von Unterfranken als gemeinsame fachlich zuständige Aufsichtsbehörde im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. Art. 110 Satz 2, 115 Abs. 1 BayGO und Art. 96 Satz 1, 101 der Bayer. Landkreisordnung (LKrO) die Beklagte gebeten, die Zuständigkeit zu übernehmen, und sie damit gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1, 2 BayVwVfG zur zuständigen Behörde bestimmt.
bb) Das von der Beklagten durchgeführte Verwaltungsverfahren zum Erlass des Widerrufsbescheides begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Zum einen wurde der Kläger vor Bescheidserlass ordnungsgemäß nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört. Zum anderen weist auch die gemäß § 7 Abs. 3 HeilprGDV vorgeschriebene Mitwirkung des gemäß § 4 HeilprGDV gebildeten Gutachterausschusses keine Mängel auf. Der Umstand, dass der Gutachterausschuss sein Votum ohne Kenntnis der Stellungnahme des Klägers gegenüber der Beklagten in der Anhörung abgegeben hat, begründet keinen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verwaltungsverfahrens (vgl. zu diesem Grundsatz BayVGH, U.v. 11.5.2017 – 20 B 15.285 – juris Rn. 27 m.w.N.; Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 9 Rn. 60; Mann/Sennekamp/Uechtritz/Engel/Pfau, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 28 Rn. 18 f.). Dem Kläger musste vor der Abgabe des Votums des Gutachterausschusses keine Gelegenheit zur Stellungnahme diesem gegenüber gegeben werden. Die Beklagte hat mit dem Anschreiben vom 7. Dezember 2018 nicht gegenüber dem Gutachterausschuss Stellung genommen, sondern diesen lediglich über die strafrechtliche Verurteilung des Klägers sowie über das von ihr aus diesem Anlass eingeleitete Verwaltungsverfahren zur Prüfung der Zuverlässigkeit informiert und auf die einschlägigen Rechtsvorschriften hingewiesen, verbunden mit der Bitte um Stellungnahme gemäß § 7 Abs. 3 HeilprGDV. Damit hat die Beklagte dem Gutachterausschuss lediglich den Anlass der Anhörung mitgeteilt und ihm diejenigen Informationen zukommen lassen, die notwendig waren, um seine Stellungnahme abgeben zu können. Eine Stellungnahme der Beklagten zur Rechtslage gegenüber dem Gutachterausschuss war damit nicht verbunden. Deshalb musste auch dem Kläger unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegenüber dem Gutachterausschuss eingeräumt werden. Im Übrigen wird der Gutachterausschuss im Widerrufsverfahren nach § 7 Abs. 3 HeilprGDV lediglich beratend und nicht mitentscheidend tätig, weil die zuständige Behörde nicht an sein Votum gebunden ist. Es handelt sich bei seiner Mitwirkung somit um einen unselbständigen Verfahrensteil ohne Außenwirkung, der keiner gesonderten Anhörung unterliegt (vgl. Mann/Sennekamp/Uechtritz/Engel/Pfau a.a.O., § 28 Rn. 45; Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen a.a.O., § 28 Rn. 24).
Im Übrigen wäre ein etwaiger Verstoß gegen Verfahrensregeln vorliegend nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich, da es sich bei dem Widerruf um eine gebundene Verwaltungsentscheidung handelt (BayVGH, B.v. 18.3.2020 – 21 CS 19.2278 – juris Rn. 11 ff.; VG München, U.v. 19.5.2015 – M 16 K 15.826 – juris Rn. 24 m.V.a. BVerwG, U.v. 14.3.1961 – I C 36.59; VG Gelsenkirchen, B.v. 9.5.2018 – 7 L 261/18 – juris Rn. 4; VG Braunschweig, U.v. 5.12.2016 – 1 A 38/16 – juris Rn. 16). Für eine teleologische Reduktion des Art. 46 BayVwVfG mit Rücksicht auf die grundrechtsschützende Funktion des Grundsatzes des fairen Verwaltungsverfahrens sieht die Kammer im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage keinen Raum.
c) Der Widerruf ist auch in materieller Hinsicht nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HeilprGDV rechtmäßig, weil aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers und der daran ansetzenden Prognose nachträglich Tatsachen eingetreten sind, welche eine Versagung der Heilpraktikererlaubnis wegen Unzuverlässigkeit rechtfertigen. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f HeilprGDV wird die Erlaubnis nicht erteilt, wenn sich aus Tatsachen ergibt, dass ihm (d.h. dem Antragsteller) die sittliche Zuverlässigkeit fehlt, insbesondere, wenn schwere strafrechtliche oder sittliche Verfehlungen vorliegen. Angesichts der strikten Rechtsfolge des § 7 Abs. 1 Satz 1 HeilprGDV muss dem mit dem Widerruf bewirkten Eingriff in die Berufsfreiheit bereits bei der Auslegung des Begriffs der Unzuverlässigkeit hinreichend Rechnung getragen werden, um das Übermaßverbot zu wahren (BVerwG, U.v. 26.9.2002 – BVerwG 3 C 37.01 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 17.6.2020 – 21 ZB 18.1807 – juris Rn. 12). Gemessen daran geht die Beklagte zu Recht vom Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen aus, da die strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers sowie seine persönlichen und sonstigen Umstände die Prognose der Unzuverlässigkeit rechtfertigen.
aa) Die Zuverlässigkeit eines Heilpraktikers im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 HeilprGDV fehlt, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Heilpraktiker werde in Zukunft die Vorschriften und Pflichten nicht beachten, die sein Beruf mit sich bringt, und sich dadurch Gefahren für die Allgemeinheit oder die von ihm behandelten Patienten ergeben. Wegen der Bedeutung der durch einen unzuverlässigen Heilpraktiker gefährdeten Rechtsgüter sind hierbei grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Die danach erforderliche Prognose ist anhand der Umstände des Einzelfalles, der Lebensumstände des Heilpraktikers sowie seiner Persönlichkeit, insbesondere seines durch die Art, die Schwere und die Zahl der Verstöße gegen die Berufspflichten manifest gewordenen Charakters zu treffen (BayVGH, B.v. 27.5.2020 – 21 CS 20.433 – juris Rn. 15 m.w.N.; VG München, U.v. 19.5.2015 – M 16 K 15.826 – juris Rn. 17 m.w.N.).
bb) Die strafrechtlich relevanten Verfehlungen des Klägers in der Gestalt der abgeurteilten Betrugs- und Steuerhinterziehungsstraftaten stehen aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen im Strafurteil zur vollen Überzeugung der Kammer gemäß § 108 Abs. 1 VwGO fest. Zwar sind die Verwaltungsbehörde und das Gericht nicht an die im rechtskräftigen Strafurteil enthaltenen Tatsachenfeststellungen gebunden. Die Verwaltungsbehörde und das Verwaltungsgericht dürfen aber die strafgerichtliche Sachverhaltswürdigung ihren Entscheidungen zugrunde legen, wenn keine gewichtigen Zweifel an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen bestehen (BVerwG, U.v. 26.9.2002 – 3 C 37.01 – juris Rn. 38; U.v. 10.3.1997 – 6 B 72.96 – juris Rn. 9 m.w.N.; BayVGH, B.v. 27.5.2020 – 21 CS 20.433 – juris 25; B.v. 18.3.2020 – 21 CS 19.2278 – juris Rn. 17; B.v. 19.7.2013 – 21 ZB 12.2581 – juris Rn. 13). Derartige Zweifel bestehen hier nicht. Insbesondere steht der Umstand, dass das Strafurteil aufgrund einer Verständigung nach § 257c StPO ergangen ist, der Verwertbarkeit der tatsächlichen Feststellungen nicht entgegen. Denn der Absprache lag ein Geständnis des Klägers zugrunde. Die Beweggründe des Klägers für die Abgabe des Geständnisses sind insoweit ohne Bedeutung. Insbesondere ist für die Verwertbarkeit im vorliegenden Verfahren nicht erforderlich, dass dem Kläger bei Abgabe des Geständnisses die drohenden berufsrechtlichen Konsequenzen klar vor Augen standen (BVerwG, B.v. 18.8.2011 – 3 B 6.11 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 19.7.2013 – 21 ZB 12.2581 – juris Rn. 14).
Der Kläger wendet sich auch nicht gegen die Sachverhaltswürdigung der Beklagten auf der Grundlage des Strafurteils. Vielmehr trägt er zu seiner Entlastung vor, dass er im Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten keine fiktiven, sondern tatsächlich erbrachte Behandlungen abgerechnet habe. Da die behandelten Personen hierfür aufgrund der Kostenbegrenzung in den beihilferechtlichen bzw. versicherungsvertraglichen Bestimmungen von ihrer privaten Krankenversicherung beziehungsweise der zuständigen Beihilfestelle keine Kostenerstattungen mehr erlangen konnten, habe er über die Höchstgrenze hinausgehende Behandlungen über Dritte abgerechnet. Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass die abgerechneten Behandlungen nicht bei derjenigen privat krankenversicherten beziehungsweise beihilfeberechtigten Person erbracht wurden, welche die Behandlungen abgerechnet hat. Somit wurden unter Umgehung der Bestimmungen zur Kostenbegrenzung Behandlungen abgerechnet, welche bei Personen erbracht wurden, die aufgrund des Überschreitens der Kostengrenze gegenüber dem privaten Krankenversicherungsträger bzw. dem Rechtsträger der Beihilfestelle keinen Anspruch auf Kostenerstattung hatten. Dies hatte zur Konsequenz, dass die Kostenerstattungen zu Unrecht erfolgten, was der Prognose der künftigen Unzuverlässigkeit im Widerrufsverfahren zugrunde gelegt werden darf.
cc) Die dem Kläger strafrechtlich vorgeworfenen Taten rechtfertigen in der Gesamtwürdigung der Person und des Verhaltens des Klägers, insbesondere der Art, Schwere und Zahl der strafrechtlich relevanten Verstöße die Prognose, dass dieser auch künftig die damit im Zusammenhang stehenden verbundene Berufspflichten missachten wird.
(1) Die sich aus dem Strafurteil ergebenden Vorwürfe des Abrechnungsbetruges zu Lasten privater Krankenversicherungen und Beihilfestellen sowie der Steuerhinterziehung stellen Verstöße gegen Berufspflichten eines Heilpraktikers dar bzw. stehen damit in engem Zusammenhang. Zwar geht es nicht um unmittelbare Schädigungen der Rechtsgüter der Gesundheit und des Lebens seiner Patienten beziehungsweise der öffentlichen Gesundheit („Volksgesundheit“). Einem heilberuflich Tätigen, namentlich auch einem Heilpraktiker, kommt aber im Rahmen der kaum zu kontrollierenden Abrechnungen mit den Krankenversicherungsträgern beziehungsweise Beihilfestellen eine besondere Verantwortung für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens sowie – soweit die Beihilfestellen geschädigt werden – auch für den staatlichen Haushalt und damit mittelbar für die haushaltsgerechte, insbesondere rechtmäßige Verwendung von Steuermitteln und öffentlichen Finanzmitteln aus anderen Quellen zu (st. Rspr., z.B. BVerwG, U.v. 16.9.1997 – 3 C 12.95 – NJW 1998, 2756; B.v. 9.1.1991 – 3 B 75.90 – juris; U.v. 26.9.2002 – 3 C 37.01 – juris; BayVGH, B.v. 7.2.2002 – 21 ZS 01.2890 – juris; vgl. auch Spickhoff/Schelling, Medizinrecht, BÄO, § 5 Rn. 37 m.w.N.). Ebenso wie die gesetzlichen Krankenkassen dürfen und müssen auch private Krankenversicherungen sowie Beihilfestellen auf ordnungsgemäße Abrechnungen eines Heilpraktikers vertrauen; sie sind ebenso wie die Erstgenannten Teil des öffentlichen Gesundheitssystems (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.2002 – 3 C 37.01 – juris Rn. 19 f.). Werden Finanzmittel der Krankenkassen oder privaten Krankenversicherungen für Kostenerstattungen aufgrund ungerechtfertigter Abrechnungen aufgewendet, so steigen zur Kompensation die Beiträge, wovon in letzter Konsequenz alle Beitragszahler und privat Krankenversicherten nachteilig betroffen sind. Im Falle ungerechtfertigter Kostenerstattungen der Beihilfestellen aufgrund falscher Abrechnungen sind die öffentlichen Haushalte, aus denen die Beihilfe finanziert wird geschädigt und damit letztlich Steuermittel verschwendet. Des Weiteren erfordert das unabdingbare Vertrauensverhältnis zwischen Heilpraktiker und Patient, dass Letzterer sich auf die korrekte Abrechnung durch den Heilpraktiker verlassen kann, um die Behandlungskosten im Rahmen der jeweiligen Vereinbarungen mit dem Kostenträger beziehungsweise der für diesen geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften erstattet zu erhalten und sich nicht selbst dem Vorwurf etwaigen strafbaren Verhaltens auszusetzen. Ein heilberuflich Tätiger, namentlich ein Heilpraktiker, hat damit gegenüber Patienten, Krankenkassen, privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen die Berufspflicht zur korrekten und gewissenhaften Rechnungserstellung. Diese Pflichten hat der Kläger innerhalb eines nicht unerheblichen Zeitraums fortgesetzt verletzt, indem er sich und den beteiligten Dritten durch betrügerische Abrechnungen einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil von insgesamt 114.300,55 Euro verschafft hat (S. 12 des Strafurteils, Bl. 73 d.A.).
Des Weiteren hat der Kläger nach den strafgerichtlichen Feststellungen in einem nicht unerheblichen Zeitraum, nämlich in den Jahren 2011 bis 2015, Steuerhinterziehungen in nicht unerheblicher Höhe begangen. Nach den Feststellungen im Strafurteil hat er durch das Verschweigen von Einkünften in den Steuererklärungen einen Gesamtbetrag an Steuern von 68.149,46 Euro hinterzogen. Diese Taten sind als erhebliche Verstöße gegen Berufspflichten zu werten. Ein freiberuflich Tätiger, insbesondere ein Heilpraktiker als Angehöriger der Heilberufe, hat die berufliche Pflicht, seine steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten ordnungsgemäß zu erfüllen (BayVGH, B.v. 19.7.2013 – 21 ZB 12.2581 – juris; OVG NW, B.v. 27.8.2009 – 13 A 1178/09 – juris; Spickhoff/Schelling, Medizinrecht, BÄO, § 5 Rn. 37 m.w.N.).
(2) Diese Verstöße gegen Berufspflichten des Klägers rechtfertigen die Prognose, dass die Begehung künftiger Verstöße gegen – nicht notwendig gleiche, aber zumindest ähnliche – Berufspflichten durch den Kläger ernsthaft zu besorgen sind (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.2002 – 3 C 37.01 – juris Rn. 22). Allein die strafrechtlich abgeurteilten Betrugs- und Steuerhinterziehungshandlungen sind nach Art, Schwere und Zahl hinreichend, um die Besorgnis zu begründen, dass der Kläger auch künftig Abrechnungsbetrug gegenüber Versicherungen oder Beihilfestellen begehen und seinen steuerlichen Pflichten nicht mit der gebotenen Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Rechtstreue nachkommen wird. Bei den abgeurteilten Taten des Abrechnungsbetrugs, welche sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstreckten, hat der Kläger einen größeren Personenkreis in Straftaten verwickelt und ein erhebliches Maß an krimineller Energie gezeigt. Insoweit kann es den Kläger nicht entlasten, dass er zur Verwirklichung der Betrugsstraftaten der Mitwirkung der Patienten bedurfte, welche die Rechnungen bei den Kostenträgern zur Erstattung einreichten. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass der Kläger bereit war, andere Personen für die Begehung von Straftaten einzuspannen und dabei nicht davor zurückschreckte, gegebenenfalls auch diese Personen strafrechtlichen Vorwürfen auszusetzen, für einen erheblichen charakterlichen Mangel, der die Prognose künftiger Verstöße gegen Berufspflichten stützt. Des Weiteren hat der Kläger in übersteigertem Gewinnstreben gehandelt und dabei erhebliche Vermögensschäden Dritter zumindest bewusst in Kauf genommen. Somit sprechen sowohl die Taten nach ihrer Art, Begehungsweise und Schwere als auch das dabei zu Tage getretene Persönlichkeitsbild des Klägers dafür, dass er auch künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit seine berufliche Stellung als Heilpraktiker und das ihm deshalb entgegengebrachte Vertrauen ausnutzen wird, um sich ungerechtfertigte Vermögensvorteile zu verschaffen. Auch die Steuerhinterziehung lässt den Schluss zu, dass der Kläger aus übersteigertem Gewinnstreben handelt und dieses der Gesundheit seiner Patienten überordnet (BayVGH, B.v. 19.7.2013 – 21 ZB 12.2581 – juris; Spickhoff/Schelling a.a.O., BÄO § 5 Rn. 37 m.w.N.).
dd) An dieser Betrachtung vermag auch die Strafaussetzung zur Bewährung nichts zu ändern, da ihr ein anderer Maßstab zugrunde liegt. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 StGB setzt das Gericht bei der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen, wobei nach Satz 2 derselben Vorschrift auch die Bemühungen um Schadenswiedergutmachung zu berücksichtigen sind. Bei dieser Prognose geht es mithin um die Gefahr der Wiederholung gleichartiger bzw. der künftigen Begehung andersartiger Straftaten (vgl. v. Heintschel-Heinegg, Beck´scher Onlinekommentar StGB, Stand 1.5.2020, § 56 Rn. 5). Dem gegenüber geht es bei der vorliegend maßgeblichen Prognose nach § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f HeilprGDV um die Abwehr von Gefahren durch künftige, auch anders gelagerter Verstöße gegen Berufspflichten für die dadurch geschützten Rechtsgüter des Lebens, der körperlichen und geistigen Unversehrtheit und Gesundheit von Menschen, des Vermögens Dritter und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems und staatlicher Einrichtungen. Die Prognose dient damit einem gefahrenabwehrrechtlichen und keinem spezialpräventiven Ansatz im Sinne des Strafrechts. Für die vorliegende Gefahrenprognose ist daher die in der Strafaussetzung zur Bewährung zum Ausdruck kommende Einschätzung des Strafgerichts, es bestehe beim Kläger schon unter dem Eindruck der strafgerichtlichen Verurteilung auch ohne Strafvollstreckung keine überwiegende Gefahr der Wiederholung oder künftigen Begehung von Straftaten, von geringer Aussagekraft. Deshalb kommt auch den Bemühungen des Klägers um Schadenswiedergutmachung eine Bedeutung zwar für das strafgerichtliche, nicht aber für das verwaltungsrechtliche Verfahren zu. Maßgeblich für die vorliegende Prognose ist, wie ausgeführt, der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Rechtfertigt die in diesem Zeitpunkt vorliegende Sachlage die Prognose, dass künftige Verstöße gegen Berufspflichten ernsthaft zu besorgen sind, so ist der Widerruf der Berufserlaubnis gerechtfertigt, ohne dass es auf eine nach diesem Zeitpunkt gezeigte Bewährung ankommt. Von Bedeutung kann vor diesem Hintergrund zwar das Verhalten sein, welches der Kläger im Zeitraum zwischen der Rechtskraft der strafrechtlichen Verurteilung und dem Bescheidserlass zeigte. Dennoch ist der verstrichene Zeitraum von etwa 11 Monaten angesichts des Zeitraumes von mehreren Jahren, in welchem Straftaten begangen wurden, zu kurz, um eine grundlegende Verhaltensänderung tragfähig zu begründen. Vielmehr wäre in einem neuen Verwaltungsverfahren zu prüfen, ob ein nunmehriges und künftiges straffreies Verhalten des Klägers innerhalb eines angemessenen Zeitraumes zur Wiedererteilung der Heilpraktikererlaubnis führen kann (vgl. Spickhoff/Schelling, Medizinrecht, BÄO, § 5 Rn. 35 m.w.N.).
ee) Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Hamburg vom 23. Januar 2019 (Az.: 17 K 4618/18, juris), in welchem ein Widerruf der Approbation eines Arztes nach strafgerichtlicher Verurteilung wegen Abrechnungsbetruges aufgehoben wurde. Zum einen weist die genannte Entscheidung einen anderen rechtlichen Ansatz auf, denn sie bezieht sich auf die Widerrufsvoraussetzung der Unwürdigkeit gemäß § 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Bundesärzteordnung (BÄO). Der unbestimmte Rechtsbegriff der Unwürdigkeit, welchen das Berufsrecht der Heilpraktiker im Gegensatz zu dem der Ärzte und anderer Heilberufsangehöriger nicht kennt, setzt aber im Unterschied zur Unzuverlässigkeit – um die es im vorliegenden Fall allein geht – keine Prognose künftiger Verstöße gegen Berufspflichten voraus. Vielmehr geht es bei der Unwürdigkeit um gravierende Verfehlungen eines Arztes, die geeignet sind, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig zu erschüttern, bliebe das Verhalten des Arztes folgenlos (vgl. VG Hamburg, a.a.O., Rn. 29 m.V.a. BVerwG, B.v. 16.2.2016 – 3 B 68.14 – juris Rn. 6). Entscheidend ist aber, dass dem Urteil des VG Hamburg ein vollkommen anderer Sachverhalt zugrunde liegt. Denn im dort entschiedenen Fall ging es um Abrechnungen von Behandlungsleistungen eines Chefarztes, welche dieser nicht in eigener Person erbracht hat. Dabei hat das VG Hamburg zum einen darauf verwiesen, dass die Kassenärztliche Vereinigung, welcher die Überwachung des ordnungsgemäßen Abrechnungsverhaltens oblag, dem Arzt ungeachtet einer damals vorliegenden Strafanzeige im Jahre 2014 erneut eine Ermächtigung zur privatärztlichen Behandlung erteilt hat, woraus zu schließen sei, dass sie das gerügte Fehlverhalten des Arztes nicht als besonders gravierend erachtete (VG Hamburg a.a.O., Rn. 39). Zum anderen sah das VG Hamburg in der Begründung des Approbationswiderrufs durch die Verwaltungsbehörde einen ungerechtfertigten (unausgesprochenen) Vorwurf der Benachteiligung von Kassenpatienten gegenüber Privatpatienten (VG Hamburg a.a.O., Rn. 40 ff.). Des Weiteren hatte das VG Hamburg Zweifel an der rechtlichen Einordnung des Verhaltens des betroffenen Arztes als Täuschungshandlung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB und damit an der Erfüllung des (objektiven) Tatbestandes des Betrugs (VG Hamburg, a.a.O. Rn. 48 ff.). Schließlich und maßgeblich vermochte das VG Hamburg die Annahme eines „schwerwiegenden Angriffs auf eine tragende Säule des vertrauensbasierten Vertragsarztsystems und einer Beeinträchtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit/Funktionsfähigkeit der Kassen“ durch die Approbationsbehörde nicht zu teilen (VG Hamburg a.a.O., Rn. 49 ff.). Unter diesen Umständen vermochte das VG Hamburg schon kein qualifiziertes Fehlverhalten des betroffenen Arztes zu erkennen (VG Hamburg a.a.O., Rn. 32 ff.). Aus alledem wird deutlich, dass der dort entschiedene Fall völlig anders gelagert war als der Fall des Klägers im vorliegenden Verwaltungsrechtsstreit.
ff) Der Widerruf der Heilpraktikererlaubnis greift schließlich auch nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit des Klägers nach Art. 12 Abs. 1 GG ein. Bei dem Widerruf einer Berufserlaubnis handelt es sich um eine subjektive Zulassungsschranke im Sinne der zum einfachen Gesetzesvorbehalt nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG entwickelten Dreistufentheorie, mithin um einen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl (vgl. BVerfG, U.v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56 – juris). Solche Eingriffe sind gerechtfertigt, soweit sie zum Schutze besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich und verhältnismäßig sind, wobei der Gesetzgeber stets diejenige Form des Eingriffs wählen muss, welche das Grundrecht am wenigsten beschränkt (BVerfG, a.a.O.). Die Entscheidung zum Widerruf der Berufserlaubnis ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HeilprGDV eine gebundene Entscheidung, die der Verwaltungsbehörde keinen Ermessensspielraum eröffnet. Vielmehr muss dem Eingriff in die Berufsfreiheit, wie ausgeführt, bereits bei der Auslegung des Begriffs der Unzuverlässigkeit hinreichend Rechnung getragen werden, um das Übermaßverbot zu wahren. Darin kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber bereits eine abstrakte Abwägung zwischen den Grundrechten des betroffenen Heilberufsangehörigen und den zu schützenden besonders wichtigen Gemeinwohlgütern vorgenommen und das Berufsverbot als die verhältnismäßige Rechtsfolge vorgesehen hat (BVerwG, U.v. – 3 B 95.97 – juris; BayVGH, B.v. 19.7.2013 – 21 ZB 12.2581 – juris; VG München, U.v. 19.5.2015 – M 16 K 15.826 – juris). Da die Widerrufsvoraussetzung der Unzuverlässigkeit, wie ausgeführt, im Falle des Klägers vorliegt, bleibt für eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Widerrufs somit kein Raum.
d) Die Anordnung, die Erlaubnisurkunde und den Erlaubnisbescheid der Beklagten innerhalb einer Woche nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheids zur Ungültigkeitserklärung zu übermitteln, stützt sich auf Art. 52 Satz 1, 2 BayVwVfG. Danach kann die Behörde die aufgrund eines unanfechtbar widerrufenen oder zurückgenommenen oder in sonstiger Weise unwirksam gewordenen Verwaltungsaktes erteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt bestimmt sind, zurückfordern; der Inhaber beziehungsweise der Besitzer dieser Urkunden oder Sachen sind zur Herausgabe verpflichtet. Mit dieser Anordnung verhindert die Beklagte, dass der Kläger seine Erlaubnisurkunde beziehungsweise den ihr zugrundeliegenden Bescheid verwenden kann, um gegenüber Dritten den Anschein einer Berechtigung zur Ausübung der Heilkunde trotz Unanfechtbarkeit des Widerrufs der Berufserlaubnis zu vermitteln. Die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme ist schon deshalb gegeben, weil der Kläger gemäß Art. 52 Satz 3 BayVwVfG von der Beklagten die Rückgabe der als ungültig gekennzeichneten Urkunden beziehungsweise Bescheide verlangen kann.
2. Die Untersagung der Ausübung der Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ab Unanfechtbarkeit des Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Maßnahme findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG in Verbindung mit § 5 HeilprG. Gemäß Art. 7 Abs. 2 LStVG können die Sicherheitsbehörden, soweit keine gesetzliche Ermächtigung in Vorschriften des LStVG oder in anderen Rechtsvorschriften enthalten ist, zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Sinne des Art. 6 LStVG für den Einzelfall Anordnungen nur treffen, um (Nr. 1) rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, oder verfassungsfeindliche Handlungen zu verhüten oder zu unterbinden. Da die Heilpraktikererlaubnis aufgrund des rechtmäßigen Widerrufs (siehe oben 1.) ihre Wirksamkeit i.S. des Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG verloren hat, verwirklicht eine weitere Ausübung der Heilkunde durch den Kläger den Straftatbestand des § 5 HeilprG. Da eine speziellere Rechtsgrundlage für das Verbot der Berufsausübung weder im Heilpraktikergesetz noch in anderen Rechtsvorschriften enthalten ist, durfte die Beklagte ein solches Verbot auf der Grundlage der sicherheitsrechtlichen Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG erlassen, um die Begehung künftiger Straftaten im Vorfeld zu verhindern (BVerwG, U.v. 11.11.1993 – 3 C 45.91 – juris; NdsOVG, U.v. 18.6.2009 – 8 LC 6/07 – juris; VG Augsburg, U.v. 9.1.2017 – Au 2 S 16.1501 – juris Rn. 19). Hierfür ist auch ein konkreter Anlass gegeben, da aufgrund des bisherigen Verhaltens des Klägers und seines erheblichen Interesses an einer weiteren Berufsausübung – welche seine wirtschaftliche Existenzgrundlage darstellt – die konkrete Gefahr besteht, dass er sich künftig über den Widerruf der Berufserlaubnis hinwegsetzt und weiter Heiltätigkeiten ausübt. Der Kläger ist als potentieller Verhaltensstörer auch der richtige Maßnahmenadressat im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 LStVG. Da die Maßnahme, wie ausgeführt, eine zwingende Folge des Widerrufs der Berufserlaubnis ist, kann hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit nach Art. 8 LStVG auf die obigen Ausführungen (unter 1.) verwiesen werden.
3. Die Androhung eines Zwangsgeldes in Ziffer 3 des Bescheides für den Fall des Verstoßes gegen das Verbot der Berufsausübung unter Ziffer 2 des Bescheides findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 36 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 31 des Bayer. Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwZVG). Mit dem Verbot der Berufsausübung unter Ziffer 2 des Bescheides liegt ein wirksamer und nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit mit der Rechtskraft des vorliegenden Urteils auch vollstreckbarer Grundverwaltungsakt im Sinne des Art. 19 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 VwZVG vor. Einwände gegen die Rechtmäßigkeit, insbesondere gegen die Bestimmtheit der Androhung oder gegen die Höhe des Zwangsgeldes nach Art. 31 Abs. 2 VwZVG, sind weder vom Kläger vorgebracht worden noch anderweitig ersichtlich.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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