Arbeitsrecht

Zulassung eines GmbH-Geschäftsführers als Syndikusrechtsanwalt

Aktenzeichen  BayAGH I – 5 – 13/19

Datum:
29.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 38551
Gerichtsart:
Anwaltsgerichtshof
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BRAO § 46
GmbHG § 37

 

Leitsatz

1. Aus dem Bescheid über die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt und den von ihm in Bezug genommenen Unterlagen hat sich in formaler Hinsicht abzuleiten, dass dem Zugelassenen vertraglich die fachliche Unabhängigkeit eingeräumt ist.   (Rn. 33 – 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Grundsätzlich erfüllt nur ein angestellter Rechtsanwalt die rechtlichen Voraussetzungen für eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 11.06.2019, mit welchem der Beigeladene als Syndikusrechtsanwalt für ein Arbeitsverhältnis in der mit Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 30.06.2017 durch Tätigkeitsbeschreibung vom 19.12.2018 sowie Stellungnahme vom 22.01.2019 und ergänzender Stellungnahme vom 25.02./28.05.2019 beschriebenen Ausgestaltung bei der D. I. S. GmbH als Geschäftsführer zugelassen wurde, wird aufgehoben.
II. Die Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und der Beigeladene jeweils selbst.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.
IV. Der Streitwert wird auf € 25.000,00 festgesetzt.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO, § 112c Abs. 1 BRAO, mit der die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, hier des Bescheids der Rechtsanwaltskammer München vom 11.06.2019 begehrt wird. Eines Vorverfahrens gemäß § 68 VwGO bedurfte es nicht (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, Art. 15 BayAGVwGO).
2. In der Sache ist die Klage begründet. Der angefochtene Erstreckungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Der Senat kann es dahinstehen lassen, ob der Beigeladene in Rechtsangelegenheiten der DIS GmbH (§ 46 Abs. 5 Satz 1 BRAO) oder deren Konzernmutter (§ 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BRAO) tätig wird. Er unterstellt, dass seine Schätzung zutreffend ist, er wende über 70% seiner Arbeitszeit und damit deren weit überwiegenden Anteil für das Aushandeln von Verträgen (vgl. BGH Beschluss vom 16.08.2019 – AnwZ (Brfg) 58/18 [bei juris]) auf. Auf diesen Gesichtspunkt kommt es jedoch nicht entscheidend an.
b) Der Bescheid der Beklagten vom 11.06.2019 ist schon deshalb in formaler Hinsicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil er auf Unterlagen Bezug nimmt, aus denen sich entscheidende, für die Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt jedoch zwingend erforderliche Anforderungen gerade nicht ergeben.
aa) Ein Zulassungsbescheid hat die Vorgaben der §§ 46 ff. BRAO für die Zulassung eines Antragstellers als Syndikusrechtsanwalt umzusetzen. Die Zulassung bezieht sich, wie sich aus § 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO ergibt, auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis. Dieses muss den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO genügen. Entspricht die arbeitsvertragliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses oder die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit diesen Anforderungen nicht oder nicht mehr, ist die Zulassung zu widerrufen. Werden nach einer Zulassung weitere Arbeitsverhältnisse als Syndikusrechtsanwalt aufgenommen oder tritt innerhalb bereits bestehender Arbeitsverhältnisse eine wesentliche Änderung der Tätigkeit ein, ist auf Antrag die Zulassung auf die weiteren Arbeitsverhältnisse oder auf die geänderte Tätigkeit zu erstrecken (§ 46b Abs. 3 BRAO). Daraus folgt, dass der Zulassungsbescheid das Arbeitsverhältnis und die von ihm umfassten Tätigkeiten, auf welche sich die Zulassung bezieht, so genau bezeichnen muss, dass nachträgliche Veränderungen, die einen Antrag auf Erweiterung der Zulassung oder aber deren Widerruf erfordern, erkennbar sind. Die Zulassung bindet überdies gemäß § 46a Abs. 2 Satz 4 BRAO den Träger der Rentenversicherung bei seiner Entscheidung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 SGB VI. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung beschränkt. Diese muss sich folglich aus dem Zulassungsbescheid ergeben (st. Rspr. zuletzt BGH Beschluss vom 15.10.2018 – AnwZ (BrfG) 68/17 m.w.N. [bei juris]).
Höchstrichterlich geklärt ist weiterhin, dass für eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt die vertragliche Einräumung der fachlichen Unabhängigkeit unabdingbare Voraussetzung ist (BGH Beschluss vom 05.04.2019 – AnwZ (BrfG) 79/17).
Aus dem Zusammenspiel dieser Rechtsgrundsätze ist somit abzuleiten, dass sich aus einem Zulassungsbescheid in Verbindung mit den von ihm in Bezug genommenen Unterlagen die vertragliche Einräumung der fachlichen Unabhängigkeit abzuleiten hat. Dem wird der verfahrensgegenständliche Zulassungsbescheid nicht gerecht.
bb) Im konkreten Fall hat die Beklagte die Einräumung der fachlichen Unabhängigkeit gerade nicht zum Bestandteil der Zulassung des Beigeladenen zum Syndikusrechtsanwalt gemacht.
Der angefochtene Bescheid lässt den Beigeladenen „als Syndikusrechtsanwalt für ein Arbeitsverhältnis gemäß Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 30.06.2017 in der durch Tätigkeitsbeschreibung vom 19.12.2018, Stellungnahme vom 22.01.2019 und ergänzender Stellungnahme vom 25.02./28.05.2019 beschriebenen Ausgestaltung bei der DIS GmbH als Geschäftsführer“ zu. Aus den in Bezug genommenen Unterlagen ergibt sich gerade nicht, dass das Arbeitsverhältnis des Beigeladenen von fachlicher Unabhängigkeit und eigenverantwortlich auszuübenden Tätigkeiten i.S.d. § 46 Abs. 3 Satz 1 BRAO geprägt wäre. Die fachliche Unabhängigkeit ist ausschließlich in der am 21.01.2019 geschlossenen Zusatzvereinbarung zum Geschäftsführer-Anstellungsvertrag geregelt. Auf diesen nehmen aber weder der Tenor des Bescheids vom 11.06.2019 noch seine Gründe Bezug.
Im Falle einer Aufhebung der Zusatzvereinbarung vom 21.01.2019 bestünde von daher trotz Wegfalls der vertraglichen Vereinbarung der fachlichen Unabhängigkeit des Beigeladenen die Gefahr, dass die Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt nicht widerrufen werden könnte, da diese gerade nicht Bestandsteil des Zulassungsbescheides ist und das Beschäftigungsverhältnis auch ohne fachliche Unabhängigkeit den Anforderungen des Bescheids noch entsprechen würde.
c) Der Bescheid der Beklagten ist unabhängig davon auch schon deshalb rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil es sich beim Beigeladenen zum einen nicht um einen angestellten Rechtsanwalt i.S.d. § 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO, sondern um einen Geschäftsführer handelt (aa) und zum anderen die Geschäftsführereigenschaft – unabhängig von dieser Einordnung – wegen der damit verbundenen gesellschaftsrechtlichen, auf die Geschäftsführung bezogenen Weisungsbefugnisse der Muttergesellschaft mit der fachlichen Unabhängigkeit eines Syndikusrechtsanwalts nicht vereinbar ist (bb).
aa) Grundsätzlich erfüllt nur ein angestellter Rechtsanwalt die rechtlichen Voraussetzungen (§ 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO) für eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt.
aaa) Nach § 46 Abs. 2 BRAO üben Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen (Rechtsanwälte und Patentanwälte) oder Gesellschaften (rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften) ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Hierbei hat der Gesetzgeber den Begriff „Arbeitsverhältnis“ bewusst gewählt und ihn von sonstigen Beschäftigungsverhältnissen, insbes. Geschäftsführerverhältnissen abgrenzen wollen, wobei er sich von der Überlegung hat leiten lassen, dass die fachliche Unabhängigkeit eines Rechtsanwalts nicht nur rechtlich sondern auch ein Stück weit faktisch dadurch abgesichert werden soll, dass er für fehlerhaftes Verhalten seinem Arbeitgeber gegenüber nur nach den Grundsätzen der weniger strengen Arbeitnehmerhaftung haftet.
Die ursprüngliche Formulierung „im Rahmen ihres Anstellungsverhältnisses“ (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 16.07.2015, BT-Drucks. 18/5201 S. 5) wurde im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens durch „im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses“ ersetzt, ebenso der Begriff „Anstellungsverhältnis“ durch „Arbeitsverhältnis“ an mehreren weiteren Stellen in § 46 Abs. 3 und §§ 46a-46c BRAO (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 2. Dezember 2015, BT-Drucks. 18/6915, S. 6). Zur Begründung wurde im Bericht (S. 13, 15, 22 f.) im Zusammenhang mit dem Verzicht auf eine Berufshaftpflichtversicherung für Syndikusrechtsanwälte darauf verwiesen, dass durch die einheitliche Änderung der Begrifflichkeit verdeutlicht werden solle, dass sich die Haftung nach den allgemeinen Regeln des Zivil- und Arbeitsrechts richte, die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung also unberührt blieben, Syndikusrechtsanwälte mithin unter denselben Voraussetzungen wie andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Position hafteten (vgl. BGH Beschluss vom 18.03.2019 – AnwZ (BrfG) 22/17 [bei juris]).
Der Geschäftsführer einer GmbH ist demgegenüber deren gesetzlicher Vertreter und Organ (§ 35 GmbHG). Das seiner Anstellung zugrundeliegende Rechtsverhältnis ist grundsätzlich kein Arbeits-, sondern ein auf die Geschäftsführung bezogenes Dienstverhältnis, der Geschäftsführer kein Arbeitnehmer. Die Haftung als Geschäftsführer richtet sich deshalb – anders als die von leitenden Angestellten – auch nicht nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung (BGH a.a.O m.w.N.), sondern nach § 43 GmbHG.
bbb) Der Beigeladene ist kein angestellter Anwalt und erfüllt von daher nicht die rechtlichen Voraussetzungen (§ 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO) für seine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt.
Er steht vielmehr in einem Geschäftsführerverhältnis zur DIS-GmbH. Hierfür spricht zum einen der Wortlaut des am 30.06.2017 geschlossenen GeschäftsführerAnstellungsvertrags und der am 21.01.2019 geschlossenen „Zusatzvereinbarung zum Geschäftsführer-Anstellungsvertrag“. Hierfür spricht weiterhin, dass vom Beigeladenen, wenn auch faktisch in zeitlich nachrangigem Umfang, die typische Verwaltungstätigkeit eines Geschäftsführers erwartet wird. Hierfür sprechen weiter in dem Vertrag vom 30.06.2017 geregelte Pflichten des Beigeladenen, die ihm eine sich auch in seiner Bezahlung in Form eines Bonus niederschlagende unternehmerische Verantwortung bei der Gewinnung von Neugeschäft, der vertraglichen Gestaltung und der Leistungserbringung auferlegen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass diesbezüglich weder im Vertrag vom 30.06.2017 noch in der Zusatzvereinbarung vom 21.01.2019 die Geschäftsführerhaftung des Beigeladenen modifiziert wurde. Er unterliegt somit im Rahmen der Vertragsverhandlungen, die den wesentlichen Teil seiner Tätigkeit ausmachen, als auch im Rahmen seiner Leistungserbringung – ungeachtet der ihm vertraglich zugesicherten fachlichen Unabhängigkeit – der DIS GmbH gegenüber nicht der eingeschränkten Haftung eines Arbeitnehmers sondern der strengen Haftung eines Geschäftsführers. Dadurch steht der Beigeladene in einem Spannungsverhältnis, welches seine Unabhängigkeit faktisch beeinträchtigen kann.
Zu seinen vertraglichen Verpflichtungen gehören die Entwicklung der Gesellschaft und der verbundenen Gesellschaften, sowie die auftrags- und projektbezogene Gewinnung von Neugeschäft, was sich darin zeigt, dass das Aushandeln von Verträgen nach seiner Schätzung jedenfalls 70% des Umfangs seiner Leistung ausmacht. Der Wunsch, interessierte Klienten oder Mitarbeiter an die DIS GmbH oder die D. GmbH zu binden, steht nun aber in einem Spannungsverhältnis zum Wunsch des an einem Vertragsschluss interessierten Mandanten oder potenziellen Mitarbeiters nach für ihn möglichst vorteilhaften Vertragskonditionen. Für die vom Beigeladenen vertretene Seite besteht somit einerseits das Risiko ein finanziell lukratives Mandat oder einen wichtigen Mitarbeiter nicht gewinnen zu können, auf der anderen Seite aber das Risiko, ein Mandat oder einen Mitarbeiter zu unvorteilhaften Vertragsbedingungen zu übernehmen. Für den Beigeladenen ist es im Rahmen der von ihm geführten Vertragsverhandlungen somit nicht ohne Bedeutung, wie streng sich die Haftung darstellt, der er selbst unterliegt.
ccc) Es liegt auch kein Fall vor, in welchem die Geschäftsführereigenschaft einer rechtlichen Einordnung als Syndikusrechtsanwalt ausnahmsweise nicht entgegenstünde.
Zwar hat der BGH (a.a.O.) in einem von ihm entschiedenen Fall die Zulassung eines Geschäftsführers als Syndikusrechtsanwalt nicht beanstandet. Er hat dies jedoch mit den Besonderheiten des Einzelfalls begründet. Dieser war dadurch geprägt, dass der Geschäftsführer vor seiner Bestellung, anders als der Beigeladene, bereits in einem vertraglichen Verhältnis als leitender Angestellter zu seiner Arbeitgeberin stand und bereits innerhalb dieses Verhältnisses in seiner Funktion als leitender Angestellter Leistungen erbrachte, die typisch für einen Syndikusrechtsanwalt waren. Die Person war, wiederum anders als der Beigeladene, lediglich zeitweilig zum Mitgeschäftsführer berufen. Nach einer kurzen Übergangszeit hat sie, wiederum anders als beim Beigeladenen, dessen Geschäftsführervertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen ist und faktisch ausgeübt wird, alle Mitgeschäftsführerpositionen abgegeben und ist nur noch rechtsberatend als Syndikus tätig gewesen. In dieser besonders gelagerten Situation hat der BGH entschieden, der zeitweiligen Mitgeschäftsführerstellung keine einer Zulassung im Hinblick auf den Begriff des „Arbeitsverhältnisses“ von vorneherein entgegenstehende Bedeutung beizumessen und auf Basis der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit eines leitenden Angestellten schließlich eine anwaltliche und das Rechtsverhältnis zur Arbeitgeberin prägende Tätigkeit bejaht. Ungeachtet der ihm vertraglich zugesicherten fachlichen Unabhängigkeit ist das Verhältnis zwischen dem Beigeladenen und der DIS GmbH mit dieser Konstellation schon deshalb nicht vergleichbar, weil der Beigeladene seine Geschäftsführertätigkeit weder vorübergehend, noch neben einer Angestelltentätigkeit ausübt, noch eine privilegierte Angestelltenhaftung bei seinen Aufgaben genießt.
bb) Darüber hinaus übt nach § 46 Abs. 4 Satz 1 BRAO eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des § 46 Abs. 3 BRAO nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen.
aaa) Nach § 37 GmbHG ist der Geschäftsführer verpflichtet, Weisungen – egal ob im Einzelfall oder als allgemeine Richtlinie – der Gesellschafterversammlung (soweit – wie hier – eine GmbH nur eine Alleingesellschafterin hat, der Gesellschafterin) zu jeder Geschäftsführungsangelegenheit zu befolgen. Hieran ändert der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag grundsätzlich nichts. Die dort enthaltene Zusage der fachlichen Unabhängigkeit wirkt lediglich schuldrechtlich, begrenzt aber nicht die gesellschafts- bzw. organrechtliche Pflicht des Beigeladenen zur Befolgung von Weisungen. Dass eine Weisungsbeschränkung zusätzlich in die Satzung der DIS GmbH aufgenommen wäre, ist nicht ersichtlich. Weisungen muss der Geschäftsführer mithin auch dann beachten, wenn sie im Widerspruch zum Anstellungsvertrag stehen (vgl. BGH Beschluss vom 18.03.2019 – AnwZ (BrfG) 22/17).
Zwar steht die Geschäftsführereigenschaft einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht zwingend entgegen. Dies gilt aber nur dann, wenn der Sachverhalt von besonderen Umständen geprägt ist, die es rechtfertigen, die Zulassung des Beigeladenen nicht an § 37 GmbHG scheitern zu lassen (BGH a.a.O.). Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Zusage besteht, das organschaftliche Weisungsrecht bezüglich der Geschäftsführung nicht zu instrumentalisieren, um Einfluss auf die – von den Vertragsbeteiligten davon getrennt behandelte – syndikusrechtsanwaltliche Tätigkeit des Beigeladenen auszuüben und dies in der Vergangenheit auch so gehandhabt wurde (BGH a.a.O.). Von einer solchen Fallkonstellation kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden.
bbb) Unabhängig von der bisherigen faktischen Handhabung der Beziehungen zwischen Konzernmutter und -tochter, zwischen denen üblicherweise ein ÜberUnterordnungsverhältnis mit gesellschaftsrechtlichen Durchgriffsmöglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen untereinander vorliegt, besteht keine vertragliche Absicherung des Beigeladenen, die über die Regelungen in der Zusatzvereinbarung vom 21.01.2019 hinausginge. Zwar beinhaltet diese den Passus, dass sie allen Regelungen im GeschäftsführerAnstellungsvertrag vom 30.06.2017 vorgehe, andererseits verweist die Arbeitgeberin nochmals ausdrücklich auf ihr Direktionsrecht, welches unberührt bleibt.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem der Entscheidung des BGH vom 18.03.2019 zugrundeliegenden Fall im Übrigen darin, dass der Geschäftsführer dort, anders als der Beigeladene, bereits in einem vertraglichen Verhältnis als leitender Angestellter zu seiner Arbeitgeberin stand. Er unterscheidet sich weiter dadurch, dass er, wiederum anders als der Beigeladene, lediglich zeitweilig zum Mitgeschäftsführer berufen wurde. Nur in dieser speziellen Situation hat der BGH entschieden, dass die Geschäftsführereigenschaft wertungsmäßig zurücktrete.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Der Streitwert wurde gemäß § 194 Abs. 1 BRAO, § 52 Abs. 1 GKG auf 25.000.- Euro festgesetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 30.09.2019 – AnwZ (BrfG) 38/19).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung (§§ 112e BRAO, 124 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben. Auch wenn der BGH eine Fallkonstellation wie die vorliegende noch nicht konkret entschieden hat, lässt sich der konkrete Einzelfall doch zwanglos aus der bisherigen Rechtsprechung ableiten. Es handelt sich dabei um eine Einzelfallentscheidung, die in Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsgrundsätze weder besondere Schwierigkeiten noch eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2, 3 VwGO aufweist.


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