Bankrecht

Abgewiesene Klage im Verfahren um Körperschaftsteuerbescheid

Aktenzeichen  7 K 899/19

Datum:
14.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
StEd – 2021, 120
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
AO § 164 Abs. 1
KStG § 8b Abs. 1

 

Leitsatz

1. Ein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an im Rahmen einer “strukturierten Wertpapierleihe“ sicherungsübereigneten Aktien erfolgt nicht, wenn dem Sicherungsnehmer aufgrund der vertraglichen Gestaltung und tatsächlichen Durchführung der wechselseitigen Austauschgeschäfte keinerlei wirtschaftlich sinnhafte Nutzung der Aktien möglich war und es den Vertragsparteien lediglich darum ging, eine formale zivilrechtliche Rechtsposition, eine “leere Eigentumshülle“ zu übertragen, um die steuerlichen Vorteile in Form der Steuerfreistellung der Dividendenerträge nach § 8b I KStG zu erreichen, die dem Sicherungsgeber als Kreditinstitut für Handelsgeschäfte nach § 8b VII KStG verwehrt waren.
2. Der Bezug der Dividenden und deren Weiterleitung im Rahmen von Kompensationszahlungen an die Bank als wirtschaftliche Eigentümerin der Aktien ist bei dem Sicherungsnehmer wie ein durchlaufender Posten zu behandeln.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht sind die streitgegenständlichen Ausschüttungen weder als steuerfreie Dividenden gem. § 8b Abs. 1 KStG, noch die damit im Zusammenhang stehenden Kompensationszahlungen als abziehbare Betriebsausgabe zu berücksichtigen, da die Aktien der Klägerin nicht steuerlich zuzurechnen sind.
1. Nach § 8b Abs. 1 KStG bleiben u.a. Bezüge im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, dazu gehören Dividenden aus Aktien, bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens außer Ansatz. Bezüge im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG bezieht nach § 20 Abs. 2a EStG a.F. nur der Anteilseigner. Anteilseigner ist derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an dem Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 16.04.2014, I R 2/12, BFH/NV 2014, 1813 zu Cum-Ex-Gestaltungen).
a) Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter regelmäßig dem (zivilrechtlichen) Eigentümer zuzurechnen. Dies gilt nicht, wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann. Für diesen Fall ist ihm als wirtschaftlichen Eigentümer das Wirtschaftsgut anstelle des zivilrechtlichen Eigentümers zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO). Bei Treuhandverhältnissen sind die Wirtschaftsgüter dem Treugeber, beim Sicherungseigentum dem Sicherungsgeber und beim Eigenbesitz dem Eigenbesitzer zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO). Ein Wirtschaftsgut kann dabei nur einem oder mehreren Steuersubjekten gemeinsam und nicht zugleich einem oder mehreren anderen zurechenbar sein (vgl. Ratschow in Klein, Kommentar zur Abgabenordnung, 13. Aufl., § 39 AO Rn. 10 m.w.N.). Abweichend von der Regelvermutung, dass der zivilrechtliche Eigentümer auch gleichzeitig wirtschaftliches Eigentum über das Wirtschaftsgut innehat, ist das Wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen, wenn dieser kraft seiner tatsächlichen Sachherrschaft den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Bei Aktien erwirbt der Erwerber wirtschaftliches Eigentum im Allgemeinen ab dem Zeitpunkt, von dem ab er nach dem Willen der Vertragspartner über die Wertpapiere verfügen kann. Das ist in der Regel der Fall, sobald Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten, insbesondere die mit Wertpapieren gemeinhin verbundenen Kursrisiken und -chancen auf den Erwerber übergegangen sind (BFH-Urteile vom 15.12.1999 I R 29/97, BStBl II 2000, 527 vom 10.3.1988 IV R 226/85, BStBl. II 1988, 832).
b) Im Streitfall hat die Klägerin unstreitig das zivilrechtliche Eigentum an den ihr zur Sicherheit übertragenen und auf ihrem Wertpapierdepot verbuchten britischen Aktien erlangt, wobei die sachenrechtlichen Rechtsgrundlagen für den Eigentumsübergang offenbleiben können. Die Übertragung der unverbrieften britischen Aktien erfolgte im elektronischen CREST-Börsensystem, welches eine unverbriefte Aktieninhaberschaft und einen Abwicklungsdienst für elektronisch verwaltete Aktien ermöglicht. Die Inhaberschaft wechselt, sobald CREST die Übertragung auf elektronischen Weg veranlasst. Zu dieser Eigentumsübertragung zum Zwecke der Leistung von Wertpapiersicherheiten bei Vorliegen eines Nettoausfallrisikos des Darlehensgebers haben sich die Vertragsparteien in den zwischen ihnen abgeschlossenen Verträgen (Rahmenvertrag für Finanzgeschäfte – Sicherheitenanhang für Pensionsgeschäfte und Wertpapierdarlehen in Verbindung mit den besonderen Bestimmungen im Rahmenvertrag für Finanzgeschäfte vom 10. Mai 2006) verpflichtet, sodass an einem entsprechenden dinglichen Einigungswillen für das Gericht keine Zweifel bestehen.
c) Abweichend von der Regelvermutung des § 39 Abs. 1 AO hat die Klägerin durch die Übertragung der Aktien jedoch nicht das wirtschaftliche Eigentum erlangt, da sie bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Umstände nach Überzeugung des Gerichts die A-Bank wirtschaftlich nicht von der Einwirkung auf die Aktien ausschließen konnte. Ihr wurde im Streitfall lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition, eine „leere Eigentumshülle“, an den übertragenen Aktien verschafft, während die wesentlichen mit den Anteilen verbundenen Rechte sowie Risiken und Chancen einer Wertminderung bzw. -steigerung bei der A-Bank verblieben sind.
aa) Der BFH hat in seiner Entscheidung zu Cum-/ex-Geschäften bei einer Wertpapierleihe den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bei Vorliegen eines Gesamtvertragskonzepts verneint, wenn das gesamte wirtschaftliche Risiko beim Verleiher verblieben ist (BFH vom 16.04.2014, I R 2/12, BFH/NV 2014, 1813). Bei seiner Beurteilung hat er im Wesentlichen auf das Tragen der Kursrisiken und Kurschancen der Aktien, die Erhaltung der wesentlichen wirtschaftlichen Fruchtziehung, das Verhindern einer abredewidrigen Verfügung aufgrund der vertraglichen Konstruktion und die Nutzung der mit dem Aktienbesitz verbundenen Verwaltungs- und Vermögensrechte abgestellt. Daran anknüpfend hat er in seinem Urteil vom 18.08.2015, I R 88/13 (BStBl II 2016, 961) auch für eine Gestaltungsvariante bei Cum-/cum-Geschäften im Rahmen einer Wertpapierleihe entschieden, dass zwar – unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 17.10.2001, I R 97/00 – bei einer Wertpapierleihe regelmäßig mit dem Übergang des zivilrechtlichen Eigentums auch das wirtschaftliche Eigentum übergehe, das wirtschaftliche Eigentum aber dann beim Verleiher verbleibe, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition, eine leere Eigentumshülle, an den Aktien verschafft werde. Dabei legte der BFH zur Beurteilung des fehlenden Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums im Wesentlichen folgende Kriterien zugrunde:
Die Transaktionen sind nicht darauf angelegt, dem Entleiher in einem wirtschaftlichen Sinne die Erträge aus den Aktien zukommen zu lassen;
für den Entleiher entstehen aus den Geschäften keine Liquiditätsvorteile;
angesichts des kurzfristigen Umschlags und des Austauschs der Aktien ist nicht erkennbar, dass es dem Entleiher darauf ankommt, Stimmrechte auszuüben oder das Darlehenskapital wirtschaftlich zu nutzen;
die Chancen und Risiken der Wertpapiere werden nicht mit übertragen, so dass sich weder Wertsteigerungschancen noch Wertminderungsrisiken aus dem Geschäft im abstrakten Sinne ergeben.
bb) Der Senat folgt dieser auf den bisherigen Grundsätzen des BFH aufbauenden Rechtsprechung, der sich zwischenzeitlich auch mehrere Finanzgerichte, auch in mit dem Streitfall vergleichbaren Fallkonstellationen angeschlossen haben (vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 07.06.2016 1 K 904/14, EFG 2017, 59; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 2 K 2672/17; Hessisches FG, Urteil vom 29.01.2020 4 K 890/17, EFG 2020, 1160) und gelangt unter Zugrundelegung der Kriterien des BFH im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass das wirtschaftliche Eigentum der von der A-Bank als Sicherheitsleistung zur Verfügung gestellten Aktien bei der A-Bank verblieben ist, so dass der A-Bank – und damit nicht der Klägerin – die Aktien als Anteilseigner zuzurechnen sind und die Dividendenerträge im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt.
Vorliegend waren sowohl die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der A-Bank und der Klägerin über die wechselseitigen Austauschgeschäfte wie auch deren tatsächliche Umsetzung darauf angelegt, dass durch die Klägerin weder eine wirtschaftliche Fruchtziehung aus den überlassenen Aktien erfolgen sollte, noch eine wirtschaftliche Zwischennutzung der Papiere bzw. ein Übergang der wirtschaftlichen Chancen und Risiken auf die Klägerin beabsichtigt war.
aaa) Die Klägerin leistete für sämtliche Dividendenausschüttungen Kompensationszahlungen an die A-Bank in Höhe des Bruttobetrags der Ausschüttungen. Zwar ist in den zwischen der Klägerin und der A-Bank vereinbarten besonderen Bestimmungen zum Rahmenvertrag vom 10. Mai 2006 unter Nr. 5. II. (2) geregelt, dass Nr. 3 (aus dem Kontext, insbesondere aus der Überschrift in II., ergibt sich, dass damit die Nr. 3 des Sicherheitenanhangs „Bestimmungen für Pensionsgeschäfte und Wertpapierdarlehen“ gemeint ist), „entsprechend nicht bezogen auf Wertpapierdarlehen“ gilt. Dies bedeutet – da es sich bei den übertragenen Aktien um die für ein Wertpapierdarlehen geleisteten Sicherheiten handelt – an sich, dass damit auch die in Nr. 3 des Sicherheitenanhangs geregelte entsprechende Anwendung von Nr. 3 des Wertpapierdarlehensanhangs, welche die Kompensationszahlungen bei Ausschüttungen während der Laufzeit eines Wertpapierdarlehens durch den Emittenten an die Inhaber der Darlehenspapiere regelt, im Rahmen der hier geleisteten Wertpapiersicherheiten nicht entsprechend gilt. Entgegen der von der Klägerin im Schriftsatz vom 26.11.2020 geäußerten Auffassung ist dagegen nicht der ebenfalls in Nr. 3 des Sicherheitenanhangs enthaltene Verweis auf den Pensionsanhang maßgebend, denn Sicherheiten wurden unstreitig nur für die Wertpapierdarlehen, nicht aber für die Pensionsgeschäfte geleistet. Die Regelung wurde von den Beteiligten jedoch so verstanden, dass auch für die Dividendenausschüttungen, die aus den als Sicherheit für die Wertpapierleihe übertragenen Aktien geflossen sind, Kompensationszahlungen zu leisten sind, da tatsächlich Kompensationszahlungen entsprechend Nr. 3 des Sicherheitenanhangs für die an die Klägerin für die ausgeschütteten Dividenden aus den ihr zur Sicherheit übertragenen Aktien geleistet worden sind und sich die Klägerin auch dazu verpflichtet sah. Das haben die Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch glaubhaft versichert. Allem Anschein nach konnte aufgrund der zahlreichen Verweisungen, Mehrfachverweisungen und Ausnahmeregelugen dazu und der unsystematischen und unübersichtlichen Gliederung des Rahmenvertrags (römische Ziffern werden den arabischen Ziffern hierarchisch untergeordnet!) dieses ineinander verschachtelte Vertragskonstrukt von den Beteiligten selbst nicht mehr in allen Konsequenzen nachvollzogen werden, so dass sie entsprechend falsch interpretiert wurde. Da die Dividendenzahlungen aus den überlassenen Aktien von der Klägerin an die A-Bank vollständig zurückflossen, blieb die Fruchtziehung aus diesen Aktien weiterhin bei der A-Bank.
bbb) Auch entstanden zugunsten der Klägerin keinerlei Liquiditätsvorteile, weil die Zahlungen zeit- und beitragsgleich erfolgten. Selbst wenn es zwischen dem Zufluss der Dividenden bei der Klägerin und deren Weiterleitung an die A-Bank im Rahmen der Kompensationszahlungen einen geringen zeitlichen Abstand gegeben haben sollte, wurden diese geringen Liquiditätsvorteile durch die von der Klägerin an die A-Bank für die Übertragung des Aktien-Collaterals gezahlte Arrangierungsgebühr in Höhe von 2,2% der gezahlten Dividenden wieder mehr als ausgeglichen.
ccc) Es erfolgte auch kein endgültiger Übergang der Chancen und Risiken, die mit dem Eigentum an Wertpapieren typischerweise verbunden sind. Die Übertragung der Aktien auf die Klägerin, die jeweils kurz vor dem Dividendenstichtag erfolgte, war darauf ausgelegt, dass diese nach der Dividendenausschüttung und nach einer Haltezeit von maximal drei Wochen im Austausch gegen neue Aktien wieder auf die A-Bank zurück übertragen werden. Beim Austausch der Aktien bzw. bei der Beendigung der Wertpapierleihe wurden die Aktien in der Buchführung der Klägerin zum ursprünglichen Kurs, d.h. dem Kurswert bei Übertragung der Aktien durch die A-Bank, ausgebucht, so dass ihre Ein- und Ausbuchung bei der Klägerin keine Gewinnauswirkung hatte. Da die Aktien nicht über den Bilanzstichtag gehalten wurden, musste die Klägerin auch nicht darüber entscheiden, ob bei gesunkenen Kursen eine Wertberichtigung auf die Aktien geboten sein könnte. Da üblicherweise der Wert der Aktien unmittelbar nach dem Dividendenstichtag sinkt, da sie bei einem Erwerb keinen (zeitnahen) Anspruch auf eine Dividendenausschüttung mehr vermitteln, wäre für die Klägerin bei einer Rückgabe der Aktien an sich ein Verlust entstanden. Dieses Kursrisiko hat die Klägerin aber – ebenso wie andere Kursrisiken – tatsächlich nie getragen. Zwar wurden Kursschwankungen der Aktien bei Überschreitung des Schwellenwerts von 1 Mio. € über Marginzahlungen ausgeglichen. Am Ende der Wertpapierleihe wurde das Margin-Konto jedoch stets wieder auf Null zurückgeführt, d.h. die auf dem Konto verbuchten Gelder zurückgezahlt, da die Sicherheitengestellung beendet war. Lediglich aufgrund der Verzinsung des Margin-Kontos kam es bei der Klägerin im Streitjahr zu einem geringfügigen Zinsaufwand in Höhe von 2.269,91 €. Chancen und Risiken aus Kursveränderungen ergaben sich dadurch für die Klägerin nicht. Vielmehr blieben sämtliche Chancen und Risiken aus den zur Sicherheit übertragenen Aktien weiterhin bei der A-Bank. Dies zeigt sich insbesondere auch dadurch, dass die Klägerin der A-Bank eine sog. Arrangierungsgebühr in Höhe von 2,2% der unter den Aktien effektiv gezahlten Dividenden zu zahlen hatte. Die Arrangierungsgebühr stellte wirtschaftlich die Prämie dafür dar, dass die A-Bank die Aktien während der Laufzeit des Wertpapier-Darlehens nicht (oder im Rahmen eines Leerverkaufes nur mit zusätzlichem Risiko) verkaufen konnte und zudem auch noch den Kursverlust aufgrund der Dividendenzahlung hinnehmen musste. Die A-Bank wird damit ungeachtet der formalen Eigentumsübertragung noch wirtschaftlich als derjenige angesehen, dem die Chancen und Risiken aus den Aktien zustehen.
Auch wenn die Klägerin als zivilrechtliche Eigentümerin der Aktien über diese zweifelsohne uneingeschränkt verfügungsbefugt gewesen ist, war ein endgültiger Übergang von Chancen und Risiken bei den der Klägerin überlassenen Aktien bereits deshalb nicht möglich, weil sie spätestens nach Ablauf der Laufzeit der Wertpapierleihe bzw. bei Wegfall des Sicherungszwecks zur Rückgewähr der Aktien verpflichtet war (Ziff. 5. II. (2) des Rahmenvertrags). Dass lediglich Aktien gleicher Art und Menge zurück zu gewähren waren, ändert bei der durchzuführenden wirtschaftlichen Betrachtung nichts, da es sich bei den Aktien um eine Gattungsschuld handelt. Ohne Zwischenverfügung wäre jedenfalls keine Wertsteigerung in Form eines dauerhaften Verkaufs der Aktien erzielbar gewesen. Im Hinblick auf eine solche Zwischenverfügung gab es zwar keine Sicherungsvereinbarung, aufgrund derer die Klägerin daran gehindert gewesen wäre, die Aktien vor der Rückgabe an die A-Bank zu veräußern um lediglich gattungsgleiche Aktien rechtzeitig zurückzukaufen und zurückzuübertragen. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine theoretische Möglichkeit, welche nicht im Interesse der Klägerin war, da nach dem Willen der Beteiligten die Klägerin die Dividenden aus den ihr übertragenen Aktien beziehen sollte und nach der Dividendenausschüttung die Aktien wieder, im Austausch gegen andere Aktien, zurückübertragen werden sollten. Tatsächlich hat ein permanenter Austausch der Aktien gegen andere Aktien der A-Bank stattgefunden, so dass die Klägerin die Aktien nur einen Zeitraum von teils wenigen Tagen, bis maximal drei Wochen gehalten hat. Unter diesen Umständen hatte die Möglichkeit eines Zwischenhandels für die Klägerin keine praktische Bedeutung, sie hatte keine für einen Zwischenhandel hinreichend feste Rechtsposition inne. Damit fand kein endgültiger Übergang der Chancen und Risiken aus den übertragenen Aktien statt. Ohne Bedeutung ist hierbei auch der Umstand, dass nach dem Vortrag der Vertreter der Klägerin die Klägerin die Forderung aus dem Wertpapierdarlehensvertrag deshalb ihrem Sicherungsvermögen zuordnen durfte, weil sie durch Aktien gesichert war. Eine im Sinne des BFH-Urteils vom 15.08.2015 I R 88/13 sonstige wirtschaftlich sinnhafte „Benutzung“ der Aktien und des von Ihnen verkörperten Werts, welche der Ausnutzung der Chancen und Risiken, die mit dem Eigentum an den Wertpapieren üblicherweise verbunden sind, gleichstehen würde, lässt sich daraus nicht begründen. Dadurch, dass eine mit Aktien abgesicherte Darlehensforderung dem Sicherungsvermögen nach § 125 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) zugeführt werden kann, verwirklicht sich lediglich der Sicherungszweck der der Klägerin zur Sicherheit übertragenen Aktien, da eine ungesicherte Forderung gegenüber der A-Bank nicht dieselbe Bonität gehabt hätte wie die festverzinslichen Wertpapiere, die Gegenstand der Wertpapierleihe waren. Der Umstand, dass die Darlehensnehmerin eine Sicherheit in Form von Aktien zu leisten hatte, um eine gleichwertige Bonität herzustellen, stellt jedoch keine Ausnutzung der Chancen und Risiken im Hinblick auf das Kurspotenzial der übertragenen Aktien dar.
ddd) Die Klägerin ist nicht deshalb als wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien anzusehen, weil es ihr bei dem Erwerb der Aktientitel um die Ausübung von Stimmrechten in der Hauptversammlung der jeweiligen Aktiengesellschaft ging. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob es aufgrund der zeitlichen Nähe der Übertragungen vor dem Dividendenstichtag für die Klägerin in jedem Fall möglich war, an der Hauptversammlung teilzunehmen und ihr Stimmrecht auszuüben. Zwar erfolgt bei der im Streitfall vorgenommenen Abwicklung des Aktienhandels durch das CREST-Börsensystem gemäß dem vorgelegten Aktenvermerk der Kanzlei X LLP vom 15. August 2006 der Wechsel der Inhaberschaft zu dem Zeitpunkt, in dem CREST die Übertragung veranlasst, gleichzeitig wird automatisch das elektronisch geführte Register der betreffenden Aktiengesellschaft, in dem diese ihre Aktionäre erfasst, aktualisiert, sodass diese sofort von dem Inhaberwechsel informiert wird. Dadurch braucht die betreffende Aktiengesellschaft nur ihr Register einzusehen, um zu ermitteln, wem die Rechte aus ihren Aktien zustehen, wer Vorteile erhalten und Mitgliedschaftsrechte ausüben darf, wie etwa das Stimmrecht oder das Recht auf Zuteilung neuer Aktien. Allerdings kann ein Stichtag kurz vor einer Aktionärsversammlung, typischerweise ein oder zwei Tage, angesetzt werden, um festzustellen wer berechtigt ist, auf der Versammlung mit abzustimmen. Bei einem Inhaberwechsel nach diesem Stichtag können die Stimmrechte noch von der zum Stichtag tatsächlich eingetragenen Person ausgeübt werden. Daher ist nicht sichergestellt, dass bei den im Streitfall vorgenommenen Übertragungen kurz vor dem Dividendenstichtag in jedem Fall die Ausübung der Stimmrechte in der Hauptversammlung möglich gewesen wäre. Selbst in Fällen, in denen die Möglichkeit bestanden hätte, die Stimmrechte auszuüben, hat die Klägerin dies nicht getan und damit gezeigt, dass es ihr darauf ersichtlich nicht ankam.
eee) im Rahmen einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Umstände hat der Senat im Streitfall keinerlei Zweifel daran, dass aufgrund der vertraglichen Gestaltung und tatsächlichen Durchführung der wechselseitigen Austauschgeschäfte keinerlei wirtschaftlich sinnhafte Nutzung der überlassenen Aktien möglich war und es den Vertragsparteien lediglich darum ging, eine formale zivilrechtliche Rechtsposition, eine leere Eigentumshülle zu übertragen, um die steuerlichen Vorteile in Form der Steuerfreistellung der Dividendenerträge nach § 8b Abs. 1 KStG zu erreichen, die der A-Bank als Kreditinstitut für ihre Handelsgeschäfte nach § 8b Abs. 7 KStG verwehrt waren. Das hat zur Folge, dass nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien nicht auf die Klägerin übergegangen ist. Dass die Beteiligten neben dem Übergang des zivilrechtlichen Eigentums auch den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums vereinbart haben, ist nicht maßgeblich. Ob der zivilrechtliche Eigentümer auch wirtschaftlicher Eigentümer geworden ist, steht nicht zur Disposition der Vertragspartner, sondern richtet sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Die Klägerin ist damit kein Anteilseigner im Sinne des § 20 Abs. 2a EStG (a.F.) geworden und erzielte in den Streitjahren keine Dividendeneinkünfte, die nach § 8b Abs. 1 KStG bei der Ermittlung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens außer Ansatz bleiben. Auf die Frage, ob die Steuerfreiheit der Dividendeneinkünfte nach § 8b Abs. 1 KStG wegen eines Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO zu versagen ist, kommt es somit nicht an.
2. Da die Klägerin somit nicht nach § 20 Abs. 2a EStG a.F. als Anteilseignerin der ihr übertragenen Aktien anzusehen ist, führt dies zu dem Ergebnis, dass die Dividenden bei ihr nicht dem Grunde nach zu den Einkünften i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören und nicht nach § 8 Abs. 2 KStG i.V.m. § 20 Abs. 3 EStG zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen, die nach § 8b Abs. 1 KStG i.V.m. § 8b Abs. 5 KStG im Ergebnis zu 95% steuerfrei wären. Vielmehr ist der Bezug der Dividenden und deren Weiterleitung im Rahmen der Kompensationszahlungen an die A-Bank als die wirtschaftliche Eigentümerin der Aktien bei der Klägerin wie ein durchlaufender Posten zu behandeln. Dies führt dazu, dass die von der Klägerin vorgenommene Behandlung der Dividendenbezüge als steuerpflichtig in Höhe von 5% nach § 8b Abs. 5 KStG rückgängig zu machen ist. Dadurch vermindert sich der Gewinn um 325.117 €. Gleichzeitig sind die Kompensationszahlungen in Höhe von 6.502.342,72 € nicht als Betriebsausgabe zu berücksichtigen, sodass sich eine entsprechende Gewinnerhöhung ergibt. Per Saldo ist damit der Gewinn um 6.177.225 € zu erhöhen. Dies entspricht der Behandlung durch das Finanzamt im Rahmen des angefochtenen Änderungsbescheids. Die Behandlung des Repozinses im Rahmen des Wertpapierpensionsgeschäfts als Betriebseinnahme hat das Finanzamt dagegen zu Recht anerkannt, da hinsichtlich des Pensionsgeschäfts keine Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch nach § 42 AO vorliegen. Ob dies auch für die Wertpapierleihe gilt und das Finanzamt damit zu Recht die Zinsen für die Marginzahlung (2.269,91 €) und die Arrangierungsgebühr (143.072,80 €) als Betriebsausgabe und die Leihgebühr (2.874,09 €) als Betriebseinnahme anerkannt hat, kann dahingestellt bleiben, da sich diese steuerliche Behandlung zugunsten der Klägerin ausgewirkt hat und der Senat zu einer Verböserung nicht befugt wäre (Ratschow in Gräber, FGO, 9. Auflage, § 96 Rz. 51).
3. Dem Beweisantrag der Klägerin, Herrn S als Zeugen zu vernehmen zum Beweis der Tatsache, dass der Abschluss des Pensionsgeschäfts nur in Kombination mit dem Darlehensvertrag zur Diskussion stand und von der A-Bank nur in diesem Gesamtpaket angeboten wurde sowie dass die Auswahl der Aktien allein durch die Klägerin erfolgt ist, brauchte das Gericht nicht nachkommen. Ob die A-Bank den Abschluss des Pensionsgeschäfts nur als Gesamtpaket zusammen mit dem Wertpapierdarlehensvertrag angeboten hat, ist für die Frage, ob die Klägerin wirtschaftliche Eigentümerin der zur Sicherheit übertragenen Aktien geworden ist, unerheblich. Dass die Auswahl der zur Sicherheit übertragenen Aktien bzw. der nach der Dividendenzahlung neu eingetauschten Aktien allein durch Herrn S als Mitarbeiter der Klägerin erfolgte, kann als richtig unterstellt werden und entspricht auch der Regelung in Ziff. II (2) des Rahmenvertrages vom 10. Mai 2006, wenngleich nach dieser Regelung der Sicherungsgeber einer Sicherheitenleistung widersprechen kann. Am fehlenden Übergang der Chancen und Risiken aus den Aktien ändert sich daran jedoch nichts.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.


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