Bankrecht

Anfechtung eines finanzierten Neuwagenkaufvertrages wegen arglistiger Täuschung: Anspruch des Verbrauchers auf Rückzahlung der vor der Anfechtungserklärung auf das verbundene Darlehen geleisteten Zahlungen

Aktenzeichen  XI ZR 568/19

Datum:
15.6.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:150621UXIZR568.19.0
Normen:
§ 142 Abs 1 BGB
§ 358 Abs 3 BGB
§ 359 Abs 1 S 1 BGB
§ 433 Abs 2 BGB
§ 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB
§ 813 Abs 1 S 1 BGB
Spruchkörper:
11. Zivilsenat

Leitsatz

Hat bei einem verbundenen Geschäft (§ 358 Abs. 3 BGB) der Verbraucher den finanzierten Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten, führt die Rückwirkung der Anfechtung (§ 142 Abs. 1 BGB) dazu, dass dem Anspruch des Darlehensgebers aus dem Finanzierungsdarlehen von Anfang an aus § 359 Abs. 1 Satz 1 BGB eine dauernde Einrede i.S. von § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegenstand und der Verbraucher auch die vor der Anfechtungserklärung auf das Darlehen geleisteten Zahlungen gemäß § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB vom Darlehensgeber zurückverlangen kann (Fortführung von Senatsurteil vom 4. Dezember 2007 – XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334).

Verfahrensgang

vorgehend OLG Dresden, 18. Oktober 2019, Az: 9 U 841/19, Urteilvorgehend LG Leipzig, 14. März 2019, Az: 4 O 2567/17

Tenor

Die von der Streithelferin geführte Revision der Klägerin gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
Die Streithelferin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um Rückzahlungsansprüche bezüglich eines Darlehens, das der Finanzierung des Erwerbs eines Fahrzeugs von der Streithelferin der Klägerin diente.
2
Der Beklagte erwarb aufgrund einer “verbindlichen Bestellung” vom 22. August 2013 von der Streithelferin, einer VW-Vertragshändlerin, einen VW Golf, der dieser nach ihrem Vortrag am 31. März 2013 von der Volkswagen AG geliefert worden sei. Zur Finanzierung des über die geleistete Anzahlung hinausgehenden Kaufpreisteils schlossen die Parteien am 3. September 2013 einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von 28.140,14 €. Die Rückzahlung des Darlehens nebst Zinsen sollte in 48 Monatsraten zu jeweils 411,43 € und einer Abschlussrate von 12.432,41 € erfolgen. Die Darlehensvaluta wurde direkt an die Streithelferin ausgezahlt, das Fahrzeug mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer WVWZZZ1KZCK       wurde der Klägerin sicherungsübereignet.
3
Als der Beklagte im Jahr 2015 seinen Zahlungspflichten teilweise nicht nachkam und auch eine Nachfristsetzung erfolglos blieb, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 27. August 2015 die Kündigung des Darlehens. Das finanzierte Fahrzeug wurde in der Folgezeit veräußert und der Erlös von 12.410 € wurde im Oktober 2015 dem Darlehenskonto gutgebracht. In der Folge bezifferte die Klägerin ihre noch offene Hauptforderung auf 11.624,22 €.
4
Mit Schreiben seines damaligen Rechtsanwaltes vom 24. September 2015 erklärte der Beklagte gegenüber der Streithelferin die Anfechtung des Kaufvertrages mit der Begründung, er sei von ihr über das Baujahr des streitgegenständlichen Fahrzeugs, das bereits am 24. August 2011 produziert worden sei, arglistig getäuscht worden.
5
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Zahlung von 11.624,22 € nebst Zinsen verlangt. Der Beklagte hat widerklagend Rückzahlung der geleisteten Darlehensraten in Höhe von 6.171,45 € sowie die Erstattung des Erlöses aus der Verwertung des Fahrzeugs nebst Rechtshängigkeitszinsen, Zug um Zug gegen Abtretung der – näher bezeichneten – Kondiktionsansprüche des Beklagten gegen die Streithelferin, begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage hinsichtlich der Darlehensraten stattgegeben. Die hiergegen nur von der Streithelferin eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen und von der Streithelferin geführten Revision verfolgt diese den Klageantrag und den Antrag auf vollständige Abweisung der Widerklage weiter.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben