Bankrecht

Anforderungen an Berufungsbegründung

Aktenzeichen  19 U 41/16

Datum:
5.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZBB – 2017, 126
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 522 Abs. 2, § 520 Abs. 3 Nr. 2, § 530

 

Leitsatz

Die Berufungsbegründung muss auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will. Es ist klar anzugeben, gegen welche Ausführungen des Urteils der Angriff sich richtet und wie er begründet wird. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

29 O 25694/10 2015-12-17 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I, 29. Zivilkammer, vom 17.12.2015 wird zurückgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 380.000.- Euro festgesetzt.

Gründe

Tatsächliche Feststellungen:
Die Klägerin begehrt ausschließlich im Wege des Schadenersatzes die Rückabwicklung ihrer mittelbaren Beteiligung an der … GmbH & Co. Verwaltungs KG (im Folgenden: Fonds) vom 15.12.2004 i. H. v. 400.000.- €. Die Klägerin erbrachte die Beteiligungssumme in Höhe von 212.800.- als eigenfinanzierte Einlage, den Rest in Höhe von 187.200.- im Wege einer obligatorischen Fremdfinanzierung über eine Inhaberschuldverschreibung bei der Beklagten zu 3) (vgl. Beitrittsvereinbarung/Darlehensvertrag Anlage K 1).
Grundlage der Beteiligung war der Verkaufsprospekt Anlage K 2 mit Stand Oktober 2004 (vgl. dort S. 81); Unternehmensgegenstand der Fondsgesellschaft ist dem Prospekt zufolge der Erwerb und das Halten von direkten und indirekten Beteiligungen an Gesellschaften, die mit der Entwicklung, Herstellung, Vermarktung und Verwertung/Lizenzierung von internationalen Filmprojekten befasst sind (vgl. § 2 Gesellschaftsvertrag, abgedruckt auf S. 82 ff. des Emissionsprospekts, Anlage K 2). Dabei sollte die Filmproduktion über je eine gesonderte Produktionsgesellschaft pro Film als Auftragsproduktion durch den Produktionsdienstleister … erfolgen. Vom Lizenznehmer, der … B.V., vereinnahmt die Fondsgesellschaft mittelbar über eine Tochter-Holdinggesellschaft fest vereinbarte sowie vom wirtschaftlichen Verwertungserfolg der produzierten Filme abhängige variable Lizenzeinnahmen (vgl. Schaubild Prospekt S. 12). Die Beklagte zu 3) sicherte dabei durch einen Schuldbeitritt die Zahlung der festen Lizenzeinnahmen ab.
Im Investitionsplan auf S. 26 des Prospekts wurden „Produktionskosten“ von ca. 208 Mio. € bzw. 85,79% der Gesamtinvestition angekündigt. Als „Projektierungskosten“ waren dort insgesamt 14,21% der Gesamtinvestition vorgesehen, davon für „Verhandlung Schuldbeitritt“ 2,35%. Zur Erläuterung wurde dort ausgeführt, dass die Beklagte zu 3) im Rahmen eines Schuldbeitritts die Zahlung sämtlicher fixer Lizenzzahlungen absichere und dass die Verhandlungen mit der Beklagten zu 3) … geführt habe. Etwaige Kosten für den Schuldbeitritt selbst enthält der Investitionsplan nicht. Ausweislich Prospekt S. 61 war vorgesehen, die gesamten Produktionskosten am 30.12.2004 ohne Rückforderungsanspruch der Produktionsgesellschaften an den Produktionsdienstleister auszuzahlen, damit die Zahlungen als sofort abziehbare Betriebsausgaben behandelt werden können. Der Fertigstellungsgarant sollte für die Übernahme der Garantie „einen festen Anteil der direkten Produktionskosten des jeweiligen Films“ (Prospekt S. 53) und der Lizenznehmer eine „Vertriebsgebühr“ erhalten (Prospekt S. 55). Ebenfalls auf S. 55 wurde unter der Rubrik „Schuldbeitritt“ darauf hingewiesen, dass der Lizenznehmer zur Besicherung des Schuldbeitritts eine entsprechende Vorauszahlung an die Beklagte zu 3) zu entrichten habe.
Die Beklagte zu 1) trat als Treuhand- und Gründungskommanditistin der Fondsgesellschaft auf, die Beklagte zu 2) war Initiatorin des Fonds und Prospektherausgeberin und die Beklagte zu 3) schuldübernehmende und kreditfinanzierende Bank.
Die Klägerin behauptet, die Fondsgelder seien teilweise nicht für die Filmproduktion verwendet worden, sondern am 20.12.2004 im Wege eines „Geldkreislaufs“ in Höhe des abgezinsten Barwerts sofort an die schuldübernehmende Bank, die Beklagte zu 3) zurückgezahlt worden. Dies ergebe sich insbesondere aus einem sog. Closing Funds Flow Memorandum. Über die tatsächliche Mittelverwendung sei pflichtwidrig kein Hinweis im Verkaufsprospekt enthalten. Die Klägerin habe die Anlage gezeichnet, weil sie sich für das Filmgeschäft interessiere. Der steuerliche Aspekt sei nicht der primäre Anlagegrund gewesen. Im Übrigen habe die Klägerin den steuerlichen Effekt nicht irgendwie, sondern ausschließlich über die Erstellung eines Filmes erreichen wollen. Die Beklagten stellen in Abrede, dass die Fondsgelder nicht zur Filmproduktion verwendet worden seien. Die Verwendung der Produktionsmittel werde im Prospekt zutreffend und vollständig dargestellt. Die Filme seien vertragsgemäß vom betreffenden Produktionsdienstleister hergestellt worden.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, sämtliche in Betracht kommenden Schadensersatzansprüche würden voraussetzen, dass der Emissionsprospekt zur streitgegenständlichen Anlage in einem der klägerseits gerügten Punkten fehlerhaft und der Fehler kausal für die Anlageentscheidung der Klägerin gewesen sei. Der Emissionsprospekt sei jedoch in den gerügten Punkten nicht fehlerhaft oder unvollständig, da er nach Form und Inhalt geeignet gewesen sei, den Anlegern die für ihre Beteiligung wesentlichen Informationen verständlich und wahrheitsgemäß zu vermitteln:
1. Der Prospekt kläre ausreichend über die steuerlichen Risiken der Anlage auf.
2. Der Prospekt täusche auch nicht über die Verwendung der Fondsgelder oder über die Herstellereigenschaft bzgl. der Filme. Der Vortrag der Klageseite, die von der Fondsgesellschaft eingesammelten Gelder seien zu einem großen Teil nicht für Filmproduktionen verwendet worden, sondern unmittelbar nach Überweisung an den Produktionsdienstleister bzw. den Fertigstellungsgaranten von dort über den Lizenznehmer an die schuldübernehmende Beklagte zu 3) als Schuldübernahmegebühr zurückgeflossen, sei ohne Substanz. Insbesondere habe die Klagepartei nicht hinreichend dargelegt, dass abweichend vom Prospekt planmäßig tatsachlich nur ein Teil des ausgewiesenen Produktionskostenbudgets für die Filmproduktion zur Verfügung gestanden habe.
3. Die von der Beklagten zu 2) im Rahmen der Geschäftsbesorgung zu erbringenden Tätigkeiten und deren Vergütung seien auf S. 48 des Prospekts umfassend dargestellt.
4. Die Darstellung des worst-case-Risikos im Prospekt sei nicht fehlerhaft.
5. Die Darstellung der Lizenzzahlungen im Prospekt sei ebenfalls nicht fehlerhaft.
6. Die Darstellung des Produktionsdienstleisters und des Fertigstellungsgaranten im Prospekt sei nicht fehlerhaft.
Auf die Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, die ihre zuletzt gestellten erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Sie meint u. a., das Landgericht habe verkannt, dass die Klägerin den „Geldkreislauf“ unter mehreren Gesichtspunkten beanstandet habe, nämlich a) weil Fondsmittel zur Finanzierung des Schuldbeitritts eingesetzt worden seien und b) weil die Fondsmittel endgültig als Festgeldanlage bei der Beklagten zu 3) Verwendung gefunden hätten.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 28.07.2016, auf die Bezug genommen wird, wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass und warum der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren Bezug genommen.
Begründung:
Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussweg als unbegründet zurückzuweisen, da der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
1. Der Senat hält das Urteil des Landgerichts zumindest im Ergebnis für offensichtlich zutreffend. Er nimmt auf das angefochtene Urteil Bezug. Bezug genommen wird ferner auf die Hinweise des Senats vom 28.07.2016, wonach er die Berufung i. S. v. § 522 Abs. 2 ZPO für unbegründet hält. Auch der weitere Schriftsatz vom 24.08.2016 gab keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung. Soweit er nicht ohnehin nur das bisherige Vorbringen der Klägerin nochmals wiederholt, ist dazu folgendes zu bemerken:
a) Der Senat hat bereits in seinem Hinweis vom 28.07.2016 ausgeführt, dass sich die Berufungsbegründung mit den konkreten Argumenten des Landgerichts nur zum Teil befasst. Während das Landgericht die klägerseits geltend gemachten angeblichen Prospektfehler in sechs Punkten unter ausführlicher Darstellung der jeweils im Prospekt dazu enthaltenen Hinweise abhandelt, enthält die Berufungsbegründung nur zwei Gliederungspunkte mit abweichenden Überschriften. § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO verlangt aber „die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt“. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will (BAG NZA 2005, 597 [598]). Es ist klar anzugeben, gegen welche Ausführungen des Urteils der Angriff sich richtet und wie er begründet wird (BGH NJW-RR 2007, 1363). Außerdem enthält die Berufungsbegründung in großem Umfang – wenn auch ganz überwiegend unsubstantiiertes -Vorbringen, das sich im Ersturteil so nicht findet und von dem der Senat daher davon ausgehen muss, dass es im Berufungsverfahren neu ist und dort schon mangels entsprechender Berufungsrüge i. S. v. § 520 III Nr. 4 ZPO nicht mehr gem. § 531 II ZPO zugelassen werden kann (vgl. die mitgeteilten Allgemeinen Verfahrenshinweise des Senats). Dem trägt der weitere Schriftsatz vom 24.08.2016 insoweit Rechnung, als dort nunmehr offensichtlich nur noch die angebliche „Zweckentfremdung der Fondsmittel“ weiter gerügt wird. Daher sind auch nur noch zu diesem Punkt ergänzende Ausführungen veranlasst.
Soweit die Klägerin in ihrem weiteren Schriftsatz vom 24.08.2016 zur angeblichen „Zweckentfremdung der Fondsmittel“ umfangreich ergänzend vorträgt, ist allerdings vorab anzumerken, dass die der Klägerin eingeräumte Frist zur Stellungnahme gem. § 522 II 2 ZPO nicht etwa eine Art „zweite Berufungsbegründung“ ermöglicht. Soweit in dem weiteren Schriftsatz im Berufungsverfahren neue Angriffs- und Verteidigungsmittel enthalten sind, sind diese deshalb gem. §§ 530, 296 I ZPO zwingend zurückzuweisen (vgl. z. B. Thomas/Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 530 Rnr. 4; Rimmelspacher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Auflage 2007, § 522 Rnr. 26). Darauf hatte der Senat als nobile officium ebenfalls bereits in seinen Allgemeinen Verfahrenshinweisen ausdrücklich aufmerksam gemacht.
b) Auch das verspätete Vorbringen hätte jedoch keine andere Entscheidung gerechtfertigt. Denn ein Prospektfehler „Zweckentfremdung der Fondsmittel“ wurde klägerseits weiterhin nicht schlüssig dargelegt.
Der BGH hat mit Beschluss vom 29. Juli 2014 – II ZB 1/12 (Musterentscheid VIP 4) u. a. entschieden, dass eine sog. „Defeasance-Struktur“, wie sie auch beim hier streitgegenständlichen Medienfonds vorliegt, als solches grundsätzlich noch keinen Prospektfehler darstellt. Ansonsten wäre das Geschäftsmodell, das die Vereinbarung einer festen Schlusszahlung durch den Lizenznehmer und die Übernahme dieser Schlusszahlungsverpflichtung durch eine Bank vorsieht (sog. Defeasance-Struktur), generell dem Vorwurf eines Umgehungsgeschäfts ausgesetzt. Für diese Sichtweise finden sich in der steuerrechtlichen Literatur keine Anhaltspunkte (BGH a. a. O. Rz. 38).
Dass bei der Erstellung des streitgegenständlichen Prospekts ernsthaft damit zu rechnen gewesen wäre, dass die Finanzbehörden eine solche Sichtweise einnehmen würden, ist – auch hier – nicht ersichtlich und wird auch von der Berufung nicht dargestellt. Die Klägerin will deshalb nach eigenem Bekunden auch nicht diese Struktur an sich, die ihr aus dem Prospekt bekannt gewesen sei, sondern nur den Umstand, dass die Schuldübernahme im Wege eines sog. „Geldkreislaufs“ vorgenommen worden sei, beanstanden. Auch dessen Darlegung ist der Berufung jedoch weiterhin nicht gelungen (nachfolgend 1.); selbst einen solchen Kreislauf unterstellt läge hier diesbezüglich außerdem kein Prospektfehler vor (nachfolgend 2.). Schließlich war entgegen der Auffassung der Klägerin aus dem Prospekt sehr wohl erkennbar, dass die im Investitionsplan auf S. 26 des Prospekts als „Produktionskosten“ ausgewiesenen Fondsgelder von ca. 208 Mio. € nicht vollständig unmittelbar für die Filmproduktion verwendet werden würden (nachfolgend 3.):
(1) Wie der BGH in einem die Beteiligung der Klägerin an dem Medienfonds … betreffenden Urteil vom 22.10.2015, Gz. III ZR 265/14, entschieden hat, muss ein sog. „Geldkreislauf“ in dem Sinne, dass ein wesentlicher Teil der Mittel der Fondsgesellschaft über den Produktionsdienstleister von Anfang an an den Schuldübernehmer durchgereicht werden sollte und auch durchgereicht wurde, vom Anleger für den jeweiligen Fonds konkret dargelegt und ggf. nachgewiesen werden. Ein solcher Zahlungsvorgang ergab sich jedoch in jenem Falle nach Auffassung des BGH weder aus unstreitigem Parteivortrag noch aus dem dortigen „Fund Flow Memo“, in dem verschiedene zeitgleich durchzuführende Zahlungen geregelt wurden (BGH a. a. O., Rz. 20).
(a) Das Landgericht hat die Klage deshalb insoweit zu Recht mit der Begründung abgewiesen, der Vortrag der Klageseite, die von der Fondsgesellschaft eingesammelten Gelder seien zu einem großen Teil nicht für Filmproduktionen verwendet worden, sondern unmittelbar nach Überweisung an den Produktionsdienstleister bzw. den Fertigstellungsgaranten von dort über den Lizenznehmer an die schuldübernehmende Beklagte zu 3) als Schuldübernahmegebühr zurückgeflossen, sei ohne Substanz. Insbesondere habe die Klagepartei nicht hinreichend dargelegt, dass abweichend vom Prospekt planmäßig tatsachlich nur ein Teil des ausgewiesenen Produktionskostenbudgets für die Filmproduktion zur Verfügung gestanden habe (LGU S. 10).
(b) Wie der Senat ebenfalls bereits in seinem Hinweis ausgeführt hat, berücksichtigen die diesbezüglichen Ausführungen in der Berufungsbegründung schon nicht hinreichend, dass der streitgegenständliche Fonds als „Mehrfilmfonds“ nicht selbst einen Produktionsdienstleister beauftragen sollte, sondern er an diversen Produktionsgesellschaften beteiligt sein sollte, die ihrerseits an der Filmproduktion „mitwirken“ und hierfür einen Produktionsdienstleister beauftragen sollten (vgl. Prospekt Anlage K 2, S. 2 und Schaubild S. 3; vgl. auch die unterschiedlichen Gesellschaftsverträge für den Fonds Prospekt S. 82 ff. und die einzelnen Produktionsgesellschaften S. 91 ff.).. Für die schlüssige Darlegung eines „Geldkreislaufs“ hätte es somit zusätzlich noch der Einbeziehung dieser Produktionsgesellschaften in den angeblichen „Geldkreislauf“ bedurft.
(a) Soweit sich die Berufungsbegründung auf S. 7 ff. mit den Ausführungen des Landgerichts befasst, setzt sie das Vorhandensein eines von Anfang an beabsichtigten „Geldkreislaufs“ voraus, legt ihn aber für den streitgegenständlichen Fonds nicht nachvollziehbar dar. Soweit sie dort wiederholt auf ein „Closing Fund Flow Memorandum“ abstellt, fehlt es ebenfalls an einer schlüssigen Darstellung. Die diesbezüglichen Ausführungen auf S. 3 der Berufungsbegründung zu dem beklagtenseits als Anlage PL 26 vorgelegten „Closing Fund Flow Memorandum“ für den streitgegenständlichen Fonds belegen – wie im Falle des BGH, s.o. – hier ebenfalls keinen „Geldkreislauf“ in diesem Sinne. Die Zeilen 25 – 30 dort betreffen ausweislich der Zwischenüberschrift nur den Film „.“ und nur undatierte Zahlungen zweier Produktionsgesellschaften an den Produktionsdienstleister und andere. Die Zeilen 39 – 40 betreffen – ebenfalls undatierte – Zahlungen der . an die Beklagte zu 3). Daraus ergibt sich weder ein „Geldkreislauf“ im oben genannten Sinne noch sonst ein nachvollziehbarer Prospektfehler.
Inwieweit sich aus dem in der Berufungsbegründung wiederholt angesprochenen, beklagtenseits als Anlage PL 25 vorgelegten umfangreichen Anlagenkonvolut mit sog. „Payment Instructions“ ein derartiger „Geldkreislauf“ für den streitgegenständlichen Fonds ergeben könnte, kann der Berufungsbegründung ebenfalls nicht konkret entnommen werden. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nie ersetzen (BGH, NJW 2008, 69, Rz. 25; m. w. N.). Die Gerichte sind auch nicht verpflichtet, umfangreiche ungeordnete Anlagenkonvolute von sich aus durchzuarbeiten, um so die erhobenen Ansprüche zu konkretisieren (z. B. BGH, NJW-RR 2004, 639 [640]). Zumindest im Anwaltsprozess obliegt es daher dem Prozessbevollmächtigten, den Vortrag der Partei selbst zu ordnen, Anlagen auszuwerten und die Tatsachen nach Rechtsgesichtspunkten hervorzuheben und vorzutragen. Pauschale Verweisungen auf Anlagen sind unzulässig (z. B. Stadler in: Musielak. ZPO, 7. Auflage 2009, § 130 Rnr. 10 m. w. N.).
(c) Soweit die Klägerin zu den entsprechenden Hinweisen des Senats auf S. 2 ihres weiteren Schriftsatzes vom 24.08.2016 meint, dass ein Geldkreislauf in erster Instanz unstreitig gewesen sei, kann dies den Feststellungen des Landgerichts nicht entnommen werden. Vielmehr haben die Beklagten danach erstinstanzlich in Abrede gestellt, dass die Fondsgelder nicht zur Filmproduktion verwendet worden seien. Im Übrigen stellt sich die Frage der Bestrittenheit nur und erst bei schlüssigem Vortrag.
Soweit die Klägerin dazu nunmehr auf S. 2 ihres Schriftsatzes vom 24.08.2016 unter (2) meint, sie habe auf S. 18 ihrer Berufungsbegründung zur Darlegung eines Geldkreislaufs auf S. 7 ihrer erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 16.07.2015 verwiesen, trifft das ebenfalls nicht zu. Dort wurden nur angeblich übergangene Beweisangebote gerügt und hinsichtlich eines Schriftsatzes vom 16.07.2015 zum Beweis der Behauptung, dass der angebliche Produktionsüberwacher nie Weisungen des Fonds erhalten habe, nur auf dessen S. 32 f. verwiesen. Das hat mit dem angeblichen Geldkreislauf nichts zu tun; im Übrigen ersetzen Beweisangebote keinen schlüssigen Vortrag, sondern setzen ihn voraus. Dasselbe gilt für den auf S. 18 der Berufungsbegründung ebenfalls nur wegen angeblich übergangener Beweisangebote in Bezug genommenen Schriftsatz vom 06.11.2015.
Schließlich würde es entgegen der Auffassung der Klägerin bei einem Mehrfilmfonds auch nicht ausreichen, einen Zahlungskreislauf nur „beispielhaft“ für einen Film darzulegen und sich im Übrigen auf unsubstantiierte Pauschalbehauptungen zu beschränken.
(2) Unabhängig davon bleibt der Senat auch dabei, dass selbst wenn hier ein von Anfang an beabsichtigter „Geldkreislauf“ vorgelegen hätte, dies im vorliegenden Falle als solches noch keinen Prospektfehler darstellen würde.
Dabei muss nach Auffassung des Senats zwischen einer abweichenden Darstellung der weiteren Zahlungsflüsse im Prospekt und einem bloßen Verschweigen der weiteren Zahlungsflüsse im Prospekt unterschieden werden (ebenso OLG München, 20. Zivilsenat, Urteil vom 28.03.2012, Gz. 20 U 4518/11, zum Filmfonds . mit der Begründung, dort sei, anders als bei den VIP-Fonds, im Prospekt nicht vorgesehen gewesen, dass zuerst die Schuldübernahmegebühr an die Bank und erst dann das Produktionsentgelt von dem Fonds an den Produktionsdienstleister zu entrichten sei, so dass ein „Geldkreislauf“ unter diesem Gesichtspunkt nicht schädlich sein könne; unklar Anm. von Fölsing, DStR 2015, 173, zum Musterentscheid VIP 3, der nicht zwischen einer „abweichenden Darstellung der Zahlungsflüsse“ und einem „Verschweigen der Zahlungsflüsse“ im Fondsprospekt unterscheidet; unklar insoweit auch Nobbe, WuB 2015, 19):
(a) Selbstverständlich darf ein Fondsprospekt auch insoweit keine falschen Angaben enthalten. Insbesondere darf die Zahlungsabwicklung nicht abweichend von den prospektierten Zahlungsflüssen erfolgen, wenn diese Abweichung bereits bei der Herausgabe des Fondsprospekts geplant war (BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 – II ZB 1/12 -Musterentscheid VIP 4 – Rz. 20 ff; dort durfte die Freigabe der Mittel des Fonds durch den Mittelverwendungskontrolleur erst erfolgen, wenn die budgetierten Produktionskosten ohne Agio abgesichert waren; die dort im Prospekt vorgesehene Absicherung durch Schuldübernahme setzte aber ihrerseits voraus, dass der Lizenznehmer das Schuldübernahmeentgelt bereits eingezahlt hatte, vgl. BGH a. a. O. Rz. 50 ff).
Dass der Fondsprospekt hier konkrete falsche Angaben zur beabsichtigten Zahlungsabwicklung seitens des Produktionsdienstleisters enthalten hätte, legt die Berufung weiterhin nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich. Der Prospekt legt auf S. 61 ausdrücklich offen, dass vorgesehen sei, die gesamten Produktionskosten am 30.12.2004 zu bezahlen – und zwar ohne Rückforderungsanspruch der Produktionsgesellschaften, damit die Zahlungen als sofort abziehbare Betriebsausgaben behandelt werden können. Die Mittelverwendung durch den Produktionsdienstleister war dagegen nicht Gegenstand des streitgegenständlichen Prospekts.
(b) Eine Verpflichtung, ggf. im Fondsprospekt die weiteren Zahlungsflüsse vom Produktionsdienstleister über den Lizenznehmer zur schuldübernehmenden Bank offenzulegen, sieht der Senat im vorliegenden Falle weiterhin nicht.
In der VIPEntscheidung hat der BGH insoweit ausgeführt, das Oberlandesgericht habe im Musterentscheid zu Recht angenommen, dass der Prospekt (zu VIP 3) fehlerhaft sei, weil er nicht darüber informiere, dass die im Prospekt unter der Überschrift „Mittelverwendung“ als Produktionskosten ausgewiesenen Mittel des Fonds in Höhe von etwa 80% vom Produktionsdienstleister als Darlehen an den Lizenznehmer weitergeleitet werden, damit das für die Schuldübernahme aufzubringende Entgelt entrichtet werden könne. Das Oberlandesgericht habe insoweit rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Prospekt den Eindruck erwecke, das Fondskapital werde in Höhe von 87,2% unmittelbar für die Filmproduktion eingesetzt. Dies zugrunde gelegt, müsse der Anleger nicht damit rechnen, dass der Produktionsdienstleister über die für die Filmproduktion zur Verfügung gestellten Mittel anderweitig verfügen würde (BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 – II ZB 30/12 – Musterentscheid VIP 3, Rz. 45 ff.).
Der Senat kann jedoch weiterhin nicht feststellen, dass der streitgegenständliche Prospekt den Eindruck erweckt hätte, das Fondskapital werde in bestimmter Höhe unmittelbar für die Filmproduktion eingesetzt. Dem stehen vorliegend schon die zwischengeschalteten Produktionsgesellschaften entgegen, s.o.
Dadurch, dass im Investitionsplan auf S. 26 des Prospekts „Produktionskosten“ von ca. 208 Mio. € angegeben werden, wird nach Auffassung des Senats hier auch nicht der Eindruck erweckt, das Fondskapital werde in dieser Höhe vom Produktionsdienstleister „unmittelbar“ für die Filmproduktion eingesetzt. Auch angesichts des Umstands, dass hier erst am 17.12.2004 von der Gesellschafterversammlung beschlossen werden sollte, welche Filme mit welchen Produktionsgesellschaften überhaupt realisiert werden sollen (Prospekt S. 11), konnte nach Auffassung des Senats hier nicht der Eindruck entstehen, die bereits 2 Wochen später am 30.12.2004 zu bezahlenden gesamten Produktionskosten würden „unmittelbar“, also ab 01.01.2015, für die Filmproduktion eingesetzt werden. Vielmehr ergibt sich daraus nach Auffassung des Senats auch für den durchschnittlichen Anleger ganz deutlich, dass die in einem Betrag vollständig ausgezahlten Produktionskosten erst im späteren Verlauf der Produktion pro rata temporis anfallen können und deshalb zumindest eine Zwischenanlage dieser Mittel durch den Produktionsdienstleister absehbar erforderlich gewesen ist.
Außerdem legt der Prospekt durchaus offen, dass der Fertigstellungsgarant für die Übernahme der Garantie „einen festen Anteil der direkten Produktionskosten des jeweiligen Films“ (Prospekt S. 53) und der Lizenznehmer für seine Aufwendungen eine „Vertriebsgebühr“ erhalten sollten (Prospekt S. 55). Ebenfalls auf S. 55 wurde unter der Rubrik „Schuldbeitritt“ darauf hingewiesen, dass der Lizenznehmer zur Besicherung des Schuldbeitritts eine entsprechende Vorauszahlung an die Beklagte zu 3) zu entrichten habe. Damit wurden die entsprechenden Zahlungsflüsse hier zumindest angedeutet; jedenfalls aber kann keine Rede davon sein, dass der Prospekt den Eindruck erweckt hätte, das Fondskapital werde in voller Höhe der Produktionskosten unmittelbar für die Filmproduktion eingesetzt werden.
Durch die weiteren in der Berufungsbegründung zitierten Prospektstellen wird ein solcher Eindruck ebenfalls nicht erzeugt. Dass … den Produktionsgesellschaften gem. Prospekt S. 49 am 20.12.2004 den Betrag zur Zahlung der Produktionskosten zur Verfügung stellt, ist ebenso wie die Produktion auf Rechnung der Produktionsgesellschaften gem. Prospekt S. 52 der streitgegenständlichen Gestaltung als Mehrfilmfonds mit zwischengeschalteten Produktionsgesellschaften geschuldet. Über einen vollständigen und unmittelbaren Einsatz für die Filmproduktion besagt das nichts.
Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Klägerin, dass es in einem solchen Fall einzig und allein dem normalen Lauf der Dinge entspreche, dass solche Beträge auf Konten des Produktionsdienstleister verbleiben müssten, bis sie dem prospektierten Verwendungszweck zugeführt werden. Wie oben bereits dargelegt, verhält sich der Prospekt hier in keiner Weise dazu, wie der Produktionsdienstleister sein Cash-Management organisiert (entgegen der Auffassung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 24.08.2016 unterstellt der Senat diesbezüglich auch kein „System“). Der Prospekt musste hierzu nach Auffassung des Senats auch keine Abgaben enthalten. Ansonsten müsste z. B. der Prospekt jedes geschlossenen Immobilienfonds, der die Bebauung eines noch zu erwerbenden Grundstücks durch einen Generalunternehmer vorsieht, auch Angaben zur Mittelverwendung durch den Grundstücksverkäufer und den Generalunternehmer enthalten, was ersichtlich nicht vertreten wird. Auch würde wohl kein Anleger erwarten, dass der Generalunternehmer in einem solchen Fall die im Investitionsplan genannten Baukosten – ohne eigenen unternehmerischen Gewinn und ohne Zwischenanlage – vollständig und unmittelbar für die Bebauung verwendet.
(3) Schließlich war entgegen der Auffassung der Klägerin aus dem Prospekt sehr wohl erkennbar, dass die im Investitionsplan auf S. 26 des Prospekts als „Produktionskosten“ ausgewiesenen Fondsgelder von ca. 208 Mio. € systembedingt nicht vollständig unmittelbar für die Filmproduktion verwendet werden würden. Denn auch ein durchschnittlicher Anleger konnte von vorneherein nicht davon ausgehen, dass die Beklagte zu 3) als schuldbeitretende Bank dieses Risiko kostenlos und ohne Sicherheiten übernehmen würde. Insoweit wurde im Prospekt S. 55 unter der Rubrik „Schuldbeitritt“ sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Lizenznehmer zur Besicherung des Schuldbeitritts eine entsprechende Vorauszahlung an die Beklagte zu 3) zu entrichten habe. Dass der Lizenznehmer diese Vorauszahlung nicht aus eigenen Mitteln leisten würde, lag ebenfalls auf der Hand. Denn der Lizenznehmer sollte eine „Vertriebsgebühr“ erhalten, mit der seine Aufwendungen – also auch die Vorauszahlung an die Beklagte zu 3) -abgegolten sind (Prospekt S. 55).
Für die in der Absicherungsfunktion einem Schuldbeitritt durchaus vergleichbaren Erlösausfallversicherungen früherer Medienfonds-Konzepte hat der BGH bereits entschieden, ein Emissionsprospekt müsse nicht ausdrücklich hervorheben, dass Kosten für den Abschluss einer Erlösausfallversicherung dem Budget für die Produktionskosten zu entnehmen sind, wenn sich aus den sonstigen Angaben hinreichend deutlich ergebe, dass diese Kosten jedenfalls nicht Bestandteil der im Einzelnen aufgeführten Weichkosten seien. Auch wenn im Investitionsplan sogenannte Weichkosten vorgesehen seien, folge daraus nicht unmittelbar, dass in dem Kostenblock der Produktionskosten nicht auch Kosten enthalten sein dürften, die – ohne Produktionskosten im eigentlichen Sinne zu sein – nur in einem sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit der Produktion von Filmen stünden. Vielmehr sei dies anhand der weiteren Angaben im Prospekt zu prüfen. Für einen aufmerksamen Anleger sei hinreichend deutlich, dass die im Zusammenhang mit Produktionen vorgesehene Sicherstellung von Auszahlungsgarantien nicht in den im Investitionsplan aufgeführten „Startkosten“ enthalten sei. Wenn die Kosten für die Erlösausfallversicherungen nicht im Vertrag über die Produktauswahl und Produktionsüberwachung/-absicherung enthalten seien, könnten sie nur -das sei die einzig denkbare Schlussfolgerung – von dem Teil der Anlagegelder bestritten werden, die für die Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten vorgesehen sind (III. Zivilsenat, Urteile vom 12.02.2009 – III ZR 119/08, Rz. 29 ff.; und vom 15.07.2010 – III ZR 336/08; a. A. seinerzeit als Vorinstanz der erkennende Senat, Urteil vom 07.02.2008, Gz. 19 U 3592/07, WM 2008, 581, je zum Filmfonds …).
Nichts anderes kann dann für die streitgegenständliche Absicherung durch einen Schuldbeitritt gelten, dessen Kosten hier ebenfalls offensichtlich nicht Bestandteil der im Einzelnen aufgeführten Weichkosten waren. Im Investitionsplan Prospekt S. 26 werden nämlich im Rahmen der Weichkosten nur die Kosten für „Verhandlung Schuldbeitritt“ dargestellt, aber nicht die Kosten für den Schuldbeitritt selbst. Da die Kosten für den Schuldbetritt hier somit offensichtlich nicht in den sog. „Projektierungskosten“ (vulgo: „Weichkosten“) enthalten waren, konnten sie daher nur – das ist auch hier die einzig denkbare Schlussfolgerung -von dem Teil der Anlagegelder bestritten werden, die für die Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten vorgesehen waren. Die Gebühr für den Schuldbeitritt stand auch – ebenso wie die Prämie für die Erlösausfallversicherung in den früheren Fondsmodellen – in einem sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit der Produktion der Filme. Sie durfte somit im Kostenblock der Produktionskosten enthalten sein, auch wenn es sich dabei nicht um Produktionskosten im eigentlichen Sinne handelte.
Schon deshalb konnte der streitgegenständliche Prospekt nicht den Eindruck erwecken, das Fondskapital werde in bestimmter Höhe unmittelbar für die Filmproduktion eingesetzt. Es war vielmehr von vorneherein offensichtlich, dass in den Produktionskosten u. a. auch das Entgelt für den Schuldbeitritt in ungenannter Höhe enthalten ist. Dass der Bundesgerichtshof insoweit nach der – allerdings von der Berufung hier schon nicht konkret dargelegten – Höhe der Absicherungsgebühr differenzieren würde, ist nicht ersichtlich. Um eine „Festgeldanlage“ handelt es sich bei dieser Gebühr entgegen der Auffassung der Berufung ebenfalls nicht.
c) Auch die grundsätzlich zugunsten der Klägerin wirkende Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens hielte der Senat hier ggf. weiterhin für widerlegt.
(1) Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass die Klägerin ausweislich der unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts zur Kausalität in erster Instanz behauptet hat, sie habe Steuervorteile nicht irgendwie, sondern ausschließlich über die Erstellung von Filmen erreichen wollen (LGU S. 4).
Diesbezüglich fehlt es aber an einem Prospektfehler. Wie oben bereits dargestellt, sollte der streitgegenständliche Fonds als „Mehrfilmfonds“ an diversen Produktionsgesellschaften beteiligt sein, die ihrerseits an der Filmproduktion „mitwirken“ und hierfür einen Produktionsdienstleister beauftragen (vgl. Prospekt Anlage K 2, S. 2 und Schaubild S. 3; vgl. auch die unterschiedlichen Gesellschaftsverträge für den Fonds Prospekt S. 82 ff. und die einzelnen Produktionsgesellschaften S. 91 ff.). Das ist unstreitig geschehen, so dass die entsprechenden Erwartungen der Klägerin nicht enttäuscht wurden. Dass es ihr bei ihrer Anlageentscheidung auch auf die weiteren Zahlungsflüsse vom Produktionsdienstleister über den Lizenznehmer zur schuldübernehmenden Bank angekommen wäre, hat die Klägerin im Berufungsverfahren weiterhin nicht konkret behauptet.
(2) Daher kann dahinstehen, ob auch hier – wie schon im Verfahren 19 U 2376/15 betreffend die Anlage der Klägerin im Fonds . – die grundsätzlich zugunsten der Klägerin wirkende Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens aufgrund ihrer Parteieinvernahme vor dem 17. Zivilsenats des OLG München als widerlegt anzusehen wäre (vgl. Urteil vom 15.06.2015, Gz. 17 U 2100/14).
Denn im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin in ihrem weiteren Schriftsatz vom 24.08.2016 ihre erneute Parteieinvernahme zur Frage der Kausalität beantragt. Da das Landgericht auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt nicht hingewiesen hat, wäre dem wohl nachzukommen gewesen. Die von einer Partei beantragte Verwertung einer Zeugenaussage aus einem anderen Verfahren im Wege des Urkundenbeweises bedarf zwar nicht der Zustimmung des Gegners; diesem ist aber freigestellt, die Vernehmung des Zeugen vor dem Prozessgericht zu beantragen (BGH, Beschluss vom 12. April 2011 – VI ZB 31/10; BGH vom 30. November 2011, Gz. III ZR 45/11 Rz. 4 f.).
Da sich die Berufung aber bereits aus anderen Gründen als zurückweisungsreif erweist (s.o.), sieht der Senat von einer Parteieinvernahme der Klägerin ab.
d) Wie ebenfalls bereits im Hinweis dargelegt, sind die hinsichtlich des Darlehens zur obligatorischen Fremdfinanzierung klägerseits unter 2. gestellten Feststellungs- und Freistellungsansprüche darüber hinaus mangels Feststellungsinteresse unzulässig. Die Beklagten haben dazu unwidersprochen vorgetragen, dass das entsprechende Darlehen bereits seit 2012 zurückgezahlt und abgeschlossen sei; sie berühmen sich also diesbezüglich keiner Ansprüche mehr (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 17.0 7. 02012 – XI ZR 198/11).
Ebenfalls unzulässig ist der in dem Antrag zu 3. gestellte Feststellungsantrag über den Ersatz weiterer Schäden. Eine solche Feststellungsklage setzt zwar nicht voraus, dass ein weiterer Schadenseintritt bereits feststeht; es reicht vielmehr aus, dass die Entstehung eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden weiteren Schadens wahrscheinlich ist. Neben dem allgemein auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten Klageantrag kann dabei auch ein rechtliches Interesse auch für einen auf Ersatz einer bestimmten Schadensposition gerichteten speziellen Feststellungsantrag bestehen (vgl. z. B. Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl. 2009, § 265 Rnr. 14; BGH NJW 1999, 3774). Der klägerseits hier „insbesondere“ begehrte Ersatz von Steuernachzahlungen ist jedoch im Rahmen des negativen Interesses nicht möglich, und die ernsthafte Möglichkeit, dass hier noch Nachzahlungszinsen anfallen könnten, wurde klägerseits trotz Hinweis nicht dargelegt.
Da die Klage aber, wie oben ausgeführt, in der Sache abweisungsreif ist, erfolgt auch bei fehlendem Feststellungsinteresse die Abweisung der Klage als unbegründet, weil die Klageabweisung durch Prozessurteil dann sinnwidrig wäre (z. B. BGH, Urteil vom 18.2.2016 – III ZR 126/15, Rz. 51).
e) Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO liegen vor. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, da es sich um eine Einzelfallentscheidung mit Bedeutung nur im Verhältnis der Prozessparteien handelt, noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Eine revisionsrechtlich bedeutsame Divergenz liegt bei unterschiedlicher tatrichterlicher Würdigung eines vergleichbaren oder identischen Sachverhalts durch verschiedene Obergerichte nicht vor; den Entscheidungen müssen vielmehr sich widersprechende abstrakte Rechtssätze zugrunde liegen (BGH, WM 2003, 2278 f.; BGH, WM 2007, 2198 f.).
Daran fehlt es hier. Die klägerseits vorgelegten Entscheidungen des 5. Zivilsenats des OLG München in angeblichen „Parallelfällen“ betreffen andere Fonds und sind schon deshalb nicht geeignet, eine rechtlich relevante Divergenz zu begründen. Ob die Klägerin in diesen Verfahren betreffend diese Fonds einen „Geldkreislauf“ schlüssig dargestellt hat und welchen „Eindruck“ die dortigen Prospekte insoweit vermittelt haben, ist für die vorliegende Einzelfallentscheidung über einen anderen Fonds ohne Belang.
Im Übrigen würde selbst der Umstand, dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung geben. Dies gilt selbst dann, wenn es sich zwar um eine große Anzahl denselben Fonds betreffende Einzelverfahren handelt, es aber wie hier nicht ersichtlich ist, dass deren tatsächliches oder wirtschaftliches Gewicht Allgemeininteressen in besonderem Maße berührt (BGH, Beschluss vom 23. September 2014, Gz. II ZR 320/13, Rz. 12 f.).
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens ergibt sich aus dem im Berufungsverfahren geltend gemachten Hauptsachebetrag (ohne entgangenem Gewinn) von 140.342.- € (BGH vom 08.05.2012, Gz. XI ZR 261/10), dem im Antrag bezifferten Nennbetrag des Darlehens von 182.000.- €, von dem freigestellt werden soll, zzgl. 10% der Einlage für den Feststellungsantrag (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2010, Gz. XI ZR 185/10). Der Feststellung des Annahmeverzuges kommt im Falle einer Zug-um-Zug-Verurteilung kein eigener wirtschaftlicher Wert zu (vgl. Beschluss des BGH vom 06.07.2010, Gz. XI ZB 40/09, Rz. 13 ff.). Dass sich die Beklagte aus dem Darlehen keiner Ansprüche mehr berühmt (s.o.), ändert an dem klägerseits geltend gemachten Interesse an der beantragten Feststellung nichts.


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