Bankrecht

Anforderungen an die Widerrufsbelehrung in einem Darlehensvertrag

Aktenzeichen  1 U 161/15

Datum:
4.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 121092
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 355 Abs. 2 S. 1, § 358
BGB-InfoV aF § 14 Abs. 1

 

Leitsatz

In einem Darlehensvertrag stellt eine vorsorgliche, inhaltlich zutreffende Belehrung über Voraussetzungen und Folgen eines verbundenen Geschäfts keinen unzulässigen Zusatz dar, auch wenn im konkreten Falle kein verbundenes Geschäft vorliegt. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

22 O 1108/15 2015-11-03 Endurteil LGWUERZBURG LG Würzburg

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 03.11.2015, Aktenzeichen 22 O 1108/15, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Endurteil des Landgerichts Würzburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kannn die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 287.203,55 € festgesetzt.

Gründe

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 03.11.2015 Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zu erkennen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, die Bewilligung für die Löschung der in der Abteilung III, des beim Amtsgericht Würzburg geführten Grundbuches von A., Band xx, Blatt zzzz, eingetragenen Grundschulden ohne Brief
a. lfd. Nr. 3, in Höhe von EUR 189.177,99 (= 370.000,00 Dm) mit 18% Zinsen jährlich; gem. Bewilligung vom 24.09.1993 eingetragen am 05.10.1993;
b. lfd. Nr. 4, in Höhe von EUR 25.564,59 (= 50.000,00 Dm) mit 18% Zinsen jährlich, gem. Bewilligung vom 26.02.1998 (UR-Nr. …/98 des Notars Dr. L., eingetragen am 09.02.1998, in öffentlich beglaubigter Form zu erteilen Zug um Zug gegen die Zahlung von 144.901,50.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zahlung gemäß Antrag zu 1) in Annahmeverzug befindet.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen den Kläger jedenfalls über den im Antrag zu 1) genannten Betrag von EUR 144.901,50 hinaus keine weiteren Forderungen aus dem Dar lehensvertrag mit der Nummer 0001 (Anlage K1) zustehen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 3.6667,64 zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger alle von diesem nach Rechtshängigkeit mit Blick auf den Darlehensvertrag mit der Nummer 0001 (Anlage K1) noch gezahlten Beträge zu erstatten hat.
6. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger alle weiteren Schäden zu ersetzen hat, die daraus resultieren, dass die Beklagte die Abgabe der Löschungsbewilligung der im An trag zu 1) bezeichneten Grundschuld verweigert hat.
7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere EUR 3.006,42 als Kosten der außerge richtlichen Rechtsverfolgung zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Zur Darstellung der Angriffe des Klägers im Berufungsverfahren wird vollumfänglich Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom18.02.2016 (Bl. 133-145 d.A.).
Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 03.11.2015, Aktenzeichen 22 O 1108/15, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen.
1. Der Senat hält daran fest, dass die vorliegende Fallgestaltung nicht mit der Konstellation vergleichbar ist, die der Entscheidung des Bundesgerichts vom 10.03.2009 (Az.: XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123) zugrunde lag. Dort lautete die Widerrufsbelehrung im maßgeblichen Satz: „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde.“ Aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen sei, könne die Belehrung die unzutreffende Vorstellung hervorrufen, die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in der (für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs maßgeblichen) Fassung vom 23.07.2002 beginne unabhängig von einer Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten nebst Widerrufsbelehrung (vgl. BGH a.a.O. unter II 2 b bb).
Diese unzutreffende Vorstellung kann die vorliegend streitgegenständliche Widerrufsbelehrung aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden nicht hervorrufen. Die Formulierung des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB in der (vorliegend maßgeblichen) Fassung vom 02.12.2004 (im Folgenden: a.F.) „der schriftliche Antrag des Verbrauchers“ wird in der Widerrufsbelehrung mit „Ihr schriftlicher Antrag“ wiedergegeben. Aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden kann die streitgegenständliche Belehrung daher nicht die unzutreffende Vorstellung hervorrufen, die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. beginne unabhängig von einer Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten nebst Widerrufsbelehrung.
Die danach aufgeführte Alternative („oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags“) entspricht wortwörtlich dem Gesetzeswortlaut des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. und birgt keine Gefahr von Missverständnissen: Dem unbefangenen durchschnittlichen Verbraucher ist klar, dass damit Abschriften der Vertragsunterlagen („Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Antrag“) gemeint sind.
2. Der Senat hält auch daran fest, dass die vorliegende Widerrufsbelehrung nicht wegen des Einschubs über finanzierte Geschäfte unwirksam ist.
Es kommt nicht darauf an, ob sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF berufen kann. Ob eine ordnungsgemäße Belehrung vorliegt, richtet sich nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. Die Belehrung muss inhaltlich richtig sein (Palandt § 355 Rn. 12, 68. Aufl. 2009). Sie muss ferner deutlich gestaltet sein. Sie muss sich durch Farbe, größere Lettern, Sperrschrift oder Fettdruck in nicht zu übersehender Weise aus dem übrigen Text herausheben (Palandt aaO, Rn. 14 m.w.N.). Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen oder verwirrende oder ablenkende Zusätze enthalten (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 -XI ZR 156/08, juris-Tz. 24). Auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF kann sich der Unternehmer dann berufen, wenn er das richtig ausgefüllte Muster der Anlage zu BGB-Info verwendet.
Nach diesen Maßstäben liegt im Streitfall keine inhaltlich unrichtige Belehrung vor. Die Belehrung geht nicht davon aus, dass im streitgegenständlichen Fall tatsächlich ein verbundenes Geschäft vorliegt, und ist mithin jedenfalls inhaltlich nicht unrichtig. Eine vorsorgliche, inhaltlich zutreffende Belehrung über Voraussetzungen und Folgen eines verbundenen Geschäfts stellt nach Ansicht des Senats keinen unzulässigen Zusatz in diesem Sinne dar, auch wenn im konkreten Falle kein verbundenes Geschäft vorliegt (vgl. OLG München, Az. 19 U 4883/14). Dem Deutlichkeitsgebot ist durch die drucktechnische Hervorhebung der Überschriften ebenfalls Genüge getan. Dass der Verbraucher selbst prüfen muss, ob diese Ausführungen für ihn gelten, ist unschädlich, solange sie -wie vorliegend – so transparent sind, dass die Gefahr eines Irrtums über den Umfang und die Folgen des Widerrufsrechts nicht besteht. Dass es dem durchschnittlichen Verbraucher auf der Grundlage der Hinweise oftmals nicht ohne weiteres möglich ist, zu entscheiden, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht, ist auf die komplizierte Rechtslage und nicht etwa auf Unklarheiten der Belehrung zurückzuführen ( so auch OLG München Urteil vom 09.11.2015, – 19 U 4833/14). Da eine Widerrufsbelehrung unrichtig ist, wenn sie bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts nicht über dessen Rechtsfolgen belehrt (so BGH Urteil vom 15.12.2009 – XI ZR 45/09, juris – Tz. 12f), muss es einem Kreditinstitut möglich sein, die entsprechende Belehrung – wie in der Musterbelehrung vorgesehen – vorsorglich für den Fall vorzunehmen, dass ein verbundenes Geschäft vorliegt, ohne dass dies einen „verwirrenden oder ablenkenden Zusatz“ darstellt (so auch OLG München, Urteil vom 09.11.2015, – 19 U 4833/14).
3. Der Senat hält auch daran fest, der Fußnote 2 „nicht für Fernabsatzgeschäfte“ kein Irreführungspotential zukommt. Insoweit wird auf den Hinweisbeschluss verwiesen.
4. Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
Die Zulassung der Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, da die vorliegende Entscheidung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung von Widerrufsbelehrungen sowie zur Wahrung des Deutlichkeitsgebots bei der Belehrung über finanzierte Geschäfte entspricht. Ein Widerspruch zu den Entscheidungen des OLG Naumburg, Az. 5 U 59/15, Brandenburgisches OLG, Az. 4 U 64/12, KG, Az. 24 U 169/13) besteht schon deshalb nicht, weil dort nur die Berufung auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV aF wegen inhaltlicher Abweichung zur Musterbelehrung behandelt wurde, ohne einen Belehrungsfehler i.S.v. § 355 Abs. 2 a.F. BGB festzustellen. Die Entscheidung des LG Wuppertal, Az. 5 O 388/1, begründet keinen Fall von Divergenz (dazu BGH NJW 03, 1943).
Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen, wirft der Fall nicht auf. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, zumal sie längst außer Kraft getretenes Recht wie §§ 355, 358 BGB a. F oder die BGB-Info-V betrifft. Der Klärungsbedarf entfällt, wenn einer Rechtsfrage wegen einer Rechtsänderung für die Zukunft keine Bedeutung mehr zukommt (BVerfG, Beschluss vom 4.11.2008 – 1 BvR 2587/06, Tz. 19). Klärungsbedürftig sind zudem nur solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (BVerfG, Beschluss vom 4.11.2008 – 1 BvR 2587/06, RdNr. 19). Dies ist für den vorliegenden Fall zu verneinen, da sich die Entscheidung des Senats an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert. Soweit die Parteien über die Subsumtion von Tatsachen im Einzelfall streiten, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Revision.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des §§ 45, 47 GKG, § 3 ZPO bestimmt.


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