Bankrecht

Anspruch auf Erstattung gewinnunabhängiger Ausschüttungen in der Insolvenz der Kommanditgesellschaft

Aktenzeichen  11 O 7049/17

Datum:
17.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 599
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
HGB § 128, § 129 Abs. 1, § 161 Abs. 2, § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4
GVG § 13, § 17a Abs. 3
ZPO § 12, § 22
InsO § 38

 

Leitsatz

Für die Pflicht eines Kommanditisten, in der Insolvenz der Gesellschaft gewinnunabhängige Ausschüttungen zu erstatten, kommt es nicht darauf an, ob er einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf diese Ausschüttungen hatte. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30.000,- Euro, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5% für den Zeitraum 15.07.2015 bis 07.06.2017 und in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.06.2017 zu bezahlen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Es ergeht folgender Beschluss
Der Streitwert wird auf 30.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.
A.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der ordentliche Rechtsweg eröffnet und das Landgericht München I örtlich zuständig.
I. Der ordentliche Rechtsweg ist gegeben.
Nach § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte u.a. die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist, oder aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind. Eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit liegt vor. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter in Prozessstandschaft von Gläubigern der Insolvenzschuldnerin, Ansprüche gegen den Beklagten als Gesellschafter geltend. Die Anspruchsgrundlagen ergeben sich aus dem HGB und der Insolvenzordnung. Schwerpunkt der Streitigkeit liegt deshalb im bürgerlichen Recht, auch wenn Gegenstand der Forderung eine bereits gegenüber der Gesellschaft rechtskräftig festgestellte Steuerforderung ist.
Nicht erforderlich war über die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs vorab zu entscheiden (§ 17a Abs. 3 GVG). Nach § 282 Abs. 3 Satz 2 ZPO sind Rügen, die Zulässigkeit der Klage betreffend, bereits während der Klageerwiderungsfrist vorzubringen, wenn dem Beklagten vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt wurde. Das war hier der Fall. Der Beklagte hat den ordentlichen Rechtsweg aber nicht bereits in der Klageerwiderung gerügt, sondern erst erstmals im Schriftsatz vom 17.11.2017 (Bl. 62 d. A.). Eine Vorabentscheidung entspräche hier nicht pflichtgemäßem Ermessen, weil der Rechtsstreit insgesamt zur Entscheidung reif ist.
II. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I folgt aus § 12 ZPO. § 22 ZPO begründet keinen ausschließlichen anderweitigen Gerichtsstand. Im übrigen hat der Beklagte die örtliche Zuständigkeit auch nicht innerhalb der Klageerwiderungsfrist gerügt, sondern erstmals mit Schriftsatz vom 17.11.2017 (Bl. 62 d.A.).
B.
Die zulässige Klage ist begründet.
I. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 30.000,- Euro aus § 171 Abs. 1, Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 172 Abs. 4 HGB in Verbindung mit § 178 Abs. 3 Insolvenzordnung, §§ 161 Abs, 2,129 Abs. 1 HGB.
1. Unstreitig hat der Beklagte die vom Kläger dargestellten Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 80.000,- Euro erhalten, obwohl die Insolvenzschuldnerin ständig im Verlustbereich agiert hat. Die Zahlungen an den Beklagten stellen sich damit wie Rückzahlungen der Einlage dar, § 172 Abs. 4 HGB.
Darauf, ob der Beklagte im Innenverhältnis zur Gemeinschuldnerin einen Anspruch auf Ausschüttung hatte, kommt es nicht an. Andernfalls könnten durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag die Haftungsbestimmüngen des § 172 HGB ausgehöhlt werden.
Von den erhaltenen 80.000,- Euro hat der Beklagte bislang unstreitig nur 50.000,-Euro zurückbezahlt.
2. Die Forderung der Stadt Haren (Ems) unter der lfd. Nr. § 38-29 ist zur Insolvenztabelle festgestellt. Nach § 178 Abs. 3 Insolvenzordnung wirken festgestellte Forderungen wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.
Über §§ 161 Abs. 2, 129 Abs. 1 HGB wirkt die Feststellung zur Tabelle auch gegenüber dem Beklagten. Der kann deshalb gegenüber dem Kläger nur Einwendungen geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können. Aufgrund der Feststellung zur Tabelle kann die Gesellschaft gegenüber der Gewerbesteuerforderung der Stadt Haren jedoch keine Einwendungen geltend machen.
Zwar ist der Beklagte im Insolvenzverfahren nicht Beteiligter, und hat als solcher dort kein rechtliches Gehör erhalten, jedoch hat der Beklagte auch hier nichts vorgetragen, was eine Feststellung der hier geltend gemachten Forderung der Stadt Haren zur Tabelle gehindert hätte. Der Beklagte erklärte sich mit Nichtwissen zu den angemeldeten Forderungen und bestritt, dass die Forderung überhaupt nach § 38 Insolvenzordnung angemeldet wurde. Dass dem so war, ist zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, durch die als Anlage K19 vorgelegte Forderungsanmeldung der Stadt Haren (Ems) vom 08.01.2015. Auch im übrigen hat sich der Beklagte nicht mit der vorgelegten Anlage K19 konkret auseinander gesetzt und vorgetragen, was in der Anmeldung falsch sein soll. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob die Anlage K119 die Vorlage der vollständigen Anmeldung darstellt, oder ob ggf. noch eine Seite fehlt. Ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen hätte dem Beklagten auch bei einer Beteiligung im Insolvenzverfahren nicht genützt, so dass es ihm auch jetzt nicht weiterhilft.
3. Die eingeklagte Summe wird auch zur Befriedigung der Gläubiger benötigt.
Zwar bestreitet der Beklagte das, ohne das aber näher zu begründen.
Dass Forderungen in einer Gesamthöhe von 6.002.952,88 Euro festgestellt sind, ist durch Vorlage der Anlage K18 nachgewiesen und für sich genommen zwischen den Parteien auch unstreitig. Da das Schiff bereits vor Insolvenzeröffnung verwertet wurde, ist auch kein Verkaufserlös für das Schiff in Abzug zu bringen. Der Kläger hat auch unbestritten vorgetragen, was insgesamt an die Kommanditisten ausgeschüttet wurde, und wie sich die Kapitalkonten entwickelten (Bl. 8ff. d.A.). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den eingeklagten Betrag vom Beklagten nicht benötigt, bestehen deshalb nicht.
4. Verjährung ist nicht eingetreten.
Nach § 159 Abs. 1 HGB verjähren die Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft in fünf Jahren nach der Auflösung der Gesellschaft. Stellt man hier auf den Eröffnungsbeschluss für das Insolvenzverfahren ab, so datiert der vom 21.03.2014, so dass Verjährung nicht eingetreten ist.
II. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 111, 352 HGB, sowie §§ 286, 288 BGB.
Der Beklagte war mit Schreiben vom 08.06.2015 (Anlage K20) zur Zahlung aufgefordert worden.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
C.
Der Streitwert war nach § 63 Abs. 2 GKG endgültig festzusetzen und zwar gemäß § 48 Abs. 1 GKG, §§ 3, 4 ZPO in Höhe der Klageforderung.


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