Bankrecht

Anwendung des absoluten Verzögerungsbegriffs bei Prospekthaftung

Aktenzeichen  5 U 1353/16

Datum:
8.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 19867
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 251, § 311 Abs. 2, § 823 Abs. 2, § 826
StGB § 263, § 264a
ZPO § 141, § 252 S. 2, § 287, § 296

 

Leitsatz

1. Der Prospekt eines geschlossenen Immobilienfonds ist widersprüchlich, wenn er einerseits darauf hinweist, dass sämtliche Genehmigungen für das geplante Projekt vorlägen, und andererseits darauf, dass die Gefahr bestehe, dass wegen nicht erteilter Genehmigungen Sonderflächen nicht übernommen werden könnten. (amtlicher Leitsatz)
2. Sind nach dem Inhalt des entsprechenden Prospekts mehr Stellplätze vermietet, als laut dessen Inhalt konkret geplant, ist dies von der Treuhänderin oder der die Beteiligung veräußernden Bank zu hinterfragen. (amtlicher Leitsatz)
3. Prospekthaftung im weiteren Sinne setzt voraus, dass der in Anspruch genommene Initiator selbst das persönliche und nicht nur das anonymisierte (Prospekt-)Vertrauen des Anlegers in Anspruch nimmt. (amtlicher Leitsatz)
4. Prospekthaftung im deliktischen Sinne setzt Darlegung und ggf. Nachweis der subjektiven Tatseite durch den Anleger voraus. (amtlicher Leitsatz)
5. Ein Fondsanleger kann nicht allein aufgrund der Behauptung, sein Geld wäre sicher nicht ungenutzt geblieben, entgangene Zinsen auf den Anlagebetrag beanspruchen. (amtlicher Leitsatz)
6. In Massenverfahren, in denen die Beklagten bekanntermaßen ihre Ersatzpflichten bestreiten, muss dargelegt werden, warum im jeweiligen Einzelfall die vorgerichtliche Beauftragung der massenhaft tätigen Klägervertreter erfolgversprechend war. (amtlicher Leitsatz)

Verfahrensgang

3 O 6119/15 2016-02-19 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 19.02.2016, Az. 3 O 6119/15, wird abgeändert und wie folgt neugefasst:
2. Die Beklagten zu 1) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 7.048,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 8.394,83 € vom 5.12.2014 bis zum 7.9 .2015,
aus 7.508,19 € vom 8.9.2015 bis zum 23.12.2015 und
aus 7.048,13 € seit 24.12.2015
Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte der Klägerin aus dem Treuhandvertrag betreffend deren Beteiligung an der H. L. Wachstumswerte Europa III GmbH & Co. KG, mit der Anteilsnummer 2236 zu zahlen.
3. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die Klägerin von einer Haftung gemäß § 14 des Treuhand- und Beteiligungsverwaltungsvertrags über die Beteiligung der Klägerin an der H. L. Wachstumswerte Europa III GmbH & Co. KG, Anteilsnummer 1827, gegenüber der H.-L. Treuhand-Vermögensverwaltung GmbH freizustellen.
4. Es wird festgestellt, dass der Beklagten zu 3) aus § 14 der beiden zwischen ihr und der Klägerin bestehenden Treuhandverträge betreffend die Beteiligungen der Klägerin an der H. L. Wachstumswerte Europa III GmbH & Co. KG mit den Anteilsnummer 1827 keine Ansprüche zustehen.
5. Im Übrigen wird die Klage ab- und die Berufungen zurückgewiesen.
6. Von den Gerichtskosten beider Instanzen tragen die Klägerin 48% und die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner 52%. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) in beiden Instanzen. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen tragen die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner 52%. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 3) trägt der Kläger jeweils 20%. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Vollstreckung aus dem in Ziff. 1 genannten landgerichtlichen Urteil, soweit es aufrechterhalten wurde, ist ohne Sicherheitsleistung zulässig.
8. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 8.000 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagten als Initiatorin, Anbieterin, Eigen- und Fremdkapitalvermittlerin (Beklagte zu 2) bzw. als Treuhänderin und Gründungsgesellschafterin (Beklagte zu 3) der H. L. Wachstumswerte Europa III GmbH & Co. Beteiligungs KG dem diese Beteiligung zeichnenden Kläger unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne zum Schadensersatz verpflichtet sind. Die Beklagte zu 1) soll der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des mit ihr geschlossenen Anlageberatungsvertrags einstehen.
Die Klägerin beteiligte sich mit Zeichnungsschein vom 15.1.2009 mit 10.000 € nebst 500 € Agio an der genannten Fondsgesellschaft. Sie hat in erster Instanz behauptet, der Prospekt weise diverse Fehler auf, auf die sie nicht hingewiesen worden sei. Außerdem habe die Beklagte zu 1) sie nicht über die von ihr erhaltene Provision aufgeklärt. Deshalb hätten ihr die Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Anlageberatungsvertrags, der Prospekthaftung im weiteren Sinne bzw. des Delikts einzustehen.
Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt:
1. Die Beklagten zu 1), zu 2) und 3) werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin einen Betrag von 8.276,87 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 5.12.2014 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit 05.12.2014 bis 6.9.2015 Zug-um-Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus dem Treuhandvertrag mit der H.-L. Treuhand-Vermögensverwaltung GmbH über die Beteiligung der Klägerin an der H. L. Wachstumswert Europa III GmbH & Co.KG, Anteilsnummer 1827, zu zahlen.
2. Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von einer Haftung gem. § 14 des Treuhand- und Beteiligungsvertrages über die Beteiligung der Klägerin an der H. L. Wachstumswert Europa III GmbH & Co.KG, Anteilsnummer 1827, gegenüber der H.-L. Treuhand Vermögensverwaltung GmbH freizustellen.
3. Die Beklagte zu 3) wird verurteilt, anzuerkennen, dass ihre gegen die Klägerin aus § 14 des zwischen ihr und der Klägerin bestehenden Treuhand- und Beteiligungsverwaltungsvertrages über die Beteiligung der Klägerin an der H. L. Wachstumswerte Europa III GmbH & Co.KG, Anteilsnummer 1827, keine Ansprüche zustehen können.
4. Die Beklagten zu 1), zu 2) und 3) werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.109,79 € zu zahlen.
Die Beklagten zu 2) und 3) haben einerseits die Einrede der Verjährung erhoben und andererseits den Standpunkt vertreten, der Prospekt sei vollständig und richtig. Die Beklagte zu 1) hat erstinstanzlich auf die Klage nicht erwidert.
Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) mit Endurteil vom 19.2.2015 abgewiesen, weil der Prospekt nicht fehlerhaft sei. Die Klägerin habe auch keinen Beweis dafür angeboten, dass ihr dieser zu spät übergeben worden sei, so dass sie diesen nicht mehr zur Kenntnis habe nehmen können. Die Beklagte zu 1) sei dagegen antragsgemäß zu verurteilen, weil sie die Klägerin nicht über die von ihr erhaltenen Rückvergütungen aufgeklärt habe. Gegen das Urteil haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte zu 1) Berufung eingelegt.
Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihr ursprüngliches Klagebegehren gegen die Beklagten zu 2) und 3) weiter und hat ihr Vorbringen zu dem Vorliegen diverser Prospektfehler vertieft. Ihr Schaden bestehe in dem bezahlten Zeichnungsbetrag nebst Agio abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen. Ferner hätten die Beklagten zu 2) und 3) ihren bei anderweitiger Anlage erzielbaren Gewinn zu ersetzen. Es seien ihre vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu erstatten, außerdem hätten die Beklagten zu 2) und 3) anzuerkennen, aus dem Treuhandvertrag keine Ansprüche mehr zu haben.
Die Klägerin beantragt unter Erklärung der Haupsacheerledigung im Übrigen:
1. Unter Abänderung des am 19.02.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az: 3 O 6119/15, werden die Beklagten zu 1), zu 2) und 3) als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 7.816,86 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 22.12.2015 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit 05.12.2014 bis 06.09.2015 aus 9.163,56 €, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit 07.12.2015 bis 21.12.2015 aus 8.276,87 €, Zug-um-Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus dem Treuhandvertrag mit der H.-L. Treuhand-Vermögensverwaltung GmbH über die Beteiligung der Klägerin an der H. L. Wachstumswert Europa III GmbH & Co.KG, Anteilsnummer 1827, zu zahlen.
2. Unter Abänderung des am 19.02.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az: 3 O 6119/15, werden die Beklagten zu 1), zu 2) als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von einer Haftung gem. § 14 des Treuhand- und Beteiligungsvertrages über die Beteiligung der Klägerin an der H. L. Wachstumswert Europa III GmbH & Co.KG, Anteilsnummer 1827, gegenüber der H.-L. Treuhand Vermögensverwaltung GmbH freizustellen.
3. Unter Abänderung des am 19.02.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az: 3 O 6119/15, wird die Beklagte zu 3) verurteilt, anzuerkennen, dass ihr gegen die Klägerin aus § 14 des zwischen ihr und der Klägerin bestehenden Treuhand- und Beteiligungsverwaltungsvertrages über die Beteiligung der Klägerin an der H.L. Wachstumswerte Europa III GmbH & Co.KG, Anteilsnummer 1827, keine Ansprüche zustehen können.
4. Unter Abänderung des am 19.02.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az: 3 O 6119/15, werden die Beklagten zu 1), zu 2) und 3) als Gesamtschuldner verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.109,79 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Hilfsweise beantragt die Klägerin:
1. Das am 07.03.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az: 28 O 3 O 6119/15, wird aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an das Landgericht München I zurückverwiesen.
Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die von der Klägerin gerügten Prospektfehler lägen nicht vor bzw. seien für die Anlageentscheidung nicht kausal gewesen. Die Beklagte zu 2) hafte schon deshalb nicht, weil zwischen ihr und dem Kläger mangels Prospektlektüre kein individuelles Vertrauensverhältnis bestanden habe. Die Beklagte zu 2) habe als Treuhänderin die gerügten Prospektfehler nicht erkennen können, abgesehen davon sei der Prospekt auch nicht Grundlage der Beteiligungsentscheidung gewesen, wie das Landgericht zutreffend festgestellt habe.
Die Beklagte zu 1) verfolgt mit ihrer Berufung das Ziel, dass die Klage gegen sie abgewiesen wird. In erster Linie sei das Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen, weil sie in erster Instanz nicht verhandelt habe, so dass nicht durch Endurteil hätte entschieden werden dürfen. Im Übrigen habe ihr Mitarbeiter Andre G. die Klägerin unter rechtzeitiger Übergabe des Prospekts ausreichend aufgeklärt.
Die Beklagte zu 1) beantragt zu erkennen:
Das Urteil des Landgerichts München I (3 O 6119/15) wird aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung des Verfahrens gegenüber der Beklagten zu 1) an das Landgericht München I zurückverwiesen.
Hilfsweise:
Das Urteil wird abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zu 1) zurückzuweisen.
Die Beratung durch den Zeugen G. habe erst am Zeichnungstag, dem 15.1.2009 stattgefunden. Im Übrigen wäre die Übergabe des Prospekts angesichts dessen Umfangs auch ein Woche vor Zeichnung nicht ausreichend gewesen.
Der Senat hat mit der Ladungsverfügung vom 28.6.2016 auf das Urteil vom 3.5.2016, 5 U (4)854/16 hingewiesen. Es sei davon auszugehen, dass der Prospektfehler „Stellplätze“ nicht aufgeklärt worden sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, das Ersturteil und die in Bezug genommene Ladungsverfügung verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2016 hat die Beklagte zu 1) die Einvernahme der trotz ihrer persönlichen Ladung nicht erschienenen Klägerin als Partei zum Beweis der Tatsache beantragt, dass sie die streitgegenständliche Anlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung über im Prospekt enthaltene Widersprüche hinsichtlich der Stellplätze gezeichnet hätte. Der Zeuge G. wurde vernommen. Wegen der Einzelheiten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2016 (Bl. 459/470) Bezug genommen.
II. Die Berufung der Klägerin gegen die Beklagte zu 3) hat im Wesentlichen Erfolg. Denn diese haftet der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne, weil sie als Gründungs- und Treuhandkommanditistin nicht darauf hingewiesen hat, dass der Prospekt im Hinblick auf die Genehmigung der Sonderflächen Widersprüche aufweist. Dagegen fehlt es für eine Haftung der Beklagten zu 2) an einer Anspruchsgrundlage.
1. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist seit langem geklärt, dass den Treuhandkommanditisten, der bei dem Zustandekommen des Beitritts von Kapitalanlegern persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt, die Pflicht trifft, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind. Das gilt nach ständiger Rechtsprechung auch dann, wenn die Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft unter Verwendung von Prospekten angebahnt wird. Da sich die Beitritte der Klägerin in der Weise vollzogen, dass sie mit der Beklagten zu 3) einen Treuhandvertrag schloss und diese nach § 1 Abs.1 des Treuhandvertrags bevollmächtigt war, den Beitritt der Klägerin zur Fondsgesellschaft als Treugeber zu bewirken, ging es im Rahmen der Anbahnung dieses Treuhandverhältnisses um eine eigene Pflicht der Beklagten zu 3) und zwar unabhängig von der Verpflichtung der für den Vertrieb eingeschalteten Beklagten zu 1), unrichtige Prospektangaben von sich aus richtig zu stellen. Dies gilt im vorliegenden Fall schon deshalb, weil sich die – hingewiesenen – Prospektfehler schon aus dessen Lektüre ergaben (vgl. etwa BGH, Urt. V. 13.07.2006, III ZR 361/04 Rn. 9).
a. Auf S.37 des Prospekts heißt es, dass zum Zeitpunkt der Prospekterstellung, „sämtliche zur Erreichung der Anlageziele und Anlagepolitik erforderlichen behördlichen Genehmigungen“ vorlägen. Dies war tatsächlich für die prospektierten Stellplätze (S.55, rd. 600 Stellplätze, rd. 50 Außenstellplätze) nicht der Fall, weil nur 566 Innenstellplätze und überhaupt keine Außenstellplätze genehmigt waren. Außerdem waren nach den Angaben S.120 ff bereits 760 Innen- und 58 Außenstellplätze vermietet. Insoweit hätte klargestellt werden müssen, dass für die vermieteten Plätze nur teilweise Genehmigungen vorlagen, auch wenn auf S.20 darauf hingewiesen wird, dass die Gefahr bestehe, dass wegen nicht erteilter Genehmigungen Sonderflächen nicht übernommen werden könnten. Damit ist der Prospekt widersprüchlich, weil er einerseits aussagt, dass sämtliche zur Erreichung der Anlageziele und Anlagepolitik erforderlichen behördlichen Genehmigungen vorlägen, andererseits aber auch zum Ausdruck bringt, dass die Gefahr bestehe, dass wegen nicht erteilter Genehmigungen Sonderflächen nicht übernommen werden könnten. Letztere Gefahr konnte aber nur bestehen, wenn nicht „sämtliche …. Genehmigungen“ vorlagen. Dies ist entgegen der Auffassung der Beklagten ein Prospektfehler, selbst wenn das Investitionsvolumen über 400 Mio € gelegen hat und die Anleger auf S.20 ff des Prospekts auf verschiedene Risiken hingewiesen wurden, weil der Prospekt den den Tatsachen nicht entsprechenden Eindruck vermittelt, als lägen sämtliche erforderlichen Genehmigungen vor, was aber tatsächlich nicht der Fall war. Deshalb kommt es auch nicht drauf an, ob zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe davon ausgegangen werden konnte, dass die fehlenden Genehmigungen noch erteilt werden würden. Wäre die Beklagte den aufgezeigten Widersprüchen ihren Pflichten als Treuhänderin entsprechend nachgegangen, hätte sie obenstehende Umstände ermittelt und unabhängig davon, ob der Prospekt bei der Beratung Verwendung gefunden hat oder nicht, die Klägerin auf den gravierenden Umstand hinweisen müssen, dass weder für alle errichteten, geschweige denn für die vermieteten Stellplätze, Genehmigungen vorlagen.
b. Die Beklagte zu 3) hat die für die Klägerin sprechende Kausalitätsvermutung nicht widerlegt. Der in der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2016 vernommene Zeuge G. hat ausgesagt, dass er die Klägerin ausführlich anhand des Prospekts über das Projekt informiert habe; die entsprechenden Einzelheiten habe die Klägerin aufgenommen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2016, S.5). Dass die Klägerin an Einzelheiten nicht interessiert gewesen wäre und folglich – möglicherweise – trotz entsprechender Aufklärung über die Stellplatzsituation die Anlage gezeichnet hätte, lässt sich daraus keinesfalls ableiten. Dies gilt auch für den Umstand, dass die Klägerin trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens zum Termin nicht erschienen ist. Auch wenn das diesbezüglich vorgelegte Attest (hinter Bl.458) wegen seines dürftigen Inhalts kaum geeignet ist, deren Verhandlungs- bzw. Reiseunfähigkeit zu belegen, können aus dem Umstand, dass die Klägerin unter Vorlage eines Attests zum Termin nicht erschienen ist, keine Schlüsse zu ihren Lasten gezogen werden. Weitere Beweisanträge wurden seitens der Beklagten zu 3) nicht gestellt.
2. Die Beklagte zu 3) hat damit die Klägerin so zu stellen, als sei sie die Beteiligungen nicht eingegangen (BGH, Beschluss vom 14.07.2008, II ZR 222/07).
a. Deshalb hat sie jeweils den Zeichnungsbetrag nebst Agio an die Klägerin zurückzuzahlen, abzuziehen sind allerdings die erhaltenen Ausschüttungen. Damit ergibt sich folgende Berechnung: Beteiligungsbetrag 10.500 € inklusive Agio. Auf diesen sind mittlerweile ausweislich der Aufstellung der Klägerin in der Klageschrift S.23 2.105,17 € sowie gemäß Schriftsatz vom 23.11.2015 S.1 weitere 886,69 € und gemäß der Berufungsbegründung weitere 460,01 € an Ausschüttungen erfolgt, so dass ein Hauptforderung von 7.048,13 € verbleibt.
b. Zu berücksichtigen ist nicht zusätzlich, dass der Klägerin aufgrund ihrer Geldanlage Gewinn entgangen wäre. Dafür, dass und in welcher Höhe ihr durch den fehlerhaften Prospekt bzw. die unterlassene Aufklärung durch die Beklagte Gewinn entgangen ist, ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig. § 252 S.2 BGB enthält lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung. Die Klägerin kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 S.2 BGB geregelte Vermutung eingreift. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung der Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand ihres Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage sie sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte. Hier verweist die Klägerin zwar darauf, dass „Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibe“ (Klageschrift S.25). Allerdings lässt sich angesichts der hier konkret getroffenen Entscheidung, in einen geschlossenen Immobilienfonds zu investieren, schon nicht sicher sagen, wie (genau) die Klägerin investiert hätte, noch ob sie mit einer solchen Anlage Gewinn erzielt hätte. Dies ist, wenn auch die Mehrzahl der geschlossenen Beteiligungen Gewinn erzielen mag, offen. Die alternative Anlage in einem Festgeldkonto hat die Klägerin nicht einmal behauptet. Daher ist auch keine Schadensschätzung mit der Klägerin günstigen Unterstellungen veranlasst, die jedenfalls nach Angaben des Zeugen G. auch anderweitig in Fonds angelegt hat (Sitzungsniederschrift 8.11.2016, S.5; vgl. dazu Urt. des BGH v. 24.4.2012, XI ZR 360/11 Rn.11-18).
c. Da sich die Beklagte zu 3) seit Ablauf der in den Mahnschreiben vom 26.11.2014 gesetzten First in Verzug befindet, hat sie aus den jeweils noch offenen Forderungen der Klägerin Verzugszins zu zahlen.
d. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten stehen der Klägerin nicht zu. Sie hat zwar vortragen lassen, dass sie als Nebenforderung die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend mache. Es habe ihr freigestanden, zunächst den Versuch zu unternehmen, sich mit der Beklagten gütlich zu einigen. Allerdings hat ein Schädiger nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur jene durch das Schadensereignis verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Ist der Schädiger – wie hier – bekanntermaßen zahlungsunwillig und erscheint der Versuch einer außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung auch nicht aus sonstigen Gründen erfolgversprechend, sind die dadurch verursachten Kosten nicht zweckmäßig und auch nicht zu ersetzen (vgl. z. B. Urteil v. 28.5.2013, XI ZR 148/11 Rn.35). Warum gerade im Falle der Klägerin der Versuch einer außergerichtlichen Streitbeilegung erfolgversprechend gewesen wäre, legen auch die gerichtsbekanntermaßen in einer Vielzahl von Parallelfällen tätigen Klägervertreter nicht dar. In diesem Nebenpunkt war ein Hinweis nicht veranlasst (Thomas/Putzo-Reichold, 37.Aufl. 2016, Rn. 24 zu § 139 ZPO).
e. Zusätzlich war antragsgemäß festzustellen, dass der Beklagten zu 3) aus § 14 der Treuhandverträge keine Ansprüche zustehen.
3. Die Berufung der Klägerin bleibt in Richtung gegen die Beklagte zu 2) ohne Erfolg.
a. Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinn sind verjährt.
b. Ansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Anknüpfungspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne ist nicht die Verantwortlichkeit für einen fehlerhaften Prospekt, sondern eine selbstständige Aufklärungspflicht als Vertragspartner oder Sachwalter aufgrund persönlich in Anspruch genommenen – nicht nur typisierten – besonderen Vertrauens (BGH, Urt. v. 22.10.2015, III ZR 264/14 Rn.15). Eine Haftung wegen Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens würde daher voraussetzen, dass die Beklagte zu 2) entweder an den Vertragsverhandlungen selbst beteiligt gewesen oder im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit einem Anspruch auf Vertrauen hervorgetreten wäre. Hierfür genügen die positiven Ausführungen zugunsten der Beklagten zu 2) allein im Prospekt gerade nicht (BGH, Urteil vom 4.5.2004 – XI ZR 41/03 (dort unter 2b) m. w. N.). Hinzukommt, dass die Klägerin nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen den Prospekt vor der Zeichnung nicht einmal erhalten haben will. Soweit der Zeuge G. in seiner Aussage vor dem Senat in der mündlichen Verhandlung Gegenteiliges bekundet hat (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2016, S.5), folgt daraus – selbst unter der Annahme, dass die Klägerin sich die Aussage des Zeugen hilfsweise zu eigen macht – noch nicht, dass sie diesen auch gelesen hat; der Zeuge G. konnte hierüber keine Angaben machen. Dass die Beklagte zu 2) über die Ausführungen auf S. 18/19 des Prospekts im Rahmen der Verhandlungen mit der Klägerin hinaus auf irgendeine Art hervorgetreten wäre, wird weder von der Klägerin behauptet noch ist es sonst ersichtlich. Insbesondere genügt auch nicht, dass der Zeuge G. nach eigenen Angaben gegenüber der Klägerin die Beklagte zu 2) als „erfahrene Fondsgesellschaft“ (Protokoll vom 8.11.2016, S.6) bezeichnet hat. Eine solche allgemeine Werbeaussage eines Dritten ist nicht geeignet, persönliches Vertrauen zu begründen. Denn dadurch hat die Beklagte zu 2) nicht in persona besonderes Vertrauen der anlegenden Klägerin in Anspruch genommen.
c. Es mag sein, dass für die von der Klägerin hinsichtlich der deliktischen Haftung der Beklagten zu 2) angeführten Sachverhalte (fehlende Genehmigungen bezüglich der Garage und der Außenstellplätze, Abweichung zwischen genehmigter und beabsichtigter tatsächlicher Nutzung des Kongresszentrums, Vorliegen aller erforderlichen Genehmigungen (Berufungsbegründung S.53 i. V. m. S.21 u. 23 der Klageschrift) objektiv der Tatbestand einer Täuschung vorliegt, der eine Haftung nach § 823 Abs.2 BGB i. V. m. §§ 263, 264a StGB bzw. § 826 BGB begründen könnte. Allerdings obliegt insoweit der Klägerin auch der Nachweis, dass die Beklagte zu 2) vorsätzlich gehandelt hat. Insoweit ist der Prospekt wie überhaupt in der Stellplatzfrage widersprüchlich (s. dazu schon oben II.1.a). Insofern kann nicht allein wegen des Umstands, dass die Beklagte zu 2) die Situation gekannt haben mag, auf einen Täuschungsvorsatz geschlossen werden oder darauf, dass die Beklagte zu 2) die Angaben für erheblich i. S.v. § 264a StGB gehalten, die Schädigung der Anleger vorausgesehen und in ihren Willen aufgenommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 20.12.2011, VI ZR 309/10, Rn.7 ff). Entsprechendes gilt für die Behauptung, im Zeitpunkt des Erwerbs der Klägerin sei der Beklagten zu 2) bekannt gewesen, dass der Konferenzsaal nur für die interne Nutzung genehmigt gewesen sei. Insoweit hat die Beklagte zu 1) bereits im Schriftsatz vom 27.3.2015, S.7, darauf verweisen lassen, die Nutzung und Einhaltung etwaiger behördlicher Auflagen sei Angelegenheit der Generalmieterin, insoweit enthalte der Prospekt kein abweichenden Angaben, Hinweise insoweit seien nicht veranlasst gewesen. Selbst wenn der Generalmietvertrag diesbezüglich keine eindeutige Regelung enthalten sollte, wie die Klägerin im Schriftsatz vom 9.7.2015, S.14, behauptet, würde dies nicht belegen, dass die Beklagte zu 2) in dieser Beziehung vorsätzlich zum Nachteil der Anleger gehandelt hätte. Auf entsprechenden Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2016 (Protokoll vom 8.11.2016, S.3) hat die Klägerin lediglich ausführen lassen, dass sich aus ihrem bisherigen Vortrag der Vorsatz durchaus ergebe. Dem vermag der Senat aufgrund oben angestellter Erwägungen nicht zu folgen.
III. Die Berufung der Beklagten zu 1) hat im Ergebnis überwiegend keinen Erfolg.
1. Die Beklagte zu 1) haftet der Klägerin wegen der Verletzung von Pflichten aus dem Beratungsvertrag, da sie die Klägerin nach eigenem, vom Zeugen G. (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2016, S.5) bestätigten Vorbringen auf der Basis des Prospekts beraten hat, ohne auf die o.g. Widersprüche (vgl. II.1.a) hinsichtlich der Stellplätze hingewiesen zu haben. Sie hat auf den mehrfach, insbesondere im Rahmen der ergebnislosen Vergleichsgespräche erteilten und anschließend dokumentierten Hinweis im Termin vom 8.11.2016 (Sitzungsniederschrift S.3) und trotz ausdrücklich eingeräumter Stellungnahmemöglichkeit nicht dargetan, aufgrund welcher Auskünfte sie hätte der Meinung sein können, insoweit liege kein Prospektmangel vor. Im Rahmen der von ihr geschuldeten Prospektprüfung mit banküblichem Sachverstand (BGH, Urt. v. 27.10.2009, XI ZR 338/08 Rn.17) hätte die Beklagte zu 1) feststellen müssen, dass es in der Baubeschreibung im Prospekt auf S.55 einerseits heißt, es würden rd. 600 Tiefgaragenstellplätze und rd. 50 Außenstellplätze errichtet, weitere Stellplätze seien in Planung, und dass andererseits lt. S.120 ff im Zeitpunkt der Prospekterstellung bereits 760 Innen- und 58 Außenstellplätze vermietet waren. Für 160 Tiefgaragenplätze und 8 Außenstellplätze konnte ausweislich des Prospekts zu diesem Zeitpunkt allenfalls eine Planung existieren. Daher wäre zu hinterfragen gewesen, aufgrund welcher Umstände hinreichende Sicherheit bestand, dass die noch nicht existenten Stellplätze den jeweiligen Mietern pünktlich zur Verfügung gestellt werden würden. Dies gilt umso mehr, als die Prospektaussagen auf S.20 und 37 widersprüchlich sind, als einerseits sämtliche zur Erreichung der Anlageziele erforderlichen Genehmigungen vorgelegen haben sollen, während andererseits die Gefahr bestanden haben soll, dass wegen nicht erteilter Genehmigungen Sonderflächen nicht übernommen werden könnten.
2. Hinsichtlich der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden, der in der Zeichnung der Anlage besteht, streitet für die Klägerin die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens (vgl. etwa BGH, Urt. V. 19.11.2009, III ZR 169/08 Rn.26). Soweit die Beklagte zu 1) für ihre Behauptung, die Klägerin hätte die Anlage auch dann gezeichnet, wenn der Berater G. sie auf diese Widersprüche hingewiesen hätte, erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2016 behauptet hat, der unterbliebene Hinweis auf die Unzulänglichkeiten des Prospekts in Bezug auf die Stellplätze sei für die Anlageentscheidung nicht kausal gewesen und dazu die Einvernahme der Klägerin als Partei beantragt hat, war diesem Beweisantrag gem. § 296 Abs. 1 bzw. 2 ZPO wegen dessen Verspätung nicht mehr nachzukommen. Der Senat hat hierauf bereits im Termin vom 8.11.2008 hingewiesen; die Beklagte zu 1) hatte die Gelegenheit zur Stellungnahme (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2016, S.4).
a. Das Bestreiten der Kausalität eines etwaigen Prospektfehlers durch die Beklagte zu 1) und der Beweisantrag erfolgten verspätet, nämlich nach Ablauf der mit Verfügung vom 28.6.2016 unter Ziffer 3.4 (Bl.386) gesetzten Ausschlussfrist für terminsvorbereitendes Sachvorbringen. Zuvor hatte sich die Beklagte zu 1) in ihrer Berufungsbegründung lediglich zu den nach ihrer Ansicht vorliegenden Verfahrensfehlern des Erstgerichts und der Behauptung der Klägerin erklärt, sie sei auf die Provision der Beklagten zu 1) nicht hingewiesen worden, im Übrigen hat sie sich – wie in erster Instanz – nicht erklärt. Es handelt sich um ein Fristversäumnis im Sinne des § 296 Abs. 1 ZPO i. V. m. §§ 273 Abs. 2 Nr. 1, 525 ZPO. Im Übrigen liegt auch eine Verspätung im Sinne von §§ 296 Abs.2 i. V. m. § 282 Abs.1, 525 ZPO vor, weil es die Beklagte zu 2) versäumt hat, die Parteieinvernahme der Klägerin so rechtzeitig vor dem Termin zu beantragen, so dass deren förmliche Ladung zur Parteivernehmung vor dem Termin gem. § 450 Abs.1 S.2 ZPO unter Wahrung der diesbezüglich geltenden Ladungsfrist von einer Woche gem. § 217 ZPO (BGH. Urt. v. 22.4.2010, III ZR 318/08 Rn.20) hätte veranlasst werden können.
b. Eine Zulassung des Beweisantrags hätte die Erledigung des Rechtsstreits verzögert, da die Klägerin im Termin vom 8.11.2016 nicht anwesend war und somit nur aus diesem Grund ein neuer Termin erforderlich geworden wäre. Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des BGH der absolute Verzögerungsbegriff und nicht die Überlegung, ob der Rechtsstreit bei rechtzeitigem Vorbringen ebenso lange gedauert hätte (Zöller-Greger, 31. Aufl. 2016, Rn. 22 zu § 296 ZPO; BGH, Urteil vom 3.7.2012 – VI ZR 120/11 ).
c. Die Zurückweisung des Beweisantrags verstößt nicht gegen den Anspruch der Beklagten zu 1) auf rechtliches Gehör. Die Anwendung des absoluten Verzögerungsbegriffs ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend: BverfGE, Beschluss vom 5.5.1987 – 1 BvR 903/85 = NJW 1987, 2733 ff) grundsätzlich mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör vereinbar, obwohl er zu einer schnelleren Beendigung des Prozesses als bei korrektem Alternativ-Verhalten der säumigen Partei und damit zu einer Überbeschleunigung führen kann. Dies ist dann nicht untragbar und daher auch nicht unverhältnismäßig, wenn die Feststellung des mutmaßlichen Geschehensablaufs bei korrektem Alternativ-Verhalten mit Unsicherheiten belastet ist oder zumindest Schwierigkeiten aufwirft. Die Anwendung der Präklusionsvorschriften wird erst dann verfassungsmäßig bedenklich, wenn sich ohne weitere Erwägungen aufdrängt, dass dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vorbringen eingetreten wäre (BVerfG, a. a. O., S. 2735 unter II.2). So liegt der Fall hier jedoch nicht.
Zwar ist die Klägerin unter Vorlage eines Attests im Termin vom 8.11.2016 nicht erschienen, nachdem ihr persönliches Erscheinen durch Ladungsverfügung vom 28.6.2016 angeordnet worden war. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens ist jedoch von der förmlichen Ladung einer als Beweismittel zu vernehmenden Partei zu unterscheiden. Denn die Partei, deren persönliches Erscheinen gemäß § 141 Abs. 1 ZPO angeordnet wurde, kann sich gemäß § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO durch ihren Prozessbevollmächtigten vertreten lassen; ein Verstoß gegen die Anordnung zieht lediglich ein Ordnungsgeld nach sich. Hingegen drohen der förmlich als Beweismittel zu ladenden Partei bei ihrem Ausbleiben die Folgen des § 446 ZPO, über die sie entsprechend zu belehren ist; erscheint die Partei trotz förmlicher Ladung nicht, hat das Gericht die Gründe für das Nichterscheinen der Partei zu würdigen (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 24.6.2014, XI ZR 219/13 Rn.14). Aufgrund dieser Unterschiede kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass auch bei rechtzeitigem Beweisantrag der Beklagten zu 1) die Klägerin zu dem Termin vom 8.11.2016 nicht erschienen wäre. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund des von der Klägerin vorgelegten Attests, dessen fehlende inhaltliche Aussagekraft es jedenfalls als nicht völlig unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass die Klägerin im Falle ihrer förmlichen Ladung zur Parteieinvernahme unter Inkaufnahme der weiten Anreise zum Termin erschienen wäre.
d. Die Beklagten zu 1) hat die von ihr grob fahrlässig verursachte Verspätung auch nicht hinreichend entschuldigt. Ausweislich der ihr am 11.7.2016 zugestellten Ladungsverfügung zum später verlegten Termin am 20.9.2016 war dieser als „Haupttermin“ bestimmt. Hieraus, aber auch dem verfahrensleitenden Hinweis des Vorsitzenden, der Zeugenladung und der Anordnung des persönlichen Erscheinens aller Parteien zur Aufklärung des Sachverhalts und für einen Güteversuch, war für die anwaltlich vertretene Beklagte zu 1) unschwer zu entnehmen, dass der Senat beabsichtigte, über die Berufung aufgrund des angeordneten Termins zu entscheiden. Damit war offensichtlich, dass zur Frage Prospektfehler bis zu diesem Zeitpunkt unterbliebener Vortrag sowie für erforderlich erachtete Beweisangebote so rechtzeitig vor dem Termin anzubringen waren, dass die notwendigen richterlichen Anordnungen rechtzeitig hätten getroffen werden können. Hiervon konnte die Beklagte zu 1) nicht deshalb absehen, weil der Senatsvorsitzende neben der Ladung ihrer Person auch die Ladung der Klägerin angeordnet und diese darauf hingewiesen hat, dass sie bei ihrem unentschuldigten Nichterscheinen damit rechnen müsse, dass der Senat unterbliebene Hinweise auf den Prospektfehler Stellplätze bzw. auf die Provision der Beklagten zu 1) für nicht relevant für die Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung halten würde. Bei Anwendung der insoweit vorauszusetzenden Kenntnisse der Prozessordnung und Wahrung der zu erwartenden anwaltlichen Sorgfalt lag es auf der Hand, dass diese Ladung die förmliche Ladung zur Parteivernehmung nicht würde ersetzen können und dass der Senat deshalb nicht ohne weiteren Termin würde entscheiden können, falls er nicht, wie lediglich als Möglichkeit in den Raum gestellt, dass Fernbleiben der Klägerin zu deren Lasten werten würde. Ebenso war in Betracht zu ziehen, dass die Klägerin genauso wie die Beklagten die Anordnung ihres persönlichen Erscheinens ignorieren und ggf. auf § 141 Abs.3 S.3 ZPO verweisen würde, worauf die Beklagte zu 1) im Termin hingewiesen wurde (Sitzungsniederschrift 8.11.2016, S.4).
5. Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs gelten die oben unter II.2 angestellten Überlegungen entsprechend; in Höhe des entgangenen Gewinns sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist die Berufung der Beklagten zu 1) erfolgreich.
6. Für die von der Beklagten zu 1) beantragte Rückverweisung an das Erstgericht war kein Raum, weil zwar das Endurteil aufgrund der Säumnis der Beklagten zu 1) im Termin vor dem Landgericht fehlerhaft zustande gekommen sein mag, die Beklagte zu 1) nunmehr aber hinreichend Gelegenheit hatte, ihren Standpunkt vorzutragen und der Rechtsstreit entscheidungsreif ist (§ 538 Abs.1 ZPO), worauf im Termin vom 8.11.2016 hingewiesen wurde (Sitzungsniederschrift S.3).
IV. 1. Bei der Kostenentscheidung war einerseits zu berücksichtigen, dass die Klägerin gegen die Beklagten zu 1) und 3) im Wesentlichen obsiegt hat, während sie gegen die Beklagte zu 2) insgesamt unterlegen ist. Anderseits ist sie in den Punkten entgangener Gewinn und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten insgesamt unterlegen. Auch wenn diese Posten den Streitwert gem. § 43 I GKG nicht erhöhen, ist diese Zuvielforderung mit ca. 20% nicht nur verhältnismäßig geringfügig im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (vgl. Zöller, 30. Aufl., § 92 Rn. 11). Als verurteilte Gesamtschuldner haften die Beklagten zu 1) und 3) auch für die Kosten als Gesamtschuldner, § 100 Abs. 4 ZPO.
2. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren war nach dem gestellten Leistungsantrag und dem Wert des Feststellungs- bzw. Freistellungsantrags mit bis zu 8.000 € anzusetzen (§ 3 ZPO; Thomas/Putzo-Hüßtege, 37.Aufl. 2016, Rn.62 zu § 91a ZPO).
4. Es besteht kein Anlass die Revision zuzulassen, da für den vorliegenden Einzelfall die Frage der Prospektrichtigkeit zu beantworten war, ohne dass es zu einer Abweichung von der Rechtsprechung anderer Obergerichte gekommen wäre.


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