Bankrecht

Benennung der EZB als Aufsichtsbehörde in Darlehensvertrag

Aktenzeichen  19 U 3839/19

Datum:
28.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 44553
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 358 Abs. 3
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

Die zusätzliche Benennung der Europäischen Zentralbank als neben der BaFin zuständigen Aufsichtsbehörde ist unschädlich. Denn die Europäische Zentralbank erlässt gemäß Art. 6 Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15.10.2013 gegenüber den nationalen zuständigen Behörden Verordnungen, Leitlinien oder allgemeine Weisungen und kann nach Konsultation oder auf Ersuchen einer nationalen Behörde beschließen, wenn dies zur Sicherstellung der kohärenten Anwendung hoher Aufsichtsstandards erforderlich ist, sämtliche einschlägigen Befugnisse auch in Bezug auf weniger bedeutende Kreditinstitute unmittelbar selbst auszuüben (Rn. 12). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

29 O 3954/19 2019-07-03 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 03.07.2019, Aktenzeichen 29 O 3954/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 40.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche wegen des Widerrufs eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges und dessen Rückabwicklung gegenüber der Beklagten, soweit nicht durch Zahlung weiterer Raten geänderte Anträge zu stellen waren, weiter. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 03.07.2019 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der im Berufungsverfahren beantragt,
1.Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nr. … über nominal 35.257,78 € ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 04.09.2018 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht.
2.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 15.084,96 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen nach Herausgabe des Fahrzeugs … mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.
3.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer 2 genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
4.Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 807,36 € freizustellen.
5.Die Hilfswiderklage wird abgewiesen.
Weiterhin beantragt der Kläger rein vorsorglich,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
1.Die Berufung wird zurückgewiesen.
2.Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Berufungskläger.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 25.09.2019 (Bl. 312/331 d. A.), auf die Bezug genommen wird, wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass und warum der Senat beabsichtigt, seine Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 15.10.2019 (Bl. 332/346 d. A) hat der Kläger zu dieser Hinweisverfügung Stellung genommen. Hierauf und auf die im Berufungsverfahren eingegangenen Schriftsätze der Parteien wird ergänzend Bezug genommen. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 03.07.2019, Aktenzeichen 29 O 3954/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Der Senat hält das angefochtene Urteil des Landgerichts München I für offensichtlich zutreffend und nimmt auf dieses Bezug. Bezug genommen wird ferner auf den Hinweis des Senats vom 25.09.2019, wonach er die Berufung im Sinne von § 522 Abs. 2 ZPO für unbegründet hält. Auch der weitere Schriftsatz des Klägers vom 15.10.2019 (Bl. 332/346 d. A) gab keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung:
1. Soweit der Kläger allgemeine Ausführungen zur Frage von verspätetem Vortrag macht (Schriftsatz vom 18.10.2019, S. 1/3, Bl. 332/334 d. A.), verhilft dies der Berufung nicht zum Erfolg, da der Senat – unabhängig von der Frage der Verspätung, die er jeweils hat dahinstehen lassen – zu dem Ergebnis kommt, dass die erforderlichen Pflichtangaben erteilt sind.
2. Auch die erneute Behauptung des Klägers, bei der Ratenschutzversicherung und der Shortfall GAP-Versicherung auf der einen Seite und dem Darlehensvertrag auf der anderen Seite handele es sich nicht um verbundene Geschäfte (Schriftsatz vom 18.10.2019, S: 3/6, Bl. 334/337 d. A.), greift nicht. Der Senat hält an seiner im Hinweis dargelegten gegenteiligen Auffassung (dort S. 2, Bl. 313 d. A.) fest. Anders als die Berufung meint, kommt es gerade nicht darauf an, ob der Kläger jeweils Versicherungsnehmer geworden ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass mit dem „Auftrag“ des Klägers an die Beklagte, ihn bei den jeweils bestehenden Gruppenversicherungen anzumelden, ein weiterer Vertrag zwischen der Beklagten und dem Kläger über die Erbringung einer anderen Leistung (Beitritt zur Gruppenversicherung) zustande gekommen ist, der die Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 BGB erfüllt. Der Kläger war aufgrund dieses Vertragsverhältnisses mit der Beklagten jedenfalls verpflichtet, ihr die dafür anfallenden Aufwendungen zu ersetzen, die im Übrigen auch durch das Darlehen mitfinanziert wurden. Soweit die Berufung anders lautende Entscheidungen der OLG Karlsruhe, Düsseldorf und Dresden zitiert, hatten diese über jeweils andere Sachverhalte zu befinden.
3. Auch soweit der Kläger im Schriftsatz vom 18.10.2019 nochmals lediglich behauptet, der Tageszins von 1,91 Euro sei „aufgrund Berechnung des Sollzinssatzes“ falsch (Schriftsatz vom 18.10.2019, S. 6/8, Bl. 337/339 d. A.), hat der Senat im Hinweis von 25.09.2019 seine Rechtsauffassung bereits eingehend dargelegt. Auf die entsprechenden Ausführungen in der Hinweisverfügung (dort A. 2/4, Bl. 313/315 d. A.) wird insoweit verwiesen. Die schlichte Behauptung des Klägers, die Beklagte habe hier nicht freiwillig den Zins pro Tag angepasst, sondern schlicht falsch berechnet (ohne im Übrigen darzulegen, welchen Zinssatz pro Tag der Kläger für richtig erachtet), vermag daran nichts zu ändern.
4. Wenn der Kläger nunmehr erstmals in der Berufung rügt, der Darlehensvertrag informiere nicht klar und verständlich über die „für den Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde“ (Schriftsatz vom 18.10.2019, S. 8/12, Bl. 339/343 d. A.), ist vorauszuschicken, dass die ihm eingeräumte Frist zur Stellungnahme gemäß § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht etwa eine Art „zweite Berufungsbegründung“ ermöglicht. Soweit in dem weiteren Schriftsatz im Berufungsverfahren neue Angriffs- und Verteidigungsmittel enthalten sind, sind diese deshalb gemäß §§ 530, 296 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen (vgl. z.B. Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl. 2017, § 530 Rnr. 4; Rimmelspacher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 522 Rnr. 29). Darauf hatte der Senat als nobile officium auch bereits in seinen Allgemeinen Verfahrenshinweisen ausdrücklich aufmerksam gemacht.
Im Übrigen kommt das Erstgericht auch zutreffend zu dem Ergebnis, dass im Darlehensvertrag die gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB richtige Aufsichtsbehörde angegeben ist (LGU S. 18/19). So ist in erster Linie die BaFin zuständige Aufsichtsbehörde, da die Beklagte sich nicht auf der gemäß Art. 49 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 468/2014 der Europäischen Zentralbank (ECB/2014/17/ SSM-Rahmenverordnung) von der EZB erstellten Liste aller von ihr direkt beaufsichtigter Unternehmen (Stand 01.01.2016) gemäß Art. 4, 6 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15.10.2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank befindet, sondern auf der Liste weniger bedeutender Institute, die von einer nationalen zuständigen Behörde (National Competent Authority – NCA; vorliegend die BaFin) direkt beaufsichtigt werden. Die zusätzliche Benennung der Europäischen Zentralbank als neben der BaFin zuständigen Aufsichtsbehörde ist aber dennoch unschädlich. Zwar nimmt die BaFin die direkte Aufsicht über die Beklagte als weniger bedeutendes Institut wahr. Jedoch erlässt die Europäische Zentralbank gemäß Art. 6 Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15.10.2013 gegenüber den nationalen zuständigen Behörden Verordnungen, Leitlinien oder allgemeine Weisungen und kann nach Konsultation oder auf Ersuchen einer nationalen Behörde beschließen, wenn dies zur Sicherstellung der kohärenten Anwendung hoher Aufsichtsstandards erforderlich ist, sämtliche einschlägigen Befugnisse auch in Bezug auf weniger bedeutende Kreditinstitute unmittelbar selbst auszuüben. Die Benennung auch der Europäischen Zentralbank als Aufsichtsbehörde ist daher nicht unzutreffend.
5. Schließlich verfängt auch der klägerische Vortrag zu einer etwaigen Falschangabe des Darlehensgesamtbetrages weiterhin nicht (Schriftsatz vom 18.10.2019, S. 12/14, Bl. 343/345 d. A.). Auf die Ausführungen des Senates in der Hinweisverfügung wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (dort S. 18/21, Bl. 328/331 d. A.).
6. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO steht einer Entscheidung des Senats nach § 522 Abs. 2 ZPO entgegen der Auffassung der Berufung nicht entgegen.
a) Es liegt kein Fall des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO vor.
In der Entscheidung wird kein abstrakter Rechtssatz aufgestellt, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 10; Beschluss vom 29. Mai 2002 – V ZB 11/02, BGHZ 151, 42, 45; Beschluss vom 1. Oktober 2002 – XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 186; Beschluss vom 27. März 2003 – V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 293 mwN; Beschluss vom 9. Juli 2007 – II ZR 95/06, ZIP 2007, 2074 Rn. 2). Der Senat weicht in seiner Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ab. Divergenzen zu oberlandesgerichtlichen Endentscheidungen sind nicht bekannt und werden auch von der Berufung nicht dargelegt.
Der vorliegende Fall gibt auch keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 15; Beschluss vom 4. Juli 2002 – V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 225). Dies ist nach Ansicht des Senats und – soweit bekannt – erkennbar auch der überwiegenden Mehrheit der Oberlandesgerichte nicht der Fall.
b) Auch grundsätzliche Bedeutung im Sinne von§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO liegt nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage im Übrigen nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12; Beschluss vom 22. September 2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 3 mwN). Dies ist bisher ersichtlich nicht der Fall.
Der Umstand, dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren, denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 14; Beschluss vom 22. September 2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 5).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 40, 47, 48 GKG, § 3, 4 ZPO bestimmt und bemisst sich nach dem Nettodarlehensbetrag.
19 U 3839/19 Verfügung
1. …
2.


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