Bankrecht

Bestimmung der gesetzlichen Spezialzuständigkeit für Bank- und Finanzgeschäfte

Aktenzeichen  2 ZIV AR 2/18

Datum:
31.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZInsO – 2019, 746
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GVG § 119a S. 1 Nr. 1
GVG § 72a S. 1 Nr. 1
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
StGB § 263
BGB § 823 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Bei der Frage der Spezialzuständigkeit nach § 119 a Satz 1 Nr. 1 GVG handelt es sich um eine gesetzliche Zuständigkeit, die nicht der Entscheidung des Präsidiums überlassen werden darf, so dass die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog gegeben sind. (Rn. 18)
2. Eine Streitigkeit aus einem Bank- oder Finanzgeschäft gem. §§ 119a Satz 1 Nr. 1, 72a Satz 1 Nr. 1 GVG liegt nicht vor, wenn keiner der (jetzt noch) am Prozess Beteiligten eine Bank, eine Sparkasse, ein Kredit- oder ein Finanzinstitut ist. (Rn. 31)

Tenor

Die allgemeinen Zivilsenate des Oberlandesgerichts Bamberg werden als funktional zuständige Spruchkörper bestimmt. Eine spezialgesetzliche Zuständigkeit des 8. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Bamberg nach § 119 a Nr. 1 GVG ist nicht gegeben.

Gründe

I.
Die Klägerin, eine Privatperson, macht deliktische Schadensersatzansprüche aufgrund Untreue und Betrugs sowie aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung in Zusammenhang mit der Beteiligung an einer Kapitalanlage geltend. Die Klägerin beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 21.09.2005 als Treugeberin an der C… Beteiligungsfonds 5 GmbH & Co. KG. Gemäß Beitrittserklärung war die Klägerin zur Leistung einer Einmalanlage in Höhe von 6.300,00 Euro (inklusive 5% Agio in Höhe von 300,00 Euro) sowie monatlichen Raten zu je 201,40 Euro (inklusive 5% Agio in Höhe von 11,40 Euro) bei einer Mindestvertragslaufzeit von 10 Jahren verpflichtet. Am 01.07.2015 wurde durch das Amtsgericht Würzburg unter dem Aktenzeichen IN 56/15 jeweils das Insolvenzverfahren über die Vermögen der Firma K. … Verwaltungs AG, über die Vermögen der D. AG und auch des hier streitgegenständlichen Fonds C… Beteiligungsfonds 5 GmbH & Co. KG eröffnet.
Ursprünglich war die Klage gegen fünf Beklagte eingereicht worden. Das anhängige Berufungsverfahren wird lediglich noch in Richtung des Beklagten zu 5) (künftig Beklagter) geführt. Nach dem klägerischen Vortrag sind die Anleger jeweils dadurch geschädigt worden, dass der Beklagte – in seiner Funktion als leitendes Organ (Vorstand bzw. Geschäftsführer) der C… Verwaltungs AG bzw. von verschiedenen Anlagegesellschaften – die in den Vermögen der C… 5 und anderer Fondsgesellschaften vorhandenen und weiter eingehenden Anlegergelder planmäßig in großem Umfang für sich vereinnahmt und insbesondere im Wege der Vermögensverschiebung einem der von ihm beherrschten sonstigen Unternehmen zugeführt hatte. Dem Beklagten wird vorgeworfen, dass er im Hinblick auf diese Transaktionen nach Ingerenzgrundsätzen wegen Betruges durch Unterlassen zugleich dafür einzustehen habe, dass Anleger wie die Klägerseite in Unkenntnis dieser das jeweilige Fondsvermögen massiv schädigenden Untreuehandlungen die vertraglich vereinbarten Ratenzahlungen noch jahrelang fortgesetzt hatten.
Die Klägerin reichte mit Schriftsatz vom 05.05.2017 Klage beim Landgericht Würzburg ein. Dieses wies durch Endurteil vom 09.02.2018 die Klage in Richtung aller Beklagter ab. Gegen dieses Urteil, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 19.02.2018 zugestellt, legten diese mit Schriftsatz vom 14.03.2018, eingegangen am 15.3.2018, Berufung ein, wobei in der Folge klargestellt wurde, dass sich die Berufung nur gegen den Beklagten zu 5) richtet. Weiterhin wurde die Berufung mit Schriftsatz vom 09.04.2018 begründet.
Das Verfahren wurde am Oberlandesgericht Bamberg bei dem nach dem Turnus für die allgemeinen Zivilsenate zuständigen 3. Zivilsenat eingetragen.
Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg erklärte sich mit Beschluss vom 13.07.2018 für (funktionell) unzuständig und verwies den Rechtsstreit an den 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg. Dieser Beschluss wurde den Parteien formlos unter dem 20.7.2018 zugeleitet.
Zur Begründung führt der 3. Senat im Wesentlichen aus, dass das vorliegende Berufungsverfahren seiner Ansicht nach eine Streitigkeit aus dem Bereich der Finanzgeschäfte nach § 119 a Satz 1 Nr. 1 GVG betreffe, die nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts Bamberg für 2018 als Sondermaterie nunmehr ausschließlich dem 8. Zivilsenat zugewiesen sei. Der gesetzlichen Zuständigkeit nach den §§ 72 a Satz 1 Nr. 1, 119 a Satz 1 Nr. 1 GVG unterfielen keineswegs nur Klagen von und gegen Kredit- oder Finanzinstitute. Entscheidend sei vielmehr, dass die spätere Streitigkeit „aus“ einem Sachverhalt hervorgegangen sei, der in beiden Komponenten – subjektiv wie strukturell – ein Finanzgeschäft zum Gegenstand gehabt habe. Es sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass an dem der Streitigkeit zu Grunde liegenden Geschäft ein Finanzinstitut (bzw. ein auf diesen Unternehmensstatus ausgerichteter Anbieter) mit einer Katalogdienstleistung im Sinne von § 1 Abs. 1 a Satz 2 KWG beteiligt gewesen sei. Nicht erforderlich sei, dass ein Kredit- oder Finanzinstitut Partei sei.
Die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen der Sonderzuständigkeit seien erfüllt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 30.07.2018 erklärte sich daraufhin der 8. Zivilsenat für unzuständig und lehnte die Übernahme des Berufungsverfahrens ab.
Der 8. Zivilsenat hält seine Zuständigkeit, die gemäß Geschäftsverteilungsbeschluss die Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften im Sinne von § 119 a Satz 1 Nr. 1, § 72 a Nr. 1 GVG umfasst, für nicht gegeben, weil hierzu nur Ansprüche von und gegen Banken, Sparkassen, Kredit- oder Finanzinstituten rechneten. Es sei zudem erforderlich, dass sich die streitgegenständlichen Ansprüche auf Bank-, Finanzdienstleistungs- oder Finanzgeschäfte bezögen. Dies bedeute wiederum, dass Ansprüche aus den in §§ 1 Abs. 1 Satz 2 und 1 a Abs. 2 KWG genannten Geschäften betroffen sein müssten. Nicht hierunter fielen somit Geschäfte der Finanzunternehmen gemäß § 1 Abs. 3 KWG. Vorliegend gehöre der Beklagte zu 5) schon nicht zu dem genannten Adressatenkreis (Banken, Sparkassen, Kredit- oder Finanzinstitute). Auch fehle es an der zweiten Voraussetzung (Ansprüche aus den in §§ 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 1 a Satz 2 KWG genannten Geschäften). Die Klägerin behaupte nicht, ein solches Geschäft mit dem Beklagten zu 5) abgeschlossen zu haben. Vielmehr begründet sie ihren Berufungsantrag, nicht zuletzt unter Berufung auf ein Strafurteil des Landgerichts Würzburg (Urteil vom 26.4.2016, Az. 5 KLS 721 Js 5413/16), mit behaupteten deliktischen Schadensersatzansprüchen aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, 826 BGB.
Der 8. Zivilsenat hat daher die Sache dem 2. Zivilsenat gemäß Nr. 3 der ihm vom Präsidium des Oberlandesgerichts zugewiesenen Aufgaben (Lösung der Zuständigkeitskonflikts zwischen einzelnen Spruchkörpern in analoger Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) zugeleitet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des 8. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Bamberg Bezug genommen.
Dieser Beschluss wurde formlos an die Parteien unter dem 3.8.2018 hinausgegeben.
Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Der Klägervertreter hat angeregt, den 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg für zuständig zu erklären.
II.
1.) Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts ist zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit berufen, § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog.
Der 3. und der 8. Zivilsenat haben sich jeweils durch Senatsbeschluss für unzuständig erklärt, wobei es um die Frage der Spezialzuständigkeit nach § 119 a Satz 1 Nr. 1 GVG geht.
Die Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts Bamberg vom 5.12.2017 weist dem 8. Zivilsenat als Sonderzuständigkeit Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften im Sinne von § 119 a Nr. 1, § 72 a Nr. 1 GVG zu. Dem 2. Zivilsenat ist die Entscheidung über Kompetenzkonflikte zur Klärung der gesetzlichen Zuständigkeit im Sinne von §§ 119 a, 72 a GVG zugewiesen.
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog sind auch gegeben, da es sich bei der Frage der Spezialzuständigkeit nach § 119 a Satz 1 Nr. 1 GVG um eine gesetzliche Zuständigkeit handelt, die nicht der Entscheidung des Präsidiums überlassen werden darf (vgl. Bundestagsdrucksache 18/11437 Seite 45; Hanseatisches Oberlandesgericht vom 6.8.2018, Az. 6 AR 10/18; Oberlandesgericht Frankfurt vom 20.06.2018, BeckRS 2018, 17370, Zöller/Lückemann, ZPO, 32. Aufl., § 72 a GVG Rdnr. 2).
2.) Eine spezialgesetzliche Zuständigkeit des 8. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Bamberg gemäß § 119 a Satz 1 Nr. 1 GVG ist nicht gegeben.
Nach Auffassung des erkennenden Senats liegt im vorliegenden Fall keine Streitigkeit aus einem Bank- oder Finanzgeschäft vor, weil bereits keiner der jetzt noch am Prozess Beteiligten eine Bank, eine Sparkasse, ein Kredit- oder ein Finanzinstitut ist. Der Senat folgt hiermit dem Willen des Gesetzgebers, wie er in der Bundestagsdrucksache 18/11437, Seite 45, zum Ausdruck kommt und der mittlerweile hierzu ergangenen Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 6.8.2018, Az. 6 AR 10/18.
Gemäß § 119 a Satz 1 Nr. 1 GVG sind Streitigkeiten aus Bankund Finanzgeschäften einem Spezialsenat des Oberlandesgerichts zugewiesen. Nach der Begründung zur Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses sind davon Streitigkeiten erfasst, an denen eine Bank, eine Sparkasse, ein Kredit- oder ein Finanzinstitut beteiligt ist, sofern Ansprüche aus den in § 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 1 a Satz 2 des Kreditwesengesetzes genannten Geschäften (u. a. Einlagengeschäft, Kreditgeschäft, Diskontgeschäft, Depotgeschäft, Anlagenberatung und Vermittlung) betroffen sind (Bundestagsdrucksache 18/ 11437, S. 45).
Streitig ist vorliegend, ob eine Zuständigkeit des Spezialsenates auch dann gegeben sein kann, wenn an dem Rechtsstreit weder eine Bank, eine Sparkasse, noch ein Kredit- oder Finanzinstitut beteiligt ist.
Der 3. Zivilsenat ist der Auffassung, dass die spätere Streitigkeit zwar aus einem Sachverhalt hervorgegangen sein müsse, der in beiden Komponenten – subjektiv wie strukturell – ein Finanzgeschäft zum Gegenstand haben müsse, eine formelle Beteiligung einer Bank, Sparkasse oder eines Kredit- oder Finanzinstituts am Prozess sei aber nicht vorgeschrieben.
Diese Auffassung widerspricht aber dem Willen des Gesetzgebers, wie er in der zitierten Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt (Bundestagsdrucksache 18/11437, S. 45).
Denn es soll zum einen ein in der Gesetzesbegründung genanntes Institut an der Streitigkeit beteiligt sein und zum anderen soll es um Ansprüche aus einem in § 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 1 a Satz 2 des KWG genannten Geschäft gehen. Hieraus zu schließen, dass die Beteiligung eines der genannten Institute an der Streitigkeit nicht im Sinne einer Parteieigenschaft im Rechtsstreit zu verstehen sei, lässt sich nicht mit dem Wortlaut der Gesetzesbegründung in Einklang bringen. Offensichtlich war hier auch ein Gleichlauf mit den in § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO genannten Sachgebieten und deren Begrifflichkeiten beabsichtigt. Auch in der Gesetzesbegründung zu § 348 ZPO (Bundestagsdrucksache 14/4722 Seite 88) ist vermerkt: „Die unter Buchstabe b genannten Sachgebiete können Streitigkeiten umfassen, an denen eine Bank, Sparkasse, ein Kredit oder Finanzinstitut beteiligt ist“. Der Wille des Gesetzgebers geht daher dahin, die Spezialzuständigkeit für bestimmte Institute festzuschreiben, sobald von ihnen bestimmte typische Geschäfte durchgeführt und Ansprüche insoweit aus ihnen geltend gemacht werden. Auch bereits früher ergangene Entscheidungen zu § 348 ZPO gehen in dieselbe Richtung. So hat das Oberlandesgericht München in einer Entscheidung vom 2.4.2014 (Az. 20 W 502/14) festgestellt, dass Bank- und Finanzgeschäfte im Sinne von § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b ZPO die in § 1 Abs. 1, 1 a und 3 KWG genannten Betätigungen seien. Der Begriff des Finanzgeschäfts werde dort zwar nicht verwandt. Er sei aber, um ihm gewisse Konturen zu geben, als eine verkürzende Bezeichnung für Finanzdiensteistungen und die Tätigkeit der Finanzunternehmen zu verstehen. Bank- und Finanzgeschäfte setzten begrifflich eine Beteiligung der in § 1 KWG genannten Unternehmen nicht voraus. Da diese aber typischerweise mit ihnen beschäftigt seien, werde man ihre Beteiligung an den Geschäften zur Qualifikation als Bank oder Finanzgeschäft fordern müssen.
Dieser Auslegung folgt auch das Hanseatische Oberlandesgericht in seiner Entscheidung vom 06.02.2018 (Az. 6 AR 10/18), die zudem unter Hinweis auf die Kommentierungen bei Büscher in Wieczorek/Schütze (ZPO, 4. Aufl., § 348 Rdnr. 47), bei Thomas/Putzo/Hüßtege (ZPO, 39. Aufl., § 72 a GVG, Rdnr. 3), Stein/Jonas/Barthels (ZPO, 23. Aufl., § 348 Rdnr. 21), bei Musielak/Voit/Wittschier (ZPO, 15. Aufl., § 348 Rdnr. 8) ergangen ist. Auch in der Kommentierung bei Zöller-Lückemann, ZPO, 32. Aufl., § 72 a Rdnr. 4 wird auf die in der Gesetzesbegründung verwandte Formulierung Bezug genommen, wonach Streitigkeiten umfasst sind, an denen eine Bank, eine Sparkasse, ein Kredit- oder ein Finanzinstitut beteiligt ist, sofern Ansprüche aus den in § 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 1 a Satz 2 des KWG genannten Geschäften betroffen sind.
Demnach ist die Auslegung des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg zwar auch vom Wortlaut der Zuständigkeitsbestimmung gedeckt, allerdings widerspricht diese Auslegung dem Willen des Gesetzgebers und den diesen zitierenden Auffassungen. Demzufolge kann die Auslegung, wie sie der 3. Zivilsenat favorisiert, nicht überzeugen.
Auch soweit der dritte Senat mit dem Sinn und Zweck des § 72 a GVG-E argumentiert, insbesondere damit, dass eine häufigere Befassung mit einer bestimmten Materie zu einer Qualitätssteigerung führe und deshalb die Einrichtung von Spruchkörpern in Streitigkeiten aus Bank und Finanzgeschäften vorgesehen wurde, lässt dies eben gerade nicht ausschließlich die Auslegung zu, dass – anders als in der Gesetzesbegründung formuliert – eine Bank bzw. ein weiteres dort genanntes Institut nicht am Prozess beteiligt sein müsste.
Das Verständnis des 3. Zivilsenats, wonach sich der Beteiligungspassus auf eine rein deskriptive Erläuterung des Begriffsverständnisses des Sachgebiets der Bank- und Finanzgeschäfte beschränke, ist gerade nicht zwingend. Zwar lässt sich die Auslegung, dass ein Finanzgeschäft nur dann vorliege, wenn eine Katalogdienstleistung des § 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 1a Satz 2 KWG von einem „beteiligten“ Dienstleister vorgenommen werde, der Institutsqualität im Sinne des § 1 Abs. 1 a Satz 1 und des Abs. 1 b KWG besitze, also entweder gewerbstätig oder auf einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb angelegt bzw. gewesen sei, durchaus vertreten. Allerdings ist dennoch der Passus, wonach nach den Gesetzesmaterialien eine Bank bzw. eines der dort genannten Institute an der Streitigkeit beteiligt sein soll, im Sinne des förmlichen Status einer Prozesspartei zu verstehen. Dass hierdurch Schadensersatzprozesse aus deliktischer Haftung gegen die Verantwortlichen von Gesellschaften, die auf dem grauen Kapitalmarkt tätig sind, nicht unter die Vorschrift zu fassen sind, mag deren Anwendungsbereich einschränken, verlangt aber dennoch keine andere Auslegung der Vorschrift.
Auch der Vergleich der Sonderzuständigkeit nach § 72 a Nr. 3 GVG (Streitigkeit über Ansprüche aus Heilbehandlungen), wonach die Zuständigkeit bei dem Spezialsenat verbleibe, auch wenn der an der streitbefangenen Heilbehandlung beteiligte Arzt vor Klageerhebung verstorben oder in Insolvenz gefallen sei oder aber seine – dann später von einem Dritten eingeklagten – Vergütungsansprüche schon vorprozessual abgetreten habe, überzeugt nicht als Argument. Ein in vollem Umfang abgetretener Anspruch, der für sich genommen die Voraussetzungen der Spezialzuständigkeit erfüllt, dürfte gleichwohl in die Spezialzuständigkeit nach § 72 a bzw. § 119 a GVG fallen, da der Anspruch von seiner Rechtsnatur her derselbe bleibt, auch wenn er abgetreten wurde. Eine andere Konstellation liegt vor, wenn eine Privatperson aufgrund der schuldhaften Verletzung eigener Pflichten bzw. der Haftung für die schuldhafte Pflichtverletzung anderer Personen in Anspruch genommen wird. Hier liegt ein im Regelfall eigener Schadensersatzanspruch gegen die beteiligte Person vor, wie z.B. aus der betrügerischen Verwendung von Anlegergeldern oder der deliktischen oder sonst schuldhaften Verletzung von Pflichten im Zusammenhang mit Finanzgeschäften auf dem grauen Kapitalmarkt. Es handelt sich ersichtlich nicht um denselben Anspruch, der gegen die Bank oder ein vergleichbares Institut geltend gemacht werden könnte. Dass diese genannten Schadensersatzansprüche nicht unter die Sonderzuständigkeit fallen, entspricht letztlich dem Willen des Gesetzgebers. Wenn in der Diskussion um die Gesetzesänderung im Vorfeld weitere Möglichkeiten der Befassung der Spezialsenate verschiedenerseits gewünscht waren, so haben diese jedenfalls keinen Eingang in den Willen des Gesetzgebers gefunden und sind nicht Gesetz geworden. Es fehlt etwa eine Formulierung, wie sie diversen Geschäftsverteilungsplänen zu entnehmen ist, dass auch Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Abschluss von Kapitalanlagen in die Sonderzuständigkeit fallen.
Demzufolge hält der Senat hier nur die Spezialzuständigkeit des § 119 a GVG für gegeben, wenn ein Kredit- oder Finanzinstitut formal am Rechtsstreit beteiligt ist und nicht bereits dann, wenn typische Bank- oder Finanzgeschäfte auch unter Beteiligung eines Instituts Grundlage des Anspruchs sind. Es braucht daher auch nicht entschieden zu werden, ob es sich bei den hier behaupteten Ansprüchen überhaupt um Ansprüche aus einem in § 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 1 a Satz 2 des Kreditwesengesetzes genannten Geschäft handelt (verneinend das Oberlandesgericht Frankfurt für vorvertragliche Ansprüche in Form der Prospekthaftung, OLG Frankfurt vom 20.06.2018, BeckRS 2018, 17370). Wie das Hanseatische Oberlandesgericht in seiner Entscheidung vom 6.8.2018 ausführt, sprechen hierfür im übrigen bereits Praktikabilitätsgrundsätze. Zuständigkeitsvorschriften sollen möglichst eindeutig zu handhaben sein, um die Zuständigkeit schneller zuverlässig feststellen zu können, ohne den inhaltlichen Anspruch, um den es geht, nur aus Zuständigkeitsgründen materiell näher prüfen zu müssen.
Demzufolge ist hier die spezialgesetzliche Zuständigkeit des 8. Senats nach § 119 a Satz 1 Nr. 1 GVG zu verneinen. Keiner der am Prozess Beteiligten ist eine Bank oder ein Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne von §§ 1 Abs. 1 bzw. 1 Abs. 1 a KWG.
Es verbleibt damit bei der Zuständigkeit der allgemeinen Zivilsenate des Oberlandesgerichts Bamberg.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben