Bankrecht

Bewilligung, Widerrufsbelehrung, Darlehensvertrag, AGB, Berufung, Revision, Grundschuld, Darlehen, Grundsatzbedeutung, Widerrufsrecht, Zahlung, Wirksamkeit, Widerrufsfrist, Auslegung, Die Fortbildung des Rechts, Fortbildung des Rechts, Aussicht auf Erfolg

Aktenzeichen  5 U 5938/19

Datum:
21.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 45217
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

5 U 5938/19 2020-01-20 Hinweisbeschluss OLGMUENCHEN OLG München

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 12.09.2019, Aktenzeichen 35 O 2764/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 908.850,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Partien streiten über die Wirksamkeit des von der Klägerin erklärten Widerrufs zweier Immobiliendarlehensverträge.
Die Klägerin schloss über eine Vermittlerin mit der beklagten … im März 2012 die als Anlagen K 1 und 4 vorliegenden grundschuldbesicherten Darlehensverträge über 395 und 325 T€. Die Provision für die Vermittlerin war mit 1.975 und 1.625 € jeweils im Europäischen Standardisierten Merkblatt angegeben.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht die Auffassung vertreten, dass die Vermittlungskosten nicht korrekt angegeben und die Widerrufsbelehrungen fehlerhaft gewesen seien, daher sei ihr Darlehenswiderruf nicht verfristet.
Sie hat beantragt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin das Angebot zu unterbreiten, die in der Abteilung III des beim Amtsgericht … geführten Grundbuches von …, Wohnungsgrundbuch, Blatt …, … in Gesamthaft eingetragene Grundschuld ohne Brief lfd. Nr.3 (Blatt …) und 4 (Blatt … und …) in Höhe von 720.000,00 € mit 18% Zinsen jährlich, gemäß Bewilligung vom 13.03.2012 UR-Nr. … des Notars Dr. …, …, eingetragen am 26.03.2012, an die Klägerin oder an einen von dieser benannten Dritten abzutreten und zwar nach Zahlung eines Betrages durch die Klägerin von 236.680,67 € auf das Rückabwicklungsverhältnis aus dem Darlehen Nr… (Stand 09.12.2019) sowie 263.109,06 € auf das Rückabwicklungsverhältnis aus dem Darlehen Nr… (Stand 09.12.2019).
Hilfsweise wird beantragt,
es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehen Nr. … 395.000,00 € und aus dem Darlehen Nr. … über 325.000,00 € ab der Widerrufserklärung vom 15.06.2016 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht.
I. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zahlung in Verzug befindet.
I. Es wird festgestellt, dass alle durch die Klägerin nach dem 24.06.2019 auf die Darlehensverträge mit den Nummern … (Anlage K 1) und … (Anlage K 2) bzw. die diesbezüglichen Rückabwicklungsschuldverhältnisse noch gezahlten Beträge auf den jeweiligen Saldo gemäß Antrag 1) anzurechnen sind; hilfsweise: dass die Beklagte die vorgenannten Beträge an die Klägerin zu erstatten hat.
Die Beklagte hat
Klageabweisung beantragt.
Sie hat behauptet, dass sie die Vermittlungskosten nicht in Form eines Zinszuschlages an die Klägerin durchgereicht habe. Die Widerrufsbelehrung sei fehlerfrei gewesen.
Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 12.09.2019 abgewiesen. Die Widerrufe seien verfristet. Die Beklagte habe sämtliche Pflichtangaben nach § 495 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in der bei Vertragsabschluss geltenden Fassung erteilt. Die Widerrufsbelehrung sei auch nicht im Hinblick auf die in den AGB der Beklagten enthaltene Aufrechnungsbeschränkung zu beanstanden.
Gegen das ihr am 17.09.2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.10.2019 Berufung eingelegt, die sie nach Fristverlängerung bis zum 17.12.2019 am 09.12.2019 begründet hat. Das Landgericht habe sich nicht hinreichend mit ihrer Argumentation auseinandergesetzt. Die Gesetzlichkeitsfiktion sei hier nicht eingetreten, weil schon die Verwendung des sogen. „Kaskadenverweises“ gegen das Deutlichkeitsgebot verstoße. Das gelte aber auch für das widersprüchliche Aufrechnungsverbot in den AGB der Beklagten. Die gegenteilige Meinung des BGH widerspreche dessen eigener Rechtsprechung aus dem Jahre 2014 und sei unvertretbar. Insoweit könne sie sich auf die Meinung ders II., IV. VI., VII., VIII. und XII. Senats des BGH stützen. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Belehrung den Vorgaben des EuGH entspreche, wie auch die EuGH-Vorlage des LG Saarbrücken zeige. Im vorliegenden Verfahren könne erst entschieden werden, wenn der EuGH über diese Vorlage befunden habe. Es sei außerdem fehlerhaft über die Widerrufsfolgen und die Widerrufsmöglichkeit auf der Internetseite der Beklagten informiert worden. Die Beklagte habe auch nicht alle Kosten im Darlehensvertrag angegeben, das Landgericht habe ihre diesbezüglichen Ausführungen zur Üblichkeit des „Packings“ übergangen. Hinsichtlich der Widersprüchlichkeit der Widerrufsbelehrung und dem nach nationalem Recht unwirksamen Aufrechnungsverbot in den AGB der Beklagten müsse die Angelegenheit dem EuGH vorgelegt werden.
Der Senat hat mit Beschluss vom 20.01.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die von ihr aufgeworfenen Fragen in der Rechtsprechung zugunsten der Beklagten geklärt seien. In Sachen Vermittlungskosten habe sich die Klägerin nicht mit der Beweiswürdigung des Landgerichts nach Einvernahme der Zeugin … auseinandergesetzt. Anlass für die Zulassung der Revision bestehe nicht.
Dem ist die Klägerin entgegengetreten. Der Hinweisbeschluss übergehe ihre Argumentation vollständig, obwohl der Senat auf diese einzugehen habe. Grotesk sei es, wenn der Senat sich einerseits auf eine nicht ordnungsgemäße Berufungsbegründung im Punkt Widerrufsfolgeninformation beziehe und sich andererseits nicht mit den Einwänden der Klägerin zu allen zentralen Rechtsfragen auseinandersetze. Hinsichtlich des Kaskadenverweises bleibe es dabei, dass dieser unter Zugrundelegen der früheren Rechtsprechung des XI. Senats und der aktuellen Rechtsprechung anderer Senate undeutlich sei. Daher sei es auch nicht nachvollziehbar, dass der Senat in diesem Punkt die Revision nicht zulassen wolle. Die Gesetzlichkeitsfiktion könne ohnehin nur bei vollständiger Übernahme des Mustertextes gelten. Wenn der Senat der abweichenden Auffassung des BGH folgen wolle, greife er in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein. Eine Vielzahl der Gerichte habe zunächst anders entschieden, als es der BGH schließlich getan habe. Der BGH verstoße im Hinblick auf Art. 10 Abs. 2 lit. p) der RL 2008/48EG bewusst gegen das Auslegungsmonopol des EuGH, weil kein acteclair vorliege, das sei nach der Rechtsprechung des BVerfG ein Verfassungsverstoß. Das gelte auch für die Auffassung des Senats zu den Auswirkungen der gegen AGB-Recht verstoßenden Aufrechnungsklausel, die gegen die RL 93/13/EWG verstoße. Im Übrigen habe sie zu der Grundsatzbedeutung, die sich aus der Vielzahl der zwischen 2010 und 2016 geschlossenen Verbraucherkreditverträge mit einem Volumen von 1,188 Billionen € allein für Immobiliendarlehensverträge ergebe, bereits vorgetragen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts München mit dem Aktenzeichen 35 O 2764/19, verkündet am 12.09.2019, aufzuheben und wie folgt abzuändern:
I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin das Angebot zu unterbreiten, die in der Abteilung III des beim Amtsgericht … geführten Grundbuches von …, Wohnungsgrundbuch, Band …, Blatt …, …, … in Gesamthaft eingetragene Grundschuld ohne Brief, lfd. Nr. 3 (Blatt …) und lfd. Nr. 4 (Blatt … und …) in Höhe von 720.000,00 € mit 18% Zinsen jährlich, gemäß Bewilligung vom 13.03.2012 UR-Nr. … des Notars Dr. …, …, eingetragen am 26.03.2012, an die Klägerin oder an einen von dieser benannten Dritten abzutreten und zwar nach Zahlung eines Betrages von – 227.800,67 € auf das Rückabwicklungsverhältnis aus dem Darlehen Nr… (Stand 09.12.2019) sowie – 255.789,06 € auf das Rückabwicklungsverhältnis aus dem Darlehen Nr… (Stand 09.12.2019) durch die Klägerin, hilfsweise nach Zahlung eines vom Gericht errechneten Betrages durch die Klägerin, sofern dieser den Betrag von EUR 234.289,88 auf das Rückabwicklungsverhältnis aus dem Darlehen Nr… und den Betrag von EUR 283.671,63 auf das Rückabwicklungsverhältnis aus dem Darlehen Nr. … nicht übersteigt.
I. Hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten aus dem Darlehen Nr. … über ursprünglich 395.000,00 € und aus dem Darlehen Nr. … über ursprünglich 325.000,00 € ab Zugang der Widerrufserklärung vom 15.06.2016 nicht mehr zur Zahlung des Vertragszinses und zur Rückzahlung der Darlehensvaluten gemäß den Vertragsregelungen über deren Fälligkeit verpflichtet ist.
I. Soweit dem Antrag zu 1. stattgegeben wird, wird beantragt, festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Abgabe des Angebots gemäß Antrag zu 1. in Verzug befindet.
I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin die nach dem 09.12.2019 auf die Rückgewährschuldverhältnisse aus den ursprünglichen Darlehensverträgen Nr. … und Nr. … gezahlten Beträge zu erstatten hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den bereits zitierten Hinweisbeschluss des Senats vom 20.01.2020, die im Berufungsverfahren vorgelegten Schriftsätze sowie das Ersturteil Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 12.09.2019, Aktenzeichen 35 O 2764/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Die Ausführungen des Klägers sowohl in der Berufungsbegründung als auch im Schriftsatz vom 18.02.2020 sind weder geeignet, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen, noch einen Verstoß des Senats gegen das rechtliche Gehör zu belegen. Unabhängig davon, in welchem Umfang eine Partei ein Ersturteil angreift, hat sich ein Urteil oder ein Beschluss, mit dem die Berufung zurückgewiesen wird, gem. § 313 Abs. 3 ZPO auf eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen zu beschränken, auf denen die Entscheidung beruht. Das bedeutet in Fällen, wie dem vorliegenden, in denen der Bundesgerichtshof über die dem Verfahren zugrundeliegenden Fragen erst kürzlich umfassend entschieden hat – wie er selbst betont hat (BGH, Urt. v. 20.6.2017, XI ZR 72/16 Rn.27-29) – dass sich die Entscheidungsbegründung darauf zu beschränken hat, ohne Wiederholung des – ggf. vorformulierten – Parteivorbringens insbesondere zu mehr oder minder abseitigen Rechtsfragen, auf die Rechtsmeinung des Bundesgerichtshofs zu verweisen, solange das Gericht nicht beabsichtigt, von dieser abzuweichen. Dabei hat das Augenmerk auf der Rechtsprechung des für die zu entscheidenden Fragen zuständigen Zivilsenats zu liegen, das ist nach dessen eigener Aussage allein der XI. Senat des BGH (Beschluss vom 23.1.2018, XI ZR 298/17 Rn.22, auf den bereits im Beschluss vom 20.01.2020 hingewiesen wurde). Dass der Senat nicht von der Rechtsprechung des BGH abweichen will, konnte die Klägerin dem Hinweisbeschluss vom 20.01.20120 entnehmen.
I. Kaskadenverweisung
Klar und verständlich ist die Wendung, die Widerrufsfrist beginne „nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB […] erhalten hat“… (vgl. Anlage K 1 und wörtlich Urt. v. 22.11.2016, XI ZR 434/15 Rn.18). Das Urteil des BGH betraf einen im August 2010 abgeschlossenen grundschuldbesicherten Verbraucherdarlehensvertrag und zwar § 495 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 355 BGB in der zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 12. Juni 2014 geltenden Fassung sowie § 495 Abs. 2 S.1 Nr.2 Buchst. b BGB in der hier nach Art. 229 § 32 Abs. 1, § 38 EGBGB weiter maßgeblichen, zwischen dem 30. Juli 2010 und dem 12. Juni 2014 geltenden Fassung sowie § 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 6 Abs. 2 S.1 und 2 EGBGB in der zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 3. August 2011 geltenden Fassung – und Art. 247 § 9 Abs. 1 S.1 und 3 EGBGB in der zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016 geltenden Fassung. Art. 247 § 6 Abs. 2 S.1 und 2 EGBGB in der ab 4.8.2011 und im vorliegenden Verfahren anzuwendenden Fassung unterschied sich von der vorherigen und vom BGH an der zitierten Stelle angewendeten Fassung lediglich dadurch, dass in S.1 hinter den Worten „Angaben zur Frist und“ das Wort „zu“ eingefügt worden ist. Das hat aber auf die Beurteilung der Frage, ob das vom BGH beurteilte Formular des Deutschen Sparkassenverlags (vgl. aaO Rn.12) und das hier zu beurteilende Formular der Beklagten dem Deutlichkeitsgebot entsprach bzw. entspricht, keinerlei Auswirkung.
Bei dieser vom Senat geteilten Einschätzung ist der BGH davon ausgegangen, dass ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher die für seinen Vertrag maßgeblichen Pflichtangaben hätte ermitteln können (BGH, Beschluss vom 17.1.2017, XI ZR 170/16). Er hat betont, dass der Verweis auf eine konkret bezeichnete gesetzliche Vorschrift keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot darstellt. Das gilt insbesondere dann, wenn der Gesetzestext wie der des BGB für jedermann ohne weiteres zugänglich ist. Ohne solche Verweisungen könnten allzu detaillierte, unübersichtliche, nur schwer durchschaubare oder auch unvollständige Klauselwerke entstehen. Es würde die Anforderungen des Verständlichkeitsgebots überspannen, würde man den gesonderten Abdruck oder die Aushändigung einer für den Geschäftszweig geltenden Vorschrift, die der Kunde unschwer einsehen kann, verlangen (BGH, Urt. v. 22.11.2016, XI ZR 434/15 Rn.19). Diese Bewertung hat mit den vom Gesetzgebern gestellten Mustertexten oder gar der Fiktion der Richtigkeit der Widerrufsinformation oder einer gesetzeswidrigen Auslegung contra legem nichts zu tun.
Selbst wenn der deutsche Gesetzgeber die Anwendung der RL 2008/48/EG auf Immobiliendarlehensverträge ausgeweitet haben sollte, fällt einerseits die Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des nationalen Rechts gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und c der RL 2008/48/EG nicht in deren Anwendungsbereich; zum anderen ergibt der Wortlaut des Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der RL 2008/48/EG offenkundig und ohne, dass für vernünftige Zweifel Raum bliebe, dass in der Widerrufsinformation bei der Umschreibung der Bedingungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht sämtliche Informationen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S.2 Buchst. b der RL 2008/48/EG aufgelistet sein müssen. Im Übrigen ist der Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB aF in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben auch nach den Maßstäben des nationalen Rechts (vgl. Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB in der ab dem 30. Juli 2010 gültigen Fassung) klar und verständlich (BGH, Beschluss vom 2.4.2019, XI ZR 488/17 Rn.17). Unerheblich ist, dass diverse deutsche Gerichte diese Auffassung des BGH zunächst nicht geteilt haben, denn die Wahrung der Rechtseinheitlichkeit der Rechtsprechung liegt nach der ZPO in den Händen des zuständigen Senats des BGH, weshalb eine Divergenzrevision auch nur dann zuzulassen ist, wenn von der Rechtsprechung des höherrangigen Gerichts, also des Bundesgerichtshofs abwichen wird (§ 543 Abs. 2 Nr.2 2.Hs ZPO, s.a. MüKoZPO/Krüger, 5. Aufl. 2016, Rn.12 ff zu § 543 ZPO).
Es besteht keine Veranlassung, angesichts der Vorlage des LG Saarbrücken vom 17.01.2019 (1 O 164/18) die Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO anzuordnen (BGH, Beschluss vom 02.04.2019, XI ZR 488/17 Rn.7 und 16). Dass in der Widerrufsinformation bei der Umschreibung der Bedingungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht sämtliche Informationen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S.2 Buchst. b der RL 2008/48/EG aufgelistet sein müssen, ist angesichts des Wortlauts des Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der RL 2008/48/EG offenkundig, ohne dass für vernünftige Zweifel Raum bliebe (BGH, aaO Rn.17). Für diese Einschätzung ist es unerheblich, welche Auffassung die europäische Kommission im vom LG Saarbrücken initiierten Vorlageverfahren vertritt, weil es einzig und allein um die Auffassung der zuständigen Gerichte geht. Entsprechendes gilt für die Mitteilung der Klägerin, dass der EuGH (mutmaßlich) im Februar 2020 entscheiden werde. Insofern sieht der Senat auch nicht die von der Klägerin ausgemachte Gesetzeslücke, auch wenn sich deren Vertreter dazu berufen fühlen, diese mit selbst attestierter Stichhaltigkeit auf einer Unzahl von Seiten herbeizuschreiben.
I. Aufrechnungsverbot
In der Rechtsprechung des BGH ist geklärt, dass eine inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsbelehrung nicht dadurch undeutlich wird, dass die Vertragsunterlagen an anderer, drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (BGH, Urt. v. 10.10.2017, XI ZR 443/16, Rn.25). Erst recht gilt dies ohne Rücksicht auf die Art ihrer Gestaltung, soweit Zusätze außerhalb der Widerrufsbelehrung zwar eine unzulässige und damit unwirksame Abweichung von Vorschriften des Verbraucherschutzrechts aufweisen, aber nicht in Zusammenhang mit der Unterrichtung über das Widerrufsrecht als solches stehen. Dass in den Darlehensvertrag einbezogene AGB der Beklagten eine unwirksame Regelung zu einer Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis enthalten ist, ist damit für die Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung ohne Auswirkung (BGH, Beschluss vom 2.4.2019, XI ZR 463/18). Denn eine formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung wird nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer, wie hier drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle (vgl. die AGB der Beklagten Nr.11 in Anlagen K 1 und 4), einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (BGH, Urt. v. 10.10.2017, XI ZR 443/16 Rn.25 unter Verweis auf BGH, Urt. v. 16.12.2015, IV ZR 71/14, Rn.11). Die abweichende Meinung von Maier (VuR 2019, 142 ) ist – soweit ersichtlich – vereinzelt geblieben und trifft das Problem nicht. Denn in der Aufrechnungsklausel der Beklagten ist nicht die Rede davon, das der Vertrag nicht widerruflich sei. Der Verweis der Klägerin auf die Rechtsprechung des EuGH (C-226/12, Urt. V. 16.01.2014 Rn.24) führt nicht weiter, weil die Widerrufsbelehrung keine Vertragsklausel ist, sondern – wie der Name schon sagt – eine gesetzlich vorgeschriebene Belehrung, um dem Verbraucher bei Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags Gelegenheit zu geben, den Vertragsabschluss noch einmal zu überdenken. Widerrufsangaben müssen deshalb umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll durch sie nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Abzustellen ist insoweit auf einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher (vgl. etwa BGH, Urt. 17.9.2019, XI ZR 662/18 Rn.22). Dieser Berührungspunkt mit der Auslegung von AGB (vgl. Etwa BGH, Urt. v. 29.11.2011, XI ZR 370/10 Rn.21) bedeutet aber nicht die Gleichsetzung der Widerrufsbelehrung mit einer Vertragsklausel. Insofern besteht auch diesbezüglich keine Verpflichtung zu einer EuGH-Vorlage.
I. Transparenz-Gebot
Soweit die Klägerin diesbezüglich auf die Rechtsprechung anderer Senate des BGH abhebt, übersieht sie, dass – wie bereits einleitend bemerkt – die alleinige bundesgerichtliche Entscheidungskompetenz über Verbraucherkreditrecht beim XI. Senat des BGH liegt, der den Verweis der Widerrufsbelehrung auf § 492 Abs. 2 BGB aus den bereits mitgeteilten Gründen – wie der Senat auch – für hinreichend transparent hält.
I. Revisionszulassung
Es bedarf nicht der Revisionszulassung wegen Grundsatzbedeutung, weil der zuständige XI. Senat des BGH über die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen bereits umfassend entscheiden hat. Allein dass sie eine ausdrückliche Äußerung zu sämtlichen von ihren Prozessbevollmächtigten gemachten Ausführungen vermisst, ist kein Revisionszulassungsgrund. Die von ihr aufgeworfenen Fragen lassen sich mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Leitlinien wie dargelegt beantworten. Dass sich diese in weiteren Fällen stellen mögen, macht sie für die Allgemeinheit nicht bedeutsam (BGH, Beschluss vom 12.11.2019, XI ZR 148/19 Rn.13), auch wenn die Klägerin die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der bereits entschiedenen Verbraucherkreditfragen hervorhebt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr.10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


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