Bankrecht

Emissionsprospekt, Prospekthaftung, Prospekt, anleger, Versicherungsschutz, Kaufpreis, Insolvenzmasse, Fonds, Haftung, Prospektfehler, Kapitalanlage, Verletzung, Werbung, Vertragsschluss, Co KG, finanzierende Bank, Rechtsprechung des BGH

Aktenzeichen  5 Kap 1/18

Datum:
19.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 50103
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

27 OH 18593/17 2017-12-29 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Die Anträge zu den Feststellungszielen 2.1 und 2.2 werden zurückgewiesen.
II. Der Antrag zu dem Feststellungsziel 2.3 wird als unzulässig zurückgewiesen.
III. Die Anträge zu den Feststellungszielen 1.1 – 27 sind gegenstandslos.
IV. Für das erstinstanzliche Musterverfahren wird den Musterklägervertretern gem. § 41a RVG eine aus der Landeskasse zu zahlende besondere Gebühr in Höhe von 2.134,74 € inkl. Mehrwertsteuer bewilligt.

Gründe

I.
Der Musterkläger beteiligte sich über die Musterbeklagte zu 8) als Treuhänderin mit Erklärung vom 06.02.2007 an den Beteiligungsgesellschaften C. S. GmbH & Co. KG MS „C. J.“ (41%), C. S. GmbH & Co. KG MS „C. C.“ (25%), C. SchifffahrtsGmbH & Co. KG MS „C. S.“ (17%) und C. S. GmbH & Co. KG MS „C. E.“ (17%). Nach dem am 18.12.2006 aufgelegten Prospekt S.30 sollte Zeichnungsschluss bei vollständigem Einwerben des geplanten Eigenkapitals sein.
Gegenstand der Beteiligungsgesellschaften im Rahmen des C. BETEILIGUNGSFONDS IX war der Betrieb und Bau von vier Containerschiffen.
Der Musterkläger nimmt die Musterbeklagten neben weiteren beigeladenen Anlegern wegen diverser Prospektfehler auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Musterbeklagten zu 1) bis 3) sind Gründungsgesellschafterinnen der Einschiffgesellschaften. Die Musterbeklagte zu 3) ist ausweislich S.4 des Prospekts gemeinsam mit den Beteiligungsgesellschaften die Anbieterin der Beteiligungen und hat die Verantwortung für den Inhalt des Beteiligungsprospektes übernommen. Zum 5 Kap 1/18 – Seite 3 – Zeitpunkt der Prospektauflage am 18.12.2006 waren die Musterbeklagten zu 1) bis 3) wie folgt am Kommanditkapital der Beteiligungsgesellschaften beteiligt:
Gesellschaft
Musterbeklagte zu 1)
Musterbeklagte zu 2)
Musterbeklagte zu 3)
C. 155. C. S. GmbH
& Co. KG MS »C.
J.«
50.000 €
50.000 €
450.000 €
C. 153. C. S. GmbH
& Co. KG MS »C.
C.«
50.000 €
50.000 €
200.000 €
C. 53. C. S. GmbH
& Co. KG MS »C.
S.«
50.000 €
50.000 €
250.000 €
C. 54. C. S. GmbH
& Co. KG MS »C.
E.«
50.000 €
50.000 €
250.000 €
Die Musterbeklagte zu 1) war ferner im Vertrieb der Beteiligungen tätig und erhielt außerdem für die Produkteinführung ein Honorar von insgesamt 4,25 Mio €, von denen 2,102 Mio € auf den C. BETEILIGUNGSFONDS IX entfielen. Sie ist eine hundertprozentige Tochter C. HOLDING GmbH & Co. KG. Letztere ist mit 45% an der Musterbeklagten zu 2) beteiligt, die für alle vier Beteiligungsgesellschaften die Aufsicht beim Bau ihrer Schiffe führte und für deren Bereederung verantwortlich ist.
Die Musterbeklagten zu 4) – 7) sind die Komplementärinnen der Einschiffgesellschaften (Prospekt S.37 und jeweils § 3 der Gesellschaftsverträge), die Musterbeklagte zu 8) ist die Beteiligungstreuhänderin der Anleger.
1. Das Landgericht München I hat am 10.10.2017 den Musterverfahrensantrag vom 20.02.2017 betreffend den. 155. C. S. GmbH & Co. KG MS „C. J.“, C. 153. C. S. GmbH & Co. KG MS „C. C.“, C. 53. S. GmbH & Co. KG MS „C. S.“ und C. 54. C. S. GmbH & Co. KG MS „C. E.““ im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht, und am 29.12.2017 beschlossen, dem Oberlandesgericht München die dort näher bezeichneten Feststellungsziele zum Zwecke der Herbeiführung eines Musterentscheids vorzulegen, den Beschluss hat der Senat mit Beschlüssen vom 08.11.2018 und 26.03.2019 wie folgt neu gefasst und erweitert: Hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit des Beteiligungsprospekts zum „C. Beteiligungsfonds IX“ wird festgestellt, dass der am 18.12.2006 veröffentlichte Emissionsprospekt zum streitgegenständlichen „C. Beteiligungsfonds IX“ in folgenden erheblichen Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend ist:
1.1. Es wird im Prospekt auf Seite 5 mit den Behauptungen „Das Angebot – Hohe Sicherheit und Kapitalstreuung in verschiedenen Größenklassen der Containerschifffahrt“ und „Andererseits bedeutet sie hohe Sicherheit durch überwiegend langfristige Charterverträge und gleichzeitig Kapitalstreuung in verschiedenen Größenklassen zur Minimierung von Risiken und Maximierung von Chancen“ fälschlich eine nicht bestehende Sicherheit in Bezug auf einen Kapitalrückfluss dargestellt,
1.2. es wird im Prospekt auf der Seite 5 mit der Formulierung „Nach 20 Jahren Einsatzzeit besteht ein Sonderkündigungsrecht mit Rückzahlung von 100% der Gesamtbeteiligung“ fälschlich dargestellt, dass bei Ausübung eines Sonderkündigungsrechts das eingesetzte Kapital sicher zu 100% zurückgezahlt wird,
1.3. es wird im Emissionsprospekt auf der Seite 14 mit der Formulierung: „Sofern der Eintritt mehrerer Risiken zusammentrifft, können sie anlagegefährdend sein, d.h. es kann bei Verlust der Gesellschaftermittel zur vorzeitigen Auflösung der Beteiligungsgesellschaften kommen.“ das Totalverlustrisiko verharmlost,
1.4. es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung der Tatsache, dass die Durchschnittscharterraten für Containerschiffe auch vor Prospektveröffentlichung extrem volatil waren,
1.5. es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung der Tatsache, dass die volatilen Durchschnittscharterraten für Containerschiffe direkten Einfluss auf die Secondhand-Preise von Containerschiffen haben, die also ebenfalls sehr volatil schwanken,
1.6. es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung der Tatsache, dass die Anleger im Falle einer Insolvenz der Fondsgesellschaften nur nachrangig aus der Insolvenzmasse befriedigt werden,
1.7. es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung der extremen Auswirkungen von Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage auf die Höhe des Charterratenniveaus, mithin der Höhe der zu erzielenden Charterraten,
1.8. es wird im Emissionsprospekt verheimlicht, dass Charterraten für die Dauer einer mindestens 20jährigen Fondslaufzeit rechnerisch unkalkulierbar sind,
1.9. es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung des sog. Kaskadeneffektes als risikoerhöhendem Umstand, sprich der Darstellung von Existenz und Folgen daraus, dass aufgrund größenbedingter Preisvorteile für den Transport eines Containers bei größeren Schiffen, kleinere Schiffe aus ihren bis dahin vordergründig bedienten Fahrtgebieten im andere regelmäßig weniger lukrative Fahrtgebiete verdrängt werden,
1.10. es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung des Transshipments-Effektes als risikoerhöhendem Umstand, sprich den Auswirkungen auf die Anzahl der benötigten Schiffe und die Höhe des Container-Umschlags durch das „Umsteigen“ von Containern von größeren auf kleinere Schiffe (oder umgekehrt),
1.11. es wird im Emissionsprospekt die Tatsache verschwiegen, dass durch die zum Zeitpunkt der Prospekterstellung beschlossene Abschaffung der Gruppenfreistellungsverordnung für Linienkonferenzen im Seefrachtverkehr (EWG Nr.4056/86 zum 18.10.2008 der Preisdruck auf die Charterraten weiter wachsen musste,
1.12. es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe bereits eine Übertonnage im Containerschiffbereich bestand und aufgrund neu auf den Markt drängender Schiffe diese weiter wachsen musste und die im Emissionsprospekt kalkulierten (Anschluss) Charterraten daher unvertretbar hoch angesetzt waren,
1.13. es fehlt im Prospekt an einer Darstellung der Tatsache, dass aufgrund der erwarteten Fertigstellung des erweiterten Panama-Kanals im Jahre 2015 etwaige Wettbewerbsvorteile des Panamax-Fondsschiffes entfallen,
1.14. es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung der Tatsache, dass die Fondsschiffe jeweils zu einem Zeitpunkt erworben wurden, zu dem die Neubaupreise bis dahin historische Höhen erreichten,
1.15. der Anleger wird durch Angaben zu einem Schiffsschätzer auf den Seiten 5, 20, 21, 22, 28 und 32 darüber getäuscht, dass ein Schiffsschätzer die Fondsschiffe vor Übernahme gesichtet habe,
1.16. im Emissionsprospekt fehlt es im Rahmen der Darstellung von Risiken der Fremdfinanzierung
a) an einer Darstellung, dass in den Fremdfinanzierungsverträgen jeweils sog. Loan-to-Value-Klauseln vereinbart wurden, was bedeutet, dass dann, wenn der aktuelle Wert des Schiffes den vertraglich vereinbarten Wert unterschreitet, die Bank neue Sicherheiten oder Sondertilgungen verlangen kann,
b) an einer Darstellung, dass in den Fremdfinanzierungsverträgen jeweils eine 105%-Klausel vereinbart wurde, was bedeutet, dass die finanzierende Bank bei der wechselkursbedingten Überschreitung des Kreditlimits um mehr als 5% die Rückführung des Kredits verlangen kann,
c) an einer Darstellung, dass durch Basel II, sprich den EU-Richtlinien 2006/48 und 2006/49 bei einer Änderung der Einnahmen (=Charterraten) oder Ausgaben (=Betriebskosten) eines Schiffes sich das Kreditausfallrisiko verändert, die Bank mehr Eigenkapital unterlegen muss, was dazu führt, dass die Bank dieses Risiko durch höhere Zinsen einpreisen muss.
1.17. auf den Seiten 10, 44 und 69 des Emissionsprospekts wird irreführend mit werthaltigen Platzierungsgarantien geworben
1.18. es werden auf Seite 24 des Emissionsprospektes mit kalkulierten Schiffskosten i.H.v. 2.045 €/Tag + 5.950 USD für die MS „C. J.“, 1.655 €/Tag + 4.445 USD/Tag für die MS „C. C.“ und jeweils 1.510 €/Tag +3.100 USD/Tag für die MS „C. S.“ und die MS „C. E.“ unvertretbar niedrige Betriebskosten kalkuliert und zudem auf S.11 und 51 des Emissionsprospektes eine unvertretbar niedrige Betriebskostensteigerung von 3% p.a. ab dem Jahre 2010 kalkuliert,
1.19. die im Emissionsprospekt abgedruckten Sensivitätsanalysen auf den Seiten 62/63 sind insgesamt wegen unrealistisch niedrig angegebener Abweichungen irreführend,
1.20. es erfolgt im Prospekt kein Hinweis auf das Risiko einer Majorisierung von Stimmrechten,
1.21. trotz nur eingeschränkter Fungibilität der Kommanditanteile wird dem Anleger auf S.30 des Emissionsprospektes mit der Aussage „C. bietet für den Handel von Zweitmarktanteilen einen speziellen Service, den C.-Zweitmarkt, an. Dennoch kann die Handelbarkeit für die Beteiligungen eingeschränkt sein“,suggeriert, dass ein geregelter Zweitmarkt bestünde,
1.22. der Emissionsprospekt klärt nicht hinreichend über die Risiken und Besonderheiten einer Poolbeschäftigung der Fondsschiffe auf,
1.23. es fehlt an konkreten Prospektangaben zum Versicherungsschutz,
1.24. über das Risiko einer möglichen Inanspruchnahme der Fondsgesellschaft durch Dritte klärt der Emissionsprospekt nicht auf,
1.25. eine Nachschusspflicht wird auf den Seiten 6 und 31 des Emissionsprospektes mit der jeweiligen Aussage „Eine Nachschusspflicht besteht nicht“ fälschlich ausgeschlossen,
1.26. das Risiko der Rückforderbarkeit von Ausschüttungen gem. §§ 30, 31 GmbHG wird im Emissionsprospekt nicht erwähnt.
1.27. mit der Aussage im Prospekt auf S.24 „Jedes Schiff wird bei einem internationalen Versicherungskonsortium ab Ablieferung so versichert, dass im Falle des Totalverlustes die jeweilige Gesamtinvestitionssumme abgedeckt ist und die Gesellschafter ihre Gesellschaftermittel zurückerhalten.“ wird fälschlich behauptet, dass im Falle des Verlustes eines Schiffes die Versicherungsleistungen ausreichen würden, um den Anlegern ihr investiertes Kapital vollständig zurückzuzahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagten
2.1. für den am 18.12.2006 veröffentlichten Emissionsprospekt zum streitgegenständlichen „C. Beteiligungsfonds IX“ als Gründungsgesellschafter der Zielfondsgesellschaften C. 155. C. S. GmbH & Co. KG MS „CO. J.“, C. 153. C. S. GmbH & Co. KG MS „C. C.“, C. 53. SchifffahrtsGmbH & Co. KG MS „C. S.“ und C. 54. C. S. GmbH & Co. KG MS „C. E.“ aufgrund der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 und 3 BGB verantwortlich sind.
2.2. bei der Veröffentlichung des am 18.12.2006 veröffentlichten Emissionsprospektes zu dem streitgegenständlichen „C. Beteiligungsfonds IX“ als Gründungsgesellschafter der Zielfondsgesellschaften C. 155. C. S. GmbH & Co. KG MS „C. J.“, C. 153. C. S. GmbH & Co. KG MS „C. C.“, C. 53. S. GmbH & Co. KG MS „C. S.“ und C. 54. C. S. GmbH & Co. KG MS „C. E. “aufgrund der unter Ziffer 1. festgestellten Prospektfehlerhaftigkeit nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne schuldhaft ihre vertraglichen Aufklärungspflichten verletzt haben.
2.3. verpflichtet waren, über die in Ziffer 1. festgestellten unrichtigen, unvollständigen und irreführenden Punkte in dem streitgegenständlichen Emissionsprospekt zum „C. Beteiligungsfonds IX“ aufzuklären und deshalb wegen Verletzung ihrer Aufklärungspflichten haften.
Der Musterkläger hat zunächst die Auffassung vertreten, die Musterbeklagten zu 1 – 3) seien die „Prospektverantwortlichen und die Gründungskommanditistinnen der vier Einschiffgesellschaften“ (S.137 der Begründung des Vorlagebeschlusses vom 20.09.20218). Nach Veröffentlichung des Beschlusses des BGH vom 19.01.2021, XI ZB 35/18, hat er darauf verwiesen, dass die Gründungsgesellschafter nicht zwingend die Prospektveranlasser seien. Jedenfalls müsse im Einzelfall geprüft werden, ob sie in den Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung fielen. Das sei bei den Musterbeklagten zu 1 und 2 nicht der Fall, auch für die Musterbeklagte zu 8 könne nichts anderes gelten. Nach § 44 Abs. 1 S.2 Nr.2 BörsG aF hafteten neben denen, die ausdrücklich die Prospektverantwortlichen übernommen hätten, zwar auch diejenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgehe, das treffe auf die Musterbeklagten zu 1, 2 und 8 nicht zu. Denn es gehe um solche Personen und Unternehmen, von denen die wirtschaftliche Initiative ausginge und die hinter dem Prospekt stünden und seine eigentlichen Urheber seien. Relevant seien also die Prospektveranlasser, die hinter dem Emittenten stünden und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausübten. Indikator könne auch ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse sein. Die Musterbeklagte zu 1 sei für den Vertrieb und das Marketing zuständig gewesen, deshalb hafte sie nur dann, wenn sie dies im Prospekt ausdrücklich kundgetan habe, das sei aber nicht der Fall. Die Musterbeklagte zu 2 habe als Bereederin und die Bauaufsicht führende Gesellschaft mit der Emission keine Berührung gehabt. Die Beklagte zu 8 habe als Treuhänderin mit der Emission keinen Berührungspunkt gehabt. Keine der drei genannten Musterbeklagten habe darauf hingewiesen, dass ein unrichtiger oder unvollständiger Prospekt erstellt und veröffentlicht worden sei, obwohl sie sich den Prospekt als einzige Informationsquelle zu eigen gemacht hätten. Das sei die Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten. Die Musterbeklagten seien nicht Gesellschafter der Komplementärin der Fondsgesellschaften gewesen. Sie hätten auch kein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Emission gehabt. Die Musterbeklagten zu 1 und 2 hätten von ihrer Pflichteinlage jeweils nur 10%, nämlich 5.000 € bezahlt. Die Musterbeklagten hätten eine operative Rolle oder eine Beteiligung an der Konzeption und Prospektierung des Projekts darzulegen.
Die Anträge zu 11 bis 27 könnten nicht gegenstandslos sein, weil auch bei Anwendung von §§ 13 VerkProspG, 44 ff Börsengesetz Verjährungsfragen im KapMuG-Verfahren nicht zu klären seien. Die Musterbeklagte zu 2 habe Platzierungsgarantien übernommen und damit persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Das gelte auch für die Musterbeklagte zu 3, die verantwortlich für die Bauaufsicht sowie die Bereederung der vier Schiffe gewesen sei. Die Musterbeklagten hätten eigene wirtschaftliche Interessen mit den streitgegenständlichen Fonds verfolgt, an denen sie sich mit erheblichen Beträgen beteiligt hätten. Außerdem seien sie nicht wie ein nur kapitalistisch beteiligter Anlagegesellschafter erkennbar von jedem Einfluss auf die Vertragsgestaltung und die Einwerbung von neuen Gesellschaftern ausgeschlossen gewesen, sondern hätten erkennbar erheblichen Einfluss auf die vertragliche Gestaltung der Bereederung und die Vergütung hierfür sowie den Kaufpreis der Schiffe gehabt. Aufgrund der Einbindung der Musterbeklagten in die Gesellschaftsstruktur sei es jedenfalls aus der Sicht der Anleger nicht ausgeschlossen, dass sie allesamt tatsächlich auf die Gestaltung des jeweiligen Gesellschafts- und Treuhandvertrags Einfluss genommen hätten, damit komme es nicht mehr darauf an, ob sie diesen tatsächlich gehabt hätten. Die Anleger hätten daher auch nicht davon ausgehen müssen, dass die Musterbeklagten zu 1 – 3 ihre Tätigkeit ausschließlich mit den Informationen bestritten hätten, die sich aus dem Prospekt ergeben hätten, sondern „diesen selbst gestalteten“ (Schriftsatz vom 20.09.2021, S.143).
Die Musterbeklagte zu 1 sei keine direkte Schwestergesellschaft der Musterbeklagten zu  3. Die Musterbeklagte zu 2 sei nicht eng mit den Musterbeklagten zu 1 und 3 verwoben. Nur weil die C. Unternehmensgruppe einen Minderheitsanteil an der Musterbeklagten zu 2 halte, sei letztere nicht gesellschaftsrechtlich eng mit den Musterbeklagten zu 1 und 3 verwoben. Tatsächlich hat die Musterbeklagte zu 1 einen Vertrag über die Einwerbung des Kommanditkapitals geschlossen und dafür das im Prospekt angeführte Honorar erhalten. Auch bei der Produkteinführung habe es sich um eine gesonderte Dienstleistung gehandelt, das habe weder etwas mit einem wirtschaftlichen Interesse als Gründungsgesellschafterin zu tun, noch sei dies ein Indiz für die von dieser veranlassten Erstellung des Prospekts. Es werde bestritten, dass die Musterbeklagten zu 1 und 2 an der Prospekterstellung mitgewirkt hätten. Ferner werde bestritten, dass die Musterbeklagte zu 2 die Schiffsbetriebskosten und deren jährliche Steigerung prognostiziert, aufgeschlüsselt und das entsprechende Zahlenmaterial geliefert habe. Es werde bestritten, dass die Musterbeklagten zu 1 und 2 Kenntnis davon gehabt hätten, dass der Prospekt in den Verkehr gebracht worden sei. Wenn der Musterbeklagten zu 2 nur die Seiten 24 und 25 zur Prüfung vorgelegt worden sei, habe ihr nicht der gesamte Prospekt vor der Veröffentlichung vorgelegen. Es werde bestritten, dass die Bild/Wortmarke der Musterbeklagten zu 2 auf dem Prospektdeckblatt mit deren Einverständnis genutzt worden sei.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.01.2021 (XI ZB 35/18) leide an zahlreichen rechtsdogmatischen Fehlern, damit sei es unwahrscheinlich, dass die dort kryptisch begründete Rechtsauffassung zur ständigen Rechtsprechung des BGH werde.
Der Musterkläger beantragt,
die im Vorlagebeschluss des LG München I vom 29.12.2017 und den Erweiterungsbeschlüssen des Senats vom 08.11.2018 und 04.04.2019 enthaltenen Feststellungen zu treffen und außerdem eine gesonderte Vergütung nach § 41 a RVG zuzusprechen.
Die Musterbeklagten beantragen,
die Musterfeststellungsanträge zurückzuweisen.
Die Musterbeklagten sind der Meinung, dass nach dem Beschluss des BGH vom 19.01.2021, XI ZB 35/18 Rn.22, für Gründungsgesellschafter als Prospektveranlasser keine BGB-Prospekthaftung angenommen werden könne. Die Musterbeklagte zu 1 sei eine direkte Schwestergesellschaft der Musterbeklagten zu 3, die Musterbeklagte zu 2 sei mit den Musterbeklagten zu 1 und 2 gesellschaftsrechtlich eng verwoben, wie sich aus der Darstellung auf S.16 und 17 des Prospekts ist ergebe. Die Musterbeklagte zu 1 habe mit der Beteiligungsgesellschaft einen Vertrag über die Einwerbung des Kommanditkapitals abgeschlossen, hierfür erhalte sie die auf S.43 des Prospekts genannten Beträge. Ferner erhalte sie für die Produkteinführung die dort benannten Gelder. Die Musterbeklagte zu 2 habe die Bereederung der vier Schiffe und vorher die Bauaufsicht übernommen. Dafür habe sie die im Prospekt genannten Beträge erhalten. Die Musterbeklagten zu 1 und 2 hätten bei der Gestaltung des Prospekts mitgewirkt. Die Musterbeklagte zu 1 habe beispielsweise am vorangestellten Fazit auf S.5 des Prospekts mitgewirkt. Die Musterbeklagte zu 2 habe insbesondere die Schiffsbetriebskosten und deren jährliche Steigerung prognostiziert, aufgeschlüsselt und das entsprechende Zahlenmaterial zu S.24 des Prospekts geliefert. Die Musterbeklagten zu 1 und 2 hätten selbstverständlich Kenntnis davon gehabt, dass der Prospekt für die Schiffsgesellschaften veröffentlicht worden sei, für die sie Kommanditkapital einwerben bzw. deren Schiffsbauten sie betreuen und anschließend bereedern hätten sollen. Die Musterbeklagte zu 2 habe vor Prospektveröffentlichung insbesondere S.24 und 25 mit der Bitte um Überprüfung der dortigen Angaben zu den Schiffsbetriebskosten und um Freigabe zur Veröffentlichung erhalten. Außerdem sei mit der Beklagten zur 2 vor Veröffentlichung vereinbart worden, dass deren Wort-/Bildmarke auf dem vorderen Einband des Prospekts verwendet werden dürfe. Es sei nochmals darauf hinzuweisen, dass der BGH im Beschluss vom 19.01.2021 immer wieder den Begriff „Gründungsgesellschafter“ verwende, ohne auf dessen Rolle als Prospektveranlasser abzustellen.
Der Senat hat Hinweise erteilt mit Beschlüssen vom 28.05.2018 und 10.01.2019 sowie den Verfügungen vom 30.01.2019, 22.02.2019, 03.04.2019, 31.05.2021 und 24.08.2021. Er hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschluss vom 07.05.2019 durch Erholung eines Gutachtens des Sachverständigen R. vom 13.11.2019, ferner durch Vernehmung der Zeugen K., L. und M.-G. im Termin vom 07.05.2019 gem. Ladungsverfügung vom 03.04.2019, außerdem durch Vernehmung der Zeugen O., Dr. U., N., Pe., Po. und M. gem. Verfügungen vom 24.08. und 09.09.2021 im Termin vom 19.10.2021. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen R. vom 13.11.2019 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 30.03.2020 und die Sitzungsniederschriften vom 07.05.2019 und vom 19.10.2021 Bezug genommen. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus den im Musterverfahren gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen und den bereits zitierten Sitzungsniederschriften, Beschlüssen und Verfügungen.
II.
Die Anträge zu den Feststellungszielen zu 1.1 – 27 sind gegenstandslos, weil die Anträge zu den Feststellungszielen 2.1 und 2.2 mangels uneigentlicher Prospekthaftung im weiteren Sinne der Musterbeklagten zurückzuweisen sind und der Antrag zum Feststellungsziel 2.3 unzulässig ist.
1. Im Kapitalanleger-Musterverfahren ist fortlaufend zu prüfen, ob für die einzelnen Feststellungsziele ein Sachentscheidungsinteresse fortbesteht. Das ist dann nicht der Fall, wenn durch die beantragte Feststellung keines der ausgesetzten Verfahren weiter gefördert werden kann. Ist die Entscheidungserheblichkeit einzelner Feststellungsziele aufgrund der Prüfung im Musterverfahren entfallen, ist der zugrundeliegende Vorlagebeschluss (§ 6 Abs. 1 KapMuG) bzw. der Erweiterungsbeschluss (§ 15 Abs. 1 KapMuG) hinsichtlich dieser Feststellungsziele gegenstandslos geworden. Das muss im Tenor und den Gründen des Musterentscheids zum Ausdruck gebracht werden (BGH, Beschluss vom 12.01.2021, XI ZB 18/17 Rn.102 mwN).
a. Die Anträge 2.1 und 2.2, festzustellen, dass die Musterbeklagten für den streitgegenständlichen Emissionsprospekt als Gründungsgesellschafter der Zielfondsgesellschaften nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 und 3 BGB verantwortlich seien und bei dessen Veröffentlichung nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne schuldhaft ihre vertraglichen Aufklärungspflichten verletzt hätten, beziehen sich allein auf mögliche Ansprüche der Anleger gegen die Musterbeklagten zu 1 bis 3, die sich daraus ergeben würden, dass die Musterbeklagten zu 1 bis 3 die ihnen als künftigen Vertragspartner des Gesellschaftsvertrags gemäß § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB obliegenden vorvertraglichen Pflichten durch Verwenden eines unrichtigen oder unvollständigen Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung verletzt haben. Exakt hierauf bezieht sich das für die Auslegung von Inhalt und Reichweite der Feststellungsziele vor allem maßgebliche tatsächliche und rechtliche Vorbringen zu ihrer Begründung (Schriftsatz des Musterklägers vom 20.09.2018 zur Begründung der Feststellungsziele, S.136 ff, dort ist durchgehend auch ausschließlich von der Haftung der Musterbeklagten zu 1 bis 3 als Gründungsgesellschafterinnen die Rede). Dass Ansprüche wegen Verletzung anderer (vor-)vertraglicher Pflichten z.B. des mit der Beklagten zu 8) geschlossenen Treuhandvertrags im Raum stehen könnten, ist nicht ersichtlich. Die Feststellungsziele 2.1 und 2.2. zielen sowohl ihrem Wortlaut als ihrer Begründung nach allein auf einen möglichen Anspruch der Anleger gegen die Musterbeklagten zu 1 bis 3 in ihrer Eigenschaft als Gründungskommandistinnen der Fondsgesellschaften, der sich daraus ergeben soll, dass die Musterbeklagten zu 1 bis 3 die ihnen als künftige Vertragspartner der Gesellschaftsverträge gemäß § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB obliegenden vorvertraglichen Pflichten durch Verwenden eines unrichtigen oder unvollständigen Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung verletzt haben sollen. Das folgt auch daraus, dass der Vorlagebeschluss des Landgerichts München I vom 27.12.2017 in der am 09.01.2018 veröffentlichten Fassung die alleinige Grundlage des Musterverfahrens ist (BGH, Beschluss vom 06.07.2021, XI ZB 27/19 Rn.26 f.). In diesem sind allein die Musterbeklagten zu 1 – 3, nicht aber die Musterbeklagte zu 8 erwähnt.
Die beantragte Feststellung kann nicht getroffen werden, weil eine Haftung der Musterbeklagten zu 1 bis 3 als Gründungsgesellschafter aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB im vorliegenden Fall nicht auf die Verwendung des Prospekts als solchem gestützt werden kann. Ein Anspruch auf dieser Grundlage wird vielmehr durch die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG in der bis zum 31.5.2012 geltenden Fassung verdrängt.
b. Die mit den Anträgen 2.1 und 2.2 begehrten Feststellungen sind nicht zu treffen, weil eine Haftung der Musterbeklagten als Gründungsgesellschafter aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB nicht auf die Verwendung des Prospekts als solchem gestützt werden kann. Ein Anspruch auf dieser Grundlage wird vielmehr durch die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung verdrängt.
aa) Auf den am 18.12.2006 veröffentlichten Prospekt findet die Regelung des § 8g VerkProspG in der vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (künftig: aF) in Verbindung mit § 32 Abs. 2 S.1 VermAnlG Anwendung. Damit ist auch der Anwendungsbereich der § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (künftig: aF) eröffnet.
bb) Nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF haften neben denjenigen, die für den Prospekt im Sinne des § 8g VerkProspG aF die Verantwortung übernommen haben – wie hier die Musterbeklagten zu 1 und zu 4 bis 7 – im Falle von dort enthaltenen unrichtigen oder unvollständigen wesentlichen Angaben auch diejenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht, § 44 Abs. 1 S.1 Nr.2 BörsG aF. Damit sollen die Personen und Unternehmen getroffen werden, von denen die wirtschaftliche Initiative ausgeht und die hinter dem Prospekt stehen und seine eigentlichen Urheber sind. Veranlasser ist, wer hinter dem Emittenten steht und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausübt. Durch die Regelung soll eine Lücke bei den Haftungsverpflichteten geschlossen werden; insbesondere sollen auch Konzernmuttergesellschaften in die Haftung einbezogen werden (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderunggesetz) vom 06.11.1997, S.78 liSp.). Nach § 44 Abs. 1 S.1 Nr.2 BörsG aF ist von einer Prospektverantwortlichkeit eines Hintermannes unter anderem dann auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des konkreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich auch für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich ist. Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des Hintermannes sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen. Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist.
cc) Nach diesen Grundsätzen sind auch die Musterbeklagten zu 1 bis 3 Prospektverantwortliche im Sinne von § 44 Abs. 1 S.1 Nr.2 BörsG aF. Sie sind Gründungsgesellschafter der vier Beteiligungsgesellschaften. Für die Musterbeklagte zu 3 ergibt sich dies schon daraus, dass sie – wie tatbestandlich festgestellt – die Verantwortung für den streitgegenständlichen Prospekt übernommen hat.
Die Musterbeklagten zu 1 und 2 als mit jeweils 200.000 € an dem damals 1,55 Mio € betragenden Kommanditkapital der vier Einschiffgesellschaften Beteiligte hatten ein erhebliches Eigeninteresse an der wirtschaftlichen Entwicklung der Publikumsgesellschaft, da sie nur bei Erreichen des vorgesehenen Kommanditkapitals, das der Musterkläger mit rund 70 Mio € beziffert, darauf hoffen konnten, entweder ihren Kommanditanteil mitsamt Ertrag zurückzubekommen bzw. – soweit dieser nicht bezahlt war – für ihre Kommanditeinlage nicht haften zu müssen. Das spricht neben ihrer Eigenschaft als deren Gründungsgesellschafterinnen für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells.
Da die Musterbeklagten zu 1 und 2 unmittelbar an der Prospekterstellung mitgewirkt haben und der Prospekt mit ihrer Kenntnis veröffentlicht worden ist, haften sie nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne (BGH, NJW 1979, 718; NJW 1992, 228 (230); Urteil vom 8.12.2005, VII ZR 372/03 Rn.6). Ob ein Beteiligter als so genannter prospektverantwortlicher Hintermann anzusehen ist, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalles ab, wobei die gesellschaftsrechtliche Funktion sowie ein – hier zunächst zugestandenes – erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen können.
Wie die am 19.10.2021 durchgeführte Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats ergeben hat, hat die Musterbeklagte zu 2 u.a. das Zahlenmaterial für die Prognose der Schiffsbetriebskosten auf S.24 des Prospekts geliefert, während die Musterbeklagte zu 1 u.a. an der Formulierung des Fazits auf S.5 des Prospekts mitgewirkt hat, wie dies der Musterkläger zunächst auch behauptet hat (Schriftsatz vom 20.09.2018, S.143„sondern diesen“ (sc. den Prospekt) „selbst gestalteten“).
Der Zeuge O. gab an, er sei bei Herausgabe des Prospekts im Dezember 2006 Geschäftsführer der Musterbeklagten zu 3 gewesen. Die Musterbeklagte zu 2 habe insofern zum Prospekt beigetragen, als sie die Werte für die Schiffsbetriebskosten für den Prospekt geliefert habe. Soweit die Daten von der Musterbeklagten zu 2 gestammt hätten, sei der Prospekt im Entwurf zunächst dort vorgelegt worden. Die Veröffentlichung sei erst erfolgt, nachdem diese ihre Daten freigegeben habe. Auf Vorlage des Prospekts erklärte der Zeuge, dass die in den Tabellen S.20 bis 25 enthaltenen Daten von der Musterbeklagten zu 2 gestammt hätten. Die fraglichen Seiten seien der Musterbeklagten zu 2 vor der Veröffentlichung zur Genehmigung vorgelegt worden. Die Musterbeklagte zu 1 habe ebenfalls an der Prospekterstellung mitgewirkt. Sie habe das Fazit auf Seite 5 des Prospekts formuliert und dann mit ihm diskutiert, ob man es so machen könne. Der Prospektinhalt sei das Ergebnis dieser Diskussion. Zunächst hätten ein oder zwei Mitarbeiter der Musterbeklagten zu 1 den Prospekt anhand des vorherigen Prospekts vorbereitet und mit neuen Daten, die auch von der Musterbeklagten zu 2 gestammt hätten, aufbereitet. Als der Entwurf vorgelegen habe, sei er in den Hauptverteiler getan worden und es habe eine große Besprechung gegeben, in der im Einzelnen diskutiert worden sei, was im Prospekt zu erscheinen habe. Bei dieser Besprechung seien Mitarbeiter der Musterbeklagten zu 1 anwesend gewesen. Der Prospekt sei das Ergebnis dieser Besprechung. Die Musterbeklagte zu 1 sei auch an der Schlussredaktion vor Drucklegung beteiligt gewesen.
Der Zeuge Dr. U., der angab, an den fraglichen Besprechungen der C.-Gruppe als Jurist teilgenommen zu haben, hat bestätigt, dass die Daten hinsichtlich der Schiffsbetriebskosten von der Musterbeklagten zu 2 vorgelegt worden seien. Man könne allgemein sagen, dass die Daten solcher Prospekte immer bei den Verantwortlichen herumgeschickt worden seien, bevor es zu einer Veröffentlichung gekommen sei. Der Text S.5 des Prospekts sei sicher in Zusammenarbeit zwischen den Musterbeklagten zu 1 und 3 entstanden. Es sei generell so gewesen, dass die Musterbeklagte zu 3 die Prospektherausgeberin gewesen sei, aber auch die Musterbeklagte zu 1 habe ihren Teil zum Prospekt beigetragen.
Der Zeuge N. gab an, dass er bei der C.-Gruppe mit der Eingabe von Daten für die Prospekte befasst gewesen sei, nicht aber damit, diese Daten im Einzelnen zu erholen. Nach seinen Erfahrungen gehe er davon aus, dass der Konditionsbereich die Daten nach Absprache mit den jeweiligen Bereederungsgesellschaften geliefert habe. Es habe wohl einen Korrekturdurchlauf gegeben, bei dem die verschiedenen Abteilungen gefragt worden seien, ob die Daten im Prospekt korrekt seien, nach seiner Erinnerung habe dies auch den Bereederungsbereich betroffen.
Der Zeuge Pe. gab an, dass er bei der Musterbeklagten zu 2 dafür zuständig gewesen sei, für Prospekte die Schiffsbetriebskosten zusammenzustellen. Er habe zunächst mit seinen Leuten zusammen eine Prognose für die Schiffsbetriebskosten abgegeben und diese seiner Geschäftsleitung zur Verfügung gestellt habe. Die Daten seien nach einer internen Aussprache an C. weitergegeben worden. Sie hätten, bevor der jeweilige Prospekt auf den Markt gekommen sei, ihre Daten im Prospekt u.a. wegen der Prospekthaftung nochmals nachgeguckt.
Der Zeuge Po. war nach seinen Angaben im Dezember 2006 Geschäftsführer der Musterbeklagten zu 2. Diese habe für den Prospekt nicht nur die Prognose der Schiffsbetriebskosten geliefert, sondern auch anderweitige technische Daten. Bevor der Prospekt veröffentlicht worden sei, habe die Musterbeklagte zu 2 diesen zur Freigabe erhalten. Dabei sei es jeweils um deren Part, also die Schiffsbetriebskosten und sonstigen technischen Daten gegangen.
Der Zeuge M. gab an, Ende des Jahres 2006 jedenfalls stellvertretender Geschäftsführer der Musterbeklagten zu 1 gewesen zu sein. Er könne sich erinnern, dass die Musterbeklagte zu 1 die den Markt betreffenden Bestandteile für die Prospekterstellung zusammengetragen habe. Für die Prospekterstellung sei die Musterbeklagte zu 3) verantwortlich gewesen, diese habe das letzte Wort gehabt. Das Material sei je nach Zuständigkeit beschafft worden, teilweise habe es die Bereederungsgesellschaft geliefert, hier also die Musterbeklagte zu 2. Für Bildmaterial und ähnliches sei eher die Musterbeklagte zu 1 zuständig gewesen, aber die Schiffsbetriebskosten hätten den Bereederer betroffen. Vor der Prospekterstellung habe es eine große Besprechung gegeben, an der die Musterbeklagten zu 1 und 3 teilgenommen hätten, Die Musterbeklagte zu 1 habe insofern den Kontakt mit der BaFIN gehabt. Es sei so gewesen, dass die Musterbeklagte zu 2 als Reederei die von ihr stammenden Daten finalisiert habe. Die Musterbeklagte zu 1 habe an der Fertigung von S.5 des Prospekts mitgewirkt. Diese sei am Ende nochmals besprochen worden, u. a. zwischen der Musterbeklagten zu 1 und 3, an dieser Besprechung hätten u.a. auch die Juristen der C.- Gruppe teilgenommen.
Nach den referierten Angaben der Zeugin, die entweder bei der C.- Gruppe oder der Bereederin, der Musterbeklagten zu 2 tätig waren, gab es für die Prospekterstellung verschiedene Zuständigkeiten. So lieferten die Fachabteilungen, so ist auch die Rolle der Musterbeklagten zu 2 in diesem Zusammenhang zu verstehen, für den jeweiligen Prospekt die Daten, die in ihre Kompetenz fielen, hier betraf dies nach den Angaben des Zeugen O. die S.20 bis 25. Das ist glaubhaft, weil sich im Prospekt ab S.20 Technologiedaten befinden bzw. auf S.24 auch die kalkulierten Schiffskosten, außerdem wird auf S.25 die Musterbeklagte zu 2 als Bereederin vorgestellt. Glaubhaft ist ebenso und entspricht den Erfahrungen des Senats mit Prospekthaftungsverfahren, dass der Prospekt zunächst aus einem vorher veröffentlichen Prospekt mit aktualisierten Daten entwickelt wurde und zwischen der Herausgeberin, der Musterbeklagten zu 3 und der mit der Erstellung des Prospektes befassten Musterbeklagten zu 1 diverse Besprechungen und schließlich eine Schlussbesprechung stattfanden. Ebenso glaubhaft ist es, dass die Daten vor Drucklegung den einzelnen Verantwortlichen, also auch den Musterbeklagten zu 1 und 2, zur Genehmigung vorgelegt worden sind.
Der Senat hat an der Glaubwürdigkeit der sechs vernommenen Zeugen keinen Zweifel. Diese waren sämtlich ersichtlich darum bemüht, ihre Angaben auf den Punkt genau zu machen und gaben auch an, an welche Details sie sich konkret erinnerten und an welche Details nicht, die sie nur aus der erinnerten Routine bei entsprechenden Angelegenheiten schilderten. Der Senat traut den Zeugen nicht zu, dass diese gemeinsam mit den Musterbeklagten einen Komplott geschmiedet haben, um das Gericht vorsätzlich mit der Unwahrheit zu bedienen.
Insgesamt ist damit davon auszugehen, dass die Musterbeklagte zu 2 entscheidenden Einfluss auf die Veröffentlichung der von ihr gelieferten technik- und kostenspezifischen Daten in dem Prospekt hatte und ihr aufgrund der Zusendung des Prospekts vor Drucklegung auch bekannt war, dass dessen Veröffentlichung jedenfalls kurz bevorstand. Entsprechende Überlegungen gelten für die Musterbeklagte zu 1, die andauernd in den Prozess der Prospekterstellung involviert gewesen ist.
dd) Neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF ist eine Haftung der Musterbeklagten zu 1 bis 3 unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung des unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung ausgeschlossen. Die Veranlasserhaftung nach § 13 VerkProspG, § 44 Abs. 1 S.1 Nr.2 BörsG aF erfasst die Gründungsgesellschafter als Veranlasser und als künftigen Vertragspartner des Gesellschaftsvertrags der Anlagegesellschaft. Die Haftung nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF verwirklicht in der Person des Gründungs- bzw. Altgesellschafters stets auch die Voraussetzungen des Verschuldens bei Vertragsschluss mittels Verwendens eines fehlerhaften Verkaufsprospekts (§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB). Wollte man diese allgemeinen Haftungsgrundsätze neben § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF ohne jede Einschränkung zur Anwendung bringen, liefe die gesetzgeberische Entscheidung, dem Gründungsgesellschafter als Veranlasser im Sinne des § 44 Abs. 1 S.1 Nr.2 BörsG aF die Möglichkeit zu eröffnen, sich mit dem Nachweis einfach fahrlässiger Unkenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Verkaufsprospekts zu entlasten (§ 45 Abs. 1 BörsG aF), und eine Sonderverjährungsfrist (§ 46 BörsG aF) anzuordnen, vollständig leer. Eine Haftung des Gründungs- bzw. Altsgesellschafters nach § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB kommt daher nur bei Sachverhaltskonstellationen in Betracht, die von der Regelung der § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF nicht erfasst sind.
ee) Die Übertragung dieser Grundsätze auf die nach § 44 Abs. 1 S.1 Nr.2 BörsG aF haftenden Gesellschafter steht § 47 Abs. 2 BörsG aF nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift bleiben weitergehende Ansprüche, die nach den Regeln des bürgerlichen Rechts auf Grund von Verträgen oder vorsätzlichen unerlaubten Handlungen erhoben werden können, unberührt. Eine Aussage zu vorvertraglichen Ansprüchen unter denselben Haftungsvoraussetzungen lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen. Der Wille des Gesetzgebers spricht für einen Ausschluss von Ansprüchen aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB neben solchen nach § 13 VerkProspG aF. Der Gesetzgeber des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes vom 28. Oktober 2004 (BGBl. I 2630) hielt im Zusammenhang mit der Anfügung einer neuen Nummer 3 in § 13 Abs. 1 VerkProspG aF ausdrücklich fest, Ansprüche aus zivilrechtlicher Prospekthaftung im weiteren Sinne gegen von § 13 VerkProspG, § 44 BörsG aF „nicht erfasste am Vertrieb der Vermögensanlagen im Sinne des § 8f Abs. 1 [VerkProspG aF] Beteiligte, z.B. Vermittler“, würden nicht berührt (BT-Drucks.15/3174, S.44). Dem lässt sich im Gegenschluss der gesetzgeberische Wille entnehmen, vorvertragliche Ansprüche gegen Adressaten der spezialgesetzlichen Prospekthaftung nicht zur Anwendung zu bringen (vgl. zu Vorstehendem BGH, Beschluss vom 19.01.2021, XI ZB 35/18 Rn.21 – 28 mwN).
Rein spekulativ und logisch nicht begründbar ist die Behauptung des Musterklägers, dass die Formulierung „am Vertrieb der Vermögensanlagen im Sinne des § 8f Abs. 1 Beteiligte, z.B. Vermittler“ schon eher dafür spreche, dass auch Gründungsgesellschafter von § 13 VerkProspG nicht erfasst seien. Der Vertrieb der Beteiligungen hat nicht das Geringste mit der – bei erfolgreicher Werbung – erfolgenden Aufnahme der weiteren Gesellschafter in die Publikumsgesellschaft zu tun, anlässlich derer die Gründungsgesellschafter Aufklärungspflichten treffen. Die Behauptung, der Vermittler sei „deutlich weiter entfernt“ als der Gründungsgesellschafter, negiert bereits den Unterschied zwischen konkreter und abstrakter Vertrauenshaftung. Genauso unzutreffend ist die Prämisse, dass der Gesetzgeber Konkurrenzverhältnisse stets ausdrücklich regelt. Insofern trifft der Vorwurf der konstruierten Argumentation in erster Linie den Musterkläger selbst. Der Verfahrensordnung unbekannt ist der vom Musterkläger geltend gemachte Aussetzungsgrund, „bis der BGH die Klärung in seiner Rechtsprechungshistorie herbeigeführt“ hat. Es scheint im Übrigen der Aufmerksamkeit des Musterklägers entgangen zu sein, dass für die Haftung nach dem VerkProspG nach dem Geschäftsverteilungsplan des BGH seit Jahr und Tag nur der XI. Senat zuständig ist, so dass mit einer Befassung des großen Senats mit der von ihm aufgeworfenen Frage nach dem fehlenden Vorrang der Prospekthaftung im engeren Sinn nicht zu rechnen ist (BGH, Hinweisbeschluss v. 23.01.2018, XI ZR 298/17 Rn.22).
Das vom Kläger für seine Rechtsmeinung zunächst ohne konkrete Fundstelle zitierte Urteil des BGH vom 19.11.2019, II ZR 306/18 differenziert nicht zwischen den dortigen Beklagten und lässt auch nicht erkennen, ob dort die Verjährungseinrede erhoben wurde. Das Urteil vom 08.01.2019, II ZR 139/17, Rn.23 betrifft die Frage von Aufklärungsmängeln bei fehlender Übergabe des Prospekts und hat keine Relevanz für die hier zu lösenden Rechtsfragen. Der Hinweisbeschluss (nicht „Urteil“) vom 03.01.2020, II ZR 98/19, verneint eine aufklärungspflichtige Verflechtung und befasst sich nicht mit der Haftung der dort verklagten Gründungsgesellschafterin und Komplementärin. Auch die weiteren vom Kläger wahllos und zunächst ohne Fundstelle zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs haben keine Relevanz für die hier zu treffende Entscheidung: Gegenstand des Urteils vom 24.04.2014, III ZR 156/13 war die Haftung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für ein unrichtiges Testat unter dem Gesichtspunkt der Expertenhaftung. Im Beschluss vom 26.11.2015, III ZR 78/15 kann in der zitierten Rn.16 nachgelesen werden, dass es um die Zurechnung „möglicher unrichtiger oder unzureichender Angaben des Zeugen H.“ zulasten der dort beklagten Gründungsgesellschafterin ging, also nicht um anonymisierte Prospekthaftung bzw. einen Prospekt als einziges Aufklärungsmittel, wie hier. Im Urteil vom 16.03.2017, III ZR 489/16 Rn.16 ff ging es um die Haftung der Treuhandkommanditistin für vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzungen. Solche können allerdings nicht Gegenstand eines KapMuG-Verfahrens werden, da sie nicht die Prospektinformation selbst, sondern daran anknüpfende individuelle Beratungsfehler betreffen (BGH, Beschluss vom 30.04.2019, XI ZB 13/18 Rn.17). Gegenstand des Urteils vom 13.08.2020, III ZR 148/19 war die Frage nach der Haftung des Gründungsgesellschafters der die dort streitgegenständlichen Erdgas- und Erdölförderrechte vertreibenden Gesellschaft. Der Musterkläger verkennt jedoch ebenso wie der dortige Kläger, dass es nicht um eine Haftung für den Erwerb einer Gesellschaftsbeteiligung ging, sondern um den Erwerb von besagten Förderrechten (wörtlich nachzulesen aaO, Rn.20).
Ebenso wenig erkennt der Musterkläger, dass aufgrund der Zurückweisung seiner Musterfeststellungsanträge noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Musterbeklagten gegebenenfalls wegen im Musterverfahren nicht festzustellender individueller Aufklärungsmängel haften. Zwar schreibt er selbst, dass die Prospekthaftung im engeren und im weiteren Sinne von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig seien und daher selbstständig nebeneinanderstehen. Dies ist richtig, bedeutet jedoch nicht, dass die Prospekthaftung im weiteren Sinne in den Bereichen greifen kann, in denen die Haftungsinteressen der Anleger bereits durch die verschärfte Prospekthaftung im engeren Sinne abgedeckt sind, so dass letztere zum Ausgleich für die verschärfte Haftung der Prospektverantwortlichen hinzunehmen haben, dass die Prospekthaftung im weiteren Sinne in deren Bereich durch die spezialgesetzliche, schneller verjährende Prospekthaftung verdrängt wird.
c. Soweit der Musterkläger mit dem Antrag 2.3 festgestellt wissen will, dass die Musterbeklagten verpflichtet waren, über die zu Feststellungsziel 1. festgestellten unrichtigen, unvollständigen und irreführenden Punkte in dem streitgegenständlichen Emissionsprospekt zum „C. Beteiligungsfonds IX“ aufzuklären, ist dieses Feststellungsziel nicht statthaft.
aa) Der Antrag ist – wie schon bei Einleitung des Musterverfahrens ausdrücklich hingewiesen (Beschluss v. 28.05.2018, S.4), s. aber auch die Ladungsverfügung vom 31.05.2021) – zu unbestimmt, weil sich diesem schon nicht entnehmen lässt, unter welchem Gesichtspunkt die Musterbeklagten verpflichtet sein sollen, über die zu Ziffer 1. festzustellenden unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Punkte aufzuklären. Der im Wege des Vorlagebeschlusses vorgelegte Antrag ist die Entscheidungsgrundlage des Musterverfahrens über die in ihm formulierten Feststellungsziele auch dann, wenn sie – wie hierden Anforderungen der § 11 Abs. 1 S.1 KapMuG, § 253 Abs. 2 Nr.2 ZPO nicht genügen. Dann muss, wenn auch nicht in der Sache, so doch im Sinne einer Zurückweisung des Feststellungsziels als unzulässig entschieden werden (BGH, Beschluss vom 06.07.2021, XI ZB 27/19 Rn.26).
bb) Die mit den Feststellungszielen 1.1 – 27 geltend gemachten Prospektfehler knüpfen nicht an aus dem Prospekt selbst ersichtliche Fehler – wie etwa Widersprüchlichkeiten im Text (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 06.10.2020, XI ZB 28/19 Rn.58 – 60) – an, sondern stützen sich auf die Publikation falscher, verharmlosender, irreführender, täuschender oder fehlende bzw. verheimlichte Tatsachen. Die Frage, ob solche Prospektfehler im Rahmen einer von einem Anlagevermittler oder -berater bzw. Treuhänder geschuldeten Plausibilitätsüberprüfung erkennbar sind, kann in einem Musterverfahren nicht verallgemeinerungsfähig geklärt werden.
cc) Die von einem Anlagevermittler geschuldete Plausibilitätsprüfung kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 05.03.2009, III ZR 17/08, Rn. 15) zwar in gewissem Umfang auch Ermittlungen einschließen, wenn es um Umstände geht, die nach der vorauszusetzenden Kenntnis des Anlagevermittlers/-beraters Zweifel an der inneren Schlüssigkeit einer im Prospekt mitgeteilten Tatsache zu begründen vermögen. An die Ermittlungen eines Anlagevermittlers dürfen andererseits aber keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; der mit der notwendigen Überprüfung verbundene Aufwand muss ihm zumutbar sein. Wo die Grenzen im Einzelfall zu ziehen sind, hängt weitgehend davon ab, welche Informationen der Anleger konkret abfragt und welches Vertrauen der Vermittler in Anspruch nimmt (BGH, aaO). Dementsprechend sind die konkreten Umstände des zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler individuell geführten Gesprächs, dem der Prospekt als Arbeitsgrundlage zugrunde liegt, und das von dem Vermittler im Einzelfall konkret in Anspruch genommene Vertrauen entscheidend dafür, ob der Vermittler aufgrund des im Prospekt enthaltenen Widerspruchs Anlass hat, Ermittlungen zum Prospektinhalt anzustellen. Damit lässt sich die Frage, ob der Prospektfehler für einen Anlagevermittler, der eine Plausibilitätsüberprüfung vorzunehmen hat, erkennbar ist, im Musterverfahren nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise für alle ausgesetzten Ausgangsverfahren klären.
dd) Ein Anlageberater ist dagegen zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich seine Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Er muss deshalb eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder den Kunden auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. Ein Berater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich dabei aktuelle Informationen über das Objekt, das er empfehlen will, zu verschaffen, BGH, Urt. v.16.9.2010, III ZR 14/10 Rn.10).
Eine unterlassene Prüfung der empfohlenen Kapitalanlage kann allerdings nur dann zu einer Haftung des Beraters führen, wenn bei dieser Prüfung ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder wenn erkennbar geworden wäre, dass die Empfehlung der Kapitalanlage nicht anleger- und/oder objektgerecht ist.
Ob der Berater bei der von ihm danach vorzunehmenden Prüfung die mit den Feststellungszielen 1. geltend gemachten Prospektfehler erkennen kann, lässt sich in einem Musterverfahren ebenfalls nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise für alle ausgesetzten Ausgangsverfahren klären. In dem Prospekt ist aber an keiner Stelle direkt ersichtlich, dass Tatsachen verharmlost, irreführend, verfälscht oder täuschend dargestellt oder fehlen bzw. verheimlicht werden. Zwar muss ein Berater, der einem Anlageinteressenten eine Beteiligung an dem Fonds empfiehlt, zu unklaren Punkten Erkundigungen einholen, um sich von dem Vorwurf des Verschuldens nach § 280 Abs. 1 S.2 BGB entlasten zu können. Ein bloßer Hinweis auf das Vorliegen von Unklarheiten genügt jedenfalls nicht, um das nach dieser Vorschrift vermutete Verschulden zu widerlegen. Die Frage, ob der Berater aufgrund der von ihm danach einzuholenden Erkundigungen erkennen kann, dass der Prospekt Fehler aufweist, lässt sich im Musterverfahren nicht verallgemeinerungsfähig klären. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die zur Entlastung des Beraters von diesem zu veranlassenden Erkundigungen etwa deswegen erfolglos bleiben, weil er entweder keine oder keine zutreffenden Auskünfte erhält. In diesen Fällen hängt die Klärung der Frage, ob der Berater den geltend gemachten Prospektfehler erkennen kann, von den konkreten Umständen im Zusammenhang mit den von ihm angestellten Ermittlungen ab. Maßgebend für eine Erkennbarkeit ist dabei insbesondere, ob der Berater alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um die einzuholende Auskunft zu erhalten, und ob im Fall einer erhaltenen unrichtigen Auskunft konkrete Anhaltspunkte bestehen, die es dem Berater ermöglichen, die Unrichtigkeit der Auskunft zu erkennen. Diese Gesichtspunkte können nicht generell, sondern nur individuell geklärt werden und damit nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein.
ee) Die unter 1.1 – 27 geltend gemachten Prospektfehler können allein im Zusammenhang mit dem Vorwurf, die Musterbeklagte zu 8) habe als Beteiligungstreuhänderin Aufklärungsfehler begangen, auch nach der Novelle des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes im Jahr 2012 nicht – auch nicht nach § 1 Abs. 1 Nr.2 KapMuG – Gegenstand eines Musterverfahrens sein (BGH, Beschluss vom 30.04.2019, XI ZB 13/18 Rn.16). Denn solche Feststellungsziele würden sich nicht auf die Verwendung einer fehlerhaften – öffentlichen Kapitalmarktinformation, sondern allgemein auf vorvertragliche und gesellschaftsvertragliche Aufklärungspflichten beziehen, deren Erfüllung durch die Verwendung einer öffentlichen Kapitalmarktinformation sie nicht voraussetzen (BGH, Beschluss vom 19.1.2021, XI ZB 35/18 Rn.19). Die vom Gesetzgeber beabsichtigte „moderate“ Erweiterung des Anwendungsbereichs des KapMuG hat nichts daran geändert, dass die öffentliche Kapitalmarktinformation als solche – und nicht die damit möglicherweise in Verbindung stehenden Aufklärungspflichtverletzungen eines Treuhänders – Voraussetzung des in den Ausgangsverfahren geltend gemachten vertraglichen oder vorvertraglichen Anspruchs sein muss (vgl. BT-Drs.17/8799, S.16). Nur unter dieser Voraussetzung können überhaupt Fragen aufgeworfen werden, die in einem Musterverfahren verallgemeinerungsfähig geklärt werden können (BGH, Beschluss vom 30.04.2019, XI ZB 13/18 Rn.17).
d. Soweit der Musterkläger mit dem Antrag 2.3 allgemein festgestellt wissen will, dass die Musterbeklagten für die unter 1.1 – 27 geltend gemachten Prospektfehler haftbar seien, ist dieses Feststellungsziel nicht nur zu unbestimmt, sondern auch nicht statthaft. Die damit der Sache nach begehrte Feststellung eines (Haftungs-)Anspruchs kann, anders als einzelne Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage, nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein (vgl. BGH, Beschluss vom 15.12.2020, XI ZB 24/16 Rn.163 mwN).
e. Da die zu den Feststellungszielen 1.1 – 27 geltend gemachten Prospektfehler ausschließlich als anspruchsbegründende Voraussetzung einer Haftung der Musterbeklagten unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung festgestellt werden sollen und eine solche Haftung – wie unter b) ausgeführt – aus Rechtsgründen nicht gegeben ist, kommt es auf Feststellungen zu Prospektfehlern nicht mehr an (BGH, Beschluss vom 19.01.2021, XI ZB 35/18 Rn.35).
2. Der Senat hat erwogen, die Kosten der durchgeführten Beweisaufnahme durch Erholung des Gutachtens und der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen R. und Einvernahme der Zeugen K., L. und M.-G. im Termin vom 07.05.2019 gem. § 21 GKG niederzuschlagen, weil es auf deren Ergebnis infolge der zitierten neueren Rechtsprechung des BGH nicht mehr ankommt. Allerdings war diese bei Erlass der Beweisanordnungen bis auf den Beschluss vom 23.10.2018, XI ZB 3/16, zu dem hier nicht anzuwendenden § 127 Abs. 1 InvG aF noch nicht bekannt; in eine andere Richtung wies das Urteil vom 09.07.2013, II ZR 9/12, in dessen Rn.26 es heißt, die Prospekthaftung im weiteren Sinne werde durch die spezialgesetzlichen Formen der Prospekthaftung nicht außer Kraft gesetzt.
3. Auf den Antrag der Musterklägervertreter ist nach § 41a RVG auszusprechen, dass diese wegen ihres nach Aktenlage ohne weiteres gegebenen hohen Aufwands für das Betreiben des Musterverfahrens Anspruch auf die Höchstgebühr von 0,3 aus dem Wert sämtlicher ausgesetzter Verfahren (1.384.832,05), also inklusive Mehrwertsteuer 2.134,74 € haben.


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