Bankrecht

Fälligkeit eines Darlehensrückzahlungsanspruchs – Rechtskraftwirkung klageabweisenden Ersturteils

Aktenzeichen  15 U 2172/15

Datum:
17.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2016, 415
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 133, § 157, § 286, § 288, § 488 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

1. Die materiell-rechtliche Einordnung des erhobenen prozessualen Anspruchs, etwa als Rückzahlungsanspruch eines Darlehens oder als gesellschaftsrechtlicher Auszahlungsanspruch nach erfolgter Auseinandersetzung, nimmt nicht an der Rechtskraft teil. (amtlicher Leitsatz)
2. Hat das Gericht des Erstprozesses die auf Rückzahlung eines Darlehens gestützte Klage bei gesellschaftsrechtlicher Qualifizierung wegen Fehlens einer Auseinandersetzungsbilanz als unbegründet abgewiesen, steht die Rechtskraft dieses Urteils einer späteren Klagewiederholung unter dem Gesichtspunkt der Darlehnsrückgewähr nicht entgegen. (amtlicher Leitsatz)
3. Die Klageabweisung im Erstprozess wegen Fehlens einer Auseinandersetzungsbilanz stellt eine Klageabweisung als zur Zeit unbegründet dar. Das Gericht des Folgeprozesses ist an die darin enthaltene rechtskräftige Verneinung der Fälligkeit gebunden. Der Kläger kann die Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs durch eine Kündigung nach Rechtskraft des Ersturteils herbeiführen. (amtlicher Leitsatz)

Verfahrensgang

30 O 8644/13 2015-05-15 Urt LGMUENCHENI LG München I

Gründe

Oberlandesgericht München
Az.: 15 U 2172/15
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
vom 17.02.2016
30 O 8644/13 LG München I
(nicht rkr.)
… Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit

– Kläger und Berufungskläger –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen

– Beklagte und Berufungsbeklagte –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
wegen Forderung
erlässt das Oberlandesgericht München – 15. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Landgericht … und den Richter am Oberlandesgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2015 folgendes
Endurteil
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 15.05.2015 (Az. 30 O 8644/13, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 25.11.2015) abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 125.139,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 114.141,86 € seit dem 05.05.2013 und aus einem weiteren Betrag von 10.997,23 € seit dem 05.06.2014 zu bezahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des danach vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche des Klägers aus einen mit „Darlehensvertrag“ überschriebenen Vertrag vom 19.05.2008 (Anlage K 1 = B 2) und die Frage, ob die Rechtskraft des klageabweisenden Urteils des Landgerichts München I vom 21.01.2011 (Az. 26 O 9939/09) der vorliegenden Leistungsklage entgegensteht.
Der Vertrag vom 19.05.2008 steht im Zusammenhang mit einem gescheiterten Bauprojekt in W. Der Kläger sowie Herr Wolfgang W. und Herr Markus T. einigten sich am 15.05.2008 in einem als „Konzeptpapier“ überschriebenen Text auf eine langfristige Zusammenarbeit im Bereich von Bauträger- und Immobilienentwicklungstätigkeiten (Anlage B 1). Für das „Erstgeschäft W.“ heißt es dort:
„Es wird als erste Projektgesellschaft die AL GmbH [= jetzige Beklagte] von MT (= Markus T.] verwendet. Für die Finanzierung des Projekts „W.“ wird eine Bankfinanzierung abgeschlossen. Die notwendigen Eigenmittel werden von KZ [= Kläger] in Form eines partiarischen Darlehns bis zu € 600.000,00 in die Gesellschaft eingebracht.
Darüber hinaus verzichten MT (p+p) [= Markus T.] und WW [= Wolfgang W.] auf 25% ihrer Honorare. Diese sind als Eigenmittel zu werten. (…)
Die Differenz des von den Beteiligten eingesetzten Eigenkapitals wird ermittelt und in Form von privaten Bürgschaften gegenüber KZ abgesichert.
Gewinnaufteilung
Die Gewinnaufteilung erfolgt wie in der anliegenden Kalkulation festgelegt in dem Verhältnis KZ 60% – WW 20% – MT 20%.“
Die Beklagte hatte in W. ein Grundstück erworben, das nunmehr bebaut werden sollte. Zur Finanzierung des Eigenmitteleinsatzes im Rahmen der Bauträgerfinanzierung und zur Vorfinanzierung der bis zum Erreichen des erforderlichen Vorverkaufsstandes anfallenden Kosten benötigte die Beklagte ein Darlehen. Am 19.05.2008 wurde zwischen dem Kläger und der Beklagten, die damals noch AL Projektentwicklungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH hieß, eine mit „Darlehensvertrag“ überschriebene Vereinbarung getroffen (Anlage K 1), auf die Bezug genommen wird).
Nach Ziffer 2. dieses Vertrages sollte der Kläger der Beklagten ein Darlehen in Höhe von 600.000,00 € gewähren. Unter Ziffer 11 waren „zur Sicherung der Ansprüche des Darlehensgebers“ „persönliche Bürgschaften“ des Markus T. und des Wolfgang W. in Höhe von jeweils 174.000,00 € bzw. ein Drittel des tatsächlich valutierten Darlehens vorgesehen.
An die Beklagte wurden im Jahr 2008 187.654,25 € ausgezahlt. Das Projekt wurde nicht zu Ende geführt. Inzwischen nahm der Kläger Herrn Markus T. aus dessen nach Ziffer 11 des „Darlehensvertrages“ gestellter Bürgschaft in Höhe von 62.545,16 € in Anspruch.
In dem Verfahren vor dem LG München I, Az. 26 O 9939/09 (im Folgenden: Erstprozess), verlangte der Kläger von der Beklagten mit Klage vom 28.05.2009 die Zahlung von 125.109,09 € nebst Zinsen seit dem 14.01.2009. Er stützte seine Klage auf den Vertrag vom 19.05.2008, den er als Darlehensvertrag wertete, und machte die Rückzahlung des der Beklagten gewährten Darlehens in Höhe von 187.654,25 €, abzüglich eines Betrages von 62.545,16 €, den er aufgrund der Bürgschaft von Herrn Markus T. gesondert einforderte, geltend (die Differenz bildete den Klageantrag von 125.109,09 €). Das LG München I wies die Klage mit Endurteil vom 21.01.2011 als „unbegründet“ ab. Zur Begründung führte es aus, dass der Kläger keinen Darlehensrückzahlungsanspruch habe, da das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien vom 19.05.2008 nicht als partiarisches Darlehen zu qualifizieren ist, sondern als stilles Gesellschaftsverhältnis. Nach Auflösung der Gesellschaft habe der Kläger lediglich Anspruch auf Auszahlung seines Anteils am Auseinandersetzungsguthaben. Dieser Anteil wurde noch nicht ermittelt (Urteil, Seite 6 oben). Das Landgericht legte anschließend unter Ziffer I. der Urteilsgründe dar, warum es den Vertrag vom 19.05.2008 als stillen Gesellschaftsvertrag auslegte. Es ging dort davon aus, dass die Gesellschaft wegen Zweckverfehlung im Dezember 2008 aufgelöst wurde (§ 726 BGB) und nunmehr die Auseinandersetzung vorzunehmen sei. Abschließend stellte es bei seinen Ausführungen zur Klage fest, „da nach Aktenlage noch keine Auseinandersetzungsbilanz erstellt wurde, kann über einen Zahlungsanspruch des Klägers nicht entschieden werden (Seite 7 Mitte).“
Mit Klage vom 16.04.2013 verlangte der Kläger gestützt auf den Vertrag vom 19.05.2008 die Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens in Höhe von 114.141,86 €, das er aus einer von ihm selbst vorgenommenen Berechnung ableitet. Nachdem die Beklagte einwandte, dass es sich bei dem Vertrag vom 19.05.2008 entgegen der Auffassung des Urteils im Vorprozess doch um einen Darlehensvertrag handeln dürfte, verlangte er mit Schriftsatz vom 21.02.2014 (Bl. 103 d. A.) mit dem neuen Hauptantrag die Zahlung von 125.139,09 €, da er sich im Falle eines Darlehensvertrages auch keine anteilige Verlustzuweisung abziehen lassen müsse.
Das Landgericht wies die Klage in dem mit Beschluss vom 25.11.2015 (Bl. 232 d. A.) berichtigten Endurteil vom 15.05.2015 (Bl. 186 d. A.) als unzulässig ab. Der Vertrag vom 19.05.2008 sei richtigerweise als Darlehensvertrag und nicht als Gesellschaftsvertrag zu verstehen. An die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses sei das Gericht durch das Urteil im Vorprozess nicht gebunden. Ansprüche des Klägers aus einem Darlehensvertrag seien aber schon mit dem Urteil im Vorprozess vom 21.01.2011 rechtskräftig abgewiesen worden. Damit stehe der erneuten Klage die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess (ne bis in idem) entgegen. Der Streitgegenstand des Vorprozesses und dieses Verfahrens seien identisch. In diesem Verfahren käme es auch nicht auf die gegenüber dem Vorprozess neue Tatsache der Auseinandersetzungsbilanz an, da der Darlehensrückzahlungsanspruch von einer solchen Auseinandersetzung nicht abhänge. Der Kläger sei auch nicht schutzwürdig, da es ihm offen stand, gegen das Urteil im Vorprozess Rechtsmittel einzulegen. Der materiellen Rechtskraft müsse wegen des damit verfolgten Rechtsfriedens der Vorrang vor den Interessen des Klägers zukommen.
Der Kläger wendet sich im Berufungsverfahren gegen dieses Verständnis der Rechtskraft des Urteils im Vorprozess. Die rechtliche Einordnung des Vertrages vom 19.05.2008 im Vorprozess sei auch für dieses Verfahren bindend, da dies zum Verständnis jener Entscheidung notwendig sei. Jedenfalls sei zu berücksichtigen, dass nunmehr die im Vorprozess verlangte Berechnung der Auseinandersetzung erfolgte und damit das (rechtliche) Hindernis, welche im Vorprozess noch angenommen wurde, beseitigt sei. Das landgerichtliche Urteil argumentiere widersprüchlich, wenn es einerseits verlange, dass im Zweitprozess die im Vorprozess verlangte Auseinandersetzung vorgetragen werden müsste, diese dann aber für rechtlich bedeutungslos halte. Weiter habe sich das Gericht im Erstprozess nicht mit einem Darlehnsrückzahlungsanspruch befasst; über diesen sei folglich auch nicht entschieden worden. Schließlich müsse dem Kläger Vertrauensschutz gewährt werden, da er sein Verhalten anhand des Urteils im Vorprozess ausgerichtet habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LG München I vom 15.05.2015 – Aktenzeichen 30 O 8644/13 – aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 125.139,09 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2011 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die Auffassung des Landgerichts, wonach der vorliegenden Klage die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess entgegenstehe. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess gebe es keine neuen Tatsachen, die erstmals zur Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs führen könnten. Der Darlehensrückzahlungsanspruch, der sich aus dem Vertrag vom 19.05.2008 ergebe, sei schon während des Vorprozesses (und damit vor dessen letzter mündlicher Verhandlung) fällig gewesen, sei es wegen der Kündigung des Klägers vom 22.12.2008 (Anlage B 16), sei es wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage des Darlehensvertrages oder sei es mit der als Kündigung zu wertenden Klage im Vorprozess selbst. Dem Kläger sei es wegen der Rechtskraft des Urteils im Vorprozess verwehrt, seine frühere Klage ohne Änderung der Tatsachengrundlage (nur) zu wiederholen. Allein der Zeitablauf stelle keine neue Tatsache dar, die eine erneute Entscheidung erlaube, zumal der Darlehensrückzahlungsanspruch damals wie heute fällig war.
Weiter trägt die Beklagte vor, dass der Kläger von Herrn Wolfgang W. „in Erfüllung der Bürgschaft“ anlässlich des Bauvorhabens „T.“ in G. Leistungen im Wert von 62.551,42 € erhalten habe, dieser die Bürgschaftsforderung mithin „abgearbeitet“ habe; bei der „Abrechnung der (Ingenieurs-)Leistungen wurden die Bürgschaftsforderungen berücksichtigt“. Zudem sei der Klageanspruch verjährt und die Verjährungseinrede werde erhoben.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 17.08.2015 (Bl. 207 d. A.) und vom 07.12.2015 (Bl. 236 d. A.) sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 16.11.2015 (Bl. 225 d. A.) und vom 26.01.2016 (Bl. 244 d. A.) Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg und führt zur Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 125.139,09 €. Lediglich der Zinsanspruch war teilweise abzuweisen.
1. Die Klage ist zulässig. Ihr seht insbesondere die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts München I vom 21.01.2011 (Az. 26 O 9939/09; Erstprozess ) nicht entgegen, da die neue Klage nicht gegen das sich aus der Rechtskraft abzuleitende Wiederholungsverbot verstößt.
Anerkannte Wirkung der Rechtskraft eines Urteils in späteren Prozessen ist, dass bei einer Identität der Streitgegenstände jede erneute Verhandlung und Entscheidung unzulässig sind (sog. ne bis in idem; BGH NJW 1995, 2993; Zöller/M. Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., vor § 322 Rdnr. 21; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 36. Aufl., § 322 Rdnr. 11). Grund hierfür ist der Gedanke der Bindung der Parteien an das Ersturteil, die auch im Zweitprozess beachtet werden muss. Das Wiederholungsverbot setzt aber voraus, dass über den geltend gemachten Zahlungsanspruch bereits im Erstprozess „entschieden“ (§ 322 Abs. 1 ZPO) wurde. Insoweit ist nicht allein der Vergleich der Streitgegenstände in beiden Verfahren maßgeblich, sondern, ob der Urteilsgegenstand des Erstprozesses einer erneuten sachlichen Prüfung des Klageanspruchs im Zweitprozess entgegensteht (Zöller/M. Vollkommer, vor § 322 Rdnr. 21). Dies ist nicht der Fall.
a) Die Streitgegenstände des Erstprozesses und dieses Verfahrens sind allerdings identisch. Der Streitgegenstand (prozessuale Anspruch) ist vom materiellen Anspruch zu unterscheiden. Er wird allein durch den Klageantrag und den vom Kläger zur Begründung vorgetragenen Sachverhalt gebildet (BGHZ 199, 159; NJW 2015, 2411). Danach liegt ein identischer Streitgegenstand vor, soweit in beiden Verfahren der Zahlungsantrag (in Höhe von 125.109,09 €) auf den (identischen) Vertrag vom 19.05.2008 (Anlage K 1) gestützt wird.
Unerheblich für die Ermittlung des Streitgegenstandes ist dagegen die rechtliche Qualifikation, also die rechtstechnische Einordnung dieser Vereinbarung als Darlehensvertrag, Gesellschaftsvertrag oder als ein sonstiges atypisches Rechtsverhältnis. Soweit das mit der Vereinbarung vom 19.05.2008 begründete Rechtsverhältnis im Erstprozess als stille Gesellschaft bewertet wurde, wird dies von der Bindungswirkung der Rechtskraft nicht erfasst. Die rechtliche Qualifikation eines Anspruchs nimmt als Vorfrage (Urteilselement) nicht an der Rechtskraft teil, da dies nicht Teil der „Entscheidung“ (vgl. § 322 Abs. 1 ZPO) über den Anspruch ist (BGH NJW 2003, 3058; Zöller/M. Vollkommer, vor § 322 Rdnr. 30 und 33; Thomas/Putzo/Reichold, § 22 Rdnr. 28). Eine verbindliche rechtliche Einordnung eines Rechtsverhältnisses müsste eigens von einer Partei beantragt werden (vgl. § 256 Abs. 2 ZPO).
b) Urteile sind nach § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage erhobenen Anspruch entschieden ist. Insoweit muss allerdings die Rechtskraft des Urteils vom 21.01.2011 in diesem Verfahren beachtet werden. Im Vorprozess wurde die Klageforderung jedoch nicht abschließend geprüft und dem Grunde nach abgewiesen; der Entscheidungsgegenstand des Erstprozesses blieb hinter dem Streitgegenstand des Erstprozesses zurück.
aa) Der Umfang des Entscheidungsgegenstandes im Vorprozess muss im Wege der Auslegung ermittelt werden, wozu nicht nur der Entscheidungssatz, sondern auch die Entscheidungsgründe („Urteilselemente“) heranzuziehen sind (BGHZ 93, 335; Zöller/M. Vollkommer, vor § 322 Rdnr. 31). Das Ersturteil beruht auf der Überlegung, dass der Klageanspruch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts noch nicht fällig war, weil eine Auseinandersetzungsbilanz notwendig sei. Über den Bestand der Forderung dem Grunde nach und zur Höhe der Forderung wurde (bewusst) nicht entschieden.
bb) Im Tenor des Endurteils vom 21.01.2011 wird die Klage „abgewiesen“. In den Gründen führt das erkennende Landgericht München I aus, dass es sich bei dem Vertrag vom 19.05.2008 um einen stillen Gesellschaftsvertrag handele, wobei der Anteil des Klägers nach Auflösung der Gesellschaft noch nicht ermittelt worden sei. Weiter stellt das Urteil vom 21.01.2011 fest, dass nach Aktenlage noch keine Auseinandersetzungsbilanz erstellt wurde und deshalb über einen Zahlungsanspruch des Klägers nicht entschieden werden kann. Im Erstprozess hat das Gericht den Zahlungsanspruch des Klägers nicht vollständig geprüft und darüber auch keine abschließende Entscheidung (im Sinne des mit der Klage anhängig gemachten Streitgegenstandes) getroffen. Vielmehr wurde die aktuelle Durchsetzbarkeit des Klageanspruchs im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Vorprozesses mit Hilfe einer einzigen rechtlichen Argumentation verneint und auf dieser Grundlage die Klage „abgewiesen“. Die Klageabweisung im Vorprozess ist also als „derzeit unbegründet“ zu verstehen.
c) Die Klage vom 16.04.2013 und ihre Erweiterung vom 21.02.2014 widersprechen nicht der Rechtskraft des Endurteils vom 21.01.2011. Die Rechtskraft des Urteils im Erstprozess verbietet keine sachliche Prüfung und Entscheidung über den erneut erhobenen prozessualen Anspruch, mit dem – ausweislich des Antrags – eine Zahlungspflicht der Beklagten ab dem 16.03.2011 geltend gemacht wird.
aa) Die Abweisung einer Klage im Vorprozess als „derzeit unbegründet“ (bzw. als nicht fällig) wird in der Rechtsprechung und Literatur meist unter dem Stichwort „Präklusion“ behandelt (vgl. BGHZ 143, 169). Dieses Urteil erlaube es dem Kläger des Vorprozesses die Fälligkeit seines Anspruchs noch herbeizuführen, um dann im Folgeprozess eine umfängliche Prüfung seines Anspruchs zu erreichen (Beispiel: nicht prüffähige Schlussrechnung). Dieser Konstellation liegt die (unausgesprochene) Prämisse zugrunde, dass die rechtliche Einordnung des Sachverhalts in Erst- und Folgeprozess identisch ist. Im vorliegenden Fall liegt eine Besonderheit vor, weil die rechtliche Einordnung des identischen Sachverhalts fraglich ist. Auf die rechtliche Einordnung des Vertrages vom 19.05.2008 kommt es jedoch bei der Beurteilung der Zulässigkeit der (zweiten) Klage nicht an. Die Wirkungen der Rechtskraft erfassen nur den Streitgegenstand; allein hierauf bauen sie auf. Die (materiell-)rechtliche Einordnung des prozessualen Anspruchs, die unbestrittenermaßen gerade nicht von der Rechtskraft erfasst wird, darf dann bei der Frage der Zulässigkeit der wiederholten Klage keine Rolle spielen. Soweit die Beklagte also meint, dass der Darlehensrückforderungsanspruch nicht fällig sei und nicht mehr fällig gestellt werden könne, betrifft dies die Begründetheit der Klage.
bb) Das Ersturteil meint aus der Rechtskraftfolge der „Präklusion“ den Schluss ziehen zu müssen, dass für den (nach seiner Ansicht vorliegenden) Darlehensrückzahlungsanspruch (konsequenterweise) keine Abschichtungsbilanz erforderlich ist und es deshalb auch keine neuen Tatsachen geben könne, die eine zweite sachliche Prüfung des Klageanspruchs erst rechtfertigten. Mit dieser Schlussfolgerung wird jedoch verkannt, dass das Ersturteil den damaligen Klageanspruch nur als „derzeit unbegründet“ abgewiesen hatte und damit keine endgültige Klärung des prozessualen Anspruchs des Klägers aus dem Vertrag vom 19.05.2008 erfolgte. Der gebotenen Prüfung, ob nach dem 15.12.2010 die Fälligkeit des Klageanspruchs eingetreten ist, hat sich das Landgericht mit dieser Argumentation entzogen.
Der Kläger behauptet nunmehr im Zweitprozess auch einen späteren Fälligkeitszeitpunkt seiner Klageforderung als im Erstprozess. Ob diese Behauptung zutrifft, ist eine Frage der Begründetheit. Mit der neuen Klage werden zwar (wieder) zwei Zahlungsansprüche (Hauptsache und Zinsen) verfolgt, die sich aus dem Vertrag vom 19.05.2008 ergeben sollen. Die neue Klage macht diese Zahlungspflicht der Beklagten aber zum 16.03.2011 geltend, während die Klage im Erstprozess eine Zahlung zum 14.01.2009 (siehe den dort gestellten Klageantrag vom 28.05.2009) verlangte. Der in diesem Verfahren maßgebliche Zeitpunkt liegt danach zeitlich nach dem Entscheidungszeitpunkt des rechtkräftigen Ersturteils (Sachstand vom15.12.2010, vgl. Beschluss vom 11.11.2010, Bl. 109/110 im Erstprozess). Eine Entscheidung über die neue Klage kann damit nicht im Widerspruch zum Ersturteil stehen, das sich zur Rechtslage im März 2011 nicht geäußert hat und sich dazu auch nicht äußern konnte. Fehlt es aber an einer sachlichen Prüfung des Klageanspruchs im Erstprozess, kann dessen rechtskräftige Entscheidung seiner Prüfung dieses Anspruchs im Zweitprozess nicht entgegenstehen.
cc) Eine danach gebotene sachliche Prüfung des Klageanspruchs verletzt die Beklagte nicht in ihrem schutzwürdigen Vertrauen auf den Bestand der Entscheidung im Erstprozess. Danach konnte sie gerade nicht davon ausgehen, keinen weiteren Ansprüchen des Klägers aus der Vereinbarung vom 19.05.2008 mehr ausgesetzt zu sein. Eine verbindliche Klärung einer Verlustbeteiligung des Klägers hat die Beklagte damals nicht herbeigeführt. Vielmehr versucht sie mit einer rechtlichen Argumentation dem Ersturteil eine Bedeutung beizumessen, die weder das Erstgericht wollte, noch die Parteien damals erwartet hatten.
2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein fälliger Zahlungsanspruch in Höhe von 125.139.09 € aus dem Darlehensvertrag vom 19.05.2008 zu (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB).
a) Der Vertrag vom 19.05.2008 gibt dem Kläger gegen die Beklagte einen Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 125.139,09 €.
aa) Der Senat muss die sich aus der Vereinbarung vom 19.05.2008 ergebenden Rechte und Pflichten der Parteien eigenständig prüfen. Er ist an die rechtliche Bewertung dieses Vertrages im Urteil vom 21.01.2011 nicht gebunden, sondern kann die Vereinbarung selbst auslegen (siehe oben 1. a).
bb) Der Vertrag vom 19.05.2008 begründet – wie auch vom Landgericht (EU, Seiten 6 bis 8) zutreffend erkannt – zwischen den Parteien einen Darlehensvertrag, welcher die Beklagte verpflichtet, die erhaltene Darlehensvaluta dem Kläger zurückzuzahlen. Diese rechtliche Einordnung war zuletzt zwischen den Parteien nicht mehr streitig und sie entspricht der Rechtslage.
Schon die Auslegung nach dem Wortlaut der Vereinbarung vom 19.05.2008 (vgl. § 133 BGB) spricht für einen Darlehensvertrag. Das Schriftstück ist so überschrieben und die Beteiligten werden als „Darlehensgeber“ und „Darlehensnehmer“ benannt. Die einzelnen Abreden über das Rechtsgeschäft erfolgen in der Terminologie und in den Rechtsinstrumenten des Darlehensrecht („Darlehenszweck“, „Darlehensgewährung“, „Verzinsung“, „Darlehenslaufzeit“). Allerdings darf bei der Auslegung des Vertrages nicht am Wortlaut gehaftet werden, sondern es ist nach dem tatsächlichen Willen der Vertragsschließenden zu forschen (§§ 133, 157 BGB). Aber auch die übrigen Umstände sprechen dafür, dass mit der Kapitalüberlassung eine Darlehensgewährung erfolgen und keine Gesellschaft verabredet werden sollte. Es wurden in Ziffer 11 Sicherheiten zugunsten des Klägers bestellt, die sich nach der Höhe der „tatsächlich valutierten“ Darlehnssumme richten. Die Darlehensgewährung entspricht auch der zeitlich unmittelbar vorgelagerten Abrede im Konzeptpapier, wonach für das „Erstgeschäft W.“ die Beklagte als Projektträgerin verwendet werden sollte und die zur Finanzierung notwendigen Eigenmittel vom Kläger in Form eines partiarischen Darlehens „eingebracht“ werden sollten. Der Zweck der Geldzuführung an die Beklagte war auf ein einziges Bauprojekt (vgl. Präambel) bezogen, dessen „Projektüberschuss“ wiederum die Bemessungsgrundlage des vereinbarten Zinses (Ziffern 4 und 6) sein sollte. Die in Ziffer 6 verabredeten Einsichtsrechte zugunsten des Klägers sprechen nicht gegen ein Verständnis der Vereinbarung als Darlehensvertrag. Zum einen sind solche Abreden aufgrund der Vertragsfreiheit ohne weiteres als Vereinbarungen in einem Darlehnsvertrag möglich und üblich. Vor allem aber erfasst das dort vereinbarte Einsichtsrecht nur die „das Projekt“ betreffenden Unterlagen, nicht die Geschäftstätigkeit der Beklagten im Allgemeinen. Die Regelung erfolgte zudem im unmittelbaren Zusammenhang mit der Bemessung des vereinbarten Zinses und sollte ersichtlich zur Überprüfung der Abrechnung dienen. Es spricht nichts dafür, dass es dem Kläger mit dem Vertrag vom 19.05.2008 gerade auf umfangreiche Einsichts-, Kontroll- und Mitspracherechte bei der Beklagten und nicht auf den vereinbarten Zinsgewinn angekommen wäre. Umgekehrt fehlen in der Vereinbarung vom 19.05.2008 alle sonstigen typischen Gesellschafterpflichten, wie zum Beispiel zu einer Zustimmung zur Änderung des Unternehmensgegenstandes oder zur Veräußerung des Unternehmens.
Das Urteil im Erstprozess vom 21.01.2011 vermischt seine Auslegung des Vertrages vom 19.05.2008 mit den weiteren Abreden der drei handelnden natürlichen Personen im Konzeptpapier vom 15.05.2008 (Anlage B 1). Dabei übersieht es, dass der Vertrag vom 19.05.2008, wie auch die auf Grundlage der Ziffer 11 gestellten Bürgschaften, auf dieser (Geschäfts-)Grundlage aufbauen und deren Umsetzung dienen. Die Beklagte ist aber nicht Partei des Konzepts, sondern selbst nur ein Vehikel, dessen wirtschaftliche Ziele umzusetzen. Weder dem Vertrag vom 19.05.2008 noch der Vereinbarung vom 15.05.2008 kann daher entnommen werden, dass der Kläger oder Herr Wolfgang W. oder sogar beide – wie das Urteil im Erstprozess meinte – stille Gesellschafter der Beklagten werden sollten. Gewollt und vereinbart wurde vielmehr die Gewährung eines Darlehens vom Kläger an die Beklagte, zu dessen Absicherung von den weiteren „Projektbeteiligten“ (Höchstbetrags-)Bürgschaften übernommen wurden.
cc) Der vertragliche Rückzahlungsanspruch ist in Höhe von 125.139,09 € entstanden. Die Auszahlung des Darlehens in Höhe von 187.654,25 € ist unstreitig. Der Kläger lässt sich davon einen Betrag von 62.545,16 € abziehen, den er durch die Zahlung des Bürgen Markus T. erhalten hat. Eine Verlustbeteiligung aus dem Scheitern des Projekts muss sich der Kläger nicht entgegenhalten lassen, da dies im Vertrag vom 19.05.2008 nicht vorgesehen ist. Der Darlehensvertrag kennt zwar eine Beteiligung des Klägers am Projektgewinn, da sich sein Zinsanspruch daran ausrichtet (Ziffer 4). Eine Beteiligung des Klägers am (Projekt-)Verlust, die zur Kürzung seines Darlehensrückzahlungsanspruchs führen könnte, ist darin jedoch nicht vorgesehen. Dies ergibt sich auch nicht im Wege der ergänzenden Auslegung des Vertrages vom 19.05.2008. Danach trägt die Beklagte als Darlehensnehmerin das Verwendungsrisiko für das empfangene Darlehen. Eine davon abweichende Regelung in Anlehnung an gesellschaftsrechtliche Abreden war – wie gezeigt – nicht gewollt. Umgekehrt trägt der Kläger als Darlehensgeber das Bonitäts- und Ausfallrisiko der Beklagten, soweit es ihm nicht über die nach Ziffer 11 gestellten Sicherheiten seiner Partner abgenommen wurde. Soweit die Beklagte meint, dass auch der Kläger (zumindest einen Teil) der wirtschaftlichen Nachteile aus dem Projekt tragen müsse, hat dies für die Beurteilung des zwischen den Parteien bestehenden Darlehensvertrages keine Bedeutung, da dieser ihm das genannte Risiko nicht zuweist.
b) Der Darlehensrückzahlungsanspruch ist im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (09.12.2015) fällig.
aa) Die vertragsgemäße Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs wurde in Ziffer 7 Satz 1 des Vertrages vom 19.05.2008 an die Übergabe der letzten Einheit an deren Erwerber geknüpft. Eine frühere Kündigung des Klägers setzte nach § 7 Satz 2 einen tatsächlich zur Verfügung stehenden Liquiditätsüberschuss voraus. Beide Alternativen setzen die planvolle Umsetzung des Vorhabens voraus. Nicht geregelt war dagegen, dass das Projekt (ohne vorherige Bebauung) scheitert. Diese Lücke im Vertrag ist durch den Rückgriff auf die gesetzliche Regelung des § 488 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB zu schließen. Danach kann das Darlehen von beiden Parteien mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
bb) Das Darlehen ist seit dem 25.06.2011 in Höhe von 114.141,86 €, in Höhe weiterer 10.967,23 € seit dem 05.06.2014 fällig.
(1) Zwischen den Parteien steht aufgrund des Urteils vom 21.01.2011 allerdings rechtskräftig fest, dass im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. dem entsprechenden Stichtag bei der Entscheidung im schriftlichen Verfahren des Erstprozesses (§§ 767 Abs. 2, 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO; gemäß Beschluss vom 11.11.2010, Bl. 109 des Erstprozesses am 15.12.2010) kein fälliger Zahlungsanspruch bestand. An diese rechtskräftige Feststellung ist der Senat gebunden, da die Rechtskraft des klageabweisenden Urteils bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals „Fälligkeit“ des Anspruchs zugrunde zu legen ist (als präjudizielle Feststellung, dazu Zöller/M. Vollkommer, vor § 322 Rdnr. 22). Insoweit darf im Zweitprozess diese Frage nicht anders als im Erstprozess beurteilt werden.
(2) Eine in den Jahren 2008 bis zum 14.10.2010 erklärte Kündigung des Darlehens durch den Kläger vermöchte nach § 488 Abs. 3 Satz 2 BGB keine Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs nach dem 15.12.2010 zu begründen. Eine noch im Jahr 2010, aber nach dem 15.10. ausgesprochene Kündigung liegt nicht vor.
(3) Eine nach dem 15.10.2010 ausgesprochene (Teil-)Kündigung des Darlehens ist aber im Schreiben des Klägers vom 23.03.2011 (Anlage K 5) zu erkennen, in dem er die Beklagte aufforderte, an ihn den „Abrechnungsbetrag“ von 114.141,86 € zu zahlen (§§ 133, 157 BGB).
Die Kündigung nach § 488 Abs. 3 Satz 1 BGB stellt eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar (Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 488 Rdnr. 23).Sie kann auch konkludent mit dem Verlangen (oder mit der Klage) der Rückzahlung des Geldes erklärt sein; der Zeitpunkt, zu dem gekündigt wird, muss nicht angegeben werden; es ist im Zweifel der nächst zulässige Termin (Palandt, a. a. O.).
Die Aufforderung des Klägers vom 23.03.2011 gibt seinen Wunsch zu erkennen, dass er die Rückzahlung der Gelder verlangt, die er der Beklagten für das Projekt in W. zur Verfügung gestellt hatte. Zwar handelte er insoweit „unter falschem Recht“, als er im Eindruck des Urteils vom 22.01.2011 von einem Gesellschaftsverhältnis ausging. Dies steht jedoch nicht dem Verständnis als Kündigung eines Darlehensanspruchs entgegen. Auch aus Sicht der Beklagten macht diese rechtliche Einordnung des Anspruchs keinen Unterschied, da sie sich damit so oder so mit ihrer (Rück-)Zahlungspflicht auseinandersetzen muss.
Die Kündigung des Darlehens betraf jedoch nur den damals verlangten Betrag von 114.141,86 €. Eine Teilkündigung des Darlehens ist möglich und der Rückzahlungswille des Klägers wurde ausdrücklich auf diesen Betrag beschränkt.
(4) Eine weitere Kündigung liegt in der Klageerweiterung vom 21.02.2014 (der Beklagten zugestellt am 04.03.2014). Insoweit wurde die frühere Kündigung bestätigt, als sich der Kläger nunmehr ausdrücklich auf den Standpunkt stellt, dass ein Darlehensvertrag geschlossen wurde; sein Wille geht nunmehr dahin, die gesamte noch offene Darlehensforderung zu verlangen (§§ 133, 157 BGB).
(5) Aufgrund der beiden Kündigungen vom 23.03.2011 (der Beklagten mutmaßlich zugegangen am 24.03.2011, vgl. § 130 Abs. 1 BGB) und vom 21.02.2014 ergeben sich nach § 488 Abs. 2 Satz 3 BGB die Fälligkeitszeitpunkte vom 25.06.2011 und vom 05.06.2014. Dieses Ergebnis steht – wie oben unter Ziffer 1 ausgeführt – mit der rechtskräftigen Entscheidung im Ersturteil vom 21.01.2011 nicht im Widerspruch. Die von der Beklagten im Schriftsatz vom 26.01.2016, Seiten 2 und 3 (Bl. 245 f d. A.) vorgetragenen Fälligkeitszeitpunkte (außerordentliche Kündigung vom 22.12.2008, Klageerhebung im Erstprozess am 28.05.2009, Wegfall der Geschäftsgrundlage im Oktober 2008) mögen bei einer materiell-rechtlichen Betrachtung zutreffen und könnten damit die Unrichtigkeit des Urteils vom 22.01.20011 begründen. Aufgrund dieses Urteils im Erstprozess steht aber zwischen den Parteien (bindend) fest, dass diese Umstände nicht zur Fälligkeit des (prozessualen) Klageanspruchs geführt hatten. Das Ersturteil hindert den Kläger aber nicht, nach dessen Erlass doch noch die Fälligkeit des – nicht fälligen – Klageanspruchs herbeizuführen (vgl. BGHZ 143, 169). Hierzu reicht jedoch – bei zutreffender Rechtsanwendung – schon die (schlichte) Kündigung des Darlehens aus.
3. Die Klageforderung ist weder wegen des Verlusts der Aktivlegitimation noch im Wege der Aufrechnung ganz oder teilweise erloschen.
a) Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich nicht, dass Herr Wolfgang W. die gegen ihn gerichtete Bürgschaftsforderung des Klägers, die gemäß Ziffer 11 des Vertrages vom 19.05.2008 bestellt wurde, erfüllt hat, mit der Folge, dass die gesicherte Darlehensforderung in dieser Höhe auf ihn als Bürgen übergegangen wäre (§§ 774 Abs. 1 Satz 1, 362 BGB).
Die Beklagte trägt weder eine Erfüllung der Bürgschaftsforderung durch Zahlung (vgl. § 362 BGB), noch eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung mit einem fälligen Honoraranspruch (§§ 388, 387 BGB), noch eine Leistung des Bürgen an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1 BGB) vor.
aa) Eine Aufrechnung des Bürgen Wolfgang W. liegt nicht vor. Eine Aufrechnungserklärung des Bürgen wird nicht vorgetragen und der Honoraranspruch des Bürgen gegen den Kläger (und nicht etwa gegen eine seiner Gesellschaften) wird nicht näher nach Grund und Höhe dargestellt.
bb) Für eine Leistung an Erfüllungs statt wird nicht vorgetragen, dass der Kläger eine Dienstleistung des Bürgen als Erfüllung der offenen Bürgschaftsforderung „angenommen“ hat (vgl. § 364 Abs. 1 BGB). Die von der Beklagten hierzu nur vorgetragene – vom Kläger bestrittene – „Berücksichtigung“ der erbrachten Ingenieursleistung lässt auch viele andere rechtliche Bewertungen zu, wie zum Beispiel dass der Kläger Herrn W. aus dem Bürgschaftsvertrag entlassen hat (§ 397 BGB) oder mit ihm eine Stundungsabrede getroffen hat. Hieraus könnte die Beklagte als Hauptschuldnerin des Darlehensanspruchs jedoch nichts für sich ableiten.
cc) Auf die letzte Stellungnahme des Klägers vom 04.02.2016 kommt es nicht an, da er eine vom Beklagten schon erstinstanzlich vorgetragene Verrechnungsabrede schon bestritten hatte (vgl. Schriftsatz vom 23.07.2014, Seite 14 = Bl. 133 d. A.).
b) Die Klageforderung ist nicht im Wege der Aufrechnung mit einem gegenläufigen Anspruch der Beklagten erloschen. Insoweit fehlt es schon an einer Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB), so dass es auf den Bestand etwaiger Gegenforderungen nicht weiter ankommt.
4. Der Darlehensrückzahlungsanspruch ist nicht verjährt. Die Beklagte hat zwar die Einrede der Verjährung erhoben (§ 212 BGB). Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB war jedoch in den Zeitpunkten der Klageerhebung und der Klageerweiterung noch nicht abgelaufen. Die Verjährung wurde damit in Höhe von 125.139,09 € gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
aa) Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB begann hinsichtlich des Darlehensrückzahlungsanspruchs nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit der Entstehung dieses Anspruchs zu laufen. Unter der Entstehung des Anspruchs ist regelmäßig dessen Fälligkeit zu verstanden (Palandt/Ellenberger, BGB, § 199 Rdnr. 3 und 4 für durch Kündigung geltend zu machende Ansprüche). Der Darlehensrückzahlungsanspruch war jedoch – wie oben ausgeführt -in Höhe von 114.141,86 € erst ab dem 25.06.2011 und in Höhe von weiteren 10.997,23 € seit dem 05.06.2014 fällig. Die Verjährungsfrist endete nach § 199 Abs. 1 BGB somit wegen des im Jahr 2011 fällig gewordenen Teilbetrags am 31.12.2014 und wegen des 2014 fälligen Teilbetrages ohnehin erst zum 31.12.2017.
bb) In Höhe von 114.141,86 € wurde die Verjährung durch die Klage vom 16.04.2013 (der Beklagten zugestellt am 04.05.2013) und wegen des Rests durch die Klageerweiterung vom 21.02.2014 (zugestellt an die Beklagte am 04.03.2014, Bl. 109 d. A.) vor Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Auf die Hemmung der Verjährung während des Erstprozesses kommt es folglich nicht weiter an.
5. Der Zinsanspruch des Klägers gegen die Beklagte besteht nicht in voller Höhe. Insoweit bleibt es im Ergebnis teilweise bei der Klageabweisung des landgerichtlichen Urteils.
a) Der Kläger kann von der Beklagten keine Verzugszinsen aus einem Betrag von 114.141,86 € seit dem 16.03.2011 verlangen, da sich die Beklagte zu diesem Zeitpunkt nicht im Verzug mit der Rückzahlung der Darlehensvaluta (§§ 286, 288 BGB) befand.
aa) Der Darlehensrückzahlungsanspruch des Klägers wurde erst durch das als Kündigung zu verstehende Schreiben vom 23.03.2011 (frühestens) zum 25.06.2011 fällig gestellt. Vor dem 25.06.2011 fehlte es an einem fälligen und durchsetzbaren Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte, was den Verzug ausschließt (Palandt/Grüneberg, § 286 Rdnr. 9).
bb) Die Beklagte kam auch nicht zum 25.06.2011 oder zu einem späteren Datum bis zur Klageerhebung im Jahr 2013 mit der Rückzahlung in Verzug. Das Schreiben des Klägers vom 06.04.2011 (Anlage K 6) enthält zwar eine Mahnung nach § 286 Abs. 1 BGB. Diese erfolgte aber ebenfalls (deutlich) vor Fälligkeit des Zahlungsanspruchs und ist damit wirkungslos (Palandt/Grüneberg, § 286 Rdnr. 16). Weiterer Vortrag zum Verzugseintritt der Beklagten erfolgte nicht.
b) Der Kläger kann jedoch von der Beklagten die Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen (§§ 288, 291 Satz 1 BGB) verlangen.
aa) Das Klagebegehren erfasst bei vernünftiger Würdigung (§§ 133, 157 BGB) auch den Anspruch auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen (§ 308 Abs. 1 ZPO).
bb) Hinsichtlich des (ursprünglichen) Klagebetrags von 114.141,86 € schuldet die Beklagte Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit der Klage am 04.05.2013 (Bl. 9 d. A.), also ab dem 05.05.2013 (§ 187 Abs. 1 BGB; Palandt/Grüneberg, § 291 Rdnr. 6). Der Zahlungsanspruch war bei Klageerhebung insoweit auch bereits fällig.
cc) Hinsichtlich des weiteren Betrags aus der Klageerweiterung vom 21.02.2014 schuldet die Beklagte Rechtshängigkeitszinsen ab der Fälligkeit des Darlehensrestes (§ 291 Satz 1letzter Satzteil BGB), mithin ab dem 05.06.2014.
6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 92 Abs. 2, 97 ZPO, wobei sich das Teilunterliegen des Klägers mit seiner Zinsforderung nicht auswirkt.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO). Die hier zu erörternden Fragen der Rechtskraft eines die Klage als derzeit unbegründet abweisenden Urteils sind in der Rechtsprechung des BGH noch nicht abschließend geklärt und dienen der Fortbildung des Rechts.

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