Bankrecht

Kein Anspruch auf Auskunft aus einem Gesellschaftsvertrag

Aktenzeichen  11 C 761/18

Datum:
17.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 57636
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Erlangen
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 3, § 4, § 130a Abs. 4
HGB § 105 Abs. 3, § 1118 Abs. 1, § 161 Abs. 2
BGB § 716 Abs. 1
GKG § 48, § 63 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf „bis“ 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch gegen die Beklagte nicht zu, insbesondere nicht aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis, § 18 des Gesellschaftsvertrages oder §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3, 118 Abs. 1 HGB, 716 Abs. 1 BGB. Denn der Kläger ist selbst nicht Gesellschafter der Klägerin und einem solchen auch nicht gleichgestellt.
a) Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 05. Februar 2013 – II ZR 134/11 – BGHZ 196, 131, nach Juris) hat zu Recht wie folgt entschieden:
Ein Anleger, der sich mittelbar über eine Treuhänderin an einer Publikumsgesellschaft (hier: in der Form einer GmbH & Co. KG) beteiligt hat, hat gegen die Gesellschaft und die geschäftsführende Gesellschafterin einen Anspruch darauf, dass ihm die Namen und die Anschriften der (anderen) mittelbar und unmittelbar beteiligten Anleger mitgeteilt werden, wenn er nach den vertraglichen Bestimmungen, insbesondere der Verzahnung des Gesellschafts- und des Treuhandvertrages, im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft die einem unmittelbaren Gesellschafter entsprechende Rechtsstellung erlangt hat (Leitsatz).
Bei einem Gesellschaftsvertrag einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft ist das Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, selbstverständlich. Dieses Auskunftsrecht steht auch einem Treugeber zu, der im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zu den Treugebern einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt ist (BGH, a.a.O., Rdnr. 12).
b) An einer solchen Gleichstellung fehlt es jedoch im vorliegenden Fall.
Zwar liegt auch hier eine gewisse „Verzahnung“ der Beitrittserklärung, des Gesellschafts- und des Treuhandvertrages vor. Die Beteiligung von Treugebern über den Treuhandkommanditisten an der Beklagten war von vornherein vorgesehen, wie sich aus dem Prospekt (K2, dort Seite 5) ergibt. Die Beitrittserklärung des Klägers nimmt auf die Regelungen des Gesellschafts- als auch des Treuhandvertrages Bezug. Der Gesellschaftsvertrag bezeichnet die Treugeber – rechtlich unkorrekt und sprachlich verwirrend – verschiedentlich als „Treugeberkommanditisten“ (vgl. § 3 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag, nicht aber als „Kommanditisten“, § 3 Abs. 2).
Anders als in dem vom BGH (a.a.O.) entschiedenen Fall bestimmt der Gesellschaftsvertrag eine Gleichbehandlung von Gesellschaftern und Treugebern aber gerade nicht. Die Treuhandkommanditistin sollte sich vielmehr rechtlich im eigenen Namen an der Beklagten beteiligen und nur wirtschaftlich für Rechnung und im Interesse der Treugeber handeln (§ 4 Abs. 3, § 6 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag), wie es auch einem zweiseitigen Treuhandverhältnis eigen ist. Während die Gesellschafter gemäß § 7 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag untereinander verpflichtet sind, den Gesellschaftszweck zu fördern, beschränkt sich die Verpflichtung des Treugebers gemäß § 7 Abs. 2 ff. im Wesentlichen auf die Zahlung seiner Einlage. Die Kontrollrechte stehen gemäß § 18 Gesellschaftsvertrag den Kommanditisten, eingeschränkt auch den Direktkommanditisten, nicht jedoch den Treugebern zu. Auch haben die Treugeber (anders als Komplementäre, Direktkommanditisten und Treuhandkommanditisten) kein eigenes Recht, die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zu verlangen (§ 12 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag), womit auch das Argument des Klägers, er benötige die Daten der anderen Treugeber, um die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung verlangen zu können, ins Leere geht.
Hinzu kommt, dass die Treugeber hier kein originäres Stimmrecht ausüben können (wiederum anders als im Fall des BGH a.a.O., wobei der BGH auf diesen Gesichtspunkt besonderes Gewicht legte, dort Rdnr. 20). Zwar können die Treugeber ein Stimmrecht ausüben, wenn sie sich von der Treuhandkommanditistin hierzu bevollmächtigen lassen (§ 6 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag), wobei sie auf die Erteilung der Vollmacht einen Anspruch haben (§ 5 Abs. 5 Treuhandvertrag), jedoch stellt diese Regelung damit auch klar, dass die Treugeber nur ein abgeleitetes Stimmrecht ausüben und ihnen ein eigenes (originäres) Stimmrecht nicht zusteht.
2. Kostenentscheidung: § 91 ZPO. Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3, 4 ZPO, 48, 63 Abs. 2 GKG.
Den Streitwert bemisst das Gericht mit „bis“ 1000 €. Die Beklagte wendet zu Recht ein, dass hier nicht auf die Kosten der Auskunftserteilung für die Beklagte abzustellen ist, sondern auf das Interesse des Klägers an der Auskunftserteilung (Angreiferinteresseprinzip; vgl. MüKoZPO/Wöstmann ZPO § 3 Rn. 4, BeckOK ZPO/Wendtland ZPO § 2 Rn. 4, beide nach Beck-online). Der Kläger begründet sein Interesse damit, dass eine erhebliche Besorgnis bestehe, dass die Beklagte die Geschäftsführung nicht ordentlich ausführe. Um eine effektive Kontrolle der Beklagten und der Geschäftsführung zu gewährleisten, bedürfe es eines Informationsaustausches zwischen den „Gesellschaftern“. Der Sache nach geht es also um einen etwaigen Schadensersatzanspruch, von dem allerdings noch unklar ist, ob er überhaupt besteht und gegebenenfalls in welcher Höhe. Diesbezüglich erhofft sich der Kläger einen Austausch mit „anderen Gesellschaftern“ und will anregen, gemeinsam externe Sachverständige (Wirtschaftsprüfungsunternehmen) zu beauftragen. Auch diese Vorstellung ist noch ganz vage, schon weil offen ist, ob die „anderen Gesellschafter“ hierzu überhaupt bereit sind.
Zwar soll ein Auskunftsanspruch hoch zu bewerten sein, wenn der Kläger nicht einmal weiß, welche Rechte ihm zustehen (Scheider/Herget, Streitwertkommentar, 14. Aufl., Rdnr. 1400). Dies ist nachvollziehbar, wenn (wie in dem Beispiel a.a.O.) feststeht oder der Kläger jedenfalls davon ausgeht, dass ihm sicher Ansprüche zustehen und wenn die begehrte Auskunft die Rechtsverfolgung ermöglicht oder erleichtert. So liegen die Dinge hier indessen nicht. Der Kläger weiß weder, ob ihm überhaupt (Ersatz-)Ansprüche zustehen, noch, ob ihm die Benennung der Mitgesellschafter bei der Verfolgung seiner Ansprüche tatsächlich weiterhilft.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände bemisst das Gericht den Streitwert mit 5 bis 10 % der Anlagesumme.


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