Bankrecht

Kein Berufshaftpflichtversicherungschutz für die Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers (Contor) als Gründungskommanditist einer Publikums-KG (Cinerenta)

Aktenzeichen  27 O 9065/15

Datum:
10.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AVB-W § 4 Nr. 6
VVG aF VVG aF § 154 Abs. 1 S. 1, § 157
VVG VVG § 106 S. 1
InsO InsO § 177, § 178 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Betätigt sich eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Gründungskommanditistin einer Publikums-KG, handelt es sich hierbei um eine vom Versicherungsschutz einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer in § 4 Nr. 6 AVB-W ausgeschlossene unternehmerische Tätigkeit. Demgemäß sind Schadensersatzansprüche der beitretenden Anleger wegen der Verletzung von den Gründungskommanditisten treffenden Aufklärungspflichten nicht von einer etwaigen Deckungspflicht des Berufshaftpflichtversicherers umfasst. Jedenfalls wenn die mittelbaren Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag den Direktkommanditisten weitgehend gleichgestellt sind, resultieren Aufklärungspflichten über das Anlageobjekt aus dem Gesellschaftsverhältnis (vgl. auch OLG München BeckRS 2016, 19446). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Anerkenntnis des Haftpflichtanspruchs durch den im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Versicherungsnehmers bestellten Insolvenzverwalters stellt für sich genommen kein Anerkenntnis iSv § 154 Abs. 1 S. 1 VVG aF (= § 106 S. 1 VVG nF) dar. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 38.565,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch des Hilfsantrags unbegründet.
1. Nichtversicherte Tätigkeit
Die in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung umfasst nur Ansprüche, die dem typischen Berufsbild eines Wirtschaftsprüfers entsprechen. Die vorliegend geltend gemachten Ansprüche gegen die … werden aber auf vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzungen gestützt. Dabei handelt es sich um eine Tätigkeit, die nicht dem typischen Berufsbild eines Wirtschaftsprüfers entspricht.
Bei dem durch die Pflichtverletzung durch die Versicherungsnehmerin verursachten Schaden handelt es sich nicht um ein durch die Beklagte versichertes Risiko.
a. Der Umfang des Versicherungsschutzes wird durch die Risikobeschreibung zur Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer beschrieben.
Danach umfasst der Versicherungsschutz die Erledigung der beruflichen Aufgaben eines Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers gemäß §§ 2, 43 Abs. 4 Ziffer 1 und 4, 129 WPO (so VH 7801:02, Ziffer 1, welche vom 1.7.1996 – 31.12.1998 galten) bzw. gemäß § 2, § 43 a, § 129 WPO (so VH 555:01 und VH 555:02 2000.1, welche vom 1.1.1999 bis 31.8.2000/1.9.2000 bis 30.6.2002 galten). Gemäß § 2 III Ziffer 3 WPO (in der ab 1.1.1995 gültigen Fassung) sind Wirtschaftsprüfer zur treuhänderischen Verwaltung befugt. Gemäß § 43 IV Nr. 4 WPO (in der vom 5.11.1975 bis 31.12.1994 gültigen Fassung/Absatz IV ist in der ab 1.1.1995 gültigen Fassung gestrichen) ist mit dem Beruf eines Wirtschaftsprüfers die treuhänderische Verwaltung vereinbar.
Demensprechend wurden in der Risikobeschreibung in den AVB-W VH 555:01 (Anlage BLD 26) die versicherten Risiken geregelt und die treuhänderische Verwaltung explizit aufgeführt. Nicht versichert waren unternehmerische Tätigkeiten, wie sich auch aus der Regelung des Deckungsausschlusses gemäß § 4 Nr. 6 AVB-W (Anlage BLD 26) ergibt.
b. Bei der Beurteilung der Frage, in welchen Pflichtenkreis die der Contor vorgeworfene Aufklärungspflichtverletzung einzuordnen ist, handelt es sich um eine Rechtsfrage. Bei der Beurteilung, ob die zur Haftung führende Tätigkeit dem typischen Berufsbild eines Wirtschaftsprüfers unterfällt ist zu unterscheiden: Bei der treuhänderischen Verwaltung von Gesellschaftsanteilen handelt es sich grundsätzlich um eine Tätigkeit, die vom Berufsbild des Wirtschaftsprüfers umfasst ist. So führt § 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO in der ab 1.1.1995 gültigen Fassung ausdrücklich die treuhänderische Verwaltung, wie sie auch in den Versicherungsbedingungen genannt ist, auf. Allgemein gilt im Rahmen der Berufsträgerhaftung für Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwälte, dass die Tätigkeit des jeweiligen Berufsträgers, der als solcher nach außen aufgetreten ist, insgesamt der jeweiligen Berufsträgerhaftung unterfällt, auch wenn sie nicht dem Kernbereich der Tätigkeit des Berufsträgers unterfällt und auch von den Angehörigen anderer Berufsgruppen ausgeübt werden könnte. So unterfällt eine steuerberatende Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers der Wirtschaftsprüferhaftung und nicht etwa dem abweichenden Regeln der Steuerberaterhaftung (vgl. BGH, Urteil vom 06.11.1980, Az.: VII ZR 237/79, BGHZ 78, 335).
Nicht vom Versicherungsschutz erfasst sind dagegen unternehmerische Tätigkeiten der Versicherungsnehmerin. Das Tätigwerden als Gründungskommanditistin im Rahmen einer Publikums KG ist als solche unternehmerische Tätigkeit zu beurteilen, die nicht in den üblichen Berufsumfang eines Wirtschaftsprüfers fällt. Die spezifischen Aufklärungspflichten, die eine Gründungskommanditistin gegenüber beitretenden Anlegern treffen, sind daher nicht von einer etwaigen Deckungspflicht der Beklagten aus der Berufshaftpflichtversicherung umfasst. Jedenfalls wenn die mittelbaren Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag den Direktkommanditisten weitgehend gleichgestellt sind, resultieren Aufklärungspflichten über das Anlageobjekt, welche die Rechtsprechung bei der Publikumsgesellschaft für den Kreis der Gründungsgesellschafter entwickelt hat, aus dem Gesellschaftsverhältnis (ebenso LG … Urteil vom 12.7.2013, 3 O 23780/11(2); bestätigt durch OLG …, Beschluss vom 5.3.2014, 13 U 3481/13 und BGH, Beschluss vom 10.12.2014, IV ZR 116/14).
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Haftung einer Treuhandkommanditistin gegenüber beitretenden Anlegern zu einer Publikums-KG wird nicht klar zwischen der Haftung als Treuhänderin und der Haftung als Gründungskommanditistin unterschieden. Einleitend zur Haftungsfrage wird vielmehr unscharf darauf abgestellt, dass die jeweilige Haftungsschuldnerin sowohl Treuhandkommanditistin als auch Gründungsgesellschafterin ist (vgl. BGH, Urteil vom 24.05.1982, Az.: VIII ZR 181, 81, BGHZ 84, 141, 143 ff.; BGH, Urteil vom 01.06.1994, Az.: VIII ZR 36/93, BGHZ 126, 166, 169 ff.; BGH, Urteil vom 17.12.2009, Az.: III ZR 62/08; BGH, Urteil vom 15.07.2010, Az: III ZR 322/08). Die Analyse der für den Haftungsprozess behaupteten und hier zu unterstellenden Pflichtverletzungen ergibt jedoch, dass es sich um Pflichten handelt, die primär aus der gesellschaftsrechtlichen Sonderbeziehung resultieren. Zwar haben die Anleger mit ihrer Beitrittserklärung ausdrücklich einen Treuhandvertrag und nicht einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen. Jedoch gaben die Anleger zugleich ein Angebot auf Erwerb einer Beteiligung an der Fondsgesellschaft über die Contor ab und bevollmächtigten und beauftragten die Contor, alle Erklärungen abzugeben, die zum Vollzug ihres Beitritts erforderlich sind (vgl. Anlage K1). Sie erteilten mithin den Auftrag und die Vollmacht an die Treuhänderin, den Beitritt als Gesellschafter zu bewirken.
Die eintretenden Treugeber waren – entsprechend den Regelungen im Gesellschaftsvertrag – in ihren Rechten und Pflichten Direktkommanditisten weitgehend gleichgestellt. So wurden die Treugeber im Verhältnis zu Gesellschaftern und den Gesellschaften wie Kommanditisten behandelt, insbesondere im Hinblick auf die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, am Gewinn und Verlust, an einem Auseinandersetzungsguthaben und einem Liquidationserlös sowie im Hinblick auf die Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte, insbesondere Stimm-, Entnahme – und Informationsrechte. Die Treugeber waren berechtigt, an den Gesellschaftsversammlungen teilzunehmen und dort die auf ihre Beteiligung entfallenden Rechte auszuüben.
Für den Anleger stellt sich die Zeichnung des Treuhandvertrages daher zugleich und im Schwerpunkt als Beitritt zur Gesellschaft dar. Bei dieser vertraglichen Konstellation ist zwingende Voraussetzung, dass die Treuhänderin zugleich Treuhandkommanditistin und damit Gesellschafterin der Fondsgesellschaft ist. Dies gilt für alle denkbaren Konstellationen, etwa dass die Treuhänderin bereits Gründungsgesellschafterin ist, dass sie die Kommanditistenstellung im Wege der Sonderrechtsnachfolge von den Gründungsgesellschaftern erworben hat oder dass ihr Beitritt mit der Aufnahme des ersten Treugebers wirksam wird. Stets setzt das Modell der mittelbaren Beteiligung an einer Publikums KG voraus, dass die Treuhänderin selbst gesellschaftsrechtlich beteiligt ist. Aus dem weiteren Gesichtspunkt, dass haftungsrechtliche Sonderbeziehungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes trotz lediglich mittelbarer Beteiligung auch zu den übrigen (Gründungs)-Gesellschaftern bestehen, lässt sich ableiten, dass die Aufklärungspflichten in erster Linie aus dem Gesellschaftsverhältnis resultieren. Denn jedenfalls dann, wenn die Treugeber im Gesellschaftsvertrag Direktkommanditisten weitgehend gleichgestellt sind, sind die Gründungsgesellschafter wie die Treuhandkommanditistin aus dem Gesellschaftsvertrag dem beitretenden mittelbaren Kommanditisten gegenüber zur Aufklärung über alle für das Anlagemodell wesentlichen Umstände verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012, Az.: II ZR 211/09, NJW-RR 2012, 937; BGH, Urteil vom 11.10.2011, Az.: II ZR 242/09, WM 2011, 2327).
Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein etwaiger Schadensersatzanspruch nicht aus dem Vertragsverhältnis zwischen der Treuhänderin und dem Anleger wegen einer Verletzung der Pflichten aus dem Treuhandvertrag, sondern auf einer unzureichender Aufklärung als Gründungsgesellschafterin im Zusammenhang mit dem Beitritt resultiert. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof die berufsspezifischen Verjährungsvorschriften für Wirtschaftsprüfer auf diese Konstellation nicht angewendet. Weiter verdeutlicht wird die Annahme, dass der Haftungsgrund aus der gesellschaftsrechtlichen Sonderbeziehung resultiert, in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 07.07.2003, Az.: II ZR 18/01, NJW-RR 2003, 1351: Die Klage hatte drei geschlossene Immobilienfonds zum Gegenstand und richtete sich unter anderem gegen die Treuhänderin. Diese war nur in einer der drei Fondsgesellschaften als Treuhandkommanditistin eingesetzt und dementsprechend als Gesellschafterin beteiligt. Nur für diese Konstellation hat der Bundesgerichtshof eine Haftung wegen Aufklärungspflichtverletzung über den Beteiligungsgegenstand bejaht, in der Situation eines Treuhandvertrages ohne gesellschaftliche Beteiligung der Treuhänderin, hat er dies abgelehnt. Der Haftungsgrund kann daher nicht von der gesellschaftsrechtlichen Funktion getrennt werden. Zwar sind durchaus Pflichtverletzungen aus dem Treuhandverhältnis, etwa bei Verletzung der im Treuhandvertrag geregelten weiteren Aufgaben der Treuhänderin bei der Bewirkung des Beitritts, der Verwaltung der Beteiligung oder dem Abschluss einer Finanzierung denkbar, die von den Beklagten versichert sind. Diese sind vorliegend aber nach dem Vortrag der Klagepartei nicht einschlägig.
c. Die Haftungsansprüche, die der streitgegenständlichen vorweggenommenen Deckungsklage zugrunde liegen, beruhen auf der Stellung der Versicherungsnehmerin als Kommanditistin und damit auf nichtversicherter unternehmerischer Tätigkeit außerhalb des beruflichen Pflichtenkreises eines Wirtschaftsprüfers, so dass die hierauf gestützte vorweggenommene Deckungsklage keinen Erfolg hat.
Es ist maßgeblich darauf abzustellen, in welchen Pflichtenkreis die gerügte Aufklärungspflichtverletzung fällt. Die Pflicht zur Aufklärung findet vorliegend – wie dargestellt – ihren Ursprung im Gesellschaftsverhältnis. Dass die für eine solche Pflichtverletzung erforderliche Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis von bestimmten Umständen mit dem Treuhandverhältnis zusammenhängen kann, ändert nichts daran, dass die Pflicht, die durch die gerügte unterlassene Aufklärung verletzt wurde, dem gesellschaftsrechtlichen Pflichtenkreis unterfällt.
Unstreitig hätte die Contor bei der Beteiligung der Klagepartei darüber aufklären müssen, dass die … 20 % an Vergütung für ihre Tätigkeit erhielt und welche Rolle der … bei der Verwirklichung des Vorhabens zugekommen ist, im Hinblick darauf, dass Herr … in der Lage war, als Mehrheitsgesellschafter bestimmenden Einfluss auf die … in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der Fondsgesellschaft als auch mit bestimmten Aufgaben der Fondsgesellschaft betrautes Drittunternehmen auszuüben und als geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter die wesentlich in die Verwirklichung des Vorhabens eingebundene … beherrscht habe. Dies ist zweifellos nicht erfolgt.
Diese Aufklärungspflichten ergeben sich aus der Stellung der Contor als Gründungskommanditistin, welche als künftige Gesellschaftsvertragspartnerin die Pflicht hatte, einem Beitrittsinteressenten für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln und ihn über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufzuklären (vgl. BGH, Urteil vom 14.5.2012, II ZR 69/12).
Die Contor war Gründungskommanditistin der Cinerenta Fonds. Laut Gesellschaftsvertrag war die Contor neben der … von Anfang an Kommanditistin mit einer Pflichteinlage von 10.000,00 DM, weitere Kommanditisten gab es nicht. Weiter war die Contor nach dem Gesellschaftsvertrag berechtigt, ihren Kapitalanteil im Rahmen von Kapitalerhöhungen der jeweiligen Gesamtsumme der von ihr treuhänderisch gehaltenen Beteiligungen anzupassen, somit ihren Kommanditanteil zu erhöhen.
d. Die Beklagte ist nicht gehindert, der Klagepartei den fehlenden Deckungsschutz entgegenzuhalten, insbesondere handelt sie nicht deswegen rechtsmissbräuchlich, weil sie der Contor bis zum Jahr 2010 bei Ansprüchen anderer Anleger Abwehrschutz gewährt hatte. Denn unstreitig hatte die Contor wegen Ansprüchen der Klagepartei bis zu diesem Zeitpunkt nicht um Deckung nachgesucht und die Beklagte hatte auch keinerlei Abwehrschutz gewährt. Ein Vertrauen der Contor dahingehend, dass die Beklagte einen gewährten Deckungsschutz in Bezug auf die behaupteten Schadensersatzansprüche der Klagepartei aufrechterhalten würde, konnte daher bereits aus diesem Grund nicht entstehen.
e. Auf den weiteren von der Beklagten vorgebrachten Ausschlussgrund, dass nämlich die Beklagte wegen wissentlicher Pflichtverletzung durch die Versicherungsnehmerin von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden ist, kommt es nicht mehr an.
2. Darüber hinaus hat sich die Klagepartei im Laufe des Verfahrens nicht festgelegt, ob sie den Zeichnungsschaden in Form des „kleinen Schadensersatzes“ (Schadensberechnung nach der Differenzmethode) oder in Form des „großen Schadensersatzes“ (Schadensberechnung nach der Surrogationstheorie) (vgl. Palandt, 74. Auflage, § 281 BGB Rdn. 20–22) geltend machen will, sondern macht dies vom Wert der Beteiligung abhängig. Die Art der Schadensberechnung kann jedoch nicht offen bleiben, auch wenn der Wert der Beteiligung mit Null anzusetzen wäre. Denn wenn die Klagepartei den „großen Schadensersatz“ wählt, hat das Gericht, auch wenn die Klagepartei die Fondsbeteiligung nicht Zug-um-Zug anbietet, eine Verurteilung von Amts wegen unter den Zug-um-Zug-Vorbehalt zu stellen (BGH XI ZR 536/14 Randziffer 25). Wählt die Klagepartei dagegen den „kleinen Schadensersatz“, darf das Gericht die Zug-um-Zug-Einschränkung nicht aussprechen, sondern hat den Wert der Beteiligung festzustellen und in Abzug zu bringen. Die Anträge der Klagepartei können auch nicht so verstanden werden, dass mit dem Hauptantrag der „kleine Schadensersatz“ geltend gemacht wird (mit der Folge, dass keine Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgen kann und der Wert der Beteiligung festzustellen und in Abzug zu bringen ist) und erst dann, wenn der Wert der Beteiligung nicht mit Null angesetzt würde, der „große Schadensersatz“ geltend gemacht wird. Denn dies wäre nicht zulässig. Der Beklagten ist nicht zuzumuten, dass zunächst Feststellungen zum Wert der Beteiligung getroffen werden müssen (und unter Umständen Beweise, bis hin zum Sachverständigengutachten erholt werden müssen), nur um es der Klagepartei zu ermöglichen, die – nach ihrem Vortrag unerwünschte – Beteiligung zu behalten, falls sie wertlos ist, andernfalls aber die gewählte Art der Schadensberechnung von „kleinem Schadensersatz“ auf „großen Schadensersatz“ umzustellen (für den der Wert der Beteiligung keine Rolle spielt).
Im Übrigen ist ohnehin zweifelhaft, ob die Klagepartei zum Verkehrswert der verfahrensgegenständlichen Fondsbeteiligung ausreichend substantiiert vorgetragen hat. Für das Gericht ist auf Grund des Vortrags der Klagepartei nicht nachvollziehbar, weshalb der Wert der Beteiligung mit null angesetzt werden soll. Insofern wäre ein substantiierter Vortrag erforderlich gewesen. Beispielsweise könnten Berichte des Insolvenzverwalters vorgelegt und erläutert werden. Dies ist nicht erfolgt. Insofern ist auf die oben bereits zitierte Entscheidung des BGH vom 17.07.2014, III ZR 218/13 Bezug zu nehmen, in der das Verfahren aufgehoben und zum Feststellen des Wertes der Beteiligung an das Berufungsgericht zurück geschickt wurde.
3. Ein unterstellter Entschädigungsanspruch der Klagepartei (vgl. § 157 VVG a.F.) gegen die Beklagte wäre schließlich auch nicht fällig.
Nach § 154 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. hat der Versicherer die Entschädigung binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an zu leisten, in welchem der Dritte von dem Versicherungsnehmer befriedigt oder der Anspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist. Dies ist hier nicht der Fall. Insbesondere liegt weder ein rechtskräftiges Urteil, noch ein Anerkenntnis des Versicherungsnehmers vor. Das Schreiben des Insolvenzverwalters, mit dem er Teilbeträge anerkennt stellt kein ausreichendes Anerkenntnis i.S.v. § 154 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. dar, weil der Insolvenzverwalter nicht uneingeschränkt alleine über das Vermögen des Insolvenzschuldners verfügen kann. Vielmehr gilt nach § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO eine Forderung nur insoweit als festgestellt, als gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren nach § 177 InsO ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder als ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Hier liegt jedoch ein nicht beseitigter Widerspruch der Beklagten als Insolvenzgläubigerin vor.
II.
Die hilfsweise gestellten Feststellunganträge Ziffer a) und b) sind mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig.
Ein Anspruch gegen die Beklagte als Versicherer setzt einen durchsetzbaren Anspruch gegen die Hauptschuldnerin voraus. Daran fehlt es vorliegend aus den vorstehend unter Ziffer I. 1. und 2. genannten Gründen.
III.
Den Prozessanträgen der Klagepartei hinsichtlich der Vorlage von Unterlagen wurde von der Beklagtenpartei teilweise freiwillig nachgekommen. Ansonsten konnte den Anträgen nicht entsprochen werden, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit diese Unterlagen für den vorliegenden Prozess von Bedeutung sind.
IV.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
2. Als Streitwert wurde der mit dem Klageantrag geltend gemachte Betrag abzüglich der darin enthaltenen Nebenforderungen (Kosten, entgangener Gewinn und steuerliche Nachzahlungszinsen) angesetzt, vgl. BGH IV ZR 116/14.


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