Bankrecht

Keine Aussetzung eines Rechtsstreits nach Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages im Hinblick auf Vorlagebeschlüsse des LG Ravensburg

Aktenzeichen  5 U 2887/20

Datum:
17.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 43780
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 148

 

Leitsatz

Eine Aussetzung analog § 148 ZPO kommt im Hinblick auf die Vorlagebeschlüsse des LG Ravensburg vom 7.1.2020 (2 O 315/19), vom 5.3.2020 (2 O 328/19, 2 O 280/19, 2 O 334/19) und vom 31.3.2020 (2 O 294/19, 2 O 249/19) nicht in Betracht, da die dort aufgeworfenen Fragen angesichts des Wortlauts der Regelungssystematik und des Regelungszwecks der Verbraucherkreditlinie derart offenkundig zu beantworten, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (Rn. 15). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

32 O 12710/19 2020-04-20 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 20.4.2020, Aktenzeichen 32 O 12710/19, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 25.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten über den Widerruf des von der beklagten Bank gewährten Autofinanzierungskredits.
Der Kläger nahm zur Finanzierung seines am 20.6.2017 erworbenen Pkw`s am selben Tag bei der Beklagten ein Darlehen über netto 10.800 € auf. Zusätzlich leistete er eine Anzahlung in Höhe von 12.000 € (Anl. K1). Er widerrief den Darlehensvertrag mit Schreiben vom24.2.2019.
Der Kläger war vor dem Landgericht der Meinung, sein Widerruf sei nicht verfristet gewesen, weil die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe.
Er hat erstinstanzlich beantragt,
1.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 23.316,24 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen abzüglich eines angemessenen Nutzungsersatzes in Höhe von 6.864,58 €, nach Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs … mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.
2.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziff. 1 genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
3.Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 633,32 € freizustellen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und im Wege der Hilfswiderklage Feststellungsklage im Zusammenhang mit vom Kläger zu zahlenden Nutzungsersatz erhoben.
Der Kläger hat Abweisung der Hilfswiderklage beantragt.
Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 20.4.2020 abgewiesen, weil die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs längst abgelaufen gewesen sei. Gegen das ihm am 22.4.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8.5.2020 Berufung eingelegt, die er nach Fristverlängerung bis zum 22.7.2020 am 21.7.2020 begründet hat. Der Senat hat den Kläger mit ihm am 27.7.2020 zugestellten Beschluss vom 22.7.2020 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie aus den dort mitgeteilten Gründen keine Erfolgsaussicht habe, und dem Kläger eine Stellungnahmefrist von 2 Wochen gesetzt. Zu dem Hinweis des Senats hat der Kläger nicht Stellung genommen.
Der Kläger beantragt,
das Ersturteil abzuändern und nach seinen erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Weitere Einzelheiten, insbesondere auch hinsichtlich der Anträge der Beklagten im Rahmen der Hilfswiderklage, ergeben sich aus dem Ersturteil, dem bereits zitierten Hinweisbeschluss und den im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätzen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 20.4.2020, Aktenzeichen 35 O 12720/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Die vom Kläger gerügten Fehler bestehen nicht; dies gilt insbesondere für die Ansicht,
in den elfseitigen Vertragsunterlagen (Anl. K1 und K2) enthaltene Informationen seien nicht „im Vertrag“ erteilt“;
die Informormationen seien nicht ausreichend lesbar;
über Kreditart, Auszahlungsbedingungen, Verzugszinssatz und ggf. anfallende Verzugskosten, Aufsichtsbehörde, außerordentliches Kündigungsrecht, Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung, außergerichtliches Beschwerdeverfahren, Barzahlungspreis und Anspruch auf einen Tilgungsplan werde nicht klar und verständlich informiert;
die Widerrufsinformation entspreche nicht den gesetzlichen Bestimmungen; die Beklagte könne sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 Abs. 2 S. 3 EGBGB nicht berufen;
das Aufrechnungsverbot in Ziff. 10.3. der ADB führe dazu, dass die Widerrufsinformation als nicht ordnungsgemäß anzusehen sei.
Insofern kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts und die im Hinweisbeschluss genannten Entscheidungen des BGH Bezug genommen werden.
Soweit der Kläger auf die Pflicht des Landgerichts verweist, von Amts wegen die Vertragsunterlagen auf Verstöße zu überprüfen, führt dies nicht zur Begründetheit der Berufung, da der Senat auch keine sonstigen (ungerügten) Fehler festzustellen vermag.
Zu Recht hat das Landgericht eine Aussetzung analog § 148 ZPO im Hinblick auf die Vorlagebeschlüsse des LG Ravensburg vom 7.1.2020 (2 O 315/19), vom 5.3.2020 (2 O 328/19, 2 O 280/19, 2 O 334/19) und vom 31.3.2020 (2 O 294/19, 2 O 249/19) abgelehnt. Die dort aufgeworfenen Fragen sind angesichts des Wortlauts der Regelungssystematik und des Regelungszwecks der Verbraucherkreditlinie derart offenkundig zu beantworten, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 26.5.2020, XI ZR 213/19).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


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