Bankrecht

Keine Verpflichtung zur Angabe garantierter Rückkaufswerte bei fondsgebundener Versicherung

Aktenzeichen  25 U 3916/17

Datum:
11.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 53926
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VVG aF § 5a
VAG aF § 10a
BGB § 242

 

Leitsatz

1. Bei einer fondsgebundenen Versicherung fordert Abschn. I Nr. 2 d der Anl. Teil D zum VAG aF keine Angaben über das Ausmaß, in dem Leistungen – insbesondere der Rückkaufswert – garantiert sind. Der Versicherer ist allerdings zu der Mitteilung verpflichtet, dass Angaben über den künftigen Wert der Fondsanteile nicht gemacht werden können (Anschluss an OLG Karlsruhe BeckRS 2017, 121495 Rn. 32 mwN). (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die gem. § 5a Abs. 2 S. 1 VVG aF erforderliche Widerspruchsbelehrung genügt in Ansehung des Fristbeginns den gesetzlichen Anforderungen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer dahin belehrt, dass die Frist ab Erhalt bzw. Zugang “dieser Unterlagen” zu laufen beginnt und die Belehrung dem Versicherungsnehmer durch den Gesamtzusammenhang noch ausreichend deutlich macht, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Frist beginnt. (Rn. 7 – 12) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

26 O 10944/17 2017-10-18 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 18.10.2017, Az. 26 O 10944/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung führen zu keiner abweichenden Bewertung.
1. Die Widerspruchsbelehrungen sind ordnungsgemäß.
§ 5a VVG in der hier maßgeblichen von 08.12.2004 – 31.12.2007 geltenden Fassung lautet:
(1) Hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes unterlassen, so gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterlagen in Textform widerspricht. 2Bei Lebensversicherungsverträgen beträgt die Frist 30 Tage. 3Satz 1 ist nicht auf Versicherungsverträge bei Pensionskassen anzuwenden, die auf arbeitsvertraglichen Regelungen beruhen. 4§ 5 bleibt unberührt.
(2) Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. 2Der Nachweis über den Zugang der Unterlagen obliegt dem Versicherer. 3Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs. 4Abweichend von Satz 1 erlischt das Recht zum Widerspruch jedoch ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie.
(3) Gewährt der Versicherer auf besonderen Antrag des Versicherungsnehmers sofortigen Versicherungsschutz, so kann der Verzicht auf Überlassung der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation bei Vertragsschluss vereinbart werden. 2Die Unterlagen sind dem Versicherungsnehmer auf Anforderung, spätestens mit dem Versicherungsschein zu überlassen. 3Wenn der Versicherungsvertrag sofortigen Versicherungsschutz gewährt, hat der Versicherungsnehmer insoweit kein Widerspruchsrecht nach Absatz 1.
(§ 5a VVG in der Fassung vom 2.12.2004)
Die vorliegenden erteilte Widerspruchsbelehrung auf dem kurzen, nur einseitigen Anschreiben (vgl. Anschreiben vom 14.09.2006; Anlagen K 1 und K 3) genügen sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch dem Zweck einer „Belehrung“. Die Belehrungspflicht bezweckt, dass der Versicherungsnehmer in die Lage versetzt wird, sein Widerspruchsrecht form- und fristgerecht ausüben zu können. Diesem Sinn und Zweck des Gesetzes wird vorliegend Genüge getan. Die Form der Widerspruchsbelehrung entspricht der maßgeblichen gesetzlichen Regelung. Die Belehrung erfolgt schriftlich, ist drucktechnisch deutlich gestaltet und enthält den Hinweis auf das – in Textform auszuübende – Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen (ab Seite 7 des Urteils) wird zunächst Bezug genommen.
a) An der hinreichenden drucktechnischen Hervorhebung hat der Senat bei der vorliegenden Gestaltung überhaupt keine Bedenken. Der Absatz mit der Widerspruchsbelehrung befindet sich in einem kurzen übersichtlichen Dokument und ist als einziger Abschnitt durch Unterstreichung hervorgehoben. Die Gestaltung ist eindeutig darauf angelegt, die Aufmerksamkeit des Versicherungsnehmers auf diese Passage zu lenken. Eine solche Belehrung fällt einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer auch bei nur flüchtigem Lesen sofort ins Auge.
b) Auch der Inhalt der Belehrung ist ausreichend und ordnungsgemäß. § 5 a VVG a.F. verlangte insoweit nur eine Belehrung über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn, die Dauer des Widerspruchsrechtes und die Form der Widerspruchseinlegung. Hierüber wird vorliegend zutreffend informiert.
aa) Der Fristbeginn ist mit „ab dem Erhalt dieser Unterlagen“ ordnungsgemäß angegeben. Die Belehrung dahingehend, dass die Frist ab Erhalt bzw. Zugang der Unterlagen zu laufen beginne, genügt (ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Beschluss vom 23.04.2012 – Az. 25 U 3887/11, die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen wurde vom BGH mit Beschluss vom 22.07.2015 – Az. IV ZR 173/12 zurückgewiesen; Beschluss vom 20.02.2014 – Az. 25 U 1522/13, die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen wurde vom BGH mit Beschluss vom 21.07.2015 – Az. IV ZR 102/14 zurückgewiesen; Beschlüsse vom 16.07.2015 – Az. 25 U 1593/15, 25 U 3245/14 und 25 U 3266/14; OLG Hamm, Urteil vom 21.11.2014 – Az. 20 U 8/14; OLG Köln, Urteil vom 16.05.2014 – Az. 20 U 31/14; Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 18.10.2013 – Az. 5 U 364/12). .
bb) Die vorliegende Belehrung ist auch nicht deswegen fehlerhaft, weil die den Fristbeginn auslösenden Unterlagen nicht unmissverständlich und eindeutig benannt worden wären.
Die Belehrung selbst gibt an, dass die 30tägige Frist „ab dem Erhalt dieser Unterlagen“ zu laufen beginnt; aus dem Schreiben ergibt sich, dass mit „diese Unterlagen“ neben dem Anschreiben selbst der beigefügte „Versicherungsschein“ gemeint ist, in dem „alles, was Sie zu Ihrem Vertrag wissen möchten“, ausführlich beschrieben sei, und über dessen Inhaltsverzeichnis man leicht zur gesuchten Information finde. Daneben ist am Schluss des Anschreibens angegeben, dass diesem als Anlage der „Versicherungsschein“ beigefügt sei. Aus dem Umfang des „Versicherungsscheins“ von 53 Seiten und dessen Inhaltsverzeichnis (vgl. Anlage K 1) ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass dieser mehr als die reinen Vertragsdaten umfasst – nämlich unter anderem die AVB der Beklagten sowie verschiedene sonstige Informationen.
Bei der vorliegenden Gestaltung der Vertragsunterlagen ist es unschädlich, dass im Anschreiben nur von „Unterlagen“ und dem „Versicherungsschein“ die Rede ist, die Begriffe „Versicherungsbedingungen“ und „Verbraucherinformation(en)“ hingegen nicht verwendet werden. Die Belehrung macht dem Versicherungsnehmer durch den Gesamtzusammenhang noch ausreichend deutlich, welche Unterlagen ihm vorliegen müssen, damit die Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. beginnt.
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt ist, dass es nicht erforderlich ist, die Unterlagen im Einzelnen in der Belehrung selbst aufzuzählen, sondern der Kontext zu berücksichtigen ist; eine Bezugnahme auf vorgenannte oder auch beigefügte Unterlagen kann beispielsweise durch Verwendung der Formulierung die „oben genannten Unterlagen“ bzw. „diese Unterlagen“ erfolgen. Das OLG Köln hält in den Urteilen vom 06.12.2013 – Az. I-20 U 144/13, vom 25.09.2015 – Az. 20 U 97/15, vom 29.04.2016 – Az. 20 U 184/15 und vom 03.05.2016 – Az. 20 U 18/16 eine Widerspruchsbelehrung, die nicht ausdrücklich erwähnt, dass dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein und den Versicherungsbedingungen auch die Verbraucherinformationen vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt, für wirksam, da sich das aus der Formulierung „Überlassung der Unterlagen“ und den überlassenen Unterlagen ergebe. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsauffassung mit Beschlüssen vom 30. Juni 2015 – Az. IV ZR 16/14, vom 29.06.2016 – Az. IV ZR 492/15, vom 21.03.2017 – Az. IV ZR 138/16 und vom 08.12.2016 – Az. IV ZR 144/16 gebilligt. Der Senat schließt sich dem in ständiger Rechtsprechung – vom Bundesgerichtshof gebilligt – an (vgl. z.B. Beschluss vom 20.04.2015 – Az. 25 U 4040/14, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11.11. 2015 – Az. IV ZR 264/15 zurückgewiesen, in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 28.04.2015 wurde die Problematik der ordnungsgemäßen Belehrung über den Beginn der Widerspruchsfrist ausdrücklich angesprochen und gerügt und darauf hingewiesen, dass das Policenbegleitschreiben nur vom Erhalt dieser Unterlagen spricht und dass (insoweit im behaupteten Widerspruch dazu) erst in der Belehrung auf S. 21 des Versicherungsscheins auf die Überlassung der im Gesetz genannten Unterlagen abgestellt wurde; Beschluss vom 20.04.2015 – Az. 25 U 237/15, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11.11. 2015 – Az. IV ZR 267/15 zurückgewiesen; Beschluss vom 20.04.2015 – Az. 25 U 4235/14, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11.11. 2015 – Az. IV ZR 263/15 zurückgewiesen; Urteil vom 24.01.2014 – Az. 25 U 2705/13, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 30.07.2015 – Az. IV ZR 75/14 zurückgewiesen; Beschluss vom 23.04.2012 – Az. 25 U 3887/11, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 22.07.2015 – Az. IV ZR 173/12 zurückgewiesen; Beschluss vom 20.02.2014 – Az. 25 U 1522/13, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 21.07.2015 – Az. IV ZR 102/14 zurückgewiesen; Beschluss vom 20.02.2014 – Az. 25 U1522/13, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH mit Beschluss vom 21.07.2015 unter Az. IV ZR 102/14 zurückgewiesen; Beschluss vom 06.03.2013 – Az. 25 U 4780/12, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH mit Beschluss vom 28.11.2013 unter Az. IV ZR 144/13 zurückgewiesen; Beschluss vom 02.11.2017 – Az. 25 U 4262/16; Beschluss vom 18.07.2017 – Az. 25 U 1934/17; Beschluss vom 30.06.2017 – Az. 25 U 1996/17; Beschluss vom 11.05.2016 – Az. 25 U 1821/16). Auch das OLG Hamm ist dieser Auffassung: Eine Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5 a VVG a. F. ist auch dann wirksam, wenn sie die notwendigen Bestandteile der Verbraucherinformation nicht auflistet (OLG Hamm – Beschlüsse vom 26.06.2015 und 30.07.2015 – Az. 20 U 48/15, VersR 2016, 777). Die Verbraucherinformationen müssen auch nicht als solche bezeichnet sein (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2016 – Az. IV ZR 558/15).
Die streitgegenständliche Belehrung stellt eindeutig und unmissverständlich klar, dass die Widerspruchsfrist konkret ab dem „Erhalt dieser Unterlagen“ beginnt. Aus dem weiteren Text des Anschreibens ergibt sich, dass „diese Unterlagen“ das Anschreiben selbst (mit der Widerspruchsbelehrung) und der „Versicherungsschein“ sein müssen – die Verwendung des Begriffs „Unterlagen“ in der Mehrzahl ist daher korrekt (wobei nach Auffassung des Senats eine etwaige sprachliche Unschärfe auch nicht geeignet wäre, zu Missverständnissen bei einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer zu führen). Da im vorliegenden Fall in den „Versicherungsschein“ die Versicherungsbedingungen und die maßgeblichen Verbraucherinformationen integriert sind und sich aus dessen Umfang und Inhaltsverzeichnis auch auf den ersten Blick ergibt, dass er weit mehr als das bloße Vertragsdokument enthält, sind die fristauslösenden Unterlagen auch hinreichend klar bezeichnet. Insbesondere werden hier – anders als in den Fallgestaltungen, die den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 28.09.2016 – IV ZR 192/14, vom 24.02.2016 – IV ZR 142/15 und wohl auch vom 23.03.2016 – IV ZR 122/14 zugrunde lagen, nicht nur einzelne Teile der erforderlichen Unterlagen oder einzelne Verbraucherinformationen herausgegriffen und als maßgebend für den Fristbeginn bezeichnet, sondern an den Zugang der Unterlagen insgesamt – die den eigentlichen Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und alle maßgeblichen Verbraucherinformationen enthalten – angeknüpft. Es kann beim Versicherungsnehmer nicht der unzutreffende Eindruck entstehen, dass für den Fristbeginn der Zugang nur eines Teils der übersandten Unterlagen ausreichen könnte. Vergleichbar dem Fall des OLG Köln im Urteil vom 29.04.2016 – 20 U 184/15 (Rn. 23 bei juris) grenzt die Formulierung vielmehr den Kreis der Unterlagen gerade nicht ein. Daher ist es vorliegend – anders als bei BGH vom 28.09.2016 – durchaus maßgeblich, dass dem Versicherungsnehmer alle erforderlichen Unterlagen mit dem Unterlagenkonvolut „Versicherungsschein“ zugegangen sind.
2. Die übersandten Verbraucherinformationen waren vollständig.
Die Rüge, die Angabe zu den Rückkaufwerten gemäß Anlage D, Abschnitt I, Nr. 1.a) VAG a.F. seien unzureichend, ist unberechtigt. Angaben über das Ausmaß, in dem Leistungen – insbesondere der Rückkaufswert – garantiert sind (Nr. 2 d der Anlage D Abschnitt I) waren hier nicht erforderlich. Bei einer fondsgebundenen Versicherung gibt es keine garantierten Rückkaufswerte, so dass diesbezügliche Angaben nicht möglich sind. Der Versicherer ist allerdings zu der Mitteilung verpflichtet, dass Angaben über den künftigen Wert der Fondsanteile nicht gemacht werden können (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. August 2017 – 12 U 97/17 -, Rn. 60, juris m.w.N.) Diese Mitteilung ist auf Seite S. 7 des Versicherungsscheins(Anlagenkonvolut K 1) unter dem Stichwort „Rückkaufswerte“ erfolgt. Die Mitteilung enthält zudem den Hinweis, dass in den ersten Versicherungsjahren kein oder nur ein geringer Rückkaufswert vorhanden sein werde. Damit ist auch die von der Berufung geforderte Angabe 0 (vgl. S. 10; Bl. 89 d.A.; Rn. 28) sinngemäß erfolgt. Ab welchem Zeitpunkt ein Rückkaufswert 0 übersteigt, hängt von der Entwicklung des Fondsvermögens ab und kann naturgemäß nicht prognostiziert werden.
3. Der Senat schließt sich in ständiger Rechtsprechung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (z. B. Urteil vom 16.07.2014 – Az. IV ZR 73/13, VersR 2014,1065; Entscheidungen vom 08.03.2017 – Az. IV ZR 98/16, 10.06.2015 – Az. IV ZR 105/13, VersR 2015, 876, vom 17.08.2015 – Az. IV ZR 310/14 und vom 16.09.2015 – Az. IV ZR 142/13, BeckRS 2015, 16559), bestätigt durch das Bundesverfassungsgericht (Entscheidung vom 02.02.2015 – Az. 2 BvR 2437/14, VersR 2015, 693; Beschluss vom 04.03.2015 – Az. 1 BvR 3280/14; Beschluss vom 23.05.2016 – Az. 1 BvR 2230/15 und 1 BvR 2231/15) an, dass ein Bereicherungsanspruch des Versicherungsnehmers – bei ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung und längerer Durchführung des Vertrages – schon wegen widersprüchlichen Verhaltens ausgeschlossen ist (vgl. z.B. Beschlüsse vom 18.07.2017 – Az. 25 U 1934/17, 20.04.2015 – Az. 25 U 237/15, vom 01.06.2015 – Az. 25 U 3379/14, vom 15.06.2015 – Az. 25 U 812/15, Endurteile vom 28.08.2015 – Az. 25 U 1671/14 und 25 U 1931/14). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (S. 9/10 unter II.1.) wird Bezug genommen. Da die Beklagte die Prämien entgegennahm und erkennbar von einem bestehenden Versicherungsvertrag ausging, konnte die Klagepartei bis zur Kündigung erwarten, Versicherungsschutz zu genießen, der zweifelsfrei bei Eintritt eines Versicherungsfalls in Anspruch genommen worden wäre. Durch das Verhalten der Klagepartei wurde bei der Beklagten auch schutzwürdiges Vertrauen auf die Beständigkeit der vertraglichen Bindung begründet. Die Beklagte muss sich grundsätzlich für ihre gesamte Kalkulation – insbesondere in Hinblick auf Rückstellungen für die Überschussbeteiligung – darauf verlassen können, dass langfristig angelegte Vertragsbeziehungen nicht plötzlich nach vielen Jahren rückabgewickelt werden müssen. Daneben ist außerdem das Vertrauen der Beklagten in den grundsätzlichen Bestand des vom deutschen Gesetzgeber gesetzten Rechts – auch bei etwaigen Zweifeln an der Europarechtskonformität – schutzwürdig und entsprechend zu berücksichtigen (vgl. Allgemein zum Vertrauensschutz in Hinblick auf das Urteil des BGH vom 07.05.2014 – Az. IV ZR 76/11 – auch Bürkle in VersR 2015, 398).
Auch das Argument der Klagepartei, dass die Verwirkung neben einem Zeit- auch immer ein Umstandsmoment erfordere, überzeugt nicht. Die Verwirkung stellt nur einen typischen Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen früheren Verhaltens dar (vgl. Palandt, BGB, 74. Aufl.2015, Rn. 55 und Rn. 87 zu § 242 BGB; eingehender Roth/ Schubert in Münchner Kommentar zum BGB, 6. Aufl., Rn. 319 ff. und Rn. 329, 330 zu § 242; Sutschet in Beck’scher Online-Kommentar BGB, Stand 01.02.2015, Rn. 106 ff. und Rn. 131 zu § 242), schließt aber eine eigenständige Beurteilung anderer Fallgruppen bei der Einordnung in die übergeordnete Kategorie nicht aus. Der Bundesgerichtshof hat in seiner zitierten Entscheidung den Begriff der Verwirkung – offenbar bewusst – gerade nicht verwendet. Er hat vielmehr umfassender vom „Einwand von Treu und Glauben“, „unzulässiger Rechtsausübung“, „widersprüchlichem Verhalten“ und vergleichbaren Begrifflichkeiten gesprochen und hierfür an mehreren Stellen des Urteils der „jahrelangen Durchführung des Vertrages“ maßgebliche Bedeutung zugemessen. Dem folgt der Senat.
Die von der Berufungsbegründung auf S. 11/12 (Bl. 90/91 d.A.) zitierten BGH Entscheidungen in den Verfahren IV ZR 76/11, IV ZR 217/15, IV ZR 339/15 und IV ZR 173/15 betreffen sämtliche die hier nicht einschlägige Fallkonstellation einer nicht ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

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