Bankrecht

Krankenversicherung, Berufung, Versicherungsnehmer, Versicherungsschein, Feststellung, Absenkung, Versicherungsbedingungen, Wirksamkeit, Klage, Vergleich, Auflage, Anforderungen, Abweichung, Versicherungsleistungen, Aussicht auf Erfolg, Sinn und Zweck, keine Aussicht auf Erfolg

Aktenzeichen  25 U 2807/21

Datum:
5.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 26097
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

82 O 4057/20 2021-04-15 Urt LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 15.04.2021, Az. 82 O 4057/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Der Senat ist übereinstimmend der Auffassung, dass das Landgericht die Klage zurecht und mit zutreffender Begründung abgewiesen hat.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung. In der Berufung noch streitgegenständlich sind die auf Seite 11 der Berufungsschrift unter lit. a) – k) genannten Anpassungen, nicht mehr dagegen die noch in erster Instanz angegriffenen Erhöhungen zum 01.05.2019 im Tarif K in Höhe von -0,37 € und zum 01.01.2020 im Tarif M in Höhe von 22,50 €. Im Wege der Klageerweiterung werden mit der Berufung die Erhöhungsbeträge aus den in den Tarifen A (Erhöhungen zum 01.01.2013 und zum 01.01.2017) und C (Erhöhung zum 01.01.2019) erfolgten Beitragsanpassungen für weitere vier Monate, nämlich jeweils bis 01.03.2021 statt wie bisher nur bis 16. /19.11.2020 geltend gemacht.
I.
1. Die Klageerweiterung ist nach §§ 533, 264 Nr. 2, 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zulässig, da insoweit – beruhend auf der bereits in erster Instanz behaupteten Unwirksamkeit der jeweiligen Anpassungsmitteilungen – jeweils die Erhöhungsbeträge für vier weitere nach Klageerhebung liegende Monate geltend gemacht werden und daher der Klageantrag nur quantitativ erweitert wird.
2. Soweit sich die Klagepartei jedoch gegen die Wirksamkeit von Beitragssenkungen wendet (Tarif M, Beitragssenkung zum 01.01.2015 in Höhe von -8,27 €, Tarif M Beitragssenkung zum 01.01.2017 in Höhe von -3,92 €, Tarif A Beitragssenkung zum 01.01.2018 in Höhe von – 7,55 € und Tarif K Beitragssenkung zum 01.05.2019 in Höhe von -0,37 €), war der unter Ziffer 1 in erster Instanz zuletzt erhobene Feststellungsantrag bereits unzulässig, weil ein Rechtsschutzbedürfnis insoweit weder dargetan noch ersichtlich ist. Der Kläger ist durch die Absenkung des Beitrags in der genannten Höhe nicht beschwert. Für eine Feststellung, dass die Beklagte insoweit jeweils zu geringe Beiträge mitgeteilt hätte, fehlt jegliches Rechtsschutzbedürfnis. Die Berufung gegen die insoweit bereits unzulässige Klage ist (ohne Änderung des Tenors) zurückzuweisen (Zöller, Heßler, ZPO, 32. Auflage, § 522, Rz. 36 a.E.).
Der Zahlungsantrag kann sich ersichtlich nicht auf die Beitragssenkung stützen, da eine Beitragssenkung keinen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch des Klägers zu begründen vermag. Auch der unter Ziffer 3 erhobene Feststellungsantrag bezieht sich denknotwendig nicht auf die Beitragssenkungen, weil insoweit kein Erhöhungsbetrag an die Beklagte gezahlt wurde, aus dem diese hätte Nutzungen ziehen können.
II.
1. Zu Recht hat das Landgericht entschieden, dass die Frage der Wirksamkeit der drei Beitragserhöhungen zum 01.01.2013 (Tarif M, Tarif A und Tarif T) dahinstehen kann, weil denkbare Ansprüche insoweit jedenfalls gemäß § 195, 199 BGB verjährt sind.
Auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil wird Bezug genommen. Insbesondere legt das Landgericht zutreffend dar, dass die Verjährung nach der gesetzlichen Regelung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu laufen beginnt, sobald der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis hat. Nicht entscheidend ist, ob der Gläubiger alle Tatumstände in tatsächlicher und rechtlicher Weise zutreffend würdigt, auch nicht im Wege einer Parallelwertung in der Laiensphäre (Münchner Kommentar zum BGB, Grothe, 8. Auflage 2018, § 199, Rz. 29; BGH, Urteil vom 21.02.2018, IV ZR 304/16; Rz. 15 – juris).
Allerdings hat der Bundesgerichtshof in Ausnahmefällen entschieden, dass der Beginn der Verjährung dann hinausgeschoben ist, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesen Fällen fehle es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung (BGH, Urteil vom 21.02.2018, IV ZR 304/16; Rz. 15 – juris – mit weiteren Nachweisen).
Im vorliegenden Fall war die Klage jedoch nicht wegen einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage unzumutbar. Zwar war die Frage, welche Anforderungen an die Mitteilung nach § 203 Abs. 5 VVG zu stellen sind, in Literatur und Rechtsprechung umstritten und ist ein höchstrichterliches Urteil dazu erst am 16.12.2020 ergangen (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2020, Az.: IV ZR 294/19 – juris). Für die Unzumutbarkeit genügt es jedoch nicht, dass ein nicht geklärter Meinungsstreit besteht und eine Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich entschieden ist. Jedenfalls ist in einer solchen Konstellation dem Gläubiger die Erhebung einer Klage dann nicht unzumutbar, wenn er gleichwohl bereits vor einer höchstrichterlichen Entscheidung seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend macht und dadurch selbst zu erkennen gibt, vom Bestehen des Anspruchs auszugehen (BGH, Urteil vom 21.02.2018, IV ZR 304/16, Rz. 17 – juris). Die vorliegende Klage wurde am 16.12.2020 – ersichtlich noch in Unkenntnis des an diesem Tage ergangenen Urteils des Bundesgerichtshofs – erhoben, so dass auch im vorliegenden Fall der Kläger zu erkennen gegeben hat, dass er vom Bestehen eines Anspruchs ausgehe.
2. Dem Kläger steht kein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf eine Rückzahlung der Erhöhungsbeträge in den Tarifen MA 2 zum 01.01.2017, KH zum 01.05.2017, MS 110 zum 01.01.2018, MS 100 zum 01.01.2019 und CRHD zum 01.01.2019 zu. Die Erhöhungsbeträge sind nicht ohne Rechtsgrund gezahlt worden, da die Neufestsetzungen der Prämien jeweils zum 01.01.2017, 01.05.2017, 01.01.2018 bzw. 01.01.2019 wirksam geworden sind, weil die Mitteilungen über die Prämienanpassungen vom 21.11.2016, vom 27.03.2017, vom 24.11.2017 und vom 26.11.2018 jeweils den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG entsprechen. Aus diesem Grund ist auch nicht festzustellen, dass die entsprechenden im Klageantrag 1 genannten Neufestsetzungen der Prämien unwirksam waren bzw. dass die Beklagte zur Herausgabe der aus den Prämienanteilen gezogenen Nutzungen und zu deren Verzinsung verpflichtet ist.
2.1. Gemäß § 203 Abs. 5 VVG wird die Neufestsetzung der Prämie zu Beginn des 2. Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt.
Nach den insoweit richtungsweisenden Urteilen des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 16.12.2020, Az.: IV ZR 294/19; BGH, Urteil vom 10.03.2021, Az.: IV ZR 353/19 und Urteil vom 23.06.2021, Az.: IV ZR 250/20) erfordert die in § 203 Abs. 5 VVG vorgesehene Mitteilung der maßgeblichen Gründe die Angabe der Berechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Berechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie zum Beispiel des Rechnungszinses anzugeben. Dabei legt der Bundesgerichtshof dar, dass durch die Verwendung des Begriffs „maßgeblich“ sowohl in § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG als auch in § 203 Abs. 5 VVG mit den mitzuteilenden „maßgeblichen Gründen“ die dafür „maßgeblichen Rechnungsgrundlagen“ gemeint sind. Diese sind ausweislich des § 203 Abs. 2 Satz 3 VVG entweder die Versicherungsleistungen oder die Sterbewahrscheinlichkeiten. Zugleich folge aus dem Wort „maßgeblich“, dass nicht alle Gründe genannt werden müssten, sondern nur die für die Prämienanpassung entscheidenden Umstände. In diesem Sinne entscheidend sei nur, ob eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten die in § 155 Abs. 3 und 4 VAG oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelten Schwellenwerte überschreite oder nicht. Auch die Gesetzgebungsgeschichte stütze dieses Verständnis. Nach der Vorgängerregelung war das Wirksamwerden der Prämienanpassung nur von einer Benachrichtigung des Versicherungsnehmers abhängig. Der Gesetzesbegründung zufolge entspreche der zum 01.01.2008 in Kraft getretene § 203 Abs. 5 VVG im Wesentlichen der Vorgängerregelung (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S.114). Dies zeige, dass der Gesetzgeber keine grundsätzliche Neuregelung für das Wirksamwerden einer Prämienanpassung beabsichtigt habe, sondern die Mitteilungspflicht nur geringfügig habe erweitern wollen. Damit im Einklang könne auch der Zweck des § 203 Abs. 5 VVG nicht weitreichend verstanden werden. Die Norm ziele in erster Linie darauf ab, dem Versicherungsnehmer einen gewissen Zeitraum zu belassen, um sich auf eine ihm mitgeteilte Vertragsänderung einstellen zu können und sich darüber klar zu werden, ob er innerhalb der zeitgleich ausgestalteten Frist des § 205 Abs. 4 VVG sein Kündigungsrecht ausüben oder die Prämienänderung zum Anlass nehmen möchte, von seinem Tarifwechselrecht nach § 204 VVG Gebrauch zu machen. Daneben solle die Mitteilung der maßgeblichen Gründe dem Versicherungsnehmer zeigen, was Anlass für die konkrete Prämienanpassung gewesen sei. Dies müsse jedoch für den Einzelfall mitgeteilt werden. Der Versicherungsnehmer müsse nicht aus dem Umstand, dass eine Prämienanpassung erfolgt ist, darauf schließen, dass deren Voraussetzungen erfüllt seien, vielmehr müsse der Versicherer ihm dies ausdrücklich mitteilen. Für diesen Zweck sei aber nicht erforderlich, dem Versicherungsnehmer die Rechtsgrundlage des geltenden Schwellenwerts oder die genaue Höhe der Veränderung der Rechnungsgrundlage mitzuteilen (BGH, Urteil vom 16.12.2020, Az.: IV ZR 294/19 – juris).
2.2. Gemessen an der unter Ziffer 2.1 dargelegten Auffassung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, erfüllen die Mitteilungen vom 21.11.2016, vom 27.03.2017, vom 24.11.2017 und vom 26.11.2018 jeweils die gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG.
Die Frage, ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden.
2.2.1. Mit den Mitteilungen vom 21.11.2016 und vom 27.03.2017, bestehend aus den im Anlagenkonvolut B2 enthaltenen Anschreiben sowie jeweils dem Versicherungsschein und den nachfolgenden Informationen werden die für die Beitragsanpassung maßgeblichen Gründe entsprechend den oben dargestellten Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG mitgeteilt.
In den Anschreiben wird jeweils dargelegt, dass „jährlich für jeden Tarif die tatsächlichen mit den kalkulierten Leistungsauszahlungen“ verglichen würden. Ferner wird darin mitgeteilt, dass die Ausgaben in bestimmten Tarife niedriger und in anderen höher waren als erwartet und deshalb eine Anpassung erfolge. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass der Kläger den neuen Versicherungsschein mit dem ab 01.01.2017 bzw. dem ab 01.05.2017 geltenden Beitrag erhalte. Ferner heißt es: „Die in Ihrem Vertrag von der Beitragsanpassung zum 01. Januar 2019 betroffenen Tarife haben wir durch Fettdruck der Beiträge auf dem Versicherungsschein in der Spalte ‘Beitrag ab 01.2019’ kenntlich gemacht.“ bzw. entsprechend für den 01.05.2017. Sodann folgt jeweils der Versicherungsschein, in dem der bisherige Beitrag in normaler Stärke und der geänderte Beitrag im Fettdruck abgedruckt sind. Schließlich wird in den Informationen zur rechtlichen Seite der Beitragsanpassung dargelegt: „Beitragsanpassungen sind vertraglich in § 8b der Allgemeinen Versicherungsbedingungen genau geregelt: Demnach können Beiträge in der privaten Krankenversicherung nur dann angepasst werden, wenn die Leistungsausgaben eines Tarifs auf Dauer höher oder niedriger ausfallen als bisher.“ In § 8b der damit in Bezug genommenen und vorliegend als Anlage 1a und 1b vorgelegten Versicherungsbedingungen ist geregelt, dass der Versicherer zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten vergleiche und sofern sich eine Veränderung von mehr als 10% ergebe, diese soweit erforderlich anpasse bzw. sofern sich eine Veränderung von mehr als 5% ergebe anpassen könne.
Mit beiden Mitteilungen hat die Beklagte dem Kläger daher mit der gebotenen Klarheit die Rechnungsgrundlagen angegeben, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Anpassungen veranlasst hat. Aus beiden Anschreiben wird unmissverständlich deutlich, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage Leistungsausgaben in den jeweiligen Tarifen für die Beitragsanpassung verantwortlich war. Die Mitteilung erfolgt auch im Einzelfall bezogen auf den jeweiligen Tarif, da dieser jeweils im Fettdruck im Betreff angegeben ist, nach dem Wortlaut des Anschreibens das Ergebnis der konkreten Überprüfung – die Feststellung einer Abweichung in den genannten Tarifen – mitgeteilt wird und im Versicherungsschein die betroffenen Tarife kenntlich gemacht sind. Damit ist den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG Genüge getan. Einer Angabe der Höhe der Abweichung oder Rechtsgrundlage des geltenden Schwellenwerts bedurfte es insoweit – wie oben dargelegt – nicht. Auch die Angabe, dass die Veränderung der Rechnungsgrundlage einen bestimmten Schwellenwert überschreiten muss, ist nicht erforderlich. Vielmehr reicht es aus, dem Versicherungsnehmer mitzuteilen, was Anlass der Erhöhung war. Dies wird durch die Angabe der Rechnungsgrundlage, welche die Prämienerhöhung ausgelöst hat, erreicht. Schließlich ergibt sich jedenfalls aus dem Verweis auf § 8b der Allgemeinen Versicherungsbedingungen, in denen die Schwellenwerte benannt sind, dass die Erhöhung nur deshalb möglich war, weil ein Schwellenwert überschritten war.
2.2.2. Auch mit der Mitteilung vom 24.11.2017, bestehend aus dem im Anlagenkonvolut B2 enthaltenen Anschreiben sowie dem Versicherungsschein und den nachfolgenden Informationen, werden die für die Beitragsanpassung maßgeblichen Gründe entsprechend den oben dargestellten Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG mitgeteilt. In diesem Fall haben sich in den Tarifen MA und MS die tatsächlichen Leistungsausgaben ermäßigt, wobei sich nur für den Tarif MS im Ergebnis eine Beitragserhöhung ergeben hat.
Auch hier wird dargestellt, dass für jeden Tarif die berechneten mit den tatsächlichen Ausgaben verglichen werden und dass dieser Vergleich ergeben hat, dass die Ausgaben für Gesundheitsleistungen in den Tarifen des Klägers niedriger ausgefallen seien als ursprünglich berechnet. Ferner heißt es: „Die in Ihrem Vertrag von der Beitragsanpassung zum 1. Januar 2018 betroffenen Tarife haben wir durch Fettdruck der Beiträge auf dem Versicherungsschein in der Spalte „Beitrag ab 01.2018“ kenntlich gemacht. In den beigefügten Informationen zur Beitragsanpassung heißt es außerdem: „Wir überprüfen regelmäßig, ob die Beiträge und Ausgaben für Gesundheitsleistungen im Gleichgewicht sind. Weichen die Ausgaben mehr als 5% vom ursprünglich errechneten Wert ab, wird die Kalkulation auf den aktuellen Stand gebracht.“
Auch mit dieser Mitteilung hat die Beklagte dem Kläger daher mit der gebotenen Klarheit die Rechnungsgrundlage angegeben, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Anpassungen veranlasst hat. Aus der Mitteilung wird unmissverständlich deutlich, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage Leistungsausgaben in den jeweiligen Tarifen für die Beitragsanpassung verantwortlich war. Die Mitteilung erfolgt auch im Einzelfall bezogen auf den jeweiligen Tarif, da beide betroffenen Tarife im Fettdruck im Betreff des Anschreibens genannt sind und sich auch noch einmal durch den Fettdruck im Versicherungsschein ergibt, bei welchen Tarifen es zu einer Anpassung gekommen ist. Damit ist den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG Genüge getan. Darüber hinaus ist in den beigefügten Informationen auch noch dargestellt, dass eine neue Kalkulation erfolgt, wenn die Ausgaben mehr als 5% von den kalkulierten Leistungsausgaben abweichen.
2.2.3. Schließlich werden auch mit der Mitteilung vom 26.11.2018, bestehend aus dem im Anlagenkonvolut B2 enthaltenen Anschreiben vom 26.11.2018, dem diesem beiliegenden Versicherungsschein und den nachfolgenden Informationen, die für die Beitragsanpassung maßgeblichen Gründe entsprechend den oben dargestellten Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG mitgeteilt.
So heißt es im Anschreiben:
„(…) Dafür vergleichen wir jährlich für jeden Tarif die tatsächlichen mit den kalkulierten Leistungsauszahlungen.
In der Krankenversicherung ändern sich die Beiträge, da die Ausgaben für Gesundheitsleistungen höher bzw. niedriger ausfielen als ursprünglich erwartet.
(…)
Der Beitrag ab 01. Januar 2019 steht auf Ihrem neuen Versicherungsschein.
(…)
Die in Ihrem Vertrag von der Beitragsanpassung zum 01. Januar 2019 betroffenen Tarife haben wir durch Fettdruck der Beiträge auf dem Versicherungsschein in der Spalte „Beitrag ab 01.2019“ kenntlich gemacht.“
Ferner heißt es in den angehängten „Informationen zur rechtlichen Seite der Beitragsanpassung“: „Die Beitragsanpassung erfolgt gemäß der vertraglichen Vereinbarungen (§ 8b der Allgemeinen Versicherungsbedingungen): Demnach können Beiträge in der privaten Krankenversicherung nur dann angepasst werden, wenn die Leistungsausgaben eines Tarifs auf Dauer höher oder niedriger ausfallen als bisher. Die Gegenüberstellung der erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen ergab eine Veränderung von mehr als 5%. Deshalb haben wir die Tarifbeiträge überprüft und entsprechend angepasst.“
Mit diesen Angaben hat die Beklagte dem Kläger geradezu vorbildlich mit der gebotenen Klarheit die Rechnungsgrundlagen angegeben, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung veranlasst hat. So ist bereits im Anschreiben angegeben, dass sich die Beiträge ändern, da die Ausgaben für Gesundheitsleistungen höher bzw. niedriger ausfielen als ursprünglich erwartet. Ferner ist deutlich gemacht, für welche konkreten Tarife sich eine Änderung ergeben hat. Dem Versicherungsnehmer wurde damit für den Einzelfall mitgeteilt, was Anlass der konkreten Prämienanpassung war. In den allgemeinen Informationen wird außerdem noch mitgeteilt, dass sich bei den Versicherungsleistungen eine Veränderung von über 5% ergeben hat.
3. Die Anpassungen in den Tarifen KH zum 01.05.2017, MS 100 zum 01.01.2018 und CRHD zum 01.01.2019 sind auch nicht deshalb unwirksam, weil sich bei niedrigeren erforderlichen Leistungsausgaben eine Beitragserhöhung ergeben hat. Entgegen der mit der Berufung vertretenen Auffassung ist eine Beitragserhöhung selbst dann möglich bzw. geboten, wenn der Vergleich der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen eine Abweichung dahingehend ergeben hat, dass die erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen um mehr als 5 bzw. 10 Prozent gesunken sind. Nach § 155 Abs. 3 VAG hat das Versicherungsunternehmen bei einer Abweichung von mehr als 10 Prozent alle Prämien des Tarifs zu überprüfen und, wenn die Abweichung als nicht nur vorübergehend anzusehen ist, mit Zustimmung des Treuhänders anzupassen. Ohne Zweifel ist danach eine Anpassung auch dann erforderlich, wenn die tatsächlichen Leistungsausgaben gesunken sind. Soweit es dabei zu einer Verminderung der Beiträge kommt, stellt dies auch der Kläger nicht in Abrede. Die Anpassung erfolgt jedoch im Wege einer Neukalkulation des Tarifs, so dass neben den Versicherungsleistungen und der Sterbewahrscheinlichkeit auch weitere für die Berechnung der Prämien verwendete Rechnungsgrundlagen, wie beispielsweise der Rechnungszins, zu berücksichtigen sind. Ergibt sich aufgrund anderer bei einer ordnungsgemäßen Prämienkalkulation zu berücksichtigender Faktoren, dass der Beitrag trotz gesunkener Versicherungsleistungen zu erhöhen ist, muss dem Versicherungsunternehmen auch eine Erhöhung möglich sein, da ansonsten für die Zukunft von einer unzureichenden Neukalkulation auszugehen wäre, die nach § 155 Abs. 3 Satz 4 VAG auch mit künftigen Beitragsanpassungen nicht mehr korrigiert werden dürfte. Die gegenteilige Auffassung liefe überdies dem Sinn und Zweck der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit einer Beitragsanpassung, nämlich die dauerhafte Leistungsfähigkeit des Krankenversicherers zu erhalten, zuwider.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass in diesem Fall mitgeteilt werden müsse, dass die Erhöhung erfolge, obwohl die Versicherungsleistungen gesunken seien. Nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs (s.o.) ist lediglich die Rechnungsgrundlage anzugeben, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst hat. Die genaue Höhe der Veränderung ist dagegen nicht anzugeben. Erst recht ist nicht anzugeben, ob und in welcher Höhe sich andere für Beitragsberechnung erforderliche Faktoren verändert haben. Vielmehr reicht es aus, dass der Versicherungsnehmer darüber informiert wird, bei welcher der beiden Rechnungsgrundlagen, die eine Beitragsanpassung auszulösen vermögen, im konkreten Fall eine Abweichung eingetreten ist. In den hier betroffenen Anpassungsmitteilungen vom 27.03.2017, 24.11.2017 und 26.11.2018 ist jeweils angegeben, dass die Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen die jeweilige Anpassung in den konkret bezeichneten Tarifen ausgelöst hat. Dies ist ausreichend. Nur ergänzend – ohne dass es darauf noch entscheidungserheblich ankäme – sei darauf verwiesen, dass überdies im Anschreiben vom 24.11.2017 auch zutreffend dargelegt ist, dass der Vergleich ergeben hatte, dass die Ausgaben für Gesundheitsleistungen in den Tarifen des Klägers insgesamt niedriger ausgefallen sind, als ursprünglich berechnet und in den Informationen zur Mitteilung vom 26.11.2018 ausdrücklich erklärt wird, dass bei einer Abweichung der tatsächlichen von den kalkulierten den Versicherungsleistungen von mehr als 5% alle Rechnungsgrundlagen überprüft werden müssen und dabei auch beispielsweise ein gesunkener Rechnungszins und die gestiegene Lebenserwartung zu berücksichtigen seien.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).


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