Bankrecht

Kreditbearbeitungsentgelt aus Darlehensvertrag

Aktenzeichen  1 C 942/15

Datum:
29.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 108780
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Schweinfurt
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 305 Abs. 1, § 306, § 307, § 812 Abs. 1 S. 1
HGB § 354 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Wird von der Bank die Kreditbearbeitungsprovision nachträglich in den vorformulierten Darlehensvertrag eingefügt, gilt diese Klausel als einseitig von der Bank gestellt und wird insgesamt als formuliert angesehen, wenn kein echtes Aushandeln der Provision vorlag. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Insbesondere die Möglichkeit der flexiblen Abzahlbarkeit oder umgekehrt Verlängerbarkeit des Darlehens sind über ein gewöhnliches Darlehen hinausgehende Leistungen der Bank, so dass das Gesamtbild die Bearbeitungsprovision als nachvollziehbare Gegenleistung erscheinen lässt. Die Klausel ist daher der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 BGB entzogen.  (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Möchte der Darlehensnehmer mit dem Darlehen drei Grundstücke erwerben, bebauen und verkaufen bzw. vermieten, dient das Darlehen der Finanzierung eines „bauträgerähnlichen Geschäfts“, bei dem es sich aufdrängt, dass unternehmerische Interessen verfolgt werden.  (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen:
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 3.375,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger kann von der Beklagten die Rückzahlung der Bearbeitungsprovision in Höhe von 3.375,00 € gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB nicht verlangen.
Den Betrag hat die Beklagte vom Kläger durch Leistung erlangt. Die Leistung ist jedoch nicht ohne Rechtsgrund erfolgt, sodass die Voraussetzungen des bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruchs nicht vorliegen.
Die streitgegenständliche Regelung zur Bearbeitungsprovision in Ziffer 1.2 des Darlehensvertrages ist nicht gemäß §§ 306, 307 BGB unwirksam.
Zwar liegt eine Allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 305 Abs. 1 BGB vor. In Ziffer 1.2 des Vertrages liegt ein formularmäßige Regelung, deren Text von der Beklagten bei einer Vielzahl von Vertragsabschlüssen verwendet wird. Die Regelung ist auch als einseitig von der Beklagten gestellt anzusehen. Auch die Tatsache, dass die Höhe der Bearbeitungsprovision „0,75 v.H.“ nachträglich in den vorformulierten Text eingefügt wurde, schließt es nicht aus, dass die Klausel insgesamt als vorformuliert anzusehen. Denn die Lücke wurde in einem vom Verwender gewünschten Sinne ausgefüllt (BGH, Urteil vom 6.4.2005 – VIII ZR 27/04, veröffentlicht in: NJW 2005, 1574). Zu einem freien Aushandeln der Klausel, durch welches die AGB nicht von der Beklagten gestellt worden wäre, kam es im vorliegenden Fall nicht. Der Zeuge … hat ausgesagt, dass bei den 0,75 v.H. für die Beklagte kein Verhandlungsspielraum bestand, dass beispielsweise bei einer Forderung einer Provision bei 0,6 v.H. durch den Kläger, der Vertrag nicht zu Stande gekommen wäre. Er hat zuvor erklärt, dass es das übliche Vorgehen ist, dass er beim Aushandeln eines Darlehensvertrages eine angemessene Gebühr benennt. Daran, ob die 0,75 v.H. hier evtl. auf Vorschlag des Klägers durch den Zeugen … benannt wurden, konnte letzterer sich nicht erinnern. Nach den – glaubhaften – Aussagen des Zeugen ist das Gericht davon überzeugt, dass kein echtes Aushandeln der Kreditbearbeitungsprovision vorlag. Denn, selbst wenn man unterstellt, der Zeuge … habe den Anteil „0,75 v.H.“ auf einen Vorschlag des Klägers benannt, läge aufgrund der faktischen Entscheidungsmacht des Bankmitarbeiters über die Höhe der Provision (er „benennt“), hier kein Fall vor, in welchem die Einbeziehung der Klausel nach einer objektiven Gesamtbetrachtung als Ergebnis einer freien Entscheidung des Klägers anzusehen wäre (Grüneberg, in: Palandt, § 305, Rn. 10). Eine Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingung gemäß § 305 Abs. 2 BGB liegt vor.
Die streitgegenständliche Allgemeine Geschäftsbedingung ist jedoch nicht im Sinne von § 306 BGB unwirksam.
Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in einem klauselmäßig vereinbarten Kreditbearbeitungsentgelt bei einem Verbraucherdarlehen eine kontrollfähige Bestimmung und keine Regelung einer Hauptleistungspflicht zu sehen, welche gemäß § 307 Abs. 3 BGB der Inhaltskontrolle entzogen ist (BGH, Urteil vom 13.05.2014 – XI ZR 405/12, veröffentlicht in: NJW 2014, 2420). Zudem ist in einem solchen Fall von einer unangemessenen Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 BGB auszugehen. Denn ein solches Kreditbearbeitungsentgelt läuft im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dem gesetzlichen Grundgedanken des Darlehensvertages – Valutaauszahlung gegen Zinsleistungspflicht – zuwider. Das Kreditbearbeitungsentgelt dient in einem solchen Fall nicht der Abgeltung von zusätzlichen Leistungen der Bank sondern – nicht anders als der Zins – der Bezahlung der Hauptleistung und einer Abgeltung eines Verwaltungsaufwandes, welchen die Bank im eigenen Interesse betreibt (BGH, Urteil vom 13.05.2014 – XI ZR 405/12, veröffentlicht in: NJW 2014, 2420).
Auf den vorliegenden Einzelfall sind die vom BGH hergeleiteten Grundsätze jedoch nicht zu übertragen.
Unstreitig diente das Darlehen der Finanzierung eines „bauträgerähnlichen Geschäfts“, bei welchem der Kläger drei Grundstücke erwerben, bebauen und verkaufen bzw. vermieten wollte. Der Zeuge … hat dem Gericht hierzu glaubhaft berichtet, dass ein „neues Geschäftsmodell“ mit dem Kläger beschritten wurde und das Darlehen hierauf abgestimmt wurde. Etwaige Pfandfreigaben sollten durch die Bearbeitungsgebühr unstreitig gedeckt sein. Zudem ergibt sich aus der Regelung in Ziffer 4.2 des Darlehensvertrages und der Aussage des Zeugen …, dass die Prüfung des Baufortschritts bezüglich der Erbringung von Teilzahlungen von der Bearbeitungsgebühr gedeckt war. Das Darlehen war nach Vereinbarung der Parteien jederzeit rückführbar, ohne dass damit für den Beklagten ein Zinsverlust verbunden war. Verlängerungen der Darlehenslaufzeit sollten ermöglicht werden. Eine solche Verlängerung wurde nach der Aussage des Zeugen … auch tatsächlich umgesetzt. Der Kläger war, wie sich insbesondere aus der informatorischen Anhörung von ihm sowie aus der Vernehmung des Zeugen … ergibt, der Beklagten bereits von früheren Geschäften bekannt, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers als Finanzmakler und Finanzberater standen.
Nach der Überzeugung des Gerichts liegt aufgrund der Gesamtkonstruktion des Darlehens im vorliegenden Einzelfall unter Berücksichtigung der zuvor geschilderten Umstände zwar im Sinne von § 305 BGB eine Allgemeine Geschäftsbedingung vor. Jedoch handelt es sich um eine Klausel, die mit der Bearbeitungsgebühr eine Hauptleistungspflicht des Darlehensnehmers regelt und daher gemäß § 307 Abs. 3 BGB der Inhaltskontrolle entzogen ist. Mit dem Darlehen sind im vorliegenden Fall besondere Leistungen verbunden, die in ihrer Gesamtheit eine eigenständige Zahlung eines Kreditbearbeitungsentgelts neben dem Darlehenszins als eine Gegenleistung für die erbrachten Zusatzleistungen erscheinen lassen. Denn die unstreitige flexible Abzahlbarkeit und umgekehrt Verlängerbarkeit des Darlehens sind über ein gewöhnliches Darlehen hinausgehende Leistungen, welche im Interesse des Darlehensnehmers erfolgen. Zudem ist auch die Prüfung und Begleitung einzelner Schritte des vom Kläger verfolgten bauträgerähnlichen Geschäfts ein Vorgang, der nicht bloß im Interesse der Bank erfolgt. Vielmehr hat hier der Kläger als Bauherr ein eigenes Interesse daran, dass beispielsweise Auszahlungen im Sinne von Ziffer 4.2 des Darlehensvertrages kaufmännisch überprüft werden. Das im vorliegenden Fall erkennbare Gesamtbild eines das individuelle Projekt des Klägers begleitenden Darlehens lässt eine Bearbeitungsprovision als nachvollziehbare Gegenleistung für die auf die Begleitung des individuellen Projekts ausgerichteten Zusatzleistungen der Beklagten erscheinen. Denn die Beratungs- und Prüfungsleistungen der Bank sind bei einem Bauträgergeschäft kein bloß reflexhafter Nebeneffekt sondern erfolgen auch im wirtschaftlichen Eigeninteresse des Darlehensnehmers (LG München I, Urteil vom 22.08.2014 – 22 O 21794/13).
Aufgrund dieses Gesamtbildes, wonach die Bearbeitungsprovision im vorliegenden Einzelfall tatsächlich erbrachte Zusatzleistungen der Darlehensgeberin abdeckt, könnte auch keine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB angenommen werden (LG München I, Urteil vom 22.08.2014 – 22 O 21794/13). Hier muss im vorliegenden Einzelfall auch berücksichtigt werden, dass der Kläger der Beklagten bereits als Finanzberater und Finanzmakler bekannt war und es sich objektiv beim vorliegenden Geschäft aufdrängen musste, dass der Kläger unternehmerische Interessen mit seinem Bauträgerkonzept verfolgt. Ob das Projekt letztendlich einer privaten Anlage des Klägers dienen sollte, wie von ihm in der mündlichen Verhandlung berichtet, ist unerheblich. Der Umfang des Projekts übersteigt eine übliche private Immobilienanlage deutlich. Kaufmännische Planungen und Bilanzierungen drängen sich bezüglich eines solchen Projekts auf. Es war daher angemessen, dass die Beklagte eine Bearbeitungsprovision verlangte, welche den konkreten kaufmännischen Planungen und Bilanzierungen diente.
Es kann für die Beurteilung des streitgegenständlichen Kreditbearbeitungsentgelts dahinstehen, ob der Kläger beim Abschluss des Darlehensvertrages tatsächlich Unternehmer im Sinne von § 14 BGB war oder lediglich in zurechenbarer Weise den Eindruck einer unternehmerischen Planung erweckte.
Ebenfalls dahinstehen kann eine Entscheidung des juristischen Meinungsstreits darüber, ob die Grundsätze des BGH zu Kreditbearbeitungsentgelten bei Verbraucherdarlehen generell keine Anwendung auf Unternehmerdarlehen finden können.
Ferner kann es dahinstehen, ob das bloße Vorhandensein einzelner Zusatzleistungen einer Bank zum Ausschluss der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 BGB führt. Im vorliegenden Fall genügt jedenfalls das objektive Gesamtbild des Darlehens, um die Bearbeitungsprovision als Ausgleich für die Zusatzleistungen der Beklagten erscheinen zu lassen.
Da Ziffer 1.2 des Darlehensvertrages wirksam ist, scheidet mithin eine Rückforderung der Bearbeitungsprovision gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB aus.
Auch Ansprüche auf Verzugszinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten bestehen somit nicht.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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