Bankrecht

Persönliche Haftung des Geschäftsführers der Treuhandkommanditistin einer Kapitalanlagegesellschaft: Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung von Kapitalanlegern durch unterlassene Aufklärung über eine Prüfung durch die BaFin

Aktenzeichen  VI ZR 4/09

Datum:
19.10.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 826 BGB
§ 1 KredWG
Spruchkörper:
6. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend OLG Stuttgart, 30. Dezember 2008, Az: 19 U 94/08, Urteilvorgehend LG Tübingen, 21. Mai 2008, Az: 4 O 264/07, Urteil

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Dezember 2008 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 21. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage.
2
Der Kläger beteiligte sich mit Angebot vom 21. Oktober 2004, das am 3. November 2004 angenommen wurde, über die als Treuhandkommanditistin fungierende G. Beteiligungs Treuhand GmbH (nachfolgend: G.) an der im Jahr 2003 gegründeten MSF        AG & Co. KG (nachfolgend: MSF). Allein vertretungsberechtigte persönlich haftende Gesellschafterin der MSF war die DPM AG (DPM), die zugleich die G. bei Abschluss der Treuhandverträge vertrat. Geschäftsführer der G. – und alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ihrer Alleingesellschafterin – war der Beklagte.
3
Wegen der Befürchtung der MSF, dass ihr Anlagekonzept ein erlaubnispflichtiges Finanzkommissionsgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG sein könne, wurden am 27. Oktober 2004 auf einer Gesellschafterversammlung, an der auch der Beklagte als Geschäftsführer der G. teilgenommen hatte, Änderungen des Gesellschaftsvertrags der MSF beschlossen und ein neuer Emissionsprospekt aufgelegt. Mit am 28. Oktober 2004 zugegangenem Schreiben teilte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) der MSF u.a. mit, dass sie die Geschäftstätigkeit als das Betreiben eines Finanzkommissionsgeschäfts nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG einstufe und die Untersagung des erlaubnispflichtigen Geschäfts gemäß § 37 KWG beabsichtige. Am selben Tag informierte die BaFin auch G. schriftlich und verlangte unter Hinweis auf § 37 Abs. 1, § 44c Abs. 1, Abs. 6 KWG Auskünfte und Vorlage von Unterlagen. Diesem Auskunftsersuchen kam der Beklagte für G. am 10. November 2004 nach. Am 30. November 2004 setzte die BaFin der MSF unter Androhung der Untersagung der Geschäftstätigkeit nach § 37 KWG eine Frist bis zum 11. Dezember 2004, eine Umgestaltung der bisherigen Tätigkeit in eine erlaubnisfreie Tätigkeit vorzunehmen. Die in den folgenden Monaten zwischen MSF und BaFin geführten Verhandlungen über mögliche Änderungen in der Anlage- und Gesellschaftsstruktur blieben erfolglos. Am 15. Juni 2005 erließ die BaFin Untersagungsverfügungen gegen MSF und G., die beide inzwischen Insolvenz angemeldet haben.
4
Der Kläger begehrt die Erstattung der von ihm geleisteten Einlage und die Befreiung von sämtlichen Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag. Er macht geltend, der Beklagte sei ihm zum Schadensersatz verpflichtet, weil er es versäumt habe, die beitrittswilligen Anleger vom Inhalt des der G. am 28. Oktober 2004 zugegangenen Schreibens der BaFin zu informieren und weil er einen Vertragsabschluss nicht verhindert und die Einlage an die MSF weitergeleitet habe, obwohl er habe erkennen können, dass diese für den Kläger verloren sei. Der Beklagte trägt vor, er habe auf die Weiterführung des Fonds vertraut; im Übrigen hätte eine Warnung der Neuanleger den Interessen der bereits Beigetretenen geschadet.
5
Das Landgericht hat ein sittenwidriges Verhalten des Beklagten verneint und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des klagabweisenden Urteils des Landgerichts.


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