Bankrecht

Schadensersatz, Insolvenzverwalter, Rechtsbeschwerde, Schadensersatzanspruch, Anspruch, Verletzung, Schiedsklausel, Ausbau, Vollstreckung, Vertrag, Pflichtverletzung, Prozesskosten, Klage, Zahlung, Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, Treu und Glauben, Schutzwirkung zugunsten Dritter

Aktenzeichen  023 O 720/15

Datum:
1.6.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 159599
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage gegen den Beklagten zu 1) erweist sich im Ergebnis als unzulässig. Im Übrigen würden auch der Begründetheit der unzulässigen Klage gewichtige Gesichtspunkte entgegenstehen.
Die Klageerweiterung auf die Beklagten zu 2) und 3) war ebenfalls durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen.
Im Rahmen seiner Entscheidung ist das Gericht – nach Maßgabe von § 313 Abs. 3 ZPO zusammengefasst – insbesondere von folgenden Erwägungen ausgegangen:
I. Unzulässigkeit der (geänderten) Klage gegen den Beklagten zu 1)
1. Die Kläger begehrten zunächst vom Beklagten zu 1) als Insolvenzverwalter der … es zu unterlassen, in Höhe eines Teilbetrages von 1 Mio. € Maßnahmen zur Vollstreckung aus dem BIT-Schiedsspruch vom 01.07.2009 zu treffen und forderten zunächst weiter eine Erklärung des Beklagten, gegenüber dem Königreich … zu erklären, dass er die durch den BIT-Schiedsspruch titulierte Forderung in Höhe eines Teilbetrages von 1 Mio. € erlässt sowie die Erklärung gegenüber der …bank, dass er die Forderungen aus den Bürgschaftserklärungen vom 08.08.2011 und 08.08.2012 in Höhe von jeweils 500.000,00 € ebenfalls erlässt.
Mit Schriftsatz vom 05.12.2016 (Bl. 219/221 d.A.) haben die Kläger ihren Antrag dahingehend geändert, dass der Beklagte zu 1) zu verurteilen ist, an das Königreich … 1 Mio. € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 05.12.2016 zu bezahlen, nachdem der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 06.10.2016 (Anlage K21) die Rechtsbeschwerde des Königreich … gegen den Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 23.02.2015 zurückgewiesen hat, so dass der genannte Beschluss, mit welchem der BIT-Schiedsspruch vom 01.07.2009 für vollstreckbar erklärt wurde, nunmehr rechtskräftig ist.
Das Gericht kann an dieser Stelle dahingestellt lassen, ob die Umstellung des Klagebegehrens nach § 264 Nr. 3 ZPO zulässig oder sachdienlich im Sinne von § 263 ZPO ist, da sich der Beklagte zu 1) nach § 267 ZPO jedenfalls rügelos auf die geänderte Klage eingelassen hat.
Die Klageänderung im Verhältnis zum Beklagen zu 1) ist daher zulässig.
2. Die Unzulässigkeit der geänderten Klage ergibt sich gleichwohl daraus, dass dieser eine zwischen den Klägern sowie dem Beklagten zu 1) vereinbarte Schiedsklausel entgegensteht (§ 1032 ZPO). Der zwischen dem Kläger und dem Beklagten geschlossene Vertrag vom 03.12.2006 (SPA) sowie der rückdatierte Vertrag vom 12.07.2007 enthalten in Ziffer 16 eine Schiedsklausel, wonach sämtliche Streitigkeiten zwischen den Parteien einem ICC-Schiedsgericht in … vorzulegen sind.
Der Beklagte zu 1) hat sich daher zu Recht bereits in der Verteidigungsanzeige vom 02.04.2015 (Bl. 27/33 d.A.) – und damit rechtzeitig – auf die Schiedseinrede nach § 1032 ZPO berufen. Die Schiedsvereinbarung ist auch nicht nichtig, unwirksam oder undurchführbar im Sinne von § 1032 Abs. 1 ZPO.
Am 18.04.2011 erging ein erster Schiedsspruch in dem ICC-Schiedsverfahren, welches von den Klägern initiiert wurde. Darin wies das ICC-Schiedsgericht den Rückzahlungsanspruch der Kläger zurück. Mit Schiedsklage vom 22.06.2012 verlangten die Kläger vom Beklagten zu 1) erneut die Unterlassung der Vollstreckung aus dem BIT-Schiedsspruch. Das Schiedsgericht wies diese Klage als unzulässig ab, da es nicht erneut in der Sache entscheiden könne. Der Anspruch der Kläger auf Rücknahme der Schiedsklage aus dem Vertrag vom 03.12.2006/12.07.2007 bzw. der aus diesem Anspruch fortgedachte Zahlungsanspruch der Kläger existiert daher, wenn überhaupt, mit der Einschränkung, dass er nicht vor staatlichen Gerichten, sondern nur vor dem Schiedsgericht einklagbar ist. In diesem Zusammenhang hat bereits das Kammergericht Berlin in seiner Entscheidung vom 23.02.2015 (Anlage B7) zutreffend ausgeführt, dass die Schiedsabrede zugleich das Verbot enthält, sich im Prozess vor den staatlichen Gerichten auf den Anspruch auf Klagerücknahme zu berufen, über den nach dem Willen der Beteiligten allein ein Schiedsgericht entscheiden soll.
Gleiches muss auch für den hier streitgegenständlichen Anspruch gelten.
Die Schiedsvereinbarung ist auch nicht nichtig, unwirksam oder undurchführbar. Insofern hat bereits das Kammergericht Berlin in seiner ersten Entscheidung im Jahr 2012 (Anlage B5, dort Seite 18) zutreffend ausgeführt:
„… Mit der Akzeptanz der sachlichen und zeitlichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts in der Verhandlung zur Hauptsache und seiner im weiteren rügelosen Einlassung zur Sache hat der Antragsgegner auf die zunächst erhobene Zuständigkeitsrüge verzichtet und ist nach Art. V Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. EuÜ damit auch im Vollstreckbarerklärungsverfahren ausgeschlossen. …
Es widerspricht dem im vorliegenden Verfahren vor einem deutschen Gericht geltenden Gebot redlicher Prozessführung, das als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Prozessrecht gilt …, wenn der Antragsgegner einerseits seine Beteiligungsmöglichkeiten bei der Zuständigkeitsprüfung im Schiedsverfahren ausschöpft, die ihm nachteilige Entscheidung nicht durch die zuständige staatliche Gerichtsbarkeit überprüfen lässt und sich weiter am Schiedsverfahren in der Hauptsache beteiligt, dann aber im Stadium der Vollstreckbarerklärung wieder zum Einwand fehlender Schiedsklausel zurückkehrt …“
Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Beurteilung der Ansprüche aus dem Vertrag vom 03.12.2006/12.07.2007 den staatlichen Gerichten entzogen und auch im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht werden können.
Weiterhin steht der Zulässigkeit der Klage die Rechtskraft des ersten ICC-Schiedsspruchs vom 18.04.2011 (Anlage K4) entgegen, § 322 ZPO.
In diesem ICC-Schiedsverfahren verlangten die Kläger zunächst vom Beklagten zu 1) die Beendigung des Schiedsverfahrens. Im Laufe dieses Verfahrens erklärten die Kläger mit Schriftsatz vom 23.04.2010 einen Teilrücktritt von dem Vertrag vom 03.12.2006/12.07.2007 und einen Verzicht auf die nachträgliche Erfüllung der Verpflichtung zur Rücknahme der BIT-Schiedsklage des Beklagten zu 1). Ihre ICC-Schiedsklage stellten die Kläger sodann um auf Rückzahlung des Betrages, welchen sie angeblich für das Recht bezahlt hatte, die Rücknahme der Schiedsklage vom Beklagten zu 1) zu verlangen. Gleichwohl hat das ICC-Schiedsgericht die Klage der Kläger zurückgewiesen.
II. Dar Begründetheit der Klage gegen den Beklagten zu 1) würden insbesondere folgende Gesichtspunkte entgegenstehen:
1. Die Kläger haben gegen den Beklagten zu 1) zudem keinen Anspruch mehr auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung aus dem BIT-Schiedsspruch vom 01.07.2009 und nach Umstellung der Klage folglich auch keinen Anspruch auf Zahlung wegen der behaupteten Pflichtverletzung des Beklagten zu 1), da sie von der Vereinbarung über die Beendigung des BIT-Schiedsverfahrens wirksam zurückgetreten sind.
Auch insofern hat das Kammergericht Berlin im Beschluss vom 23.02.2015 (Anlage B7) zutreffend ausgeführt, dass die Kläger von der Vereinbarung über das Rücknahmebegehren hinsichtlich der Schiedsklage im BIT-Schiedsverfahren zurückgetreten sind und auf ihre entsprechenden Rechte verzichtet haben, so dass die Kläger auch aus dieser Vereinbarung folglich keine rechtlichen Interessen mehr herleiten können. Eine Unwirksamkeit des Rücktritts der Kläger ist nicht zu erkennen.
Unabhängig davon ist die – abschließende – rechtliche Beurteilung der Wirksamkeit des (Teil-)Rücktritts aufgrund der wirksamen Schiedsvereinbarung den staatlichen Gerichten entzogen. Die Feststellung der Unwirksamkeit des Rücktritts durch ein Schiedsgericht ist nicht belegt.
2. Weiterhin würde die Begründetheit der Klage auch aus folgenden Überlegungen scheitern:
Mit Schriftsatz vom 05.12.2016 (Bl. 219/221 d.A.) hat die Klagepartei die ursprünglich erhobene Klage umgestellt auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 1 Mio. € an das Königreich …. Der Klägervertreter hat diesen Anspruch ausdrücklich damit begründet, dass aufgrund des nunmehr rechtskräftig für vollstreckbar erklärten BIT-Schiedsspruches der Beklagte zu 1) Zugriff nehmen „kann“ auf die vom Königreich … gestellten Bürgschaften. Die Bürgin „werde“ Erstattungsansprüche in gleicher Höhe gegen das Königreich … geltend machen; diesem sei ein Schaden von rund 45 Mio. € entstanden. Der Klagepartei ist es in diesem Zusammenhang schon nicht gelungen, schlüssig vorzutragen, dass der Beklagte zu 1) tatsächlich Zugriff genommen hat auf die vom Königreich … gestellten Bürgschaften. Vielmehr hat der Klägervertreter mit der Anlage K23 ein Schreiben der …bank vom 13.01.2017 vorgelegt, wonach die …bank die Zahlung über 44.676.068,08 € an den Beklagten zu 1) angewiesen hat. Damit steht fest, dass das Königreich … die mit dem BIT-Schiedsspruch vom 01.07.2009 titulierte Forderung beglichen hat. Ein schlüssiger Vortrag dahingehend, dass die …bank als Bürgin in Anspruch genommen wurde seitens des Beklagten zu 1) und auch als Bürgin die verbürgte Bürgschaftssumme an den Beklagten zu 1) angewiesen hat, ist nicht vorgetragen. Folglich existieren schon gar keine Erstattungsansprüche der …bank als Bürgin für die Verbindlichkeiten des Königreichs …. Weiterhin fehlt jeglicher schlüssiger Vortrag dazu, weshalb die Kläger eventuelle Ansprüche der …bank als Bürgin geltend machen könnten.
Weiterhin hat der Kläger auch im vorliegenden Verfahren nicht behauptet sowie auch nicht schlüssig vorgetragen, dass ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im … Obligationenrecht den Schuldner (Beklagter zu 1) zur Leistung an den Dritten (Königreich …) verpflichtet und nicht lediglich Schadensersatzansprüche des Dritten (Königreich …) im Falle einer Pflichtverletzung des Schuldners (Beklagten zu 1) begründet. Dies hat auch der Bundesgerichtshof im Beschluss vom 06.10.2016 (Anlage K21, Tz 67) festgestellt.
So hat der BGH dort wörtlich ausgeführt:
„Die Rechtsbeschwerde hat nicht schlüssig dargelegt, dass dem Antragsgegner bei der Anwendung der nach … Recht für den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte geltenden Grundsätze aufgrund des zwischen dem Antragsteller und den Streithelfern geschlossenen Anteilskaufvertrag ein eigenes Recht zusteht, vom Antragsteller die Beendigung des Schiedsverfahrens und die Rücknahme des Antrages auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung zu verlangen. … Die Rechtsbeschwerde hat aber nicht behauptet, dass ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im …recht – anders als im … Recht – den Schuldner zur Leistung an den Dritten verpflichtet und nicht lediglich Schadensersatzansprüche des Dritten im Falle einer Pflichtverletzung des Schuldners begründet. …“.
Es ist daher auch vorliegend nicht ersichtlich, auf welcher rechtlichen Grundlage die Kläger den vermeintlich eingetretenen Schaden des Königreich … geltend machen, zumal im – entscheidenden – zuletzt gestellten Antrag wiederum abweichend von dem in der mündlichen Verhandlung am 21.02.2017 (Bl. 256 d.A.) gestellten Antrag nunmehr nicht die Zahlung an das Königreich … beantragt wurde.
Auch die Konstruktion des Anspruchs über die Einordnung des Vertrages vom 03.12.2006/12.07.2007 als unechter Vertrag zugunsten Dritter verhilft den Klägern daher nicht zum Erfolg. Ein sogenannter unechter (oder ermächtigender) Vertrag zugunsten Dritter liegt dann vor, wenn die Parteien vereinbaren, dass allein der Gläubiger zur Forderung der Leistung berechtigt bleibt und der Schuldner lediglich ermächtigt sein soll, an den Dritten mit befreiender Wirkung zu leisten. Vorliegend stützen die Kläger ihren Anspruch jedoch auf eine Pflichtverletzung des gegenständlichen Vertrages und machen somit einen Schadensersatzanspruch geltend.
3. Den Klägern hilft auch nicht weiter, dass sie isoliert aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 06.10.2016 zitieren, dass der Beklagte zu 1) im Verhältnis zu den Klägern seine bestehende Verpflichtung aus dem Anteilskaufvertrag verletzt habe, indem er das geführte Schiedsverfahren nicht zurückgenommen habe.
Vielmehr ist diese von der Klagepartei zitierte Stelle aus dem genannten Beschluss im Gesamtkontext zu sehen. Der nach dem Vortrag der Klagepartei unter Verletzung gegen die Klagerücknahmeverpflichtung erstrittene Schiedsspruch führte im Ergebnis gerade nicht dazu, dass dem Schiedsspruch die Anerkennung von Vollstreckung deshalb zu versagen war, weil der Beklagte zu 1) den Schiedsspruch durch einen Verfahrensbetrug oder eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung erwirkt habe (vgl. BGH-Beschluss vom 06.12.2016, Rz. 54 ff.). Damit steht nunmehr fest, dass der BIT-Schiedsspruch vom 01.07.2009 rechtskräftig vollstreckbar ist. Die Argumente der Klagepartei, welche schon die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs nicht haben verhindern können, sind im Ergebnis auch nicht geeignet, den begehrten Zahlungsanspruch zu begründen. Die Rechtskraft des streitgegenständlichen Titels muss jedoch nur dann zurücktreten, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, dass der Gläubiger seine formale Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen Rechtslage zu Lasten des Schuldners ausnutzt. Dagegen ist eine Überprüfung bzw. Aushebelung einer rechtskräftigen Entscheidung unzulässig, wenn sich die Behauptung der Unrichtigkeit des angegriffenen Titels im Kern lediglich auf dasselbe Vorbringen wie im Vorprozess (Vollstreckbarerklärungsverfahren) stützt. Letzteres ist vorliegend der Fall, so dass auch deshalb die Klage als unbegründet abzuweisen gewesen wäre.
Thematisch hierzu hat auch das Kammergericht Berlin in der Entscheidung vom 23.02.2015 (Anlage B7, dort S. 18 f.) schon die passenden Worten gefunden:
„Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist auch nicht der Erfolg zu versagen, weil zu Gunsten der Antragsgegner der Einwand der sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) greift. …
Diese Voraussetzungen liegen aber offensichtlich nicht vor … Zum einen ist nicht ersichtlich, dass die Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung von Schadensersatz in dem Schiedsspruch materiell unrichtig ist. Zum anderen hatte der Antragsgegner bereits vor Abschluss des BIT-Schiedsverfahrens Kenntnis von der Rücknahmeklausel im Vertrag vom 03.12.2006/12.07.2007.
… Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein objektiv unrichtiges Urteil dann nicht über § 826 BGB korrigiert werden, wenn es auf nachlässiger Prozessführung des Betroffenen zurückzuführen ist … Das betrifft auch das Unterlassen der Einlegung möglicher Rechtsbehelfe …, wie im vorliegenden Fall der von dem Antragsgegner unterlassenen Einlegung der Schiedsbeschwerde nach Art. 190 Abs. 2 IPRG. …
Der Antragsteller handelte auch nicht rechtsmissbräuchlich, indem er trotz Verkaufs seiner Anteile an der … das Schiedsverfahren weiterbetrieb. …“
Fazit:
Der Kläger macht gegen den Beklagten zu 1) ausweislich der geänderten Klagebegründung vom 05.12.2016 (Bl. 219/221 d.A.) ausdrücklich mit der Teilklage in Höhe von 1 Mio. € einen Betrag geltend, welcher sich auf die seitens der …bank gestellten Bürgschaften über jeweils 500.000,00 € verteilt. Da jeglicher Vortrag dazu fehlt, dass die genannten Bürgschaften auch tatsächlich seitens des Beklagten zu 1) gezogen und die Bürgin entsprechend in Anspruch genommen wurde, scheitert es bereits insofern an der Schlüssigkeit der Klage. Die seitens der Klagepartei aufgestellte Hypothese, dass der Beklagte zu 1) Zugriff nehmen könne auf die seitens des Königreich … gestellten Bürgschaften und die Bürgin dann Erstattungsansprüche in gleicher Höhe gegen das Königreich … haben werde, ist vielmehr nicht eingetreten.
Darüber hinaus haben die Kläger bzw. das Königreich … die gegenständliche Verfahrensproblemtik in einer Vielzahl von Prozessen mit unterschiedlicher Stoßrichtung verfolgt und regelmäßig im Ergebnis verloren. Insofern bringt es der Beklagtenvertreter in seinem Klageerwiderungsschriftsatz vom 07.07.2015 (Bl. 47/73, s. S. 2) auf den Punkt, wenn er ausführt:
„Mit der vorliegenden Klage unternehmen die Kläger einen weiteren Versuch, ihre angeblichen Ansprüche gegen den Beklagten durchzusetzen. Sämtliche der sehr zahlreichen vorherigen Versuche sind gescheitert. …“
III. Unzulässigkeit der Klageerweiterung
Die mit Schriftsatz vom 12.05.2017 eingereichte „Parteierweiterung“ auf die Beklagten zu 2) und 3) war durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen.
Die Parteierweiterung stellt eine subjektive Klageänderung dar, auf die § 263 ZPO entsprechend Anwendung findet. Die Zulässigkeit der Erweiterung ist daher insbesondere unter dem Blickwinkel der Sachdienlichkeit zu überprüfen.
Sachdienlichkeit ist jedoch vorliegend nicht gegeben. Für den Begriff der Sachdienlichkeit ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit wesentlich. Sachdienlichkeit ist insbesondere anzunehmen, wenn auch für die geänderte Klage der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Klageänderung die Möglichkeit bietet, die Streitigkeit endgültig zu bereinigen. An der von Gründen der Prozessökonomie bestimmten Sachdienlichkeit fehlt es aber insbesondere dann, wenn – wie vorliegend – ein neuer Prozessstoff in das Verfahren eingeführt werden soll, ohne dessen Berücksichtigung der Rechtsstreit entscheidungsreif wäre. Hiervon ausgehend liegen die Voraussetzungen für eine sachdienliche Klageänderung im Sinne einer Parteierweiterung evident nicht vor.
Unter Bezugnahme auf die unter I. und II. gemachten Ausführungen ist festzuhalten, dass der gegen den Beklagten zu 1) anhängige Rechtsstreit – schon lange – entscheidungsreif ist und das Verfahren mit der am 12.05.2017 per Fax eingereichten Parteierweiterung nicht nur unwesentlich verzögert werden würde.
Weiterhin ist zu bedenken, dass durch die Parteierweiterung jeweils eine neue Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) erhoben und somit auch ein neues Prozessrechtsverhältnis begründet wurde, so dass die Zulässigkeit der Klage gegen die neuen Beklagten das Vorliegen aller Prozessvoraussetzungen bedingt. In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass eine Klageerweiterung nach Schluss der mündlichen Verhandlung unzulässig ist. Im vorliegenden Verfahren hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung am 15.05.2017 die mündliche Verhandlung geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war die gegen die Beklagten zu 2) und 3) eingereichte Klage noch nicht zugestellt, mithin die Klage gegen diese beiden Beklagten noch nicht wirksam erhoben. Erst am Tag der mündlichen Verhandlung am 15.05.2015 lagen dem Gericht die erforderlichen Abschriften nach § 253 Abs. 5 ZPO vor, die Zustellung der Klageerweiterung war noch nicht verfügt.
Die Klageerweiterung auf die Beklagten zu 2) und 3) war daher ebenfalls durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.


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