Bankrecht

Täuschung über Krisenanzeichen beim Unternehmenskauf

Aktenzeichen  23 U 5742/19

Datum:
3.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2021, 549
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 119, § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1, § 278, § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 389, § 826

 

Leitsatz

1. Bei einem Unternehmensverkauf ist der Verkäufer grundsätzlich verpflichtet, den Käufer auch ungefragt über konkrete Vorkommnisse zu informieren, die gewichtige Anzeichen für eine anhaltende Krise der Gesellschaft sind, z.B. erhebliche Zahlungsrückstände, mehrfache Mahnungen und Liquiditätsengpässe. In gleicher Weise muss er ggf. deutlich und unmissverständlich darüber aufzuklären, dass und in welcher Höhe die Gesellschaft bislang nur negative Ergebnisse erzielt hatte. (Rn. 84 und 97)
2. Eine in einer unwahren, irreführenden Angabe des Verkäufers eines Unternehmens (hier u.a. die Aussage, dass das Ganze jetzt „wieder erheblich ins Plus“ gehe, obwohl die Gesellschaft zuvor noch niemals ein positives Ergebnis erzielt hatte) liegende Täuschung entfällt nicht dadurch wieder, dass dem Käufer Geschäftsunterlagen übergeben werden, die ihrerseits kein klares, vollständiges Bild der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zeichnen. (Rn. 101 – 106)
3. Ein vertraglich vereinbarter Haftungsausschluss betreffend Rechte und Ansprüche des Erwerbers wegen Mängeln erfasst grundsätzlich nicht die Haftung des Unternehmensverkäufers für schuldhafte Aufklärungspflichtverletzungen aus c.i.c. (Rn. 136)

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 18.09.2019 in Ziffer 2 des Tenors abgeändert und neugefasst wie folgt:
1.1. Der Kläger zu 1) wird verurteilt, an den Beklagten zu 1) 50.000 € zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der von dem Beklagten zu 1) an der F. GmbH & Co. KG, übernommenen Kommanditbeteiligung in Höhe von 4.250 €.
1.2. Der Kläger zu 1) wird verurteilt, an den Beklagten zu 2) 50.700 € zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der von dem Beklagten zu 2) an der F. GmbH & Co. KG, übernommenen Kommanditbeteiligung in Höhe von 4.250 €.
1.3. Der Kläger zu 1) wird verurteilt, den Beklagten zu 2) von den sich aus der zwischen Herrn Rechtsanwalt D. als Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. GmbH & Co. KG und dem Beklagten zu 2) geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung vom 31.10.2018 ergebenden Verpflichtungen freizustellen, Zug um Zug gegen Übertragung der von den Beklagten an der F. GmbH & Co. KG übernommenen Kommanditbeteiligungen in Höhe von 4.250 €.
1.4. Es wird festgestellt, dass der Kläger zu 1) verpflichtet ist, den Beklagten jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus der Übernahme einer Kommanditbeteiligung an der F. GmbH & Co. KG entstanden ist und künftig noch entstehen wird, Zug um Zug gegen Übertragung der von den Beklagten an der F. GmbH & Co. KG übernommenen Kommanditbeteiligungen in Höhe von 4.250 €.
1.5. Im übrigen bleibt die Widerklage abgewiesen.
2. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
3. Die Berufung des Klägers zu 1) und die sofortige Beschwerde der Klägerin zu 2) werden zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt aufgeteilt: Von den Gerichtskosten trägt der Kläger zu 1) 87%, der Beklagte zu 1) 3% und der Beklagte zu 2) 10%. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) trägt der Beklagte zu 1) zu 3% und der Beklagte zu 2) zu 10%. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger zu 1) zu 93%. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt der Kläger zu 1) zu 83%. Im übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
5. Die Kostenentscheidung des Landgerichts wird aufgehoben. Die Kosten der ersten Instanz werden wie folgt aufgeteilt: Von den Gerichtskosten trägt der Kläger zu 1) 44%, die Klägerin zu 2) 19%, der Beklagte zu 1) 13% und der Beklagte zu 2) 24%. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) trägt der Beklagte zu 1) zu 3% und der Beklagte zu 2) zu 10%. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) trägt der Beklagte zu 1) zu 23% und der Beklagte zu 2) zu 39%. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger zu 1) zu 46% und die Klägerin zu 2) zu 22%. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt der Kläger zu 1) zu 41% und die Klägerin zu 2) zu 16%. Im übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
6. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin zu 2).
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
8. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit einem gesellschaftsrechtlichen Notarvertrag, durch den die Beklagten von dem Kläger eine Kommanditgesellschaft, die eine Diskothek in B. betrieb, übernahmen.
Im Jahr 2012 war der Kläger zu 1) der alleinige Kommanditist der F. GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. KG), sowie der einzige Geschäftsführer der Komplementärin, der F. GmbH. Die F. KG betrieb eine Diskothek in B. sowie zumindest bis zum 30.06.2013 auch die Cocktailbar K. Zusätzlich betrieb der Kläger zu 1) noch die Spielhalle D.
Die Diskothek hatte die F. KG zum 15.08.2012 von der B. GmbH für 59.100 € erworben (Anlage B 53). Über die Räumlichkeiten, in denen die Diskothek betrieben wurde, schlossen die B. GmbH und die F. KG einen Untermietvertrag.
Anfang Dezember 2012 schloss die F. KG einen mit einem Darlehen über 46.564,56 € verbundenen Bierbezugsvertrag mit der Brauerei S. GmbH (Anlagen K 1 und B 63). Zugleich übernahmen der Kläger zu 1) und dessen Ehefrau, die Klägerin zu 2), eine selbstschuldnerische Bürgschaft für die Verbindlichkeiten der F. KG gegenüber der S. GmbH aus diesem Bierbezugsvertrag (Anlage K 2).
Der Jahresabschluss für die F. KG für das Jahr 2012 ergab einen Jahresfehlbetrag von 22.111,98 € (Anlage B 28 Seite 11).
Mit Schreiben vom 19.06.2013 stellte die S. GmbH fest, dass ein überfälliger Kontoausgleich trotz Mahnung in Höhe von 1.199,75 € nicht von der F. KG durchgeführt worden sei; es werde die Zahlungsweise auf „streng bar“ umgestellt“ (Anlage B 59).
Mit Schreiben vom 26.06.2013 mahnte die H.-Bräu GmbH gegenüber der F. KG die Bezahlung einer offenen Forderung von insgesamt 512,30 € (Rechnungen vom 09.05.2013 und vom 27.04.2013) an (Anlage B 34).
Mit Einschreiben vom 17.09.2013 erklärte die G. GmbH, dass trotz mehrmaliger, intensiver Bemühungen eine offene Forderung der F. KG in Höhe von insgesamt 44.080,40 € (exklusive Verzugszinsen) noch immer nicht auf ihrem Konto gutgeschrieben worden sei; die Getränkefirma setzte gleichzeitig eine letzte Zahlungsfrist bis zum 01.10.2013 (Anlage B 56).
Auf dieses Schreiben antwortete der Kläger zu 1) mit Email vom gleichen Tage, die folgenden Wortlaut hat (Anlage B 48):
„Sehr geehrte Frau T., Ihr Schreiben habe ich zur Kenntnis genommen. Eine (sic) Ausgleich ist definitiv nicht möglich. Das gilt für die Betriebs GmbH sowie auch privat. Die GmbH verfügt derzeit über keinerlei Mittel. Ebenso haben meine Frau und ich keine privaten Mittel. Ein Mahnverfahren führt zur sofortigen Insolvenzanmeldung der GmbH welche eine private Insolvenz von mir und meiner Frau nach sie zieht. Gehen Sie davon aus, dass ein Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt werden würde. Betriebswirtschaftliche Auswertungen der GmbH sowie meines Einzelbetriebes D. welche beide ein negatives Ergebnis ausweisen, kann ich Ihnen kurzfristig bei meinem Steuerberater anfordern, sollten Sie mir keinen Glauben schenken.
Über Ihre Vorgehensweise bin ich sehr überrascht, von Herrn Z. persönlich enttäuscht. Ich habe der Fa. G. viele neue Kunden vermittelt und könnte dies noch weiterhin tun. Das scheint Ihrem Haus nichts Wert zu sein. Ferner habe ich Herrn Z. mitgeteilt, dass 2 neue Gesellschafter sich in die GmbH einbringen wollen, der Notartermin zur Beteiligung war für die nächsten Wochen geplant. Diese werden nun natürlich ihre Bereitschaft dazu zurückziehen.“
Mit Schreiben vom 04.09.2013 mahnte die H.-Bräu GmbH eine offene Forderung gegenüber der F. KG in Höhe von insgesamt 266,56 € (Rechnungen vom 27.07.2013 und 29.06.2013) an (Anlage B 55).
In einer WhatsApp-Nachricht vom 29.09.2013 schrieb der Kläger zu 1) an den Mitarbeiter Herr K. auf dessen Bitte hin, noch einen Betrag in Höhe von rund 1.200 € an einen Grafikdesigner zu überweisen (Schriftsatz vom 03.08.2015 Seite 13, Bl. 21 der Akte):
„Guter Witz. Monatsanfang; Abbuchung Strom, Leasing, Hackerdarlehen usw. Miete können wir nicht zahlen, meine 10tsd. habe ich auch nicht aber du willst C. zahlen. Eher ein schlechter Witz“
Am 01.10.2013 teilte der Kläger zu 1) dem Mitarbeiter Herr K. per WhatsApp mit (Schriftsatz vom 03.08.2015 Seite 13, Bl. 21 der Akte):
„Ich ersticke in offenen Posten. Wir müssen uns dringend zusammensetzen.“
Im Herbst 2013 schaltete der Kläger zu 1) eine Annonce auf ImmobilienScout24 bezüglich der von der F. KG betriebenen Diskothek (Anlage B 40). Dabei beschrieb er das Objekt wie folgt:
„www.(…).net
Aus persönlichen Gründen abzugeben.
Top Moderne Ausstattung Licht & Ton, Computer gesteuerte Schankanlagen für AfG, Biere, Spirituosen August 2013 für über 30.000,- Erneuerungen/Umbau durchgeführt.
Computer gesteuerte, vollautomatische Cocktail Station und vieles mehr! Ablöse: 250.000,- Ablöse teilweise über bestehende Lieferantenbedingungen zu finanzieren.
Sehr schneller return of Invest Betriebswirtschaftliche Kennzahlen nur gegen Kapitalnachweis Direkt vom Betreiber Unter Umständen ist eine Übernahme der Betriebs GmbH möglich bzw. sinnvoll Die Disco ist für 800 Leute zugelassen.
Die Erlaubnis ist unbefristet und ohne Bedenken erteilt worden.“
Daraufhin nahmen die Beklagten mit dem Kläger zu 1) Verhandlungen auf. Es kam zu mindestens vier Besprechungen, namentlich einer am 13.03.2014, bei der auch der Steuerberater des Klägers sowie der F. KG, der Zeuge S., anwesend war.
Im Zuge der Verhandlungen wurden den Beklagten Summen- und Saldenrechnungen (Anlagen B1 – B8) sowie betriebswirtschaftliche Erfolgsrechnungen („BWA“) (Anlagen B1, B3, B5, B7, B42) vorgelegt. Dabei wies die BWA für Januar bis September 2013 ein negatives Betriebsergebnis von -56.405,94 € aus (Anlage B 7), die BWA für Januar bis Dezember 2013 vom 19.03.2014 ein negatives Betriebsergebnis von -30.756,95 € (Anlage B 42). Beide BWA sind oben links gekennzeichnet mit „F. GmbH & Co KG, Diskothek“. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Unterlagen verwiesen.
Auf eine Nachfrage des Beklagten zu 1) wegen des negativen Ergebnisses der BWA vom September 2013 antwortete der Kläger zu 1) mit Email vom 29.11.2013 (Anlage B 9), die auszugsweise folgenden Inhalt hat:
„Hallo D., habe mir noch mal ein paar Gedanken gemacht. Es macht schon Sinn, wenn Ihr die GmbH übernehmt. Ist alles viel einfacher abzuwickeln. Deine Bedenken wegen der letzten, negativen BWA, wie bereits angemerkt, möchte ich mit den aktuellen Umsätzen entkräften, diese letzte BWA September muss man wirklich genau erklärt bekommen:
Umsatz Oktober kumuliert, brutto: 68.183,- Umsatz November kumuliert, brutto noch fehlend dieses Wochenende mit Project X: bisher 62.366,- Dezember wird sicher auch bei ca. 70.000,- liegen.
Wie du siehst, bzw. von mir angekündigt, geht das ganze jetzt wieder erheblich ins Plus. Genauer können wir das beim Steuerberater besprechen.
(…)“
Am 01.04.2014 schlossen der Kläger zu 1) und die Beklagten einen notariellen Einbringungs- und Veräußerungsvertrag (Anlage K 6).
Hierin brachte der Kläger zu 1) seine Anteile an der F. GmbH in die F. KG ein (Abschnitt C.I des Notarvertrages). Die Geschäftsführungsbefugnis für die GmbH-Anteile wurde den Kommanditisten der F. KG übertragen (Abschnitt C.VI des Notarvertrages).
Des Weiteren wurden die Beklagten weitere Kommanditisten der F. KG (Abschnitt D des Notarvertrages). Sie verpflichteten sich zu einer Einlagenzahlung in Höhe von 100.000 € bis zum 15.04.2015 sowie weiteren 40.000 € bis 31.03.2015. Hinsichtlich der 40.000 € vereinbarten die Parteien, dass der Betrag zur Tilgung des Darlehens bei der S. GmbH zu verwenden sei. Die Beklagten verpflichteten sich, die Kläger aus der von ihnen hierfür übernommenen selbstschuldnerischen Bürgschaft freizustellen (Notarvertrag Seite 9 unten).
Ferner trat der Kläger zu 1) in Abschnitt E. des Notarvertrages seinen Kommanditanteil an der F. KG für 50.000 € an die Beklagten ab. Dabei wurde vereinbart, dass für den Fall, dass bis zum 31.03.2015 die Voraussetzung für eine Insolvenz bei der F. KG vorlägen, diese Abtretungsverpflichtung einschließlich Zahlungspflicht des Kaufpreises entfalle (Notarvertrag Seite 11). Unter Ziffer E IV 4 des Notarvertrages wurden Rechte und Ansprüche des Erwerbers wegen Mängeln ausgeschlossen (Notarvertrag S. 13 f.).
Wegen der Einzelheiten wird auf den Notarvertrag (Anlage K 6) Bezug genommen.
In der Folge wurden die Beklagten zu Geschäftsführern der Komplementär-GmbH bestellt. Sie zahlten jedenfalls eine Einlage von 100.000 € ein (LGU S. 3).
Am 31.01.2015 kündigte die B. GmbH, vertreten durch ihren damaligen Geschäftsführer J., außerordentlich den mit der F. KG hinsichtlich der Räumlichkeiten der Diskothek geschlossenen Untermietvertrag (Anlage B 50). Die F. KG stellte daraufhin den Betrieb der Diskothek ein.
Am 09.02.2015 nahm die B. GmbH, die zwischenzeitlich von dem Beklagten zu 2) erworben worden war, den Kläger zu 1) aus einer von diesem übernommenen Mietbürgschaft in Höhe von 17.850 € in Anspruch. Über die B. GmbH wurde später, am 26.09.2016, das Insolvenzverfahren eröffnet.
Am 23.02.2015 stellten die Beklagten für die F. KG Insolvenzantrag.
Am 09.03.2015 wurde der Jahresabschluss für die F. KG für das Jahr 2013 vorgelegt und wies einen Jahresfehlbetrag von -89.312,27 € aus (Anlage B 41 Seite 12). In dem Jahresabschluss enthalten waren auch Verluste aus dem Barbetrieb der F. KG.
Am 20.05.2015 kündigte die S. GmbH das im Rahmen des Bierbezugsvertrages mit der F. KG vereinbarte Darlehen und stellte einen Betrag von insgesamt 43.970,69 € fällig (Anlage K 3). Gleichzeitig kündigte die Brauerei dem Kläger zu 1) die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft an, wenn die F. KG nicht zahlen sollte.
Die Kläger forderten daraufhin über ihren damaligen Rechtsanwalt am 01.06.2015 die Beklagten zur Freistellung auf (Anlagen K 7, K 8).
Am 18.06.2015 erklärten die Beklagten, vertreten durch die Beklagtenvertreterin, die Anfechtung des Notarvertrages (Anlage K 6) gegenüber dem Rechtsanwalt der Kläger aus jedem denkbaren Rechtsgrund, insbesondere wegen arglistiger Täuschung (Anlage B 39).
Mit Beschluss vom 02.07.2015 eröffnete das Amtsgericht Wolfratshausen auf das Insolvenzgutachten vom 30.06.2015 hin (Anlage B 58) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der F. KG und bestellte Rechtsanwalt D. zum Insolvenzverwalter (Anlage K 5).
Am 14.07.2015 schloss der Kläger zu 1) mit der S. GmbH einen Teilzahlungsvergleich hinsichtlich der Bürgschaftsschuld der Kläger, in der der Kläger zu 1) sich verpflichtete, 45.020,64 € in Raten zu zahlen (Anlage K 23).
Am 11.09.2018 beauftragte der Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. KG einen Gerichtsvollzieher mit der Zwangsvollstreckung gegen den Beklagten zu 2) wegen einer noch offenen Geldschuld aus dem Notarvertrag vom 01.04.2014 in Höhe von 20.000 € (Anlage B 74). Am 31.10.2018 einigten sich der Beklagte zu 2) und der Insolvenzverwalter auf eine Ratenzahlungsvereinbarung hinsichtlich der Forderung von 20.000 € (Anlage B 75).
Die Kläger behaupten, dass der Kläger zu 1) im Rahmen der Verhandlungen die Beklagten an seinen Steuerberater S. verwiesen habe, damit die Beklagten an ihn alle Fragen stellen konnten und Unterlagen über die F. KG anfordern konnten. Der Steuerberater sei vollumfänglich über die wirtschaftliche Situation der F. KG informiert gewesen. Den Beklagten sei überdies auch der Jahresabschluss für das Jahr 2012 überlassen worden.
Die Bar K. sei zum 30.06.2013 von der F. veräußert worden. Der Barbetrieb sei den Beklagten etwa über das Verrechnungskonto Nr. 1591 in der Summen- und Saldenliste für September 2013 (Anlage B 8) bekannt gewesen (Schriftsatz vom 27.10.2015 Seite 16, Bl. 52 der Akte; Schriftsatz vom 18.04.2016 Seite 4, Bl. 133 der Akte; Schriftsatz vom 12.09.2016 Seite 5, Bl. 169 der Akte).
Die Kläger sind der Meinung, dass die Anfechtung der Beklagten unwirksam sei. Die Beklagten hätten vor dem Abschluss des Notarvertrages über alle erforderlichen Informationen verfügt, eine Aufklärungspflicht sei von den Klägern nicht verletzt worden.
Mit ihrer Klage haben die Kläger ursprünglich die Freistellung von ihrer gegenüber der S. GmbH übernommenen Bürgschaftsschuld begehrt. Im laufenden Prozess hat der Kläger zu 1) behauptet, an die Brauerei in einzelnen Raten insgesamt 51.018,14 € gezahlt zu haben und so die Zahlungspflichten gegenüber der Brauerei vollständig getilgt zu haben. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 05.06.2018 (Seite 2, Bl. 254 der Akte) verwiesen. Der Kläger zu 1) hat daher seine Klage umgestellt und in der ersten Instanz zuletzt von den Beklagten Zahlung von 51.018,14 € nebst Zinsen verlangt. Die Klägerin zu 2) hat demgegenüber ihre Klage auf Freistellung für erledigt erklärt. Die Beklagten haben der Erledigterklärung zugestimmt (Protokoll vom 24.07.2019 Seite 2, Bl. 347 der Akte).
Der Kläger zu 1) hat daher in der ersten Instanz zuletzt beantragt,
Die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 51.018,14 € nebst 9 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz – aus 500,00 € seit 29.07.2015 – aus weiteren 500,00 € seit 01.09.2015 – aus weiteren 500,00 € seit 27.10.2015 – aus weiteren 500,00 € seit 26.11.2015 – aus weiteren 500,00 € seit 29.12.2015 – aus weiteren 500,00 € seit 26.01.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 26.02.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 30.03.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 26.04.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 26.05.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 28.06.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 26.07.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 26.08.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 27.09.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 05.10.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 12.10.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 26.10.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 28.11.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 06.12.2016 und – aus weiteren 500,00 € seit 28.12.2016
zu zahlen.
Die Beklagten beantragten
Klageabweisung.
Zugleich haben sie Widerklage gegen die Kläger erhoben und beantragten
1. die Kläger gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Beklagten zu 1) Zug um Zug gegen Übertragung der von ihm an der F. GmbH & Co. KG übernommenen Kommanditbeteiligung in Höhe von Euro 4.250,00 einen Betrag in Höhe von Euro 50.000,00 zu zahlen.
2. die Kläger gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Beklagten zu 2) Zug um Zug gegen Übertragung der von ihm an der F. GmbH & Co. KG übernommenen Kommanditbeteiligung in Höhe von Euro 4.250,00 einen Betrag in Höhe von Euro 50.000,00 zu zahlen.
3. die Kläger gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Beklagten zu 1) einen Betrag in Höhe von Euro 3.000,00 zu zahlen.
4. die Kläger gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Beklagten zu 2) einen Betrag in Höhe von 22.000,00 sowie weiterer Euro 700,00 nebst Zinsen in Höhe von für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, ferner, den Beklagten zu 2) von den sich aus der zwischen Herrn Rechtsanwalt D. als Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. GmbH & Co. KG und dem Beklagten zu 2) geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung ergebenden Verpflichtungen freizustellen.
5. Festzustellen, dass die Kläger verpflichtet sind, den Beklagten jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus der Übernahme einer Kommanditbeteiligung an der F. GmbH & Co. KG entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
6. die Kläger zu verurteilen, die Beklagten von allen Verpflichtungen freizustellen, die die Beklagten im Einbringungs- und Veräußerungsvertrag vom 1.4.2014, Urkunde des Notars P., URNr. (…), eingegangen sind.
Die Kläger haben beantragt
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, dass der Kläger zu 1) ihnen arglistig verschwiegen habe, dass die Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt positive Erträge erwirtschaftet habe. Die Beklagten seien daher davon ausgegangen, dass sich die Gesellschaft selbst tragen würde, wenn nur durch ihre Einlagen von 100.000 € und 40.000 € die Verbindlichkeiten beglichen worden wären. Sie hätten die Beteiligung nie erworben, wenn sie über alle Umstände korrekt informiert worden wären. Tatsächlich sei die Gesellschaft schon bei Übernahme durch die Beklagten insolvenzreif gewesen.
Die Beklagten tragen vor, dass über die von ihnen in die F. KG eingelegten 100.000 € hinaus der Beklagte zu 1) noch weitere 3.000 € und der Beklagte zu 2) weitere 22.000 € einbezahlt hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 28.08.2015 (Seite 10, Bl. 18 der Akte) verwiesen.
Zudem habe der Beklagte zu 2) auf die mit dem Insolvenzverwalter der F. KG abgeschlossene Ratenzahlungsvereinbarung bis zum 27.02.2019 insgesamt 700 € geleistet.
Die Beklagten meinen, dass sie vom Kläger zu 1) arglistig getäuscht worden seien. Der Notarvertrag vom 1.4.2014 sei daher infolge Anfechtung unwirksam geworden, die Kläger könnten hieraus folglich keine Rechte ableiten. Die Kläger schuldeten den Beklagten darüber hinaus Ersatz aller Schäden, die diese infolge des Abschlusses des Notarvertrages erlitten hätten, aus c.i.c.
Das Landgericht hat den Kläger zu 1) sowie den Beklagten zu 1) im Termin vom 21.09.2016 persönlich angehört. Ferner hat das Landgericht Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen G. vom 04.05.2019 (Bl. 219/247 der Akten) sowie das Ergänzungsgutachten vom 16.11.2018 (Bl. 289/304 der Akte) Bezug genommen.
Mit Endurteil vom 18.09.2019 hat das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Klage und die Widerklage abgewiesen. Die Klage sei unbegründet, weil der Notarvertrag durch die Anfechtung der Beklagten gemäß §§ 142, 119 Abs. 2 BGB unwirksam geworden sei, weil die Beklagten über die Insolvenzreife der Gesellschaft geirrt hätten. Auch die Widerklage sei unbegründet. Bezüglich der Klägerin zu 2) fehle es bereits an der Passivlegitimation. Im übrigen könne nicht sicher festgestellt werden, dass der Kläger zu 1) eine schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung begangen habe. Bei der Kostenentscheidung legte das Landgericht den Kostenanteil für die übereinstimmend für erledigt erklärte Klage der Klägerin zu 2) gemäß § 91a ZPO der Klägerin zu 2) auf. Wegen der Einzelheiten wird auf das Landgerichtsurteil Bezug genommen.
Hiergegen haben die Kläger Berufung eingelegt, wobei die Klägerin zu 2) lediglich die Kostenentscheidung angreift.
Die Beklagten haben zunächst am 22.10.2019 Prozesskostenhilfe beantragt. Nach Gewährung der Prozesskostenhilfe durch den Senat mit Beschlüssen vom 22.05.2020 (Bl. 377/379, 380/382 der Akte) haben auch die Beklagten mit Schriftsatz vom 05.06.2020 Berufung eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist beantragt.
Mit Beschluss vom 16.06.2020 (Bl. 387/391 der Akte) hat der Senat den Beklagten Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist gewährt. Mit Schriftsatz vom 19.06.2020 haben die Beklagten eine Berufungsbegründung eingereicht (Bl. 393/406 der Akte). Daraufhin hat der Senat den Beklagten mit Beschluss in der mündlichen Verhandlung vom 20.08.2020 Wiedereinsetzung auch in die Berufungsbegründungsfrist gewährt.
Die Kläger meinen, dass die Klage vom Landgericht zu Unrecht abgewiesen worden sei. Ein Anfechtungsgrund gemäß § 119 Abs. 2 BGB sei nicht gegeben, zumal das erholte Sachverständigengutachten gerade nicht die Insolvenzreife der Gesellschaft zum 01.04.2014 sicher festgestellt habe. Zudem sei die Frist des § 121 BGB nicht gewahrt worden.
Es läge überdies auch keine arglistige Täuschung oder sonstige schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung durch den Kläger zu 1) vor. Dieser habe seine Aufklärungspflichten gegenüber den Beklagten erfüllt, jedenfalls sei ihm Gegenteiliges nicht bewusst gewesen, so dass Arglist ausscheide. Zudem sei die Frist des § 124 BGB für die Anfechtungserklärung vom 18.06.2015 nicht gewahrt, weil die Beklagten unmittelbar nach Abschluss des Notarvertrages am 01.04.2014 vollen Zugriff auf alle Unterlagen der Gesellschaft gehabt hätten.
Erstmals in den Schriftsätzen vom 01.10.2020 und vom 29.10.2020 tragen die Kläger vor, dass der Steuerberater S. die Beklagten in der gemeinsamen Besprechung am 13.03.2014 darüber aufgeklärt habe, dass die F. KG auch eine Bar betrieben habe, von der noch Verluste mitgeschleppt würden. Hierbei habe er den Beklagten auch erklärt, dass die BWA und die Summen- und Saldenliste für 2013 nur den Diskobetrieb betreffe.
Ferner erklärt der Kläger zu 1) erstmals im Schriftsatz vom 01.10.2020 (Seite 19, Bl. 439 der Akte) gegen die Widerklageforderungen hilfsweise die Aufrechnung mit seiner Ansicht nach bestehenden Gegenansprüchen gegen die Beklagten. Hierzu trägt er vor, dass die Beklagten der F. KG in kollusivem Zusammenwirken Anfang 2015 das Inventar der Diskothek im Wert von damals noch 37.500 € entzogen hätten. Zudem hätten die Beklagten in kollusivem Zusammenwirken die Mietzahlungen der F. KG an die B. GmbH für Dezember 2014 und Januar 2015 nicht erbracht und so die Inanspruchnahme des Klägers zu 1) aus dessen Mietbürgschaft über 17.850 € ausgelöst. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 01.10.2020 (Seiten 18 f., Bl. 438 f. der Akte) verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 20.08.2020 hat der Senat u.a. darauf hingewiesen, dass die nur gegen die Kostenentscheidung gerichtete Berufung der Klägerin zu 2) in eine sofortige Beschwerde gemäß § 91a Abs. 2 ZPO umzudeuten sein dürfte.
Der Kläger zu 1) beantragt daher zuletzt zu seiner Berufung (Bl. 418, 370 f. der Akte):
Unter Abänderung des am 18.09.2019 verkündeten Urteils des Landgerichtes München I, Az.: 15 O 12738/15, werden die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt,
an den Kläger zu 1) 51.018,14 € nebst 9 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz – aus 500,00 € seit 29.07.2015 – aus weiteren 500,00 € seit 01.09.2015 – aus weiteren 500,00 € seit 27.10.2015 – aus weiteren 500,00 € seit 26.11.2015 – aus weiteren 500,00 € seit 29.12.2015 – aus weiteren 500,00 € seit 26.01.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 26.02.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 30.03.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 26.04.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 26.05.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 28.06.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 26.07.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 26.08.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 27.09.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 05.10.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 12.10.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 26.10.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 28.11.2016 – aus weiteren 500,00 € seit 06.12.2016 und – aus weiteren 500,00 € seit 28.12.2016 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen zur Berufung des Klägers zu 1) (Bl. 394 der Akte):
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts München I, Aktenzeichen 15 O 12738/15, vom 18.9.2019, zugestellt am 23. September 2019, wird zurückgewiesen.
Darüber hinaus beantragen die Beklagten zu ihrer Berufung zuletzt:
Auf die Berufung der Beklagten hin wird das am 18.9.2019 verkündete Urteil des Landgerichts München I, Aktenzeichen 15 O 2738/15, geändert wie folgt:
„1. Der Kläger zu 1) wird verurteilt, an den Beklagten zu 1) Zug um Zug gegen Übertragung der von ihm an der F. GmbH & Co. KG übernommenen Beteiligung in Höhe von Euro 4.250,00 einen Betrag in Höhe von Euro 50.000,00 zu zahlen.
2. Der Kläger zu 1) wird verurteilt, an den Beklagten zu 2) Zug um Zug gegen Übertragung der von ihm an der F. GmbH & Co. KG übernommenen Beteiligung in Höhe von Euro 4.250,00 einen Betrag in Höhe von Euro 50.000,00 zu zahlen.
3. Der Kläger zu 1) wird verurteilt, an den Beklagten zu 1) einen Betrag in Höhe von Euro 3.000,00 zu zahlen.
4. Der Kläger zu 1) wird verurteilt, an den Beklagten zu 2) einen Betrag in Höhe von 22.000,00 sowie weiterer Euro 700,00 nebst Zinsen in Höhe von für das Jahr fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, ferner, den Beklagten zu 2) von den sich aus der zwischen Herrn Rechtsanwalt D. als Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. GmbH & Co. KG und dem Beklagten zu 2) geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung ergebenden Verpflichtungen freizustellen.
5. Es wird festgestellt, dass der Kläger zu 1) verpflichtet ist, den Beklagten jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus der Übernahme einer Kommanditbeteiligung an der F. GmbH & Co. KG entstanden ist und noch künftig entstehen wird.“
Die zunächst auch noch in Bezug auf den in erster Instanz als Nr. 6 gestellten weiteren Freistellungsantrag eingelegte Berufung haben die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 20.08.2020 zurückgenommen (Protokoll vom 20.08.2020 Seite 3, Bl. 418 der Akte).
Die Kläger beantragen die Berufung des Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2) zurückzuweisen (Bl. 409 der Akte).
Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie behaupten, dass in der Besprechung vom 13.03.2014 mit dem Steuerberater S. ausschließlich über den Kaufvertrag, nicht über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft gesprochen worden sei; die Bar K. sei nicht erwähnt worden. Die Beklagten meinen, dass aufgrund der Indizien bereits von einer Insolvenzreife der F. KG im Herbst 2013 auszugehen sei. Der Kläger zu 1) habe ihnen gegenüber seine Aufklärungspflichten verletzt und sei daher zum Schadensersatz verpflichtet. Der vom Kläger im Schriftsatz vom 01.10.2020 erstmals erklärten Aufrechnung stimmen die Beklagten nicht zu.
Der Senat hat Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschlusses vom 20.08.2020 (Bl. 419 der Akte) durch uneidliche Einvernahme des Zeugen S. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 05.11.2020 verwiesen (Bl. 449/452).
Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 20.08.2020 und vom 05.11.2020 Bezug genommen.
II.
Die gegen den Kostenausspruch gerichtete Berufung der Klägerin zu 2) war in eine zulässige, im Ergebnis unbegründete sofortige Beschwerde gemäß § 91a Abs. 2 ZPO umzudeuten. Die Berufung des Klägers zu 1) ist zulässig aber unbegründet. Die zulässige Berufung der Beklagten hat überwiegend Erfolg.
1. Die Berufung der Klägerin zu 2) war entsprechend § 140 BGB in eine sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung der ersten Instanz gemäß § 91a Abs. 2 ZPO umzudeuten.
Als Berufung ist das Rechtsmittel der Klägerin zu 2) unstatthaft, da gegen sie gar keine Entscheidung in der Hauptsache, sondern lediglich eine Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO ergangen ist (vgl. BGH NJW 2013, 2361 Tz. 18).
Die Klägerin zu 2) begehrt eine Abänderung dieser Kostenentscheidung (Schriftsatz vom 18.11.2019 Seite 4, Bl. 373 der Akte). Dagegen steht ihr ungeachtet der Tatsache, dass die Entscheidung nach § 91a ZPO Teil der im Endurteil des Landgerichts getroffenen Kostenmischentscheidung war, die sofortige Beschwerde nach § 91a Abs. 2 ZPO zur Verfügung (BGH NJW 2013, 2361 Tz. 18).
Eine Umdeutung der Berufung der Klägerin zu 2) in eine sofortige Beschwerde ist möglich, wenn das Rechtsmittel innerhalb der Beschwerdefrist von zwei Wochen gemäß § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt wurde (BGH NJW 2013, 2361 Tz. 20). Letzteres ist hier der Fall. Das Urteil wurde dem Klägervertreter am 23.09.2019 zugestellt. Die Beschwerdefrist lief mithin gemäß § 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 07.10.2019 ab. Der Berufungseingang an diesem Tag wahrt damit noch die Frist. Die zulässige Beschwerde ist indes unbegründet (hierzu unten 4.1).
2. Die zulässige Berufung des Klägers zu 1) ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Der Kläger zu 1) hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der von den Beklagten in dem Notarvertrag vom 01.04.2014 hinsichtlich der Bürgschaftsschuld des Klägers zu 1) übernommenen Freistellungspflicht.
Es fehlt an einem wirksamen Schuldverhältnis zwischen den Parteien. Der Notarvertrag vom 01.04.2014 ist zwar nicht bereits aufgrund des in Abschnitt E 2 geregelten Insolvenzvorbehalts insgesamt unwirksam (unten 2.1), noch ist er infolge einer Anfechtung gemäß §§ 142 Abs. 1, 119 Abs. 2 BGB unwirksam (unten 2.2.). Er ist jedoch durch Anfechtung der Beklagten gemäß §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB unwirksam geworden (unten 2.3.).
2.1. Der Notarvertrag ist nicht schon infolge des in Abschnitt E 2 vereinbarten Insolvenzvorbehalts (Anlage K 6 Seite 11) insgesamt unwirksam.
Zwar ist die auflösende Bedingung, dass bei der F. KG bis zum 31.03.2015 die Insolvenzvoraussetzungen vorliegen, eingetreten. Ausweislich des Insolvenzgutachtens lagen diese Voraussetzungen bereits (spätestens) bei der Antragstellung im Februar 2015 vor.
Rechtsfolge ist gemäß der Regelung in Abschnitt E 2 des Notarvertrages, dass die Pflicht des Klägers zu 1), seinen Kommanditanteil auf die Beklagten zu übertragen, sowie die damit korrespondierende Kaufpreiszahlungspflicht der Beklagten entfällt.
Dies führt indes nicht zur Gesamtunwirksamkeit des Notarvertrages. Insbesondere entfällt damit nicht auch gleichzeitig die von den Beklagten im Abschnitt D des Notarvertrages (Anlage K 6 Seite 9) übernommene Freistellungsverpflichtung hinsichtlich der Bürgschaftsschuld der Kläger. Das ergibt die Auslegung des Vertrages.
Die Freistellungspflicht betrifft einen Teil der von den Beklagten übernommenen Einlageverpflichtung: Die Beklagten sollten ihrer Einlagepflicht in Höhe von 40.000 € durch die Freistellung nachkommen. Die Einlagenpflicht steht im Zusammenhang mit dem Kommanditanteil, den die Beklagten originär durch Beitritt in die F. KG erhalten sollten. Davon zu trennen ist der unter Abschnitt E des Notarvertrages geregelte Kauf des Kommanditanteils des Klägers zu 1). Das Geschäft ist insoweit teilbar. Es ist nicht ersichtlich, dass allein wegen eines gescheiterten Anteilserwerbs die Parteien automatisch auch den Gesellschafterbeitritt der Beklagten rückabwickeln wollten. Dafür spricht auch die salvatorische Klausel in Abschnitt F des Notarvertrags. In Abbedingung des § 139 BGB ist infolgedessen im Zweifel von einer Teilbarkeit auszugehen (Palandt/Ellenberg, BGB, 79. Aufl. 2020, § 139 Rn. 17).
2.2. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Notarvertrag nicht durch Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums gemäß §§ 142 Abs. 1, 119 Abs. 2 BGB unwirksam geworden.
Dabei kann offenbleiben, ob die Insolvenzreife eines Unternehmens eine Eigenschaft im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB darstellt. Für den Ertrag, Umsatz und die Rentabilität eines Unternehmens ist dies streitig (zum Streitstand MüKo-BGB/Armbrüster, 8. Aufl. 2018, § 119 Rn. 141).
Jedenfalls steht nicht fest, dass die F. KG im Moment des Notarvertragsabschlusses am 01.04.2014 bereits im Rechtssinne insolvenzreif war, so dass die Beklagten hierüber irren hätten können. Laut dem vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten verbleiben insoweit trotz erheblicher Indizien Restzweifel. Das Landgericht begründet in seinem Urteil nicht konkreter, warum es gleichwohl, in Abweichung von der gutachterlichen Einschätzung, zu einem anderen Ergebnis kommt.
Hinzu kommt, dass für eine auf § 119 BGB gestützte Anfechtung die Beklagten die Frist des § 121 BGB nicht gewahrt haben. Die Beklagten haben im Februar 2015 Insolvenzantrag für die F. KG gestellt. Am 09.03.2015 wurde der Jahresabschluss für das Jahr 2013 vorgelegt, der eine bilanzielle Überschuldung auswies (Anlage B 41). Die Anfechtungserklärung der Beklagten erst am 18.06.2015 erfolgte daher auf der Basis des für den Anfechtungsgrund des § 119 Abs. 2 BGB geltenden § 121 BGB zu spät.
2.3. Der Notarvertrag wurde jedoch durch eine Anfechtung der Beklagten wegen arglistiger Täuschung gemäß §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB unwirksam.
2.3.1. Der Kläger zu 1) hat die Beklagten im Vorfeld des Notarvertragsabschlusses arglistig über die wirtschaftliche Situation der F. KG getäuscht.
2.3.1.1. Grundsätzlich ist eine Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB möglich durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen (Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 123 Rn. 3) sowie durch Verschweigen von Tatsachen trotz Bestehens einer Aufklärungspflicht (Palandt/Ellenberger, 79. Aufl. 2020, § 123 Rn. 5).
Bei einem Unternehmensverkauf trifft den Verkäufer eine gesteigerte Aufklärungspflicht, weil der Erwerber von außen das Kaufobjekt nur schwer richtig bewerten kann (BGH NJW 2001, 2163, 2164). Bei einer Beteiligung des Erwerbers an einem lebensfähigen Unternehmen erstreckt sich die Aufklärungspflicht namentlich auf Umstände, welche die Überlebensfähigkeit ernsthaft gefährden, insbesondere also eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (BGH NJW 2001, 2163, 2164). Der Verkäufer muss dabei auch ungefragt über Vorkommnisse, die gewichtige Anzeichen für eine anhaltende Krise der Gesellschaft sind, umfassend und wahrheitsgemäß unterrichten (BGH NJW 2001, 2163, 2165). In gleicher Weise muss er im Zuge der Vertragsverhandlungen die Erwerber grundsätzlich auch auf die Verluste der vergangenen Jahre, die den Vertragszweck gefährden können, hinweisen (BGH NJW 2002, 1042, 1044).
2.3.1.2. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger zu 1) die Beklagten vorliegend getäuscht im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB.
Die Grundsätze sind auf die hier gegebene Erwerbskonstruktion in dem Notarvertrag vom 01.04.2014 anwendbar. Vertragszweck war letztlich die entgeltliche Übernahme der F. KG samt der zu dieser gehörenden Diskothek durch die Beklagten zum Zwecke des (erfolgreichen) Betriebs der Diskothek.
Der Kläger zu 1) hat die Beklagten getäuscht, indem er ihnen eine unzutreffende wirtschaftliche Situation vorgespiegelt hat (unten 2.3.1.2.1.). Zudem hat er seine Aufklärungspflichten dadurch verletzt, dass er die Beklagten nicht ausreichend über die damals schon gewichtigen Anzeichen einer dauerhaften Krise der Gesellschaft unterrichtet hat (unten 2.3.1.2.2.).
Die hierin liegenden Täuschungen wurden weder durch die den Beklagten überlassenen Unterlagen (unten 2.3.1.2.3.) noch durch die Besprechung mit dem Steuerberater am 13.03.2014 behoben (unten 2.3.1.2.4.).
2.3.1.2.1. Der Kläger zu 1) hat den Beklagten eine unzutreffende wirtschaftliche Situation der F. KG vorgespiegelt bzw. die zutreffende Situation entstellt, indem er in der Email vom 29.11.2013 (Anlage B 9) erklärte, dass „das ganze jetzt wieder erheblich ins Plus“ gehe und indem er in der Annonce (Anlage B 40 Seite 2) von einem „sehr schnellen return of invest“ sprach.
Die Aussage, „wieder erheblich ins Plus“ suggerierte den Beklagten, dass es schon einmal ein solches „Plus“ der Gesellschaft gab. Dies entsprach indes nicht der Wahrheit. Tatsächlich hatte die Gesellschaft, wie sich aus den Feststellungen des Insolvenzgutachtens ergibt (Anlage B 58 Seite 7 unten), von Anfang an ausschließlich erhebliche Verluste produziert.
Ausweislich des Wortlauts der Email bezog sich der Inhalt gerade auch auf die von den Parteien am Ende vereinbarte Übernahme der Gesellschaft, nicht lediglich auf den Betrieb der Diskothek. So schlägt der Kläger zu 1) in der Email ausdrücklich einen Kaufpreis für die Anteile „der GmbH“ von 190.000 € vor. Eingangs erklärt er, dass es schon Sinn mache, „wenn Ihr die GmbH übernehmt“.
Die Aussage „wieder erheblich ins Plus“ kann auch nicht lediglich auf die gegen Ende des Jahres 2013 ansteigenden Umsatzzahlen der Diskothek bezogen werden. Gegen eine solch selektive Sicht spricht schon die Formulierung, dass „das ganze“ jetzt wieder ins Plus gehe. Hinzu kommt, dass der Kläger zu 1) zuvor schreibt: „Deine Bedenken wegen der letzten, negativen BWA, wie bereits angemerkt, möchte ich mit den aktuellen Umsätzen entkräften …“. Es ging also in der Email um die Entkräftung von Bedenken der Beklagten hinsichtlich der BWA vom September 2013 (Anlage B 7). Die BWA wies aber auch und vor allem ein negatives Betriebsergebnis aus, nicht lediglich schwache Umsatzzahlen. Die Entkräftung von Bedenken durch die Aussage, dass das Ganze wieder erheblich ins Plus gehe, bezieht sich damit auch auf dieses negative Gesamtergebnis.
Die in der Annonce (Anlage B 40 Seite 2) von dem Kläger zu 1) getroffene Prognose eines sehr schnellen „return of invest“ entbehrte angesichts der bislang lediglich (erheblich) negativen Ergebnisse der Gesellschaft jeglicher tatsächlicher Grundlage und wurde vom Kläger zu 1) damit ohne jeden greifbaren Anhaltspunkt ins Blaue hinein behauptet. Tatsächlich war und ist nicht erkennbar, wieso die durchweg negative Betriebsergebnisse produzierende Gesellschaft auf einmal derart renditeträchtig hätte werden sollte.
Auch in der Annonce ging es nicht ausschließlich um eine Einzelübernahme der Diskothek, sondern es wurde ausdrücklich bereits die Möglichkeit „eine Übernahme der Betriebs GmbH“ in den Raum gestellt (Anlage B 40 Seite 2).
Die Äußerungen des Klägers zu 1) entstellen und überdecken die Tatsache, dass die Gesellschaft bis zum Notarvertragsabschluss noch kein positives Betriebsergebnis produziert hatte.
2.3.1.2.2. Der Kläger zu 1) verletzte ferner seine Aufklärungspflichten gegenüber den Beklagten, indem er diese nicht ausreichend über die damals schon gewichtigen Anzeichen einer sehr schlechten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft unterrichtete.
So hat es der Kläger zu 1) versäumt, die Beklagten deutlich und unmissverständlich darüber aufzuklären, dass und in welcher Höhe die Gesellschaft bislang nur negative Ergebnisse erzielt hatte (vgl. BGH NJW 2002, 1042, 1044). Es wäre eine vertragswesentliche Information für die Beklagten gewesen, dass sich die Gesellschaft bislang noch nie selbst getragen hatte, geschweige denn Gewinne erwirtschaftet hatte. Die Information hierüber wird auch nicht durch die Kenntnis der Beklagten ersetzt, dass die von ihnen zu leistenden Einlagen in Höhe von 140.000 € zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet werden mussten. Die Kenntnis der Beklagten hierüber führt nicht zu einer Kenntnis, dass die Gesellschaft aus sich heraus bislang unrentabel war. Gerade für die sehr weitreichende Investitionsentscheidung, vor der die Beklagten standen, wäre es für sie wichtig gewesen, die bislang fehlende Rentabilität und das wahre Ausmaß der produzierten negativen Ergebnisse zu kennen.
Zudem hatte der Kläger zu 1) die Beklagten nicht hinreichend über die gewichtigen Anzeichen der Krise der Gesellschaft unterrichtet. Auch hierzu wäre er verpflichtet gewesen (BGH NJW 2001, 2163, 2165 unter bb).
Die Gesellschaft war bereits im Herbst 2013 und damit während der laufenden Verhandlungen mit den Beklagten in der Krise. Das vom Erstgericht erholte Sachverständigengutachten konstatierte überzeugend und in diesem Punkt nachvollziehbar Zeichen für erhebliche Zahlungsprobleme der Gesellschaft (Gutachten vom 04.05.2018 Seiten 14 ff., Seite 22, Bl. 232 ff., 240 der Akte). Neben den negativen Betriebsergebnissen gab es mehrfachen Zahlungsverzug (Gutachten vom 04.05.2018 Seite 21, Bl. 239 der Akte). Hinzu kamen deutliche Hinweise auf fehlende Liquidität namentlich in der Email des Klägers zu 1) vom 17.09.2013 (Anlage B 48), sowie in den WhatsApp-Nachrichten vom 29.09.2013 und vom 01.10.2013 (Bl. 21 der Akte).
Auch wenn daraus zumindest nach der Meinung des Sachverständigen im Ergebnis noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit – nach Ansicht des Gutachters nur mit 80% Wahrscheinlichkeit (Gutachten 16.11.2018 Seite 14, Bl. 303 der Akte) – eine Insolvenzreife zu folgern gewesen sein sollte, hätte der Kläger zu 1) die Beklagten über die deutlichen Krisenanzeichen konkret in Kenntnis setzen müssen. Sein diesbezügliches Unterlassen stellt eine rechtserhebliche Aufklärungspflichtverletzung dar.
2.3.1.2.3. Die Täuschungen über die wahre wirtschaftliche Situation der Gesellschaft entfallen nicht durch die den Beklagten im Rahmen der Verhandlungen überlassenen Unterlagen.
Diese waren schon generell ungeeignet, die expliziten Äußerungen des Klägers zu 1) hinsichtlich eines sehr schnellen „return of invest“ bzw. dazu, dass das Ganze wieder erheblich ins Plus gehe, hinreichend deutlich zurechtzurücken. Die Beklagten brauchten die Unterlagen insbesondere nicht daraufhin durchzusehen, ob und inwieweit die expliziten Angaben des Klägers zu 1) ihnen gegenüber der Wahrheit entsprachen. Sie durften vielmehr auf die Richtigkeit der klägerischen Aussagen vertrauen.
Hinzu kommt, dass die Unterlagen ebenfalls kein klares, vollständiges Bild der wirtschaftlichen Lage im Zeitpunkt des Notarvertragsabschlusses zeichneten.
Der Jahresabschluss für das Jahr 2012, den der Kläger nach seinem Vortrag den Beklagten übergeben hatte, weist ein einmaliges negatives Jahresergebnis aus. Daraus allein konnten die Beklagten nicht folgern, dass die Gesellschaft sich auch noch im April 2014 in einer nachhaltigen Krise befand und dass die Gesellschaft überhaupt noch nie rentabel gewirtschaftet hatte.
Der Jahresabschluss für das Jahr 2013 wurde erst im Jahr 2015 gefertigt, er war den Beklagten bei Vertragsabschluss mithin nicht bekannt.
Die den Beklagten überlassenen BWA und Summen- und Saldenlisten vervollständigen das Bild für die Beklagten nicht. Zwar weist die BWA für Januar bis Dezember 2013 vom 19.03.2014 ein negatives Betriebsergebnis von rund -31.000 € aus (Anlage B 42). Ausweislich des später erstellten Jahresabschlusses für das Jahr 2013 betrug das negative Betriebsergebnis indes rund – 89.000 €, fiel also mehr als doppelt so hoch aus. Die BWA bildete damit die wahre Verlustsituation der F. KG in dem für den Geschäftsabschluss der Beklagten besonders wichtigen Geschäftsjahr unmittelbar vor dem Jahr, in dem der Notarvertrag geschlossen wurde, nicht annähernd realistisch und vollständig ab.
2.3.1.2.4. Die Täuschungen wurden auch nicht durch den Steuerberater des Klägers zu 1) bzw. der F. KG, des Zeugen S., ausreichend richtiggestellt.
Soweit der Kläger zu 1) vorträgt, dass er den Beklagten angeboten habe, dass diese den Steuerberater befragen konnten, genügt dies nicht. Die Möglichkeit, Fragen zu stellen, macht nicht die die Wahrheit verzerrenden Aussagen des Klägers zu 1) ungeschehen. Auch wurde hierdurch nicht die Aufklärungspflicht des Klägers zu 1) hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft erfüllt. Diese Pflicht besteht in diesem besonders wichtigen Punkt unabhängig davon, ob die Beklagten danach fragten (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 123 Rn. 5b).
Die Täuschungen sind auch nicht durch die Besprechung der Parteien mit dem Steuerberater S. am 13.03.2014 entfallen.
Der Kläger trägt insoweit vor, dass der Steuerberater den Beklagten erklärt habe, dass die BWA bzw. die Summen- und Saldenliste für 2013 nur die Diskothek betreffe; der Steuerberater habe gegenüber den Beklagten dabei auch erwähnt, dass die Bar K. von der Gesellschaft betrieben worden sei und hier Verluste „mitgeschleppt“ würden (Schriftsatz vom 29.10.2020 Seite 2, Bl. 448 der Akte).
Dieser Vortrag des Klägers zu 1) ist zum einen schon gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert. Es handelt sich um neuen Vortrag in der Berufungsinstanz.
Der Kläger zu 1) hat zum Gesprächsinhalt vom 13.03.2014 erstmals im Schriftsatz vom 01.10.2020 und damit erstmals in zweiter Instanz vorgetragen. Zur Kenntnis der Beklagten über die Bar hatte er in erster Instanz immer nur vorgetragen, dass diese sich aus den übergebenen Unterlagen, namentlich durch das Verrechnungskonto Nr. 1591 in der Summen- und Saldenliste für September 2013 (Anlage B 8) ergeben habe (Schriftsatz vom 27.10.2015 Seite 16, Bl. 52 der Akte; Schriftsatz vom 18.04.2016 Seite 4, Bl. 133 der Akte; Schriftsatz vom 12.09.2016 Seite 5, Bl. 169 der Akte).
Die Beklagten haben den vom Kläger vorgetragenen Inhalt des Gesprächs am 13.03.2014 substantiiert bestritten (Schriftsatz vom 27.10.2020 Seite 2, Bl. 442 der Akte).
§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist nicht einschlägig, da das Landgericht die Frage der Aufklärungspflichtverletzung durch den Kläger zu 1) nicht übersehen oder übergangen hat, sondern vielmehr im Urteil tragend geprüft hat (LGU S. 11 f.).
Dass der Kläger den Vortrag nicht bereits in erster Instanz angebracht hatte, beruht auf Nachlässigkeit, so dass auch § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht einschlägig ist. Der Kläger hat auf den Hinweis des Senats auf § 531 Abs. 2 ZPO in der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2020 nichts vorgebracht, was die Verspätung entschuldigen würde. Vielmehr war die Problematik der Aufklärungspflichtverletzung und konkret die Frage, ob die Beklagten über den Barbetrieb und die daraus resultierenden Verluste informiert waren, Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens und wurde von den Parteivertretern kontrovers diskutiert (etwa Schriftsatz der Beklagtenvertreterin vom 03.08.2015 Seite 11, Bl. 19 der Akte; Schriftsatz des Klägervertreters vom 27.10.2015 Seite 15, Bl. 52 der Akte; Schriftsatz der Beklagtenvertreterin vom 09.02.2016 Seite 6, Bl. 112 der Akte; Schriftsatz des Klägervertreters vom 18.04.2016 Seite 4, Bl. 133 der Akte).
Abgesehen davon würde auch bei Zugrundelegung dieses Vortrags die dargestellte Täuschung des Klägers nicht entfallen. Eine Erklärung des Steuerberaters, dass die Bar von der Gesellschaft betrieben worden sei und hier Verluste „mitgeschleppt“ würden, besagt noch nichts über das wahre (erhebliche) Ausmaß dieser Verluste. Die Beklagten hätten aus dieser Information nicht darauf schließen können und müssen, dass das negative Betriebsergebnis für das Jahr 2013 tatsächlich bei ca. -89.000 € (Anlage B 41 Seite 12) lag anstatt bei den in der BWA für Januar bis Dezember 2013 vom 19.03.2014 ausgewiesenen ca. -31.000 € (Anlage B 42). Zudem hätte es sich den Beklagten damit auch noch nicht erhellt, dass die Gesellschaft überhaupt noch nie ein positives Ergebnis erwirtschaften konnte. Schließlich ändern die von dem Kläger zu 1) behaupteten Erläuterungen des Steuerberaters nichts an der fehlenden Aufklärung der Beklagten über die konkreten Krisenanzeichen in Form von Mahnungen und in den WhatsApp-Nachrichten zum Ausdruck kommenden ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten.
2.3.1.3. Schließlich ist – ohne dass es nach dem oben Ausgeführten noch entscheidungserheblich darauf ankäme – zusätzlich auch noch davon auszugehen, dass der Kläger zu 1) die Beklagten dadurch täuschte, dass die Gesellschaft noch jedenfalls bis Juni 2013 die Bar mit erheblichen Verlusten betrieben hatte. Der Vortrag des Klägers, der Steuerberater habe die Beklagten hierüber am 13.03.2014 aufgeklärt, ist, wie dargelegt, verspätet. Der Hinweis des Klägers auf das in den den Beklagten überlassenen Unterlagen befindliche Verrechnungskonto 1591 etwa in der Summen- und Saldenliste für September 2013 (Anlage B 8), genügt nicht. Die Beklagten wollten einen Diskobetrieb erwerben. Hierauf allein bezog sich auch die Annonce des Klägers zu 1) (Anlage B 40). Mithin bestand kein Anlass für die Beklagten, in den übergebenen Unterlagen nach Verlusten aus weiteren Unternehmungen der F. KG zu suchen.
2.3.1.4. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger zu 1) arglistig handelte im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB.
Arglist erfordert Vorsatz, keine Absicht (Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, Rn. 11). Der Handelnde muss die Unrichtigkeit seiner Angaben kennen oder für möglich halten (Palandt aaO). Bedingter Vorsatz genügt und ist gegeben, wenn der Handelnde, obwohl er mit der möglichen Unrichtigkeit seiner Angaben rechnet, ins Blaue hinein unrichtige Behauptungen aufstellt (Palandt aaO).
Der Kläger zu 1) wusste als Geschäftsführer der Komplementärin der F. KG, dass die Gesellschaft bislang keine positiven Ergebnisse erzielt hatte. Der Kläger zu 1) wusste damit, dass seine Aussage „wieder erheblich ins Plus“ unzutreffend war; ihm war mithin auch bekannt, dass der von ihm prognostizierte sehr schnelle „return of invest“ jeglicher Grundlage entbehrte.
Überdies machen vor allem die Mail vom 17.09.2013 (Anlage B 48) sowie die WhatsApp-Nachrichten vom 29.09.2013 bzw. vom 01.10.2013 (Bl. 21 der Akte) deutlich, dass der Kläger zu 1) sich der aufklärungsbedürftigen Krisenanzeichen in Form des mehrfachen Zahlungsverzugs und der gravierenden Zahlungsschwierigkeiten der Gesellschaft vollauf bewusst war.
Es lag angesichts dessen auf der Hand und wurde daher von dem Kläger zu 1) zur Überzeugung des Senats zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass eine vollständige, ungeschönte Aufklärung über die wirtschaftlich desolate Lage der F. KG die Beklagten dazu bewogen hätte, von dem Geschäft Abstand zu nehmen. Die Email vom 17.09.2013 (Anlage B 48), in der der Kläger zu 1) seiner Befürchtung Ausdruck verleiht, dass die zwei neuen Gesellschafter nun „natürlich“ ihre Bereitschaft zur Beteiligung zurückziehen würden, zeigt, dass der Kläger zu 1) dies erkannt hatte.
Soweit der Kläger zu 1) sich darauf beruft, dass er auf seinen Steuerberater, den Zeugen S., vertraut habe, den er nach seinem Vortrag mit der Informationserteilung an die Beklagten beauftragt hatte, entlastet ihn dies nicht. Erstens rechtfertigt es auch dies nicht, dass der Kläger zu 1) aktiv die Wahrheit verzerrt darstellt. Ferner lässt ein allgemeiner Auftrag an den Steuerberater noch nicht die konkrete Aufklärungspflicht des Veräußerers entfallen. Schließlich war der Steuerberater nach dem Vortrag des Klägers über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft vollumfänglich informiert (Schriftsatz vom 18.07.2019 Seite 1, Bl. 344 f. der Akte). Auch der Steuerberater kannte danach die aufklärungsbedürftigen Punkte. Die fehlende ordnungsgemäße Aufklärung der Beklagten hierüber wäre also auch von seiner Seite aus vorsätzlich erfolgt. Dies müsste sich der Kläger im Rahmen des § 123 BGB entgegenhalten lassen. Der arglistigen Täuschung durch den Empfänger der angefochtenen Willenserklärung – hier durch den Kläger zu 1) als Vertragspartner der Beklagten – steht eine arglistige Täuschung einer Hilfsperson dieses gleich (Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 123 Rn. 12). Eine solche stellt der Steuerberater dar; dieser ist als im Lager des Klägers stehende Person nicht Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB.
2.3.2. Die fehlende bzw. fehlerhafte Aufklärung der Beklagten durch den Kläger zu 1) war kausal für den Abschluss des Notarvertrages durch die Beklagten. Die Kausalität wird insoweit vermutet (Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 123 Rn. 30 a.E.). Die Vermutung wurde von der Klagepartei nicht widerlegt.
Der Hinweis auf den in Abschnitt E 2 des Notarvertrages vereinbarten Insolvenzvorbehalt genügt entgegen der Meinung der Klagepartei (Schriftsatz vom 01.10.2020 Seite 15, Bl. 435 der Akte) hierzu nicht. Dass die Beklagten allgemein den Fall einer Insolvenz bis zum 31.03.2015 mitregeln wollten, heißt nicht, dass sie um die konkrete Gefahr und deren Ausmaß schon im Moment des Vertragsschlusses am 01.04.2014 wussten. Das gilt umso mehr, als sich der Insolvenzvorbehalt nur auf einen Aspekt des notariellen Vertrages bezog.
2.3.3. Die Beklagten haben, vertreten durch die Beklagtenvertreterin, die Anfechtung mit Schriftsatz vom 18.06.2015 wirksam erklärt gemäß § 143 Abs. 1 BGB.
2.3.4. Die Anfechtungserklärung war nicht verfristet gemäß § 124 BGB.
Es steht nicht fest, dass die Beklagten bereits mehr als ein Jahr vor dem 18.06.2015 über die wahre Sachlage informiert waren. Dass die Beklagten bereits ab der Geschäftsübernahme im April 2014 die Möglichkeit hatten, die Geschäftsunterlagen der Gesellschaft einzusehen, genügt nicht, um den Fristlauf auszulösen. Hieraus ergibt sich noch nicht, dass die Beklagten schon ab diesem Zeitpunkt bzw. noch vor dem 18.06.2014 um die korrekte, ihnen so nicht offenbarte, nachhaltig wirtschaftlich desolate Lage der Gesellschaft wussten. Der Jahresabschluss für das Jahr 2013 wurde erst im Jahr 2015 erstellt. Der Insolvenzantrag der Beklagten erfolgte gleichfalls erst 2015.
2.4. Die Beklagten haben nach allem schon wegen der Anfechtung des Notarvertrages gemäß §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB keine wirksame Pflicht aus diesem Vertrag verletzt. Abgesehen davon könnte der Kläger zu 1) sich auf die Verletzung einer solchen aus dem Notarvertrag folgenden Pflicht auch gar nicht berufen gemäß § 242 BGB, weil er den Beklagten jedenfalls zur Rückgängigmachung des Notarvertrages verpflichtet wäre. Dieser Anspruch der Beklagten gegen den Kläger zu 1) ergibt sich aus c.i.c. gemäß §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB. Hierfür genügt eine fahrlässige Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflichten (BGH NJW 2001, 2163, 2165).
3. Die zulässigen Berufungen der Beklagten sind überwiegend begründet.
3.1. Die Berufungen sind zulässig. Sie wurden insbesondere aufgrund der vom Senat gewährten Wiedereinsetzungen fristgerecht eingelegt und begründet.
3.2. Die Beklagten haben gegen den Kläger zu 1) einen Anspruch auf Schadensersatz aus c.i.c. gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB.
3.2.1. Der Kläger zu 1) hat, wie gezeigt, schuldhaft seine vorvertraglichen Aufklärungspflichten verletzt. Ein schuldhaftes Verhalten seines Steuerberaters würde ihm dabei nach § 278 BGB zugerechnet.
3.2.2. Die Haftung ist nicht durch den Haftungsausschluss in Abschnitt E IV 4 des Notarvertrages vom 01.04.2014 (Anlage K 6 Seite 13) ausgeschlossen.
Das folgt schon daraus, dass der Haftungsausschluss in Abschnitt E des Notarvertrages geregelt war. Dieser Teil des Vertrages ist jedoch wegen des gleichfalls in diesem Abschnitt geregelten Insolvenzvorbehalts entfallen.
Hinzu kommt, dass der Haftungsausschluss sich auf Rechte und Ansprüche des Erwerbers wegen Mängeln bezieht. Ein derartiger Ausschluss (nur) der Mängelhaftung erfasst indes grundsätzlich – und auch hier – nicht die Haftung für schuldhafte Aufklärungspflichtverletzungen des Veräußerers aus c.i.c. (OLG München BeckRS 2006, 9207 Tz. 45; vgl. auch BGH NJW 1967, 1805, 1807), zumal Haftungsmilderungen im Zweifel eng auszulegen sind (Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl. 2020, § 276 Rn. 36).
Schließlich erfasst der Ausschluss nicht die Haftung für Arglist des Veräußerers, § 276 Abs. 3 BGB.
3.3. Als Rechtsfolge können die Beklagten von dem Kläger die Rückgängigmachung des Vertrages verlangen und Zug und Zug gegen Abtretung des erworbenen Geschäftsanteils den Kaufpreis zurückfordern und Ersatz der Aufwendungen verlangen, die ihnen mit dem Erwerb entstanden sind (BGH NJW 2001, 2163, 2165).
Danach können die Beklagten von dem Kläger zu 1) die Rückzahlung ihrer Einlagezahlung von jeweils 50.000 €, insgesamt 100.000 € verlangen (3.3.1.). Der Beklagte zu 2) kann überdies von dem Kläger zu 1) Ersatz für die von ihm an den Insolvenzverwalter bis 27.02.2019 gezahlten 700 € verlangen (3.3.2.). Des Weiteren war festzustellen, dass der Beklagte zu 2) von dem Kläger zu 1) von Verpflichtungen aus der mit dem Insolvenzverwalter geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung freizustellen ist (3.3.3.). Schließlich war festzustellen, dass der Kläger zu 1) verpflichtet ist, den Beklagten jeglichen Schaden aus der Übernahme der Beteiligungen an der F. KG zu ersetzen (3.3.4.).
Die gegen die Schadensersatzansprüche der Beklagten in zweiter Instanz erklärte Hilfsaufrechnung des Klägers zu 1) ist bereits unzulässig; sie wäre überdies auch unbegründet gewesen (3.3.5.).
Die Ansprüche der Beklagten bestehen indes sämtlich nur Zug um Zug gegen Abtretung der Gesellschaftsanteile der Beklagten an der F. KG (3.3.6.).
Unbegründet erwies sich die Widerklage der Beklagten, soweit sie darüber hinaus auch noch Rückzahlung von 3.000 € an den Beklagten zu 1) und 22.000 € an den Beklagten zu 2) begehren (3.3.7.) und soweit der Beklagte zu 2) Verzugszinsen für die an den Insolvenzverwalter gezahlten 700 € verlangt (3.3.8.).
3.3.1. Die Beklagten können von dem Kläger zu 1) die Rückzahlung ihrer Einlagezahlung von jeweils 50.000 €, insgesamt 100.000 € verlangen.
Das ist die Konsequenz der Haftung des Klägers zu 1) aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB. Die Einlage von insgesamt 100.000 € wurde von den Beklagten unstreitig infolge des Abschlusses des Notarvertrages erbracht (LGU S. 3). Es handelt sich mithin bei der Zahlung um eine Aufwendung, die den Beklagten infolge des auf der Aufklärungspflichtverletzung beruhenden Vertrages entstanden ist.
3.3.2. Der Beklagte zu 2) kann überdies von dem Kläger Ersatz für die von ihm an den Insolvenzverwalter bis 27.02.2019 gezahlten 700 € verlangen.
Die Beklagten haben vorgetragen, dass eine entsprechende Zahlung des Beklagten zu 2) erfolgt ist. Der Kläger zu 1) hat dies zwar bestritten. Die Zahlung ist jedoch zur Überzeugung des Senats nachgewiesen durch die schriftliche Bestätigung des Insolvenzverwalters vom 23.07.2019 (Anhang zu Bl. 348 der Akte). Aus dieser Bestätigung ergibt sich, dass bis zum 18.02.2019 von dem Beklagten zu 2) insgesamt 700 € an den Insolvenzverwalter gezahlt wurden. Soweit in dem Schreiben noch weitere Zahlungen nach diesem Zeitpunkt bestätigt werden, ist dies nicht streitgegenständlich, § 308 Abs. 1 ZPO.
Auch diese Zahlungen sind eine Folge des infolge der Aufklärungspflichtverletzung geschlossenen Notarvertrags vom 01.04.2014.
3.3.3. Aus den gleichen Gründen war festzustellen, dass der Beklagte zu 2) von dem Kläger von Verpflichtungen aus der mit dem Insolvenzverwalter geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung (Anlage B 75) freizustellen ist.
3.3.4. Schließlich war festzustellen, dass der Kläger zu 1) verpflichtet ist, den Beklagten jeglichen Schaden aus der Übernahme der Beteiligungen an der F. KG zu ersetzen. Das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ergibt sich daraus, dass nicht ausgeschlossen ist, dass den Beklagten infolge des derzeit noch nicht rückabgewickelten Notarvertrages noch weitere Schäden drohen, etwa durch weitere Zahlungen an den Insolvenzverwalter.
3.3.5. Der Schadensersatzanspruch der Beklagten aus c.i.c. ist auch nicht durch die von dem Kläger zu 1) erklärte Hilfsaufrechnung (teilweise) erloschen gemäß § 389 BGB.
Die erstmals in der zweiten Instanz im Schriftsatz vom 01.10.2020 erklärte Hilfsaufrechnung ist bereits unzulässig gemäß § 533 Nr. 2 ZPO. Sowohl zu der geltend gemachten Forderung wegen des Entzugs des Inventars als auch zu der behaupteten Forderung wegen der Inanspruchnahme aus der Mietbürgschaft trägt der Kläger zu 1) vor, dass die Beklagten gegen ihn kollusiv zusammengewirkt hätten. Die Beklagten bestreiten dies. Der neue, streitige Tatsachenvortrag ist in der Berufungsinstanz nicht mehr ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen im Sinne des § 533 Nr. 2 ZPO.
Im übrigen wäre die Aufrechnung abgesehen davon auch unbegründet gewesen. Bezüglich des geltend gemachten Inventaranspruchs fehlt es an der Gegenseitigkeit: Ein etwaiger Anspruch wegen pflichtwidriger Entziehung des Inventars stünde der F. KG zu, nicht dem Kläger zu 1). Bezüglich der Inanspruchnahme aus der Mietbürgschaft fehlt es an einer Anspruchsgrundlage: Eine vertragliche Pflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger zu 1) zur Begleichung der Mietschulden der von den Beklagten übernommenen F. KG ist nicht ersichtlich. Für einen deliktischen Anspruch, etwa nach § 826 BGB, fehlt es an ausreichendem Vortrag. Die Behauptung eines kollusiven Zusammenwirkens der Beklagten wurde von diesen bestritten und von dem Kläger zu 1) daraufhin weder näher präzisiert noch nachgewiesen.
3.3.6. Die Ansprüche der Beklagten bestehen indes sämtlich nur Zug um Zug gegen Abtretung der Gesellschaftsanteile der Beklagten an der F. KG. Dies ist ein Gebot der Vorteilsausgleichung und betrifft daher sämtliche geltend gemachten Schadenspositionen. Der ausdrücklichen Erhebung einer Einrede durch den Kläger bedurfte es hierzu nicht (BGH NJW 2015, 3160 Tz. 23; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl. 2020, Vorb v § 249 Rn. 71).
3.3.7. Unbegründet erwies sich die Widerklage und damit auch die Berufung der Beklagten, soweit sie darüber hinaus auch noch Rückzahlung von 3.000 € an den Beklagten zu 1) und 22.000 € an den Beklagten zu 2) begehrten.
Die Beklagten haben vorgetragen, dass sie nach der Übernahme der Gesellschaft durch den Notarvertrag über die 100.000 € hinaus noch weitere 25.000 € in die F. KG eingelegt hätten, wobei der Beklagte zu 1) 3.000 € und der Beklagte zu 2) 22.000 € eingezahlt habe.
Die Klagepartei hat dies bestritten.
Der Senat konnte sich nach durchgeführter Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugen, dass die Gelder von den Beklagten einbezahlt wurden. Das von den Beklagten hierzu vorgelegte Kassenbuch ist noch kein hinreichender Beweis für den tatsächlichen Geldfluss. Auch der Zeuge S. konnte letztlich lediglich bestätigen, dass sich die Zahlungen aus dem Kassenbuch ergaben; einen Nachweis für die körperliche Einlage des Geldes selbst hatte er nicht (Protokoll vom 05.11.2020 Seite 3, Bl. 451 der Akte).
3.3.8. Die Widerklage und die Berufung der Beklagten sind auch insoweit unbegründet, soweit der Beklagte zu 2) in seinem Antrag 4 die Zahlung von Verzugszinsen für die an den Insolvenzverwalter gezahlten 700 € begehrt.
Da sich, wie dargelegt, die Zug-um-Zug-Beschränkung auch auf diese Position erstreckt, fehlt es an einer ohne weiteres durchsetzbaren Forderung und folglich an einem Schuldnerverzug gemäß § 286 BGB. Der Kläger zu 1) befindet sich diesbezüglich auch nicht in Annahmeverzug, weil der Beklagte zu 2) die Übertragung des Gesellschafteranteils nicht auch in Bezug auf die 700 € angeboten hat.
4. Hinsichtlich der Kostenentscheidung gilt das Folgende:
4.1. Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin zu 2) gegen die Kostenentscheidung der ersten Instanz hinsichtlich der übereinstimmend für erledigt erklärten Klage der Klägerin zu 2) (hierzu oben 1.) ist unbegründet. Der hierauf entfallende Kostenanteil wurde vom Landgericht zu Recht der Klägerin zu 2) gemäß § 91a Abs. 1 ZPO auferlegt (LGU Seite 12), da die Klägerin zu 2) mit ihrer Klage ohne das erledigende Ereignis und ohne die Erledigungserklärungen voraussichtlich unterlegen gewesen wäre. Mangels Wirksamkeit des Notarvertrages hatte auch sie keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Freistellung von der Bürgschaftsverpflichtung.
4.2. Die Kostenentscheidung für die erste Instanz ergibt sich aus §§ 91a Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Es kommt die Baumbach’sche Kostenformel zur Anwendung, da die Streitgenossen sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite jeweils unterschiedlich unterliegen. Es ist mithin nach außergerichtlichen und gerichtlichen Kosten zu trennen. Bei den Gerichtskosten ist der jeweilige Unterliegensanteil einer Partei auf den fiktiven Gesamtstreitwert, der sich aus der Summe aller Prozessrechtsverhältnisse ergibt, zu beziehen. Bei den außergerichtlichen Kosten ist der Unterliegensanteil einer Partei innerhalb derjenigen Prozessrechtsverhältnisse zu betrachten, an denen die Partei, deren außergerichtliche Kosten verteilt werden, beteiligt war. Dies führt zu der tenorierten Kostenentscheidung.
4.3. Die Kostenentscheidung für die zweite Instanz ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO. Auch insoweit war die Baumbach’sche Kostenformel anzuwenden, da die Streitgenossen auf Beklagtenseite unterschiedlich unterlegen sind. Es ist mithin auch insoweit, wie dargelegt, nach außergerichtlichen und gerichtlichen Kosten zu trennen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu 2) in der Berufungsinstanz in der Sache nicht mehr beteiligt war. Ihre allein auf die Kosten bezogene Beschwerde verliert sie. Sie muss daher die Kosten der Beschwerde zahlen, § 97 Abs. 1 ZPO.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
6. Die Revision war nicht nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert die Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.


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