Bankrecht

Übernahme eines Darlehens

Aktenzeichen  3 U 3634/15

Datum:
23.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 06540
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 488, § 705, § 730

 

Leitsatz

1. Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die gemeinsam einen Bürobetrieb unterhält und eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts hinsichtlich der Einrichtungsgegenstände gebildet hat, ist davon auszugehen, dass die Geschäftsgrundlage dieser Gesellschaft der Fortbestand der nichtehelichen Lebensgemeinschaft war und mit deren Scheitern beiden Parteien daran gelegen war und auch sein musste, diese Gesellschaft aufzulösen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Wird vereinbart, dass eine Partei die Einrichtung übernimmt und die andere von Darlehensverbindlichkeiten freistellt, stellt dies eine Auseinandersetzungsvereinbarung nach § 730 BGB dar, unabhängig davon, ob das Darlehen selbst unmittelbar zur Finanzierung der Einrichtungsgegenstände verwendet wurde oder ob die andere Partei durch diesen Mittelzufluss nur mittelbar in die Lage versetzt wurde, die von ihr persönlich eingegangenen Verpflichtungen zur Erfüllung von Kaufpreisansprüchen zu erfüllen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

8 O 2101/14 2015-09-23 Endurteil LGTRAUNSTEIN LG Traunstein

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des LG Traunstein vom 23.9.2015 (8 O 2101/14) wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil sowie das angefochtene landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin in selber Höhe Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Entscheidungsgründe (abgekürzt gem. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)
1) Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin von der Darlehensverbindlichkeit bei der Volksbank Kufstein freizustellen und ihr die von ihr klageweise geltend gemachten Zahlungen an die Bank zu erstatten.
a) Der Senat sieht schon keinen Anhaltspunkt dafür, dass neben der BGB-Gesellschaft, die die Parteien zum gemeinschaftlichen Erwerb einer Eigentumswohnung gegründet hatten, zwischen ihnen eine weitere BGB-Gesellschaft zum Betrieb eines gemeinsamen Büros bestanden hat. Erstmals hat der Beklagte das Bestehen einer solchen „konkludent“ gegründeten Gesellschaft postuliert, nachdem das Landgericht ihn darauf hingewiesen hatte, dass seinen hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüchen, die aus der Auseinandersetzung der BGB-Gesellschaft herrühren sollten, die Durchsetzungssperre entgegenstand, zumal zum damaligen Zeitpunkt die Eigentumswohnung noch nicht versteigert war.
Anders als die BGB-Gesellschaft zum Erwerb der Eigentumswohnung war diese vermeintliche Büroeinrichtungs-„Gesellschaft“ zu keinem Zeitpunkt Steuersubjekt. Es fehlt an nachvollziehbarem Sachvortrag dazu, welche Absprachen hinsichtlich der Büroeinrichtung – und des Bürobetriebs – zwischen den Parteien bestanden haben sollen, als sie sich entschlossen, gemeinsam das Büro einzurichten. Insbesondere lässt sich aus dem beiderseitigen Vortrag nichts entnehmen, was dafür spricht, dass die dingliche Rechtslage an den erworbenen Einrichtungsgegenständen geregelt werden sollte.
b) Letztlich mag diese Frage jedoch offen bleiben. Selbst wenn man der Hypothese des Beklagten, hier sei konkludent eine BGB-Gesellschaft gebildet worden, folgt, ändert dies an der Beurteilung der Sach- und Rechtslage nichts. Denn auch dann ist davon auszugehen, dass die Geschäftsgrundlage dieser Gesellschaft der Fortbestand der nichtehelichen Lebensgemeinschaft war und mit deren Scheitern beiden Parteien daran gelegen war und auch sein musste, diese Gesellschaft aufzulösen. Dem entspricht auch der vorprozessuale Schriftwechsel, den die Parteien über ihre Rechtsanwälte führen ließen.
Aus diesem ergibt sich, dass die Parteien in Kenntnis aller wirtschaftlichen Gegebenheiten übereingekommen waren, dass die Einrichtungsgegenstände, soweit sie von der Klägerin bei ihrem Auszug nicht mitgenommen worden waren, im Eigentum des Beklagten verbleiben bzw. in dessen Eigentum übergehen sollten. Im Gegenzug sollte der Beklagte das von der Klägerin zur Finanzierung dieser Einrichtungsgegenstände aufgenommene Darlehen übernehmen und bis zu einer Umschreibung die fälligen Darlehensraten übernehmen, was er in der Folgezeit zunächst auch tat. Warum es zu einer Umschreibung des Darlehens nicht kam, ist danach irrelevant.
Dem Schriftsatz des damaligen Anwalts des Beklagten vom 09.09.2013 (Anlage K 7) ist zu entnehmen, dass der Beklagte „selbstverständlich bereit“ sei, das streitgegenständliche Darlehen zu übernehmen und die Klägerin aus der Haftung zu entlassen. Die Umschreibung sollte „so schnell als möglich“ erfolgen. Erst im daran anschließenden Absatz wurden Ausführungen zur Eigentumswohnung getätigt: „Auch hier ist eine Entlassung aus der Haftung natürlich angedacht“. (Kursivsetzung durch den Senat) Im Folgenden wird dann noch ausgeführt, dass es sich von selbst verstehe, dass das Eigentum an der Wohnung mit der Änderung der Darlehensmodalitäten auf den Beklagten übergehen müsse. Dass dieses Ansinnen nicht als Bedingung für die Übernahme des streitgegenständlichen Darlehens, das nach dem vorprozessualen Schriftverkehr für die Finanzierung der Büroeinrichtung aufgenommen worden war, gemeint war, folgt wiederum zwingend aus der daran anschließend Formulierung, wonach „beide Angelegenheiten“ so schnell als möglich in die Wege geleitet werden sollten. In den weiteren Schriftsätzen beider Anwälte wurde durchweg zwischen den beiden Angelegenheiten differenziert. Von dem vom Beklagten hier behaupteten „Junktim“ war gerade nicht die Rede.
Es ist auch schlicht nicht nachvollziehbar, wenn der Beklagte nunmehr behauptet, er habe lediglich die Übernahme einzelner Darlehensraten in der Trennungsphase angeboten. Der Wortlaut des Anwaltsschreibens vom 09.09.2013 ist einer solchen Auslegung schlicht nicht zugänglich. Dort wurde die Bereitschaft erklärt, das Darlehen zu übernehmen und die Klägerin aus der Haftung zu entlassen.
Selbst wenn also eine BGB-Gesellschaft im Hinblick auf die Büroeinrichtung bestanden hätte, wäre diese ausweislich des Schreibens vom 09.09.2013 mit einem einfachen und wirtschaftlich auch sinnvollen Auseinandersetzungsplan aufgelöst worden.
Soweit der Beklagte auf die von seinem Vater als Zeugen bekundete Absprache, die Vorsteuererstattung aus dem Erwerb der Büroeinrichtungsgegenstände zur Darlehenstilgung zu verwenden, abstellt, folgt daraus dezidiert nichts anderes. Im Darlehensvertrag, den die Klägerin mit der Volksbank K. abgeschlossen hatte, war ein solches Sondertilgungsrecht gerade nicht vorgesehen. Selbst wenn die Parteien miteinander oder mit dem Vater des Beklagten abgesprochen haben sollten, wie die zu erwartende Vorsteuererstattung zu verwenden sein sollte, war zum Zeitpunkt der Trennung der Parteien – mithin erheblich später – schon klar, dass eine solche Vereinbarung nicht umgesetzt worden war. Das war dem Beklagten nicht anders als der Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch bekannt. Ebenso muss er gewusst haben, welche Gegenstände die Klägerin aus dem zuvor gemeinsam genutzten Büro mitgenommen hatte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war, wie die Klägerin die Verpflichtungen aus den Kaufverträgen über die Büroeinrichtungsgegenstände erfüllt hatte. Wenn er in Kenntnis dieser Umstände gleichwohl die Übernahme des Darlehens und die Freistellung der Klägerin von der Haftung für dieses anbietet, so kann er nicht erheblich später die damit getroffene und von der Klägerin ausweislich des Anwaltsschriftsatzes ihres anwaltlichen Vertreters vom 19.09.2013 auch angenommenen Auseinandersetzungsvereinbarung (vgl. K 8: „Erfreulicherweise besteht hinsichtlich der beiden Darlehen bei der Volksbank K. bereits Einvernehmen“) einseitig aufkündigen.
c) Zur Feststellung dieses Sachverhalts bedarf es der Einvernahme des anwaltlichen Vertreters der Klägerin als Zeugen nicht. Zutreffend war zwar die Rüge der Berufung, wonach das Landgericht die Voraussetzungen für eine Verwertung der schriftlichen Stellungnahme dieses Rechtsanwalts als schriftliche Zeugenaussage verkannt hat. Doch bedarf es für die Feststellung des Zustandekommens der Übereinkunft über die Auseinandersetzung der gegenläufigen Ansprüche der Parteien in Ansehung der Büroeinrichtung keines Zeugenbeweises. Hier liegen im Urkundsbeweis die entsprechenden anwaltlichen Erklärungen vor, die aus sich heraus verständlich sind und deren Authentizität vom Beklagten auch gar nicht in Zweifel gezogen wird.
Zutreffend ist zwar der Hinweis der Berufung darauf, dass die Beweislast dafür, dass es zu so einer Auseinandersetzungsvereinbarung gekommen ist, allein der Klägerin obliegt. Dies folgt zwar nicht aus dem Umstand, dass hinsichtlich der Darlehensverpflichtung gegenüber der Volksbank K. eine Urkunde (K 1) vorliegt, aus der sich die Haftung der Klägerin gegenüber der Bank ersehen lässt. Dass die Klägerin als Darlehensnehmerin aufgetreten ist, ist ohnehin unstreitig. Die Beweislast der Klägerin folgt vielmehr aus allgemeinen Grundsätzen, nach denen sie, da sie sich hier auf eine anspruchsbegründende Absprache der Parteien beruft, diese auch zu beweisen hat. Vom Vorliegen einer solchen Absprache ist der Senat indes überzeugt. Auch unter Würdigung des Vortrags beider Parteien bestehen aus Sicht des Senats keine Zweifel daran, dass die Parteien sich in dem dargestellten Sinn geeinigt haben. Dass die Behauptung des Beklagten, er hätte sich auf diese Absprache nur eingelassen, wenn sich die Klägerin bereitgefunden hätte, auf ihr hälftiges Miteigentum an der Eigentumswohnung gegen Freistellung von diesbezüglich noch bestehenden Darlehensverpflichtungen zu verzichten, vor dem Hintergrund der dem Senat als für den LG-Bezirk Traunstein zuständigem Bezirkssenat bekannten Grundstückspreisentwicklung der letzten Jahre, als erstaunlich schlichter Versuch einer wirtschaftlichen Übervorteilung der Klägerin hinausgelaufen wäre, rundet das ohnehin sehr klare Bild ab.
d) Der guten Form halber weist der Senat auch darauf hin, dass es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht darauf ankommt, ob die Klägerin die 30.000 €, die ihr von der Volksbank K. darlehensweise zugeflossen sind, unmittelbar zur Finanzierung der Einrichtungsgegenstände verwendet hat oder ob sie durch diesen Mittelzufluss nur mittelbar in die Lage versetzt wurde, die von ihr persönlich eingegangenen Verpflichtungen zur Erfüllung von Kaufpreisansprüchen über 36.368,08 € zu erfüllen. Dass diesbezüglich noch Kaufpreisforderungen gegen die Klägerin offen sind, behauptet bezeichnenderweise auch der Beklagte nicht. Soweit er darauf hinweist, dass die Klägerin nach Erhalt des Darlehens 12.455,17 € im Zusammenhang mit dem Erwerb des Miteigentums an der Eigentumswohnung aufgebracht hat, spielt dies im vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle.
2) Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 ZPO
3) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
4) Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen ist, liegen nicht vor.


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