Bankrecht

Unbegründete Schadensersatzansprüche wegen vermeintlich fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Zinssatz- und Währungsswap-Geschäftes

Aktenzeichen  22 O 14332/16

Datum:
17.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 156429
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 823 Abs. 2, § 826
WpHG § 31 Abs. 2, § 37a, § 37d Abs. 4 S. 1

 

Leitsatz

1 Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrags beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrags stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen. Mit der vollständigen und korrekten Erfüllung der diese Anlageentscheidung betreffenden Beratungspflichten sind die Leistungspflichten der Bank erfüllt. Fortdauernde Überwachungs- und Beratungspflichten folgen aus einem solchen Beratungsvertrag nicht. (Rn. 24 – 27) (red. LS Andy Schmidt)
2 Die Aufklärungspflichten bei Finanztermingeschäften müssen schriftlich erfolgen, wobei die Information zutreffend, vollständig, auch für den flüchtigen Leser unmissverständlich, gedanklich geordnet und auch von der Gestaltung her geeignet sein muss, unerfahrenen Lesern einen realistischen Eindruck von den Eigenarten und Risiken solcher Geschäfte zu vermitteln. (Rn. 28 – 55) (red. LS Andy Schmidt)
3 § 37a WpHG aF findet auf zu Anlagezwecken getätigte Swap-Geschäfte Anwendung. Dies entspricht dem Wortlaut als auch der Gesetzesbegründung zur Vorschrift. (Rn. 68) (red. LS Andy Schmidt)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 600.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche wegen Aufklärungspflichtverletzung aus Anlageberatungsvertrag gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Ziffer 1 BGB zu, da die Klagepartei die der Beklagten vorgeworfenen Aufklärungspflichtverletzungen nicht nachweisen konnte und etwaige Ansprüche jedenfalls verjährt sind.
1. Zwischen der Klagepartei und der Beklagten bestand bezüglich des streitgegenständlichen Cross Currency Swap (CCS) – Vertrags ein Anlageberatungsverhältnis.
Kapitalanleger ziehen einen Anlageberater hinzu, wenn sie selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge haben. Sie erwarten dann nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung, und häufig auch eine auf ihre persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung. In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weitgehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger, individueller Beistand, dem persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten (Palandt, BGB, 76. Aufl., § 280, Rdnr. 47 ff. m.w.N.).
Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrags beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrags stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen (st. Rspr., vgl. BGH XI ZR 247/12). Der Beratungsvertrag ist damit auf eine konkrete Anlageentscheidung bezogen. Mit der vollständigen und korrekten Erfüllung der diese Anlageentscheidung betreffenden Beratungspflichten sind die Leistungspflichten der Bank erfüllt (BGH XI ZR 170/04). Fortdauernde Überwachungs- und Beratungspflichten folgen aus einem solchen Beratungsvertrag nicht (BGH XI ZR 63/05).
Vorliegend kam bei Abschluss des streitgegenständlichen Swap-Geschäftes ein Einzelberatungsvertrag zwischen den Parteien zustande. Die Kläger war langjährige Kundin der Beklagten bzw. von deren Rechtsvorgängerinnen. Im Rahmen dieser ständigen Geschäftsbeziehung hat die Beklagte unstreitig die Kenntnisse und Erfahrungen der Klägerin, ihre Risikobereitschaft, ihre finanziellen Möglichkeiten und ihre Anlageziele ermittelt und sie aufgrund dessen jeweils als potentielle Zeichnerin von CCS-Geschäften als für sie geeignete Finanzmarktprodukte eingestuft. Wie der Zeuge … im Rahmen seiner Vernehmung angab, fand generell im Vorfeld der Abschlüsse von Swap-Verträgen jeweils ein gesonderter Termin statt, bei dem der Zeuge anhand der mitgebrachten Präsentation und des Rahmenvertrages seinen Kunden – so auch der Klägerin – die Funktionsweis eines CCS-Geschäftes darstellte und die damit verbundenen Risiken erläuterte. Zwar konnte sich der Zeuge – der seit … nicht mehr bei der Beklagten und auch sonst nicht mehr als Bankangestellter tätig ist – nicht konkret an sein Tätigwerden im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen CCS-Geschäft erinnern. Er gab jedoch an, der Ablauf der von ihm durchgeführten Beratungen zu Swap-Geschäften sei im Normalfall stets gleich gewesen. Er habe jeden seiner Kunden vor Abschluss zumindest einmal persönlich beraten und dabei die jeweilige Präsentation vorgelegt und sie erläutert, wobei er insbesondere die Zinsströme erklärt und aufgezeigt habe, dass sich die Währungskurse gegenüber stünden und unterschiedlich hoch seien. Dies alles spricht dafür, dass die Beklagte durch ihren damaligen Mitarbeiter … der Klägerin vorliegend nicht lediglich den Erwerb des CCS-Geschäftes vermittelte, sondern aktiv als neutrale und unabhängige Beraterin ein speziell auf die Klägerin abgestimmte Anlagenangebot unterbreitete (vgl. BGH III ZR 71/05).
2. Die beratende Bank ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (vgl. BGH XI ZR 12/93).
Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalles ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft, die Erfahrungen, der Anlagezweck und die Anlageziele des Kunden, die die Bank zu erfragen hat. Die Erkundigungspflicht entfällt nur dann, wenn der beratenden Bank diese Umstände, beispielsweise aus einer langjährigen Geschäftsbeziehung mit dem Kunden oder dessen bisherigem Anlageverhalten, bereits bekannt sind. Andererseits sind die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben, zu berücksichtigen (vgl. BGH XI ZR 33/10; BGH XI ZR 89/07; BGH XI ZR 159/99). Während die Aufklärung des Kunden über die für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände richtig und vollständig zu sein hat, muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt grundsätzlich stets der Anleger (vgl. BGH XI ZR 152/08 und XI ZR 337/08).
Die Aufklärungspflichten bei Finanztermingeschäften müssen jedenfalls schriftlich erfolgen, wobei die Information zutreffend, vollständig, auch für den flüchtigen Leser unmissverständlich, gedanklich geordnet und auch von der Gestaltung her geeignet sein muss, unerfahrenen Lesern einen realistischen Eindruck von den Eigenarten und Risiken solcher Geschäfte zu vermitteln (vgl. Palandt, a.a.O., Rdnr. 53 m.w.N.).
a. Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte bei der Beratung der Klägerin im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen CCS-Geschäft ihre Aufklärungspflichten nicht verletzt.
aa. Der der Klägerin von der Beklagten empfohlenen Zinssatz- und Währungsswap war anlegergerecht:
In dem vorgelegten persönlichen Analysebogen vom 4.8.2005 (K 3) hat die Klägerin mit ihrer Unterschrift bestätigt, über ein spekulatives Anlageverständnis („Hohe Ertragschancen stehen hohen Risiken gegenüber; für die Kursgewinnmaximierung werden Erfolgsschwankungen und Verluste in Kauf genommen“), also die höchste Risikobereitschaftsstufe, zu verfügen.
Die klägerische Behauptung, nicht gewillt gewesen zu sein, im Rahmen von Anlagegeschäften hohe oder gar unbegrenzte Verlustrisiken in Kauf zu nehmen, wird durch die diese Angaben im Analysebogen von 2005 – die die Angaben im geänderten Analysebogen von 2003 ausdrücklich bestätigen – konterkariert. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass das streitgegenständliche CCS-Geschäft, bei dem es sich um ein spekulatives Finanztermingeschäft handelt, dem angegebenen spekulativen Anlegerprofil entsprach.
Die Einlassung der Klägerin, der Analysebogen sei von Herrn … bereits ausgefüllt gewesen und sie habe ihn in dem Glauben unterschrieben, durch Änderung des Anlageprofils könne ihr eine größere Bandbreite von Anlageprodukten angeboten werden, ist unbehelflich. Denn nach diesem Vortrag hätte die Klägerin durch Bestätigung des spekulativen Anlageprofils mit ihrer Unterschrift jedenfalls aus ihrer Sicht den Wunsch nach einer größeren Bandbreite von Anlagemöglichkeiten, u.z. auch spekulativen Anlageangeboten, wie z.B. für Swap-Geschäfte, zum Ausdruck gebracht. Abgesehen davon, wäre es ihr als mündiger und in finanziellen Dingen von Berufs wegen vorgebildeter Kundin freigestanden, den angeblich ihre Risikobereitschaft nicht abbildenden Analysebogen nicht zu unterschreiben, sondern auf die Einordnung in eine andere sicherheitsorientiertere Risikoklasse zu bestehen.
bb. Die schriftliche und mündliche Aufklärung zum streitgegenständlichen CCS-Geschäft war auch anlagegerecht.
(1) Im Rahmenvertrag ist unter Ziffer 5 der Begriff der Bezugsgröße, sowie unter Ziffer 6 die Berechnungsweise bei zinssatzbezogenen Geschäften erläutert.
(2) Im Risikoinformationsblatt „Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Termingeschäften“ (B 7), das die Klägerin unbestritten bereits vor Abschluss des CMS-Swaps für die … 2005 erhalten und unterzeichnet hatte wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit diesen Geschäften unkalkulierbare Verlustrisiken einhergehen, die über die geleisteten Sicherheiten hinaus auch das sonstige Vermögen des Kunden erfassen können. Unter „Termingeschäfte mit Währungsrisiko“ wird dort zusätzlich erläutert, dass Entwicklungen am Devisenmarkt, insbesondere Wechselkursschwankungen, Ursache von zusätzlichen unkalkulierbaren Verlusten sein können. Deshalb wird er Kunde gewarnt, nicht darauf zu vertrauen, während der Laufzeit jederzeit Kompensationsgeschäfte abschließen zu können. Auch wird gewarnt, das Risiko erhöhe sich, wenn die Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen aus solchen Geschäften kreditfinanziert werde.
So heißt es unter Punkt A.:
„Unkalkulierbare Verluste
Bei Verbindlichkeiten aus Termingeschäften kann Ihr Verlustrisiko unbestimmbar sein und auch über die von Ihnen geleisteten Sicherheiten hinaus ihr sonstiges Vermögen erfassen.“
Weiter heißt es dort:
„Zusätzliches Verlustpotential bei Kreditaufnahme oder aus Wechselkursschwankungen
Ihr Verlustrisiko steigt, wenn Sie für Ihr Termingeschäft einen Kredit in Anspruch nehmen. Dasselbe ist bei einem Termingeschäft der Fall, bei dem Ihre Verpflichtungen oder Ansprüche auf ausländische Währung oder eine Rechnungseinheit lauten.“
Unter Ziffer B. III. heißt es weiter:
„(…). Die maximale Höhe des Verlustes lässt sich im Vorhinein nicht bestimmen. Es kann weit über eventuell von Ihnen geleistete Sicherheiten hinausgehen.“
Unter Punkt C. heißt es zudem:
„Ihr Risiko: In diesem Fall ist Ihr Verlustrisiko nicht nur an die Wertentwicklung des zugrundeliegenden Vertragsgegenstands gekoppelt. Vielmehr können Entwicklungen am Devisenmarkt die Ursache für zusätzliche unkalkulierbare Verluste sein.“
(3) In den „Basisinformationen über Finanzderivate“ (B 8), deren Erhalt die Klägerin im Analysebogen vom 4.8.2005 mit ihrer Unterschrift bestätigt hat, finden sich auf den Seiten 129 und 131 darüber hinaus Hinweise unkalkulierbare und unbegrenzte Verlustrisiken, insbesondere auf das Wechselkursrisiko und das Marktpreisrisiko bei Devisentermingeschäften, wobei es wörtlich heißt:
„Dieses Verlustrisiko ist von vornherein nicht bestimmbar, d.h. theoretisch unbegrenzt“.
In den vorgelegten Unterlagen sind die unbestimmbaren Verlustrisiken bei Derivaten und Termingeschäften, unter die auch Swap-Geschäfte fallen, bereits angesprochen:
(4) Darüber hinaus hat die durchgeführte Beweisaufnahme ergeben, dass der Mitarbeiter der Beklagten … über das streitgegenständliche CCS-Geschäft aufklärte, wobei er dessen Funktionsweise und Risiken anhand der Präsentation ausführlich erörterte.
Der Zeuge …, der schon lange nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt ist und daher keinen Anlass hat, seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Beratung zu beschönigen oder falsch wiederzugeben, gab nämlich – wie bereits ausgeführt – glaubhaft an, seinen Kunden – so auch der Klägerin – stets anhand der mitgebrachten Präsentation und des Rahmenvertrages die Funktionsweis eines CCS-Geschäftes und die damit verbundenen unbegrenzten Verlustrisiken erläutert zu haben.
Diese personalisierte Präsentation „Zinssubvention mittels Cross-Currency-Swap CHF/ZAR“ enthält zunächst auf den Seiten 5 und 6 – nach Darstellung der Charts mit aktuellen Zinskurven und historischen Wechselkursentwicklungen auf den Seiten 3 und 4 – eine Beschreibung der grundlegenden Prinzipien eines CCS, auf Seite 7 eine Darstellung der Zahlungsströme und auf Seite 8 eine Darstellung der Zahlungsströme am Ende der Vertragslaufzeit. Auf den Seiten 10 bis 16 finden sich Beispielrechnungen zum Zinstausch während sowie zum Kapitaltausch am Ende der Vertragslaufzeit. Auf diese Weise werden die Zinsänderungs- und Währungsrisiken anschaulich dargestellt. Auf Seite 15 ist beispielsweise nach Kapitaltausch am Laufzeitende ein Verlust von 153.180,- € dargestellt. Auf Seite 16 werden die Chancen und Risiken des Geschäfts dargestellt, insbesondere das Wechselkursrisiko während und am Ende der Laufzeit aufgezeigt.
Die schriftlichen Präsentation enthält damit eine zutreffende und verständliche Information über die Struktur von CCS-Geschäften generell und der historischen Währungsentwicklung des gewählten Währungspaares im Besonderen und schlagwortartige, aber unmissverständliche Hinweise auf das Zinsänderung- und das Währungsrisiko. Soweit Szenarien entwickelt werden (Seiten 10-15) erfolgt dies ausdrücklich unter der Überschrift „Beispielberechnung“ und den Hinweisen auf Seite 11, 13 und 15, dass die Entwicklungen des Wechselkurses CHF/ZAR, des 3-Monats-CHF-Pribor und des 3-Monats-ZAR-Jibar frei gewählt wurden. Damit wird jedem verständigen Leser hinreichend deutlich, dass keinen definitiven Angaben maximaler wirtschaftlicher Verluste, sondern lediglich beispielhafte Ausblicke gegeben werden können. Auf Seite 17 der Präsentation wird unter „Wichtige Hinweise“ noch ausgeführt: „Bitte beachten Sie, dass sämtliche hier genannten Preise lediglich Indikationen auf der Basis vom 23.10.2006 darstellen und zu Ihrer Information dienen. (…) Ergänzende Informationen über generelle Risiken beim Abschluss von Zinsderivateprodukten können Sie den „Basisinformationen über Finanzderivate“ entnehmen (…). Diese Präsentation ersetzt kein persönliches Beratungsgespräch. Umfassende Produkt- und Risikoinformationen erhalten Sie von Ihrem Berater.“
Damit musste sich die Klägerin auch ohne konkrete Bezifferung definitive Bezifferung eines potentiellen Verlustumfangs anhand der erhaltenen mündlichen Erläuterungen und schriftlichen Informationsmaterialien über die Größenordnung der mit dem CCS-Geschäft einhergehenden Verlustrisiken im Klaren sein und erkennen können, dass die dargestellten Szenarien in der schriftlichen Präsentation exemplarisch und nicht als definitive Betrachtung gedacht waren.
Der Zeuge … konnte zudem glaubhaft angeben, dass die Klägerin Fragen gestellt hat und er davon ausging, dass sie seine Erläuterungen durchaus verstanden hat, da sie aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit anderen Kunden gegenüber etwas voraus gehabt habe, und dass er zur zusätzlichen Klarstellung den Austausch der Zahlungsströme auf Seite 7, der ihm nicht hinreichend klar erschienen sei – durch eigene handschriftliche Eintragungen ergänzte und veranschaulichte.
Damit hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin den Nachweis für die Behauptung, von der Beklagten im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Geschäftsabschluss falsch beraten bzw. unzureichend über Risiken aufgeklärt worden zu sein, nicht erbracht.
b. Die Beklagte hat bei der Beratung der Klägerin im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen CCS-Geschäft ihre Aufklärungspflichten zwar dadurch verletzt, dass sie ihr den sog. negativen Marktwert des Geschäftes nicht mitgeteilt hat.
aa. Wie der BGH im Falle eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrags (BGH XI ZR 33/1) entschieden hat, ist eine Bank, die zugleich Vertragspartnerin des Swap-Vertrags ist, verpflichtet, im Rahmen eines daneben bestehenden Beratungsvertrags einen anfänglichen negativen Marktwert zu offenbaren, weil darin ein schwerwiegender, für den Kunden nicht offensichtlicher Interessenkonflikt zum Ausdruck kommt, der geeignet ist, die Interessen des Anlegers zu gefährden.
Diese von der Frage der objektgerechten Beratung losgelöste Verpflichtung hat der BGH damit begründet, dass sich eine beratende Bank bei der Empfehlung eines solchen Vertrags, bei dem der Gewinn der einen Seite der spiegelbildliche Verlust der anderen Seite ist, in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt befindet. Einerseits übernimmt sie als Vertragspartnerin der Zinswette eine Rolle, die den Interessen des Kunden entgegengesetzt ist. Für sie erweist sich der „Tausch“ der Zinszahlungen nämlich nur dann als günstig, wenn ihre Prognose zur Entwicklung des Basiswertes gerade nicht eintritt und der Kunde damit einen Verlust erleidet. Andererseits ist sie als Beraterin ihres Kunden verpflichtet, dessen Interessen zu wahren, und muss auf einen möglichst hohen Gewinn des Kunden bedacht sein, was einen entsprechenden Verlust für sie selbst bedeutet. Die Einstrukturierung eines negativen Marktwertes in die Zinsformel ermöglicht es der Bank, gerade auch bei einem im Zusammenhang mit dem Swap-Vertrag abgeschlossenen Hedge-Geschäft ihre Kosten abzudecken und einen Gewinn zu erzielen. Diesen Vorteil kann die Bank aber nur erlangen, wenn der Markt das Risiko, das der Kunde mit dem von der Bank empfohlenen Produkt übernommen hat, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses negativ einschätzt. Aufgrund dessen besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank ihre Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt. Diese Besonderheit des von ihr empfohlenen Produkts, dessen Risikostruktur sie bewusst zu Lasten des Kunden gestaltet hat, um unmittelbar im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss das Risiko „verkaufen“ zu können, das der Kunde aufgrund ihrer Beratungsleistung übernommen hat, führt zu ihrer Aufklärungspflicht (vgl. BGH a.a.O.).
bb. Andererseits hat der BGH (BGH XI ZR 316/13) für einen CCS-Vertrag, dessen Vertragspartnerin nicht die beklage Bank war, sondern den sie lediglich vermittelt hatte, festgestellt, dass es in einem solchen Fall an einem schwerwiegenden Interessenkonflikt, der für das Bestehen einer Aufklärungspflicht über den negativen Marktwert maßgeblich ist, fehlt.
Denn allein das Vorliegen eines negativen Marktwerts eines Swap-Vertrags als solches ist kein für die Anlageentscheidung wesentlicher Umstand, über den die beratende Bank ihren Kunden im Rahmen der objektgerechten Beratung informieren müsste. Der anfänglich negative Marktwert spiegelt nämlich nicht den voraussichtlichen Erfolg und Misserfolg des Geschäftes wider, sondern den Marktwert bei Abschluss des Vertrages, der zu diesem Zeitpunkt durch Glattstellung des Vertrages realisierbar wäre. Der jeweils aktuelle Marktwert wird anhand finanzmathematischer Berechnungsmodelle in der Weise ermittelt, dass – unter Berücksichtigung gegebenenfalls bestehender Optionsbestandteile und bei einem Währungsswap der Wechselkursentwicklung – die voraussichtlichen künftigen festen und variablen Zinszahlungen der Parteien gegenübergestellt und mit den an den entsprechenden Zahlungsterminen gültigen Abzinsungsfaktoren auf den Bewertungszeitpunkt abgezinst werden. Negativ wird der Marktwert, indem die Bank in diesen ermittelten „Modellwert“ ihre Netto-Gewinnmarge und ihre Kosten, etwa zur Risikoabsicherung, Eigenkapitalunterlegung oder zur Geschäftsabwicklung, durch entsprechende Festlegung der Strukturelemente des Swaps einstrukturiert. Für den Kunden bedeutet dies, dass er zunächst die einstrukturierte Bruttomarge erwirtschaften muss, um seinerseits in die Gewinnzone zu gelangen. Zugleich muss er bei sofortiger Lösung vom Vertrag einen Verlust in Höhe des negativen Marktwerts tragen. Diese Situation stellt sich jedoch mit Rücksicht auf das Verlustrisiko für den Kunden nicht anders als bei sonstigen Finanzprodukten dar, die, wie insbesondere außerbörsliche Derivategeschäfte, einen negativen Marktwert aufweisen. Der Erfolg des Swaps hängt letztlich allein von der Zins- und/oder Währungskursentwicklung und gegebenenfalls der Entwicklung des „Spreads“ während der Vertragslaufzeit ab Die Empfehlung eines Swap-Vertrages kann daher trotz des anfänglich negativen Marktwerts objektgerecht sein, sofern die Gewinnchancen und damit die „Werthaltigkeit“ des Swaps nicht nachhaltig durch übermäßige Kosten- und Gewinnbestandteile beeinträchtigt werden.
cc. In seiner Entscheidung vom 28.4.2015 (BGH XI ZR 378/13) hat der BGH diese Grundsätze nochmals bekräftigt:
Danach bleibt es zwar auch für das Zweipersonenverhältnis, in dem die beratende Bank zugleich Verkäuferin des empfohlenen Produkts ist, bei dem Grundsatz, dass die Bank nicht verpflichtet ist, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit Produkten, die sie in ihrer Beratung empfiehlt, Gewinne erzielt. Denn für den Kunden ist offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolgt, sodass darauf grundsätzlich nicht gesondert hingewiesen werden muss. Ein Umstand, der für den Kunden im Rahmen des aufgrund der Beratung zustande gekommenen Vertragsverhältnisses offenkundig ist, lässt aber auch innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen.
Die im Zweipersonenverhältnis von dieser Regel anerkannte Ausnahme für den Fall einer reinen Zinswette beim CMS-Spread-Ladder-Swap ist indes – wie der BGH in dieser Entscheidung erweiternd feststellt – auf alle Swap-Verträge generell übertragbar. Denn das Einpreisen der Bruttomarge ist kein Spezifikum des CMS-Spread-Ladder-Swaps. Es ist von der konkreten Gestaltung der Parameter, die Bank und Kunde tauschen, unabhängig. Da der schwerwiegende Interessenkonflikt, über den aufzuklären ist, allein aus dem Umstand folgt, dass der Kunde mit dem Einpreisen der Bruttomarge in die Risikostruktur des Swap-Geschäfts nicht rechnen muss, ist die Komplexität des Swap-Vertrags kein Kriterium, das über das Bestehen oder Nichtbestehen der Aufklärungspflicht entscheidet.
Die beratungsvertragliche Pflicht zur Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert besteht lediglich dann nicht, wenn die beratende Bank zu Swap-Geschäften rät, die der Absicherung gegenläufiger Zins- oder Währungsrisiken aus konnexen Grundgeschäften dienen. Existiert nämlich ein solch konnexes Grundgeschäft mit gegenläufigem Risiko, dient ein Zinssatz-Swap-Vertrag nicht der spekulativen Übernahme einer offenen Risikoposition, sondern bezweckt allein den „Tausch“ einer variabel verzinslichen Mittelaufnahme in eine festverzinsliche Verschuldung unter gleichzeitigem Verzicht auf die Teilhabe an einer günstigen Entwicklung des Zinsniveaus.
Jedenfalls beschränkt sich die Hinweispflicht der Bank auf die Bekanntgabe der Bruttomarge. Die Bank nicht verpflichtet, zu erläutern, sie realisiere die Bruttomarge aufgrund des Umstands, dass der Markt das Risiko des Kunden zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses negativ einschätzt. Denn der anfängliche stichtagsbezogene negative Marktwert ist keine Kennziffer für eine überwiegende Verlustwahrscheinlichkeit, sondern nur Spiegelbild der Bruttomarge der Bank.
Die Verpflichtung zur Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert schließt aber die Verpflichtung zur Information über seine Höhe mit ein. Nur bei Kenntnis auch der Höhe des anfänglichen negativen Marktwerts kann der Kunde das eigene Interesse der Bank an der Empfehlung des Swap-Vertrags richtig einschätzen (BGH a.a.O.).
dd. Vorliegend lagen für die streitgegenständlichen Swap-Verträge die Voraussetzungen für eine Aufklärungspflicht der Beklagten über ihre bei Geschäftsabschluss eingepreiste Bruttomarge nach den o.g. Maßstäben des BGH vor:
Zum einen war die Beklagte Vertragspartnerin der Klägerin. Auch handelt es sich vorliegend unstreitig nicht um ein Sicherungsgeschäft.
ee. Dass die Beklagte nicht über den von ihr einstrukturierten negativen Anfangswert aufgeklärt hat, hat sie auch zu vertreten. Nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (vgl. BGH XI ZR 33/10 m.w.N.). Umstände, die diese Vermutung entkräften könnten, sind von der Beklagten nicht vorgetragen worden.
ff. Nach der bei Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzungen im Kapitalanlagerecht geltenden Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens (vgl. z.B. BGH XI ZR 586/07 m.w.N.), die grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters gilt, insbesondere auch dann, wenn – wie hier – eine Interessenkollision pflichtwidrig nicht offen gelegt wurde, steht fest, dass die Pflichtverletzung der Beklagten für die Anlageentscheidung der Klagepartei ursächlich war.
Umstände, die dieser Vermutung entgegenstehen oder sie widerlegen könnten, hat die dafür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht vorgetragen.
gg. Der Schadensersatzanspruch ist jedoch gemäß § 37 a WpHG a.F. verjährt, da er nicht auf einer vorsätzlichen Falschberatung der Beklagten beruhte. Die dreijährige Verjährungsfrist, die mit Abschluss des Vertrages im Jahre 2007 begann im Jahr 2010 endete, ohne dass sie vorher gehemmt worden wäre, war nämlich bei Klageerhebung mit Schriftsatz vom 15.1.2016 bereits längstens abgelaufen.
§ 37 a WpHG a.F. findet auf zu Anlagezwecken getätigte Swap-Geschäfte Anwendung (vgl. BGH XI ZR 378/13). Es entspricht der Rechtsprechung des BGH (XI ZR 170/04), dass sowohl nach dem Wortlaut des § 37 a WpHG als auch nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/8933 S. 96) dieser Verjährungsvorschrift Informationspflichtverletzungen unabhängig davon, ob sie auf vertraglicher Grundlage beruhen oder gesetzlich – insbesondere durch § 31 Abs. 2 WpHG – angeordnet werden. Der Gesetzgeber wollte mit der Verkürzung der bis dahin geltenden regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren die Haftung von Anlageberatern begrenzen, um die Kapitalbeschaffung für junge und innovative Unternehmen zu erleichtern. Den Anlageberatern sollte eine zuverlässige Einschätzung möglicher Haftungsansprüche ermöglicht werden, um so ihre Bereitschaft zu stärken, den Anlegern vermehrt risikoreiche Kapitalanlagen zu empfehlen (BT-Drs. 13/8933 S. 59, 96). Da eine vertragliche Beratungs- und Aufklärungspflichtverletzung stets auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG a.F. darstellt, würde dieser Gesetzeszweck verfehlt, wenn die kurze Verjährungsfrist des § 37 a WpHG bei deliktsrechtlichen Schadensersatzansprüchen wegen fahrlässiger Fehlberatung keine Anwendung fände. Demgegenüber verbleibt es für Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichen Beratungspflichtverletzungen bei der Regelverjährung für deliktsrechtliche Ersatzansprüche (BT-Drs. 13/8933 S. 97, BGH a.a.O.).
Die durchgeführte Beweisaufnahme hat indes ein vorsätzliches Handeln des Mitarbeiters und Erfüllungsgehilfen der Beklagten gemäß § 278 BGB bei Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag nicht ansatzweise ergeben. Vielmehr ist aufgrund der Angaben des Zeugen … deutlich geworden, dass er die Klägerin aus nachvollziehbaren, sachlichen Gründen zum Kreis der Kunden rechnen konnte, die für Zinssatz- und Zinssatz/Währungsswap-Geschäfte nach den Kriterien der Bank in Betracht kamen und dass er alles aus seiner Sicht Erforderliche getan hat, um der Klägerin Struktur, Funktionsweise und Risiken des streitgegenständlichen Geschäftes zu erläutern. Der Zeuge Möller war nämlich nach eigenen Angaben, an denen das Gericht keinen Anlass hat, zu zweifeln, der Ansicht, seine Kunden – so auch die Klägerin – jeweils ordnungsgemäß über die Funktionsweise und den Ablauf des streitgegenständlichen CCS-Geschäftes beraten zu haben. Dass er eine Aufklärung über die mit dem Geschäft für die Bank anfallende Gewinnmarge im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Geschäft bewusst und gewollt unterließ, ergibt sich weder aus dieser Einlassung, noch aus den sonstigen Umständen des Falles.
Die Klage war daher abzuweisen.
II. Kosten: § 91 I ZPO.
III. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 S. 1, 2 ZPO.


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