Bankrecht

Unstatthafter Auskunftsanspruch zu den Daten der Kommanditisten und Treugeber

Aktenzeichen  15 O 3391/17

Datum:
22.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 154167
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 226, § 242
BDSG § 28 Abs. 3 S. 1
HGB § 145 Abs. 2, § 161 Abs. 2

 

Leitsatz

Es liegt eine unzulässige Rechtsausübung und ein Missbrauch des Auskunftsrechts eines Treuhandkommanditisten  vor, wenn das Auskunftsersuchen, ihm die Namen und die Anschriften der (anderen) mittelbar und unmittelbar beteiligten Anleger mitzuteilen, allein bzw. vorrangig/wesentlich dem Ziel dient, die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhe der Mitgesellschafter dazu zu verwenden, um diesen Mitgesellschaftern Kaufangebote hinsichtlich ihrer Anteile zu unterbreiten. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich im Ergebnis als unbegründet.
1. Grundsätzlich ist der Klägerin darin zuzustimmen, dass sie von der Beklagten gem. §§ 161 Abs. 2, 145 Abs. 2 HGB, 716 BGB in Verbindung mit den Regelungen im Gesellschaftsvertrag und dem hieraus folgenden Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, Auskunft über die Namen und die Anschrift der anderen, an der Bfl C^^B Österreich III unmittelbar beteiligten, im Handelsregister eingetragenen Kommanditisten und der indirekt über die Beklagte beteiligten Treugeber verlangen kann.
Die Klägerin ist in ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung nach § 4 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag einem Kommanditisten gleichgestellt. Das Recht, in einer Personenhandelsgesellschaft seinen Vertragspartner zu kennen, ist als selbstverständlich vorauszusetzen (vgl. OLG München, Urteil vom 05.02.2015, 23 U 1875/14). Es handelt sich dabei auch grundsätzlich um ein nicht entziehbares, mitgliedschaftliches Recht aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis als solchem.
2. Beschränkt ist das Auskunftsrecht aber durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot nach § 226 BGB (vgl. BGH vom 28.05.2013, II ZR 207/12).
Der Entscheidung des BGH vom 05.02.2013 (Az: II ZR 134/11) ist zu entnehmen, dass der BGH von einer solchen Missbrauchsgefahr dann ausgehen würde, wenn feststünde, dass der Anwalt eines erfolgreich auf Auskunft klagenden Anlegers die erlangten Daten in kollusivem Zusammenwirken mit diesem zur Werbung um konkrete Mandate verwenden würde.
Im übrigen erachtet der Bundesgerichtshof Auskunftsbegehren dann als rechtsmissbräuchlich, wenn für diese kein vernünftiges Interesse vorliegt bzw. dieses Interesse nur unbedeutend ist (BGH vom 11.01.2011, II ZR 187/09). Der BGH geht allerdings von einer unzulässigen Rechtsausübung nur dann aus, wenn eine konkrete Missbrauchsgefahr besteht, eine nur abstrakte Missbrauchsgefahr dagegen rechtfertigt es nicht, einem Vertragspartner das Recht zuzugestehen, gegenüber dem anderen seinen Namen und seine Anschrift zu verheimlichen (BGH vom 28.05.2013, II ZR 207/12).
Das Gericht geht im vorliegenden Fall aufgrund der Gesamtumstände von einer hinreichend konkreten Gefahr einer beabsichtigten missbräuchlichen Kontaktaufnahme zu den anderen Anlegern durch die Klagepartei aus. Die behauptete Ausübung von Gesellschafterrechten und einer Beiratsgründung hält es lediglich für vorgeschoben.
So ergibt sich zum einen aus dem von der Beklagten vorgetragenen Vergleich mit dem Parallelfall des Fonds B C E. I. GmbH & Co. Fünfte O. Ö2. KG, dass es der Klägerin nur darauf ankommt, weitere Anteile erwerben zu können. Dort war die Beklagte zur Auskunftserteilung verurteilt worden, anschließend wurden die Anleger angeschrieben (Anlage K 7) und ihnen Kaufangebote unterbreitet. Lediglich in dem angehängten Rücksendeschreiben wurde noch eine Umfrage zum Einsatz eines Beirates angefügt, nachdem das Anschreiben selbst über fünf Seiten für einen Verkauf der Anteile wirbt. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin wurde in diesem Parallelfall auch bislang kein Beirat gegründet, lediglich die Anberaumung eines ersten, informellen Treffens der interessierten Mitkommanditisten sei für die erste Jahreshälfte 2018 geplant.
Für den streitgegenständlichen Fonds hatte die Klägerin weder vor Klageerhebung noch in ihrer Klageschrift konkret vorgetragen, zu welchem Zweck die Auskunftserteilung überhaupt begehrt wird. Erst in der Verhandlung vom 10.11.2017 gab der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf Nachfrage des Gerichts an, dass es auch bei dem vorliegenden Fonds um die Ausübung von Gesellschafterrechten, den Austausch mit den übrigen Gesellschaftern und die Gründung eines Beirates gehe. Der beabsichtigte Ankauf weiterer Anteile solle aber nicht ausgeschlossen werden. Auch in dem Schriftsatz vom 08.12.2017 erfolgen lediglich Ausführungen zu dem Informationsaustausch in dem Parallelfall, jedoch kein Vortrag dazu, welche Gesellschafterrechte in dem hier vorliegenden Fonds ausgeübt werden sollen. Damit unterscheidet sich der hiesige Fall auch gerade von dem Parallelfall zu dem Fonds B C E. I. GmbH & Co. Fünfte Obkte Ö2. KG. Aus dem Tatbestand und den Gründen des Urteils des Landgerichts München I vom 28.09.2016 (Az: 26 O 5992/16) ergibt sich, dass die Klägerin dort vorgetragen hatte, sie wolle sich über gesellschaftsbezogene Angelegenheiten austauschen und habe ihr Interesse an der Gesellschaft bereits mehrfach bekundet, indem sie sich für betriebswirtschaftliche Daten interessiert habe und Kontrollrechte ausüben wollte. Entsprechender Vortrag erfolgte für den hier streitgegenständlichen Fonds gerade nicht.
Entscheidend aber ist, dass die Beklagte in der Verhandlung vom 10.11.2017 der Klägerin sogar angeboten hatte, die begehrte Auskunft zu erteilen, wenn sich die Klägerin im Gegenzug dazu verpflichten würde, den an sie übermittelten Anlegern keine Kaufangebote zu unterbreiten. Dieses Angebot lehnte die Klagepartei mit ihrem Schriftsatz vom 08.12.2017 ab. Damit zeigt sie, dass es ihr nicht vorrangig um die Ausübung von Gesellschafterrechten geht, denn dafür hätte die angebotene Auskunftserteilung genügt, sondern vorrangig um die Erlangung von Daten, um weitere Anteile ankaufen zu können. Damit erweist sich aber der begehrte Auskunftsanspruch als rechtsmissbräuchlich. Aufgrund des vorangegangenen Parallelfalles und der der Klagepartei angebotenen Auskunft ist die Missbrauchsgefahr auch nicht mehr nur abstrakt gegeben, sondern ausreichend konkret.
Dass es der Klägerin bei der begehrten Auskunft im Wesentlichen darum geht, weitere Anteile ankaufen zu können, zeigt sich auch darin, dass sie nicht nur Auskunft über die Namen und Anschriften der Kommanditisten und Treugeber verlangt, sondern auch über die Höhe der Beteiligung. Für die Ausübung von Gesellschafterrechten und den Austausch unter den Gesellschaftern ist aber die Höhe der Beteiligung unerheblich. So wurde in den Entscheidungen des BGH auch jeweils nur ein Auskunftsanspruch bezüglich der Namen und der Anschriften der Mitgesellschafter zugesprochen.
3. Auf einen Verstoß gegen das BDSG kommt es daher im Ergebnis nicht an. Bei einer zweckentsprechenden Datenübermittlung würde § 28 BDSG jedoch nicht entgegenstehen (vgl. OLG München, Urteil vom 05.02.2013, 23 U 1875/14).
II.
Da sich die Klage als unbegründet erweist, war über die Hilfswiderklage nicht mehr zu entscheiden.
III.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte, nicht nachgelassene Schriftsätze blieben gemäß § 296a ZPO unberücksichtigt, soweit sie nicht lediglich Rechtsausführungen enthalten. Der Schriftsatz der Beklagten vom 15.12.2017, welcher der Klagepartei lediglich zur Kenntnis übersandt worden war, enthält keinen neuen Tatsachenvortrag, sondern lediglich Rechtsausführungen und Rechtsmeinungen. Anhaltspunkte für einen Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung bestehen gemäß § 156 ZPO nicht. Dem Antrag auf Aufhebung des Verkündungstermins und auf Frist zur Stellungnahme bis zum 18.01.2018 war daher nicht stattzugeben.
IV.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO anhand des von der Klagepartei angegebenen Interesses an der Auskunftserteilung festgesetzt.


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