Bankrecht

Unwirksamer Widerruf eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines gebrauchten Mercedes Benz GLK 220 CDI 4Matik

Aktenzeichen  27 U 912/20

Datum:
1.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40826
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 501, § 502 Abs. 1 Nr. 1
EGBGB Art. 247 § 3 Abs. 2 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4

 

Leitsatz

1. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt nicht vor, weil es sich bei dem Darlehensvertrag um einen Darlehensvertrag mit festem Zinssatz und Zusatzvereinbarung (nach Wahl mit erhöhter Schlussrate, Rückgabe des Fahrzeugs oder Anschlussfinanzierung der Schlussrate) handelt. Die Darlehensvaluta dient, wie der Zusatzvereinbarung, die ausdrücklich zitiert ist, zu entnehmen ist, der Finanzierung eines konkreten Pkws. Es ist zudem ausdrücklich das Finanzierungsobjekt genannt.  (Rn. 18 – 20) (red. LS Andy Schmidt)
2. Auch die Bezeichnung “Gesamtbetrag” ist eindeutig und unmissverständlich. Im Darlehensvertrag ist detailliert aufgeschlüsselt, dass sich dieser Gesamtbetrag aus dem Gesamtkreditbetrag (= Nettodarlehensbetrag zuzüglich Zinsen) ergibt. Im Vertrag selbst ist genau erläutert, wie sich dieser Gesamtbetrag zusammensetzt. (Rn. 21 – 23) (red. LS Andy Schmidt)

Verfahrensgang

27 U 912/20 2020-05-25 Hinweisbeschluss OLGMUENCHEN OLG München

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 10.01.2020, Az.: 23 O 1263/19 Fin, wird durch einstimmigen Beschluss des Senats gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordert.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch aus anderen Gründen nicht geboten.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Dieser Beschluss sowie das unter Ziffer I. genannte Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.199,21 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Rückabwicklung eines zur Finanzierung eines Pkw-Kaufs abgeschlossenen Darlehensvertrages.
Am 03.11.2015 hat der Kläger mit der Beklagten einen Darlehensvertrag zur Finanzierung eines Fahrzeugs Mercedes Benz GLK 220 CDI 4Matik. Die Darlehenssumme betrug 16.250,00 €.
Am 23.04.2019 erklärte der Kläger den Widerruf seiner Vertragserklärung und forderte die Beklagte unter Fristsetzung zur Rückabwicklung des Vertrages auf.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht Kempten hat mit Endurteil vom 10.01.2020 die Klage abgewiesen. 27 U 912/20 – Seite 3 – Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Landgericht Kempten im Wesentlichen aus, die Klage sei bereits unzulässig. Das Landgericht Kempten sei bezüglich sämtlicher Anträge des Klägers örtlich unzuständig.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der in der Berufungsinstanz folgende Anträge stellt:
Das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) – Landgericht Kempten (Allgäu), Urteil vom 13.01.2020, Az.: 23 O 1263/19 Fin – wird aufgehoben und das Verfahren nach § 538 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 ZPO an das Landgericht … zurückverwiesen.
Hilfsweise beantragt der Kläger:
Das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) – Landgericht Kempten (Allgäu), Urteil vom 13.03.2020, Az.: 23 O 1263/19 Fin – wird aufgehoben und die Beklagte nach Maßgabe der folgenden Anträge kostenpflichtig verurteilt:
1. Es wird festgestellt, dass der nachfolgende Antrag – ursprünglich Antrag zu 1. -:
„Es wird festgestellt, dass aufgrund des wirksam erfolgten Widerrufs vom 23.04.2019 die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 03.11.2015 mit der Darlehensnummer …15 über ursprünglich 16.250,00 € zum Stichtag 01.06.2019 keinen Anspruch auf Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen (mehr) herleiten kann.“
ursprünglich zulässig und begründet gewesen ist und sich durch die Beendigung des Leistungsaustausches erledigt hat.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 13.600,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 01.06.2019 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite weitere 5.240,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus 300,00 € seit 17.07.2019
300,00 € seit 17.08.2019
300,00 € seit 17.09.2019
300,00 € seit 17.10.2019
300,00 € seit 17.11.2019
3.440,35 € seit 22.10.2019 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 1.358,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
Zur Begründung seines Rechtsmittels führt der Kläger im Wesentlichen aus, die Berufung des Klägers habe Erfolg, da die Klage sowohl zulässig als auch begründet sei.
Das Landgericht Kempten sei hinsichtlich sämtlicher Klageanträge örtlich zuständig.
Die Klage habe auch in der Sache Erfolg, da das Recht des Klägers zum Widerruf mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung bei Abgabe der Widerrufserklärung nicht verfristet gewesen sei.
Die dem Kläger erteilte Widerrufsinformation sei fehlerhaft und weise nicht sämtliche Pflichtangaben auf.
Insbesondere sei der Kläger nicht darüber belehrt worden, dass bei einer zu zahlenden Vorfälligkeitszinsentschädigung nach § 501 BGB eine Kostenermäßigung erfolge. Auch habe die Beklagte keine hinreichenden Angaben zu den Auszahlungsbedingungen, zum einzuhaltenden Kündigungsverfahren, zur Vorfälligkeitszinsentschädigung sowie zum Tageszins bei Zinsverzicht gemacht.
Hinzu komme, dass aufgrund der Klausel innerhalb der allgemeinen Darlehensbedingungen zum Aufrechnungsverbot eine unzulässige Erschwerung des Widerrufsrechts bestehe. Auch der in der Widerrufsinformation enthaltene, so genannte „Kaskadenverweis“ sei unzulässig und der Kläger sei auch falsch über die Rechtsfolgen des Widerrufs belehrt worden.
Schließlich fehle auch in der Widerrufsbelehrung ein Widerrufsformular und auch die Ausführungen zum Tilgungsplan seien unzulänglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvortrags des Klägers wird auf die Berufungsbegründung vom 16. März 2020 (Bl. 225 – 344 d.A.) Bezug genommen.
II.
Der Senat bleibt bei seiner im Hinweis vom 25.05.2020 ausführlich dargelegten Rechtsauffassung, auf die gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO Bezug genommen wird.
Die Stellungnahme des Klägers vom 22. Juni 2020 weist keine weiteren, entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte auf.
Hierzu ist im Einzelnen noch wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Soweit der Kläger nunmehr erstmals in seiner Stellungnahme moniert, hinsichtlich der Auszahlungsbedingungen fehle die Angabe, dass die Darlehensvaluta an den Händler ausbezahlt werde, verfängt dies nicht.
Bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag handelt es sich um einen Darlehensvertrag mit festem Zinssatz und Zusatzvereinbarung (nach Wahl des Darlehensnehmer erhöhte Schlussrate, Rückgabe des Fahrzeugs oder Anschlussfinanzierung der Schlussrate). Die Darlehensvaluta dient, wie der Zusatzvereinbarung, die auch auf S. 1 des Darlehensvertrages ausdrücklich zitiert ist, zu entnehmen ist, der Finanzierung eines konkreten Pkws. Auf S. 1 des Darlehensvertrages ist zudem ausdrücklich das Finanzierungsobjekt genannt. Auch findet sich auf S. 1 des Darlehensvertrages ausdrücklich der Hinweis, dass der Gesamtkreditbetrag an die D. AG (und nicht an den Kläger selbst) auszuzahlen ist.
Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot ist insofern nicht im Ansatz ersichtlich.
2. Auch die Bezeichnung „Gesamtbetrag“ ist eindeutig und unmissverständlich.
Auf S. 1 des Darlehensvertrages ist detailliert aufgeschlüsselt, dass sich dieser Gesamtbetrag aus dem Gesamtkreditbetrag (= Nettodarlehensbetrag zuzüglich Zinsen) ergibt. Im Vertrag selbst ist genau erläutert, wie sich dieser Gesamtbetrag zusammensetzt.
Soweit die Berufung auf Art. 247 § 3 Abs. 2 Satz 1 EGBGB verweist, ändert dies an der klaren und eindeutigen Bestimmung im Darlehensvertrag nichts.
3. Zur Zulässigkeit der angegebenen Berechnungsmethode ist den Ausführungen auf S. 8 dd) des Senatshinweises nichts hinzuzufügen.
Dem Kriterium der Angemessenheit trägt die Beklagte Rechnung durch den ausdrücklichen Hinweis im Vertrag, dass für den Fall, dass die gemäß § 502 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. bestimmte Vorfälligkeitsentschädigung die Summe der noch ausstehenden Zinsen übersteigt, diese als Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird. Entgegen dem Vortrag der Berufung kann die Beklagte somit gerade nicht in jedem Fall 1% bzw. 0,5% begehren.
4. Die Ausführungen der Berufung zur Nachbelehrung sind nicht einschlägig, da im streitgegenständlichen Fall unstreitig eine Nachbelehrung nicht erfolgt ist.
5. Bezüglich der Angaben zum zu entrichtenden Tageszins ist auf S. 9 (ee)) des Senatshinweises zu verweisen (vgl. auch BGH, Urteil vom 05.11.2019, Az.: XI ZR 650/18, Rn. 23 – 25).
Selbst wenn ein Verbraucher wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung erst nach längerer Zeit den Darlehensvertrag wirksam widerrufen kann, ergibt sich für ihn aus den Bedingungen zweifelsfrei, dass bei einem Widerruf innerhalb der Widerrufsfrist, wie er in einem solchen Falle gegeben wäre, auf eine Verzinsung verzichtet wird.
6. Hinsichtlich der so genannten Kaskadenverweisung ist den Ausführungen auf S. 10 (ii)) des Hinweises nichts hinzuzufügen.
Wie auch die Berufung zitiert, hat der BGH in seinem Beschluss vom 31.03.2020 hierzu ausgeführt, dass die Entscheidung des EuGH vom 26.03.2020 der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion nicht entgegensteht (vgl. auch S. 12 und 13 des Senatshinweises).
7. Die Ausführungen der Berufung zum Wertersatz sind, wie unter ll) des Hinweises ausgeführt, nicht einschlägig, da die Widerrufsinformation nicht zu beanstanden ist.
8. Unter der Überschrift „Angabe zu den Teilzahlungen“ weist die Beklagte ausdrücklich darauf hin, dass der Darlehensnehmer von dem Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan verlangen kann.
Damit ist die Beklagte ihrer Verpflichtung nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB nachgekommen. Der ausdrückliche Hinweis „kostenlos“ war dabei gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB nicht geboten.
9. Der Hinweis unter I. der Darlehensbedingungen „der Darlehensnehmer ist an den Darlehensantrag 4 Wochen gebunden“, ist ebenfalls nicht rechtlich zu beanstanden.
Dieser Hinweis bezieht sich unmissverständlich auf das Zustandekommen des Vertrages und steht in keinerlei Zusammenhang mit dem dem Darlehensnehmer nach wirksamem Vertragsschluss zustehenden Widerrufsrecht.
10. Der Hinweis der Berufung auf die Entscheidung des BGH vom 06.11.2011 (XI ZR 401/10) verfängt nicht.
In dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fall bestand kein gesetzliches Widerrufsrecht. Der BGH hat hierzu entschieden, dass in diesem Fall der Verbraucher im Normalfall auch dann kein vertragliches Widerrufsrecht erwirbt, wenn ihm im Rahmen einer Nachbelehrung ein voraussetzungsloses Widerrufsrecht gewährt wird.
Unstreitig stand dem Kläger vorliegend jedoch ein gesetzliches Widerrufsrecht zu und hierüber wurde er auch ordnungsgemäß belehrt.
11. Da die Klage bereits in der Hauptsache keinen Erfolg hat, besteht auch kein Anspruch auf geltend gemachten Nebenforderungen.
Nach alledem erweist sich das Ersturteil des Landgerichts Kempten im Ergebnis als zutreffend, da der vom Kläger erklärte Widerruf verfristet und damit die Klage abzuweisen war.
Die Berufung des Klägers war daher durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die von der Berufung zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Brandenburg, Dresden und Düsseldorf stehen einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht entgegen. 27 U 912/20 – Seite 8 – Eine Divergenz im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO ist zu verneinen.
Diese wäre nur dann zu bejahen, wenn in der Entscheidung des Senats ein die Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz aufgestellt würde, der von einem tragenden abstrakten Rechtssatz in der Entscheidung eines höherrangigen oder gleichrangigen anderen Gerichts oder eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts abweicht.
Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
01.07.2020
Verfügung
1. Beschluss vom 01.07.2020 hinausgeben an:
sonstiger Beteiligter Bundesgerichtshof
2. Schlussbehandlung


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