Bankrecht

Unwirksamer Widerruf zweier Darlehensverträge zur Finanzierung eines Pkw BMW

Aktenzeichen  22 O 12574/19

Datum:
5.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 39918
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 242, § 355 Abs. 2 S. 1, S. 2, Abs. 3 S. 3, § 357 Abs. 1 S. 1, § 495 Abs. 1
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, S. 5

 

Leitsatz

1. Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je langer der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden (ebenso BGH BeckRS 2018, 3221). (Rn. 21) (red. LS Andy Schmidt)
2. Insbesondere ist das Zeitmoment vorliegend gegeben, da der Darlehensnehmer seit dem Abschluss des Darlehensvertrags, der den maßgeblichen Zeitpunkt bei der Bemessung des Zeitmoments darstellt (ebenso BGH BeckRS 2016, 19929), bis zum Widerruf des Darlehensvertrags, über drei Jahre verstreichen hat lassen. (Rn. 22 – 25) (red. LS Andy Schmidt)
3. Pflichtangaben müssen in einem Verbraucherdarlehensvertrag “klar und verständlich” enthalten sein. Die Frage, ob Pflichtangaben “klar und verständlich” formuliert sind, bestimmt sich dabei aus dem Horizont eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers (ebenso BGH BeckRS 2016, 06439). (Rn. 41 – 44) (red. LS Andy Schmidt)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf … € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.
I. Darlehensvertrag vom 10.06.2015
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag um ein Verbraucherdarlehen handelt, sodass der Klagepartei ein Widerrufsrecht nach zustand.
2. Ob die Widerrufsbelehrung fehlerfrei war und der Widerruf rechtzeitig oder verfristet erklärt wurde, bedarf keiner Entscheidung, da sämtliche Ansprüche des Klägers jedenfalls verwirkt sind.
a) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die allgemeinen Voraussetzungen der Verwirkung hinlänglich geklärt. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Hinweisbeschluss vom 23.01.2018 – XI ZR 298/17 wie folgt ausgeführt:
„Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausubung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je langer der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden (Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 393/16, WM 2017, 2247 Rn. 9). Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles, ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 40 und – XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 37, vom 11. Oktober 2016 – XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 30, vom 21. Februar 2017 – XI ZR 185/16, WM 2017, 616 Rn. 33, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ, sowie vom 14. März 2017 – XI ZR 442/16, WM 2017, 849 Rn. 27; vgl. allgemein zur Verwirkung auch Erman/Böttcher, BGB, 15. Aufl., § 242 Rn. 123 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 242 Rn. 87 ff.; Staudinger/Olzen/Looschelders, BGB, Neubearb. 2015, § 242 Rn. 300 ff., MünchKommBGB/Schubert, 7. Aufl., § 242 Rn. 356 ff.). (…)
bb) Ferner sind die die Verwirkung des Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehensverträgen beherrschenden Grundsätze klar.
(1) Geklärt ist zunächst, dass das Widerrufsrecht des Darlehensnehmers aus § 495 Abs. 1 BGB überhaupt der Verwirkung unterliegt. (…) Die Verwirkung knüpft nicht an eine ausdrückliche oder stillschweigende Willenserklärung an, sondern an eine gesetzliche Wertung anderweitiger Umstände (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 39 und – XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 34 f. m.w.N.).
(2) Darüber hinaus stehen hinreichende höchstrichterliche Leitlinien zur Bestimmung des Zeitmoments zur Verfügung.
Die maßgebliche Frist für das Zeitmoment läuft mit dem Zustandekommen des Verbraucherdarlehensvertrags an (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 40 sowie – XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 37, vom 11. Oktober 2016 – XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 30, vom 14. März 2017 – XI ZR 442/16, WM 2017, 849 Rn. 27 und vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 393/16, WM 2017, 2247 Rn. 10 sowie – XI ZR 455/16, juris Rn. 21). Da das Widerrufsrecht als Gestaltungsrecht anders als die aus dem Rückgewährschuldverhältnis resultierenden Ansprüche nicht verjährt und im Übrigen auch § 218 BGB auf das Widerrufsrecht keine Anwendung findet (Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 555/16, WM 2017, 2259 Rn. 18), kann weder aus den gesetzlichen Verjährungsfristen (dazu Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 455/16, a.a.O., Rn. 21) noch gar aus den gesetzlichen Verjährungshöchstfristen (dazu Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 393/16, a.a.O., Rn. 9) auf ein „Mindestzeitmoment“ zurückgeschlossen werden
Dagegen betrifft der Zeitraum zwischen der Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags und dem Widerruf nicht das Zeitmoment. Er kann aber – wenn auch nicht im Sinne einer Vermutung nach Ablauf einer wie immer definierten Mindestzeitspanne – gerade im Hinblick auf die Rechtsfolgen des Widerrufs (vgl. Senatsbeschluss vom 12. September 2017 – XI ZR 365/16, WM 2017, 2146 Rn. 8) bei der Prüfung des Umstandsmoments Berücksichtigung finden.
(3) Auch für das Umstandsmoment hat der Senat hinlänglich Leitlinien aufgestellt.
So kann gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen – wie hier – das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 41 und vom 21. Februar 2017 – XI ZR 381/16, WM 2017, 806 Rn. 22). Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht (Senatsurteil vom 11. Oktober 2016 – XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 30) bzw. wenn die Parteien den Darlehensvertrag einverständlich beendet haben (Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 393/16, WM 2017, 2247 Rn. 8; Senatsbeschluss vom 12. September 2017 – XI ZR 365/16, WM 2017, 2146 Rn. 8).
In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es dabei weder auf die Kenntnis des Darlehensnehmers vom Fortbestand seines Widerrufsrechts noch auf das Vertrauen des Darlehensgebers an, der Darlehensnehmer habe in sonstiger Weise Kenntnis vom Fortbestand seines Widerrufsrechts erlangt. Dass der Darlehensgeber davon ausgeht oder ausgehen muss, der Darlehensnehmer habe von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis, schließt vielmehr eine Verwirkung nicht aus (vgl. nur Senatsurteile vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 443/16, WM 2017, 2248 Rn. 26, – XI ZR 449/16, WM 2017, 2251 Rn. 19 und – XI ZR 555/16, WM 2017, 2259 Rn. 19 m.w.N.).
Gleiches gilt für den Umstand, dass der Darlehensgeber „die Situation selbst herbeigeführt hat“, weil er eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht erteilt hat (…) Das Fehlen einer Nachbelehrung steht bei beendeten Verträgen der Annahme schutzwürdigen Vertrauens nicht entgegen (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 41). Der Darlehensgeber hat (…) die Möglichkeit (Senatsurteil vom 13. Juni 2006 – XI ZR 94/05, WM 2006, 1995 Rn. 13), nicht eine Verpflichtung zur Nachbelehrung. Die Verpflichtung, den Darlehensnehmer deutlich über sein aus § 495 Abs. 1 BGB folgendes Widerrufsrecht nach Maßgabe des bis zum 10. Juni 2010 geltenden Rechts zu belehren, ist keine Dauerverpflichtung, die ab dem Vertragsschluss als Verpflichtung zur Nachbelehrung gleichsam ständig neu entstünde. Mit der Präzisierung der Modalitäten einer Nachbelehrung im Zuge der Einführung des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der Fassung des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850) wollte der Gesetzgeber vielmehr befürchtete Härten für die Unternehmer aus der zeitgleichen Einführung des § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB kompensieren (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn 29) Die Möglichkeit der Nachbelehrung besteht zwar nach Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags fort. Eine Nachbelehrung ist indessen nach Vertragsbeendigung sinnvoll nicht mehr möglich, weil die Willenserklärung des Verbrauchers, deren fortbestehende Widerruflichkeit in das Bewusstsein des Verbrauchers zu rücken Ziel der Nachbelehrung ist, für den Verbraucher keine in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belasteten Rechtsfolgen mehr zeitigt.
Der Umstand, dass der Darlehensgeber Sicherheiten freigegeben hat, ist ein Aspekt, den der Tatrichter bei der Prüfung des Umstandsmoments berücksichtigen kann. Dem steht nicht entgegen, dass der Darlehensgeber nach Beendigung des Darlehensvertrags und vollständiger Erfüllung der aus dem unwiderrufenen Darlehensvertrag resultierenden Pflichten des Darlehensnehmers die Sicherheiten ohnehin freizugeben hätte. Vom Darlehensgeber bestellte Sicherheiten sichern regelmäßig auch Ansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der hier maßgeblichen, bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB (vgl. Senatsurteile vom 16. Mai 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 20, vom 26. November 2002 – XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66, vom 28. Oktober 2003 – XI ZR 263/02, WM 2003, 2410, 2411, vom 26. September 2006 – XI ZR 358/04, ZGS 2007, 26 Rn. 37 und vom 16. Mai 2006 – XI ZR 48/04, juris Rn. 19; Senatsbeschluss vom 17. Januar 2017 – XI ZR 170/16, BKR 2017, 152 Rn. 7; Schoppmeyer in Lwowski/Fischer/Gehrlein, Das Recht der Kreditsicherung, 10 Aufl., § 15 Rn 207) Dem Rückgewähranspruch des Darlehensnehmers aus der Sicherungsabrede haftet die für den Fall des Widerrufs auflösende Rechtsbedingung einer Revalutierung an (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2011 – IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 Rn. 16; auch BGH, Urteil vom 19. April 2013 – V ZR 47/12, BGHZ 197, 155 Rn. 12). Beendet der Darlehensgeber trotz der Möglichkeit der Revalutierung durch Rückgewähr der Sicherheit den Sicherungsvertrag (Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, 9. Aufl., Rn. 613), kann darin die Ausübung beachtlichen Vertrauens im Sinne des § 242 BGB liegen.
(…) Die vom Senat für die Prüfung des Umstandsmoments formulierten Grundsätze stehen nicht in Widerspruch dazu, dass eine Verwirkung generell nur in Betracht kommt, wenn dem Verpflichteten andernfalls ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 28. Juli 2015 – XI ZR 434/14, BGHZ 206, 305 Rn. 45). Damit ist nach der Grundsatzentscheidung des II. Zivilsenats vom 27. Juni 1957 (II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 52), die Bezugspunkt der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist, gemeint, dass sich der Verpflichtete mit Rücksicht auf das Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat, der Berechtigte werde das ihm zustehende Recht nicht mehr geltend machen. Gerade deshalb darf es mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren sein, dass der Berechtigte später doch noch mit der Geltendmachung des ihm zustehenden Rechts hervortritt. Die Leistung muss also unter diesem Gesichtspunkt für den Verpflichteten nicht mehr zumutbar sein. Das wiederum bedeutet, dass es für den Tatbestand der Verwirkung auch auf das Verhalten des Verpflichteten ankommt und dass gerade auch dieses ebenfalls unter dem rechtlichen Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu prüfen und zu beurteilen ist.“
b) Unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls steht der Ausübung des Widerrufsrechts des Klägers der Einwand der Verwirkung (§ 242 BGB) entgegen.
Das Zeitmoment ist hier erfüllt, da der Kläger seit dem Abschluss des Darlehensvertrags vom 10.06.2015 der den maßgeblichen Zeitpunkt bei der Bemessung des Zeitmoments darstellt (BGH, Urteil vom 11.10.2016 – XI ZR 482/15 – NJW 2017, 243, Tz. 31), bis zum Widerruf des Darlehensvertrags (so auch OLG München, Beschluss vom 12.12.2019, Az. 5 U 5048/19, in dem für das Zeitmoment ausdrücklich auf den Zeitraum zwischen Abschluss des Darlehensvertrags und Widerrufserklärung abgestellt wird) am 07.01.2019 über drei Jahre verstreichen hat lassen (zum Zeitmoment vergleiche ausführlich, Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 28. Mai 2018 – 1 U 8/18 -, juris).
Das Gericht ist der Ansicht, dass insbesondere angesichts der vollständigen, beiderseitigen Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen auch das Umstandsmoment erfüllt ist Die Beklagte musste hier geraume Zeit nach der vollständigen vertragsgemäßen Erfüllung der Verträge nicht mehr mit einem Widerruf rechnen, sondern durfte auf den Bestand der beiderseitigen Vertragserfüllung vertrauen.
Das Vertrauen der Beklagten auf ein Unterbleiben des Widerrufs ist vorliegend auch deshalb schutzwürdig, da die Beklagte ihre Sicherheiten nach vollständiger Rückzahlung der Darlehenssumme bereits vor der Widerrufserklärung des Beklagten zu Sicherung des zweiten Darlehensvertrags verwendet hat (vgl. Seite 6 der Anlage B 2 unter „Wichtige Hinweise“).
II. Darlehensvertrag vom 25.07.2016
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag um Verbraucherdarlehen handelt, da die Klagepartei Verbraucher gemäß § 13 BGB ist, sodass ihr ein Widerrufsrecht gemäß §§ 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 Abs. 1 BGB zustand.
2. Die 14 tägige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in der hier maßgeblichen, zur Zeit des Darlehensvertragsabschlusses geltenden Fassung war jedoch bei Darlehenswiderruf im Jahre 2018 abgelaufen, da der Vertragsschluss bereits am im Jahre 2016 erfolgte.
3. Es kann dahinstehen, ob die Klagepartei entsprechend den Anforderungen der §§ 492 Abs. 2 i.V.m. Artikel 247 § 6 Abs. 2 EGBGB über ihr Widerrufsrecht belehrt wurde.
Denn selbst wenn die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung fehlerhaft wäre, kann sich die Beklagte jedenfalls auf die Schutzwirkung des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB in der Fassung vom 21.03.016 berufen, da sie gegenüber der Klagepartei ein Formular verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht, wobei dabei dahingestellt bleiben kann, ob das geltende Muster für die Widerrufsbelehrung selbst fehlerfrei ist und in jeder Form den Bestimmungen des BGB entspricht.
3.1. Mittels der Einführung des Art. 245 EGBGB a.F. hat der Gesetzgeber den Verordnungsgeber der BGB-Informationspflichten-Verordnung ermächtigt, das vom Verordnungsgeber geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung einem Streit über seine Gesetzmäßigkeit zu entziehen (BGH VIII ZR 378/11 unter Verweis auf BT-Drucks. 14/7052, S. 208). Die Reichweite der Gesetzlichkeitsfiktion ist mithin Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB zu entnehmen („Enthält der Verbraucherdarlehensvertrag eine Vertragsklausel in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 7 entspricht, genügt diese den Anforderungen der Sätze 1 und 2. (…) Der Darlehensgeber darf unter Beachtung von Satz 3 in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen.“). Damit definiert § Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB in den Grenzen der Verordnungsermächtigung die Grenze der für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlichen Abweichungen (so auch ausdrücklich BT-Drucks. 17/1394, S. 22 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 4 EGBGB in der Fassung vom 24.07.2010 [BGBl. I S. 977]).
Dem entsprechend kann sich der Unternehmer auf die Schutzwirkungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet, das dem Muster für die Widerrufsbelehrung in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (st. Rspr. – vgl. BGH XI ZR 33/08, BGH XI ZR 156/08, BGH XI ZR 349/10, BGH VII ZR 122/06, BGH III ZR 252/11, BGH VIII ZR 219/08, BGH III ZR 83/11, BGH II ZR 109/13, BGH III ZR 440/13, BGH I ZR 168/14).
Unterzieht der Unternehmer dagegen das vom Verordnungsgeber entworfene Muster einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung, die über das nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB Erlaubte hinausgeht, verliert er die Schutzwirkung.
Gemäß der durch Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB gesetzten Grenze lassen Anpassungen, die den vom Gesetzgeber selbst als unschädlich anerkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt.
Zu solchen unbedenklichen Anpassungen rechnen zum Beispiel das Einrücken oder Zentrieren , von Überschriften, der Verzicht auf eine Einrahmung oder deren individuelle Gestaltung. Ebenfalls bleibt die Gesetzlichkeitsfiktion erhalten, wenn der Unternehmer die Widerrufsbelehrung im Text einem konkreten Verbrauchervertrag zuordnet oder ohne Abstriche bei der Verständlichkeit des Textes Begriffe des Musters durch Synonyme ersetzt. Ebenso geht die Gesetzlichkeitsfiktion nicht verloren, wenn der Unternehmer von sich selbst nicht in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Muster in der dritten Person Singular, sondern in der ersten Person Plural spricht oder wenn er vom Darlehensnehmer nicht mustergemäß in der dritten Person Singular spricht, sondern ihn in direkter Anrede anspricht (BGH a.a.O.).
Greift der Unternehmer dagegen dadurch in das Muster ein, dass er Gestaltungshinweise des Musters oder sonstige Bearbeitungshinweise – auch in Form von Fußnoten – in den Belehrungstext übernimmt, oder auf die Angabe der vom Verordnungsgeber für das Muster im entsprechenden Gestaltungshinweis verbindlich vorgegebenen ladungsfähigen Anschrift verzichtet, unterzieht er es einer inhaltlichen Bearbeitung, die über das für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht (BGH a.a.O.).
3.2 Dies war vorliegend nicht der Fall. Die Beklagte hat in der durch eine Gegenüberstellung der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung mit dem Muster in Anlage 7 nachgewiesen, dass die streitgegenständliche Belehrung dem Muster vollständig entspricht. Insbesondere auch im Hinblick auf die beanstandete Belehrung hinsichtlich der nachträglichen Informationspflichten.
Auch mit der Angabe eines Zinsbetrags von „0,00 Euro“ im Rahmen der Darstellung der Widerrufsfolgen in der Widerrufsbelehrung ist der Gestaltungshinweis (3) des Musters korrekt umgesetzt, denn dort heißt, dass der genaue Zinsbetrag in Euro pro Tag einzufügen ist und Centbeträge als Dezimalstellen anzugeben sind. Diese Voraussetzungen sind bei der Angabe von „0,01 Euro“ erfüllt.
3.3. Soweit die Klagepartei schließlich meint, die Beklagte könne sich wegen der Einschränkung der Aufrechnungsbefugnis nicht auf den Musterschutz berufen, geht auch dieser Einwand fehl.
Zwar ist die Klausel zur Aufrechnungsbefugnis nach dem Urteil des BGH vom 20.3.2018 – XI ZR 309/16 als unwirksam einzustufen. Allerdings wird nach der Rechtsprechung des BGH, der sich das Gericht anschließt, „eine formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer, wie hier drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten“ (BGH, Urteil v. 10.10.2017 – XI ZR 443/16). Dies gilt auch konkret für den vorliegenden Fall einer unwirksamen Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis in den AGB der Beklagten (vgl. BGH, Beschluss v. 09.04.2019, XI ZR 511/18) und entsprechend für die Beschränkung des Zurückbehaltungsrechts.
Der Beklagten wäre es damit auch aus diesem Grund nicht verwehrt, sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion zu berufen.
4. Gemäß § 492 Abs. 2 BGB muss der Vertrag die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des EGBGB enthalten. Enthält bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag die dem Darlehensnehmer Verfügung gestellte Urkunde die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB nicht, beginnt die Frist erst mit Nachholung dieser Angaben (§ 492 Abs. 6 BGB), wobei die Widerrufsfrist dann einen Monat beträgt.
Vorliegend enthielt die der Klagepartei zur Verfügung gestellten Darlehensvertragsurkunde die in Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB und Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 vorgeschriebenen Pflichtangaben.
4.1. Allgemein fordert das Gesetz für die Information des Verbrauchers über die Pflichtangaben, dass diese im Verbraucherdarlehensvertrag „klar und verständlich“ enthalten sein müssen (§ 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1 EGBGB). Die Frage, ob Pflichtangaben „klar und verständlich“ formuliert sind, ist aus dem Horizont eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zu beurteilen (BGH, Urteil vom 23.02.2016, XI ZR 101/15, NJW 2016, 1881, Rz. 33 f.)
Wobei die Pflichtangaben nicht notwendig im Darlehensantragsformular selbst enthalten sein müssen. Sie können vielmehr auch „klar und verständlich“ in allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 4.7.2017, XI ZR 741/16). Die ADB und die Widerrufsbelehrung wurden durch den ausdrücklichen Hinweis auf Seite 7 in den Vertrag einbezogen, § 305 Abs. 2 BGB.
4.2. Auf das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Vertrages gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB wird ordnungsgemäß hingewiesen.
Auf die Entscheidungen des BGH vom 05.11.2019, Az. XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19, wird diesbezüglich verwiesen.
4.3. Die Beklagte die Aufsichtsbehörde nach Art. 247 § 6 Nr. 3 EGBGB a.F. mit BaFin auf Seite 8 des Darlehensvertrages zutreffend angegeben (vgl. Knops in BeckOGK, Stand 01.09.2018, § 492 BGB, Rn 18; Roth in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Auflage 2016, EGBGB Art. 247 § 6, Rn. 4). Die BaFin übt als zuständige Verwaltungsbehörde gemäß § 6 Abs. 1 KWG die Aufsicht über die Institute nach Maßgabe des KWG aus. § 7 Abs. 1 KWG regelt die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und der Deutschen Bundesbank bei der laufenden Überwachung der Institute durch die Deutsche Bundesbank. Dies macht aber die Deutsche Bundesbank nicht zur Aufsichtsbehörde. Dies ergibt sich schon aus § 6 Abs. 1 KWG, in dem die Bundesbank keine Erwähnung findet.
4.4. Die Pflichtangabe zu dem Recht des Darlehensnehmers auf vorzeitige Rückzahlung des Darlehens gem. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 14 EGBGB a.F. ist ordnungsgemäß erfolgt. Angaben dazu finden sich auf Seite 8 der Darlehensunterlagen (“Vorzeitige Rückzahlung“) und in den Allgemeinen Darlehensbedingungen unter Ziff. 4.3.
Die nach Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB a.F. erforderliche Angabe der „Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt“, ist mit Ziffer 4.3 der ADB erfolgt, in der Bezug genommen wird auf die vom Bundesgerichtshof vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen, von denen einige aufgezählt werden, und eine Kappungsgrenze festgelegt wird.
Auf die Entscheidungen des BGH vom 05.11.2019, Az. XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19, wird diesbezüglich verwiesen
4.5. Die Darlehensvertragsunterlagen informieren auf Seite 8 unter der Überschrift „Ombudsmannverfahren“ klar und verständlich gemäß Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB a.F. über den Zugang des Darlehensnehmers zu einem außergerichtlichen Beschwerdeverfahren bei dem Bundesverband deutscher Banken e.V. samt Anschrift Nicht erforderlich war eine Belehrung über die Voraussetzungen der Zulässigkeit eines solchen Verfahrens. Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB a.F. fordert im Einklang mit Art. 10 Abs. 2 lit. s der Verbraucherkreditrichtlinie, dass „gegebenenfalls“ die Voraussetzungen des Zugangs zu dem Verfahren aufgeführt werden. Da für die Schlichtung vorliegend keine besonderen Zugangsvoraussetzungen bestehen, sondern diese jedem Verbraucher offen steht, war kein weitergehender Hinweis erforderlich. Insbesondere ist hier zwischen Zugang zu einem Beschwerdeverfahren und Zulässigkeit eines Beschwerdeverfahrens zu unterscheiden.
4.6. Soweit die Klagepartei rügt, die Belehrung über die Widerrufsfolgen sei durch die Angabe, dass der pro Tag zu zahlende Zins 0,00 € betrage irreführend, folgt das Gericht dieser Auffassung nicht. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 05.11.2019, Az.. XI ZR 650/18 an, der die Angabe eines Tageszins von 0,00 € gebilligt. Die folgenden Ausführungen sind vorliegend übertragbar:
„a) Nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB muss im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts nach § 495 BGB ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 2 EGBGB ist der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag anzugeben. Mit diesen Informationspflichten hat der nationale Gesetzgeber die Vorgaben aus Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23 April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22. Mai 2008, S. 66; Berichtigungen ABl. L 207 vom 11. August 2009, S. 14, ABl. L 199 vom 31. Juli 2010, S. 40 und ABl. L 234 vom 10. September 2011, S. 46, nachfolgend: Verbraucherkreditrichtlinie) umgesetzt. Die Hinweispflichten beziehen sich auf die sich aus § 357a Abs. 3 Satz 1 BGB ergebende Rechtsfolge, der Art. 14 Abs. 3 Buchst. b Verbraucherkreditrichtlinie zu Grunde liegt. Unter den „zu vergütenden Zinsen“, über die nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB unter zusätzlicher Angabe des pro Tag zu zahlenden Zinsbetrags zu informieren ist, ist mithin der „vereinbarte Sollzins“ im Sinne des § 357 a Abs. 3 Satz 1 BGB zu verstehen.
b) Über diese Rechtslage hat die Beklagte klar und verständlich informiert. Die Gestaltung der Widerrufsinformation ermöglichte es einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, auf den abzustellen ist (vgl. Senatsurteile vom 23. Februar 2016 – XI ZR 101/15, BGHZ 209, 86 Rn. 32 ff., vom 22. November 2016 – XI ZR 434/15, BGHZ 213, 52 Rn. 14 und vom 4. Juli 2017 – XI ZR 741/16, WM 2017, 1602 Rn. 27; EuGH, Urteil vom 11. September 2019 – C-143/18, WM 2019, 1919 Rn. 54), abzusehen, ob überhaupt und wenn ja in welcher Höhe im Falle des Widerrufs für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens Sollzinsen zu zahlen sind. Die diesbezüglichen Angaben sind unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig (für eine Widerrufsinformation wie die vorliegende ebenso OLG Bamberg, Beschluss vom 28. März 2018 – 8 U 7/18, n.v.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. Juni 2019 – 17 U 158/18, juris Rn. 53 f.; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. Juli 2019 – 24 U 230/18, juris Rn. 17 f.; OLG Hamburg, Urteil vom 11. Oktober 2017 – 13 U 334/16, juris Rn. 20 ff; OLG München, Beschluss vom 30. Juli 2018 – 17 U 1469/18, BeckRS 2018, 30388 Rn. 5; OLG Stuttgart, WM 2019, 1160 Rn. 56 ff.; a.A. OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. Mai 2019 – 9 U 77/18, juris Rn. 26 ff.; Allmendinger, EWiR 2019, 355, 356).
aa) Satz 1 der Information über die „Widerrufsfolgen“ stellt abstrakt dar, dass der Verbraucher im Falle des Widerrufs für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den „vereinbarten Sollzins“ zu entrichten hat. Darunter ist im Ausgangspunkt der im Darlehensvertrag vereinbarte Vertragszins zu verstehen. Satz 2 erläutert den Fristbeginn. In Satz 3 wird der für den konkreten Darlehensvertrag pro Tag zu zahlende Zinsbetrag genau beziffert. Der abschließende Satz 4 der „Widerrufsfolgen“ enthält die – wiederum abstrakte – Information, dass sich der Zinsbetrag verringert, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wird.
bb) Für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher ergibt sich aus dieser Information hinreichend klar und eindeutig, dass er im Falle des Widerrufs für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens keine Sollzinsen zu zahlen hat. Insoweit nimmt der verständige Verbraucher in den Blick, dass eine Bank das Muster für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge für verschiedene Arten finanzierter Geschäfte einheitlich gestaltet, ohne dass solche „Sammelbelehrungen“ per se undeutlich und unwirksam sind (vgl. Senatsurteile vom 21. Februar 2017 – XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rn. 51 f. und vom 24. Juli 2018 – XI ZR 305/16, BKR 2019, 29 Rn. 15). Die Sätze 1 und 2 der Information über die „Widerrufsfolgen“ enthalten ersichtlich – wie auch überwiegend die weiteren Angaben in der mit dem gesetzlichen Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB übereinstimmenden Widerrufsinformation der Beklagten – nur die abstrakte Wiedergabe der sich aus dem Gesetz ergebenden Rechtslage. Für den Darlehensnehmer bedeutsam und eindeutig ist die konkrete Bezifferung des für „seinen“ Darlehensvertrag pro Tag zu zahlenden Zinsbetrags, der hier mit 0,00 € angegeben ist. Durch den abschließenden Satz 4 wird diese eindeutige Angabe nicht missverständlich. Der verständige Verbraucher erkennt ohne weiteres, dass er – was gegenteilig aus Satz 4 folgen würde – weniger als 0 € nicht zahlen kann. Aufgrund dessen misst er diesem Satz zu Recht keine Bedeutung für seinen Darlehensvertrag bei.“
4.7 Der Hinweis auf den Anspruch des Darlehensnehmers auf einen Tilgungsplan (Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB) ist in den Allgemeinen Darlehensbedingungen und im Darlehensantragsformular (Seite 7 der Vertragsunterlagen) unter der fettgedruckten Überschrift „Tilgungsplan“ enthalten. Dieser Hinweis ist klar und verständlich. Eines ausdrücklichen Hinweises darauf, dass dieser Anspruch keine Kosten verursacht, bedurfte es nicht.
4.8 Das Gericht hat – entsprechend der Vorgabe des BGH, wonach die Übereinstimmung von vorformulierten Widerrufsbelehrungen mit höherrangigem Recht eine Rechtsfrage ist und ohne Bindung an das Parteivorbringen zu untersuchen ist (BGH, Urteil vom 20.06.2017 – XI ZR 72/16) – die streitgegenständliche Widerrufsinformation auch über die von dem Kläger beanstandeten Passagen hinaus überprüft, indes keinen, den Lauf der Widerrufsfrist hindernden Fehler feststellen können.
Nach alledem ist die streitgegenständliche Widerrufsinformation nicht zu beanstanden, so dass der Klage kein Erfolg beschieden ist.
III. Über die Hilfswiderklage war nicht zu entscheiden.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.


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